Parlamentswahlen in Italien
Knapp 50 Millionen Italiener hatten die Wahl: Veltroni oder Berlusconi? Mit überraschender Deutlichkeit stimmten sie für den 71-jährigen Berlusconi. Seine Partei "Volk der Freiheit" holte in beiden Kammern klar die Mehrheit. Silvio Berlusconi wird nun zum dritten Mal Ministerpräsident.
Berlusconi selbst kündigte an, dass er die vollen fünf Jahre regieren wolle. Die Italiener, so Berlusconi, könnten einen neuen Regierungsstil von ihm erwarten: "Ich bin ganz anders als in der letzten Amtszeit, ich bin nicht mehr der Ministerpräsident aus dem Jahr 2001." Um nötige Reformen voranzubringen, werde er die Zusammenarbeit mit der Opposition anstreben. Italien stünden "schwierige Monate" angesichts zahlreicher Herausforderungen bevor.
Der zweimalige Premier und Medienunternehmer Silvio Berlusconi war bereits als Favorit ins Rennen gegangen. Der Vorsprung des 71-Jährigen gegenüber seinem Herausforderer Walter Veltroni betrug zu Beginn des Wahlkampfes mehr als zehn Prozentpunkte, schrumpfte jedoch zwei Wochen vor der Wahl auf die Hälfte. Seitdem durften laut Gesetz keine aktuellen Umfragen mehr veröffentlicht werden. Fachleute rechneten daher schon mit einem Patt zwischen Veltronis "Partito Democratico" ("Demokratischer Partei") und Berlusconis rechtem Wahlbündnis "Popolo della Libertà" ("Volk der Freiheit").
Mit der Wahl hat sich auch das Parteienspektrum im neuen Parlament drastisch reduziert. Dort waren in der letzten Legislaturperiode noch 23 Parteien vertreten. Da sowohl Berlusconi als auch Veltroni im Vorfeld der Wahlen eine Allianz mit kleineren Splitterparteien ausgeschlossen hatten, haben viele dieser Parteien den Sprung ins Parlament nicht mehr geschafft. Damit erwartet die italienischen Wähler eine vergleichsweise übersichtliche Parteienlandschaft: Auf der einen Seite Berlusconis "Volk der Freiheit", eine Listenverbindung aus seiner ehemaligen Regierungspartei "Forza Italia", der rechtsgerichteten "Alleanza Nationale" und der "Lega Nord". Demgegenüber steht die "Demokratische Partei" des ehemaligen römischen Bürgermeisters Veltroni, die erst im vergangenen Herbst aus einem Zusammenschluss von Linksdemokraten und den linken Christlichen Demokraten hervorgegangen war.
Das italienische Parteiensystem ist traditionell stark zersplittert. In der Vergangenheit schlossen sich die Parteien deswegen zu größeren Wahlbündnissen zusammen, um die Chancen für einen Einzug ins Parlament zu erhöhen - die Sperrklausel ist für einzelne Parteien höher als für Bündnisse. Klare Mehrheiten im Senat und Abgeordnetenhaus waren demzufolge eine Seltenheit, da auch die Splitterparteien vielfältig im Parlament vertreten waren. Im politischen Alltag erwiesen sich die teilweise sehr heterogenen Bündnisse oftmals als Nachteil. Als Zünglein an der Waage übten die kleineren Parteien häufig Druck auf ihre "großen" Koalitionspartner aus. Nicht selten wurde dadurch die Regierungsarbeit, insbesondere die Durchsetzbarkeit von Reformen, gelähmt. Das bekam auch Romano Prodi zu spüren, der aufgrund parteiinterner Reibereien Ende Januar mit seinem Zehn-Parteien-Bündnis scheiterte.