EU-Afrika-Gipfel: Wirtschaftsabkommen gescheitert
Erstmals seit sieben Jahren haben Afrikaner und Europäer auf einem
gemeinsamen Gipfel über ihre künftige Zusammenarbeit gesprochen. Zwar
vereinbarten sie eine "Gemeinsame Strategie" - doch die meisten
afrikanischen Staaten lehnten die Handelsverträge der EU ab.
Sicherheitspolitik, Handel, Energie, Klimawandel, Migration und
Menschenrechte - auf diesen Gebieten wollten Vertreter der 27 EU-Staaten und
53 Staaten Afrikas ihre strategische Partnerschaft vertiefen. Eine
Kontroverse um die Menschenrechtssituation in Simbabwe überschattete
allerdings das Treffen in Lissabon. Gleich zu Beginn des zweitägigen Gipfels
richtete Bundeskanzlerin Angela Merkel deutliche Worte an Staatschef Robert
Mugabe: Das Land sei ein Beispiel schlechter Regierungsführung und schade
dem Bild des neuen Afrikas, so die Kanzlerin. Die Replik ließ nicht lange
auf sich warten. Senegals Präsident Abdoulaye Wade warf Merkel Unwissenheit
über die Lage im Land vor. Mugabe bezeichnete Merkels Ansichten als
"arrogant". Unterstützung erhielt Merkel hingegen von ihren europäischen
Amtskollegen. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana betonte, Merkel habe für
alle europäischen Staaten gesprochen.
Unstimmigkeiten gab es auch in Fragen der künftigen wirtschaftlichen
Kooperation. Die 52 Staaten der Afrikanischen Union (AU) lehnten das von der
EU angestrebte ökonomische Partnerschaftsabkommen (EPA) ab. Der Abschluss des
Abkommens galt als zentrales Ziel des Treffens. Es soll das bisherige
Cotonou-Abkommen ersetzen, das am 1. Januar 2008 ausläuft. Die Verträge
regeln die Einfuhrbedingungen afrikanischer Exporte in die EU. Bislang
erhalten fast 80 Länder aus Afrika, der Karibik und im Pazifik einen
weitgehend zollfreien Zugang zum europäischen Binnenmarkt. Auf Einfuhren aus
der EU dürfen diese Staaten hingegen Zölle und Steuern erheben. Die
Welthandelsorganisation (WTO) sieht darin eine zu starke Privilegierung
gegenüber anderen Entwicklungsländern. Das neue Wirtschaftsabkommen sieht
daher vor, Einfuhrzölle für EU-Produkte zu senken und Exporte aus Afrika mit
Zöllen zu belegen. Im Gegenzug sollen die afrikanischen Staaten 3,7
Milliarden Euro aus dem EU-Entwicklungsetat sowie Übergangsfristen und
Schutz für bestimmte Branchen erhalten.
Die Staaten der Afrikanischen Union fürchten durch den Abbau von Zöllen zu
große Risiken für ihre Wirtschaft. Zölle stellen in vielen afrikanischen
Staaten immer noch eine Haupteinnahmequelle dar. AU-Kommissionspräsident
Alpha Oumar Konare forderte zudem, die afrikanischen Staaten nicht mehr nur
als "Exporteure von Rohstoffen oder einfache Exportmärkte" wahrzunehmen.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso kündigte daraufhin an, das
umstrittene Handelsabkommen noch einmal nachzubessern. Im Februar 2008
sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden. Mit einem Handelsvolumen von
215 Milliarden Euro im Jahr ist die EU größter Handelspartner Afrikas. Die
EU gerät aber zusehends durch die wirtschaftlichen Anstrengungen Chinas auf
dem Kontinent unter Druck.
Trotz der Streitigkeiten unterzeichneten die Teilnehmer am Sonntag eine so
genannte "Gemeinsame Strategie". Die EU gibt darin ihre Zusage, die
afrikanischen Staaten dauerhaft bei deren Friedeneinsätzen zu unterstützen.
Auch wollen die beiden Kontinente auf dem Gebiet Terrorismus, Drogen- und
Menschenhandel künftig stärker zusammenarbeiten.
Afrika und Spanien vereinbarten, in Zukunft das Problem der illegalen
Immigration nach Europa gemeinsam anzugehen. In Spanien leben rund zehn
Millionen illegale Einwanderer aus Afrika. Um der afrikanischen Migration
entgegenzuwirken, soll die Schulbildung stärker gefördert und mehr
Arbeitsplätze geschaffen werden.