Dramatische Lage im Nahen Osten
Neun Monate nach ihrem vollständigen Abzug marschierten israelische Truppen am Mittwochmorgen erneut in den Gaza-Streifen ein. Sie nahmen führende Mitglieder der in den Palästinensergebieten regierenden Hamas fest. Ziel der Militäroffensive ist die Befreiung eines entführten Soldaten.
Die israelische Armee drang am Mittwoch etwa zwei Kilometer tief in den südlichen Gazastreifen ein, nachdem Vermittlungsversuche von Frankreich und Ägypten ohne Wirkung blieben. Die militärische Offensive scheint noch nicht vorbei. Handzettel der israelischen Armee weisen die Bewohner in zwei Ortschaften im nördlichen Gazastreifen an, sich in Sicherheit zu bringen. Die Europäische Union forderte Israel zu "Besonnenheit" bei dem weiteren Vorgehen auf. UN-Generalsekretär Kofi Annan appellierte an die Palästinenser, den Soldaten freizulassen und die Situation damit zu entspannen.
Noch am Dienstag hatte eine Nachricht für Hoffnung auf eine Entspannung im israelisch-palästinensischen Konflikt gesorgt. Unter dem politischen und militärischen Druck Israels nach der Entführung stimmten gemäßigte Hamas-Politiker und die Führung der Fatah unter Präsident Abbas der so genannten Häftlingsvereinbarung zu, die - unausgesprochen - das Existenzrecht Israels anerkennt. Das Dokument sieht die Schaffung eines palästinensischen Staates im Gaza-Streifen und im Westjordanland vor. Das Papier war von prominenten Gefangenen aller palästinensischen Gruppen in israelischer Haft erarbeitet worden, sein Inhalt ist bislang nicht in vollem Umfang bekannt. Palästinenserpräsident Abbas hatte zuvor versucht, mit einem für den 26. Juli angesetzten Volksentscheid über einen "Plan zur nationalen Einigung" den Widerstand der Hamas-Regierung gegen die Anerkennung Israels zu umgehen. Umfragen zufolge sind 80 Prozent der Palästinenser für die im Plan vorgesehene Zwei-Staaten-Lösung.