Grundsicherung für Arbeitssuchende: Daten, Zahlen und Fakten
Personen, die Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende beziehen, sind eine sehr heterogene Gruppe. Obwohl irreführend auch als Arbeitslosengeld II bezeichnet, werden Leistungen aus der Grundsicherung nicht nur an Arbeitslose, sondern unabhängig von einer vorherigen Beschäftigung ausgezahlt. Entsprechend der früheren Sozialhilfe sichern sie das Existenzminimum aller Personen beziehungsweise Bedarfsgemeinschaften, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft bestreiten können.
Zusammensetzung der Leistungsberechtigten
Im Oktober 2012 bezogen in Deutschland über sechs Millionen Menschen Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende gemäß Sozialgesetzbuch II (SGB II). 4,35 Millionen dieser Personen sind so genannte erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb). Sie befinden sich im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 Jahren und der Rentenaltersgrenze und werden nicht durch Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit daran gehindert, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Nicht jeder erwerbsfähige Leistungsberechtigte ist zwangsläufig arbeitslos. Tatsächlich geht nur jeder zweite in die Arbeitslosenstatistik ein. Die übrigen Personen gelten als nicht arbeitslos, weil sie dem Arbeitsmarkt (temporär) nicht zur Verfügung stehen. Gründe hierfür sind beispielsweise die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die Erziehung von Kindern, die Pflege von Angehörigen oder ein Schulbesuch.
Abzugrenzen sind die Arbeitslosen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) von den rund 850.000 Arbeitslosen des Sozialgesetzbuches III (SGB III). Sie sind in der Hauptsache erst kurzzeitig arbeitslos (unter einem Jahr) und erhalten das am letzten Einkommen bemessene Arbeitslosengeld I (ALG I) aus der Arbeitslosenversicherung. Aber auch in der Arbeitslosenversicherung gibt es Langzeitarbeitslose. Ihre Zahl beläuft sich auf rund 130.000. Diese Personen sind zum einen Nicht-Leistungsempfänger, die entweder nie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatten (Berufsrückkehrer oder –einsteiger) und zum anderen Personen, die nach Auslaufen des Leistungsbezuges aufgrund fehlender Bedürftigkeit keine Leistungen aus der Grundsicherung erhalten. Weiterhin zählen dazu ältere Arbeitslosengeld-Empfänger, die Leistungsansprüche von mehr als 12 Monaten haben.

Zusammensetzung von Bedarfsgemeinschaften
Mit rund 1,9 Millionen ist die Single-Bedarfsgemeinschaft die häufigste Form der Bedarfsgemeinschaft. Es folgen Zwei-Personen-Haushalte mit einer Anzahl von rund 685.000. Größere Bedarfsgemeinschaften sind vergleichsweise selten vertreten. Im Juli 2012 gab es knapp 390.000 Drei-Personen-Bedarfsgemeinschaften und rund 380.000 Bedarfsgemeinschaften mit mehr als vier Personen.Höhe der Geldleistungen

Je größer die Bedarfsgemeinschaft, desto höher der durchschnittliche Leistungsbetrag. Dabei steigt der Betrag jedoch nicht linear mit der Anzahl der Haushaltsmitglieder. Eine Single-Bedarfsgemeinschaft erhielt im Juni 2012 durchschnittlich 704 Euro. Demgegenüber lag der Pro-Kopf-Betrag in einer Bedarfsgemeinschaft mit vier Personen beispielsweise lediglich bei 276 Euro. Grund hierfür sind zum einen die niedrigeren Regelsätze für Kinder, zum anderen die geringeren Pro-Kopf-Kosten für Miete und Heizung.
Entwicklung der Leistungsempfänger

Der wirtschaftliche Aufschwung seit 2010 hat auch in der Grundsicherung für einen verhältnismäßig starken Rückgang der Empfängerzahlen gesorgt. So lag der Jahresdurchschnitt der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten 2011 rund sechs Prozent unter dem des Jahres 2010. Im Vergleich zu der Entwicklung in der Arbeitslosenversicherung (SGB III), wo ein Rückgang um 19 Prozent verzeichnet werden konnte, ist das allerdings eine nur moderate Entwicklung. Grund hierfür ist, dass Personen in der Grundsicherung in deutlich geringerem Umfang von wirtschaftlichen Hochphasen profitieren, da ihre Hilfebedürftigkeit in der Regel andere Gründe als eine schlechte Arbeitsmarktlage (z.B. niedrige Qualifikation, gesundheitliche oder soziale Schwierigkeiten etc.) hat.
SGB II-Hilfequote

Die Hilfequoten weisen starke regionen- und personenspezifische Unterschiede auf.
So differiert der Anteil der Grundsicherungsbezieher an der Bevölkerung stark zwischen West- und Ostdeutschland sowie unter den einzelnen Bundesländern. Im Oktober 2012 lag die Quote in den alten Bundesländern bei 8 Prozent (etwa jeder Zwölfte), während sie in den neuen Ländern 15,3 Prozent (etwa jeder Siebte) erreichte. Im Bundesländervergleich reicht die Spannweite der Quoten von 4,1 Prozent in Bayern bis 20,6 Prozent in Berlin.
SGB II-Risikogruppen
Bestimmte Personengruppen haben ein erhöhtes Risiko der Hilfebedürftigkeit. Besonders betroffen sind beispielsweise Ausländer mit einer Hilfequote von 15,6 Prozent. Auch bei Kindern ist die Hilfequote deutlich erhöht. 15 Prozent oder etwa jedes siebte Kind in Deutschland lebt von Leistungen aus der Grundsicherung. Frauen sind leicht stärker betroffen als Männer. Bei ihnen liegt die Hilfequote bei 8,6 Prozent gegenüber 7,9 Prozent bei den Männern. Unterdurchschnittlich betroffen sind Ältere. Personen zwischen 50 und 65 Jahren weisen mit 7,2 Prozent die geringste Hilfequote auf.SGB II-Hilfequoten
in Prozent, Stand: Juni 2012
Leistungsberechtigte Prozent | |
---|---|
alle Leistungsberechtigten | 9,5 |
erwerbsfähige Leistungsberechtigte | 8,2 |
Frauen | 8,6 |
Männer | 7,9 |
unter 25 Jahre | 8,5 |
25 bis unter 50 Jahre | 8,7 |
50 bis unter 65 Jahre | 7,2 |
Ausländer | 15,6 |
nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte | 15 |
Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Grundsicherung für Arbeitssuchende in Zahlen. Stand: Juni 2012

Die Hilfequote von Paar-Haushalten mit Kindern liegt zum Vergleich mit 7,2 Prozent deutlich niedriger. Paare ohne Kinder haben das niedrigste Risiko auf Hilfebedürftigkeit. Sie sind lediglich mit 3,7 Prozent betroffen.
Erwerbstätige Bezieher von Leistungen aus der Grundsicherung
Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende können mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit kombiniert werden. Das ist zum einen der Fall, wenn die Einkünfte einer Person oder eines Haushaltes deren Lebensunterhalt nicht vollständig abdecken, also unter dem Regelsatz der Grundsicherungsleistung liegen. Das geringe Einkommen wird dann an das Grundsicherungsniveau angeglichen. Zum anderen ist es Beziehern von Grundsicherung gestattet, in einem gewissen Umfang zu ihren Bezügen hinzu zu verdienen. Bis 100 Euro monatlich ist der Zuverdienst abgabenfrei, darüber hinaus werden Teile des Einkommens mit den Leistungen aus der Grundsicherung verrechnet.
Im Juni 2012 waren über 1,3 Millionen beziehungsweise rund 30 Prozent aller Bezieher von Grundsicherungsleistungen erwerbstätig. Zum überwiegenden Teil arbeiten diese Personen in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis, also einem Mini- bzw. 400 €-Job. Bei ihnen ist davon auszugehen, dass sie zu den Leistungen aus der Grundsicherung hinzuverdienen. Rund ein Fünftel der erwerbstätigen Grundsicherungsbezieher ist allerdings teilzeitbeschäftigt. Knapp ein Viertel arbeitet in Vollzeit und erreicht dennoch kein Gehalt, das den Regelsatz der Grundsicherung übersteigt. Hier deckt das Arbeitseinkommen aus einer regulären, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung den Lebensunterhalt der Person oder des Haushaltes nicht ab. Besonders häufig ist das in größeren Paar-Bedarfsgemeinschaften mit Kindern der Fall, in denen nur eine Person Einkommen aus Erwerbsarbeit erzielt.
Beendigung des Leistungsbezuges
Personen, die Leistungen aus der Grundsicherung beziehen, fällt es schwer, das System wieder zu verlassen. So konnten im Juni 2012 lediglich 3,5 Prozent der Bedarfsgemeinschaften und 3,4 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ihre Hilfebedürftigkeit beenden.Zudem ist die Rückkehrwahrscheinlichkeit sehr hoch. Von den Personen, die im Zeitraum Juli 2011 bis Juni 2012 neu in den Bezug von Leistungen aus der Grundsicherung eingingen, hatten mehr als die Hälfte (54 Prozent) in den vorherigen zwölf Monaten bereits mindestens einmal Leistungen erhalten, 34 Prozent beziehungsweise über ein Drittel sogar in den vorherigen drei Monaten.
Bei den Bedarfsgemeinschaften sieht es ähnlich aus. Fast jeder Zweite (42 Prozent) der Neuzugänge in Leistungsbezug zwischen Juli 2011 und Juni 2012 hatte in den vorherigen zwölf Monaten bereits mindestens einmal Leistungen erhalten, 23 Prozent sogar in den vorherigen drei Monaten.
Langzeitleistungsbezug

Auch hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Personengruppen. Ältere Menschen zwischen 50 und 65 Jahren haben beispielsweise ein erhöhtes Risiko, dauerhaft hilfebedürftig zu bleiben.
Zum Weiterlesen
Bundesagentur für Arbeit: Grundsicherung für Arbeitssuchende in Zahlen.http://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201210/iiia7/grusi-in-zahlen/grusi-in-zahlen-d-0-pdf.pdf
Bundesagentur für Arbeit: Grundsicherung für Arbeitsuchende: Erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Bezieher: Begriff, Messung, Struktur und Entwicklung.
http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/Statistische-Sonderberichte/Generische-Publikationen/SGBII/Erwerbstaetige-AlgII-Empfaenger-Sonderbericht.pdf
Bundesagentur für Arbeit: Analyse des Arbeitsmarktes für Alleinerziehende in Deutschland 2011.
http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/Analytikreports/Zentrale-Analytikreports/Jaehrliche-Analytikreports/Generische-Publikationen/Analyse-Arbeitsmarkt-Alleinerziehende/Analyse-Arbeitsmarkt-Alleinerziehende-2011.pdf
Bundesagentur für Arbeit: Strukturen der Arbeitslosigkeit.
http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Berichte-Broschueren/Arbeitsmarkt/Generische-Publikationen/Strukturen-der-Arbeitslosigkeit-2012-05.pdf
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: IAB-Discussion Paper 2/2011. Arbeitsmarktvermittelte Abgänge aus der Grundsicherung. Der Einfluss von personen- und haushaltsgebundenen Arbeitsmarktbarrieren.
http://doku.iab.de/discussionpapers/2011/dp0211.pdf
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: IAB-Kurzbericht 21/2011. Alleinerziehende ALG-II-Empfängerinnen mit kleinen Kindern: Oft in Ein-Euro-Jobs, selten in betrieblichen Maßnahmen.
http://doku.iab.de/kurzber/2011/kb2111.pdf
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Die Informationsplattform des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bietet aktuelle Kennzahlen und Fachinformationen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Servicestelle SGB II erweitert und aktualisiert die Informationsplattform laufend.
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