Eine Herausforderung an die französische Gesundheitspolitik stellt zunächst kurz- bis mittelfristig die Umsetzung des beschriebenen angekündigten jüngsten Reformvorhabens, der "Stratégie nationale de Santé" dar (vgl. Abschnitt
Die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen stellen nach wie vor den größten Ausgabenposten der gesetzlichen Krankenversicherung in Frankreich dar und tragen dabei nach wie vor am stärksten zur Ausgabensteigerung der Krankenversicherung bei (Le Garrec/ Bouvet 2013: 131). Insbesondere zeichnen sich die öffentlichen und hier wiederum die zahlreichen kleinen kommunalen Krankenhäuser durch verkrustete, unter dem heutigen Blickwinkel der Anforderungen an eine moderne Krankenhausversorgung vielfach nicht mehr zeitgemäße Organisationsstrukturen aus. Zudem ist auch die Bereitschaft der Krankenhausakteure zur Koordination untereinander und mit den ambulanten Versorgungsträgern häufig mangelhaft, was zulasten der Versorgungsqualität insgesamt geht.
Bislang erweist sich insbesondere der medizinische öffentliche Dienst ("Service public hospitalier") als bremsender Faktor für Reformen. Im Kontext des "Loi HPST" ist nichts weniger als die Abschaffung des medizinischen öffentlichen Dienstes und die Gleichstellung des Personals in den öffentlichen Krankenhäusern mit dem Personal in privaten Kliniken diskutiert worden (Couty 2010: 42-43). Der Service public hospitalier stellt innerhalb des öffentlichen Dienstes in Frankreich eine eigene Kategorie dar und fasst in erster Linie das hauptamtliche Krankenhauspersonal (Ärzte und Pflegepersonal) zusammen (2011 insgesamt 1,110 Millionen Beschäftigte). Der Service public hospitalier verfügt mit der "Fédération hospitalière de France" über eine einflussreiche Interessenvertretung. Darüber hinaus bringt jeder Ansatz zur Reform des Krankenhaussektors auch Einwände und z. T. Widerstände insbesondere seitens der mittleren und kleinen Gemeinden mit sich, denn diese befürchten regelmäßig den Verlust von Arbeitsplätzen beim oftmals größten Arbeitgeber am Ort (Lavigne 2009: 438).
Im engen Zusammenhang mit der Reorganisation der öffentlichen Krankenhäuser steht die Diskussion um die künftige Organisation und Finanzierung der Pflege von behinderten und vor allem älteren, gebrechlichen Menschen. Diese Aufgabe wird seit dem "ersten Akt" der Dezentralisierungsreformen im Jahr 1982 von den Départements erbracht und teils über die gesetzliche Krankenversicherung, teils über die Rentenversicherung, teils aus der 2004 eingeführten sozialhilfeähnlichen Leistung der "Allocation pérsonnalisée d’autonomie" (APA) und auch aus privaten Mitteln der Betroffenen und/oder ihrer Angehörigen finanziert. Insbesondere die Finanzierung der Pflege wurde in der Vergangenheit sowohl von der Öffentlichkeit und den Betroffenen als auch von den Hauptfinanzierungsträgern, den Départements, immer wieder als unbefriedigend wahrgenommen.
Angesichts der voranschreitenden Alterung der Gesellschaft wird allerdings über die Optionen einer Reorganisation der Pflege- und allgemein die Organisation einer umfassenden Altenpolitik in Kooperation des Zentralstaates mit den lokalen Gebietskörperschaften (Départements und Städte) diskutiert. Hierzu brachte das Gesundheitsministerium u.a. im Jahr 2007 einen "Nationalen Plan zum guten Altern" ("Plan national Bien Vieillir 2007-2009") auf den Weg. Fest steht, dass die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für chronisch kranke (affectations de longue durée, ALD), überwiegend ältere Patienten, die vom Selbstbehalt ("Ticket modérateur") bei der Finanzierung von Krankenbehandlungen befreit sind, in den vergangenen Jahren stark angestiegen sind (Le Garrec/ Bouvet 2013: 49).
Schließlich bleibt auch das bekannte Problem der mangelhaften Integration eines Teils der freien Ärzteschaft eine Herausforderung für die künftige Gesundheitspolitik in Frankreich.