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Wichtige Akteure im deutschen Gesundheitswesen. Teil 1: Staat und Politik | Gesundheitspolitik | bpb.de

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Wichtige Akteure im deutschen Gesundheitswesen. Teil 1: Staat und Politik

Thomas Gerlinger

/ 17 Minuten zu lesen

Gesundheitspolitik ist ein staatsnaher Politiksektor . Der Staat hat in allen wohlhabenden Ländern einen überragenden Einfluss auf die Gesundheitspolitik. Dies gilt auch für jene Länder, die – wie Deutschland – nicht zum Typus der staatlichen Gesundheitssysteme zählen. Auch dort, wo Regelungskompetenzen an andere Akteure delegiert oder Regelungen den Marktkräften überlassen werden, handelt es sich um einem bewussten Steuerungsverzicht des Staates. Zugleich unterliegen aber auch unmittelbar vom Staat getroffene Regelungen dem Einfluss einer Vielzahl gesellschaftlicher Akteure.

Der Einfluss des Bundestages auf die Gestaltung des Gesundheitswesens ist sehr weitreichend. (© picture-alliance)

Gewaltenteilung – Föderalismus – Rechtsstaat – Sozialstaat

Die Prinzipien der politischen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland sind im Grundgesetz festgeschrieben. Auch die Zuständigkeiten in der Gesundheitspolitik und das Verhältnis wichtiger staatlicher Akteure zueinander lassen sich aus dem Grundgesetz ableiten, Ein tragender Grundsatz der staatlichen Ordnung ist das Prinzip der Gewaltenteilung. Dies bedeutet, dass die drei Funktionen Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (ausführende Gewalt, Gesetzesausführung) und Judikative (Rechtsprechung) institutionell und personell voneinander getrennt werden. Damit soll verhindert werden, dass es in einer Hand eine zu große Konzentration von Macht gibt, die zu einer autoritären Herrschaft oder einer Diktatur führen könnte.

Weiterhin legt das Grundgesetz fest, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Bundesstaat ist. Die öffentliche Gewalt (Legislative, Exekutive und Judikative) ist also nicht allein beim Bund konzentriert, sondern verteilt sich auf mehrere Ebenen. Neben dem Bund sind vor allem die Länder von Bedeutung. Die Frage, welche Ebene wofür zuständig ist, wird grundsätzlich ebenfalls vom Grundgesetz beantwortet.

Die Bundesrepublik Deutschland ist nach dem Grundgesetz eine repräsentative Demokratie und ein demokratischer Rechtsstaat. Repräsentative Demokratie bedeutet, dass die (wahlberechtigte) Bevölkerung in freien, gleichen und geheimen Wahlen ihre Vertreter (Repräsentanten) in das Gesetzgebungsorgan, den Bundestag, wählt. Die Charakterisierung als Rechtsstaat bedeutet, dass der Staat an die Gesetze gebunden ist, die er sich selbst gegeben hat. Dabei ist das Grundgesetz als Verfassung von besonderer Bedeutung.

Schließlich (und dies nicht zuletzt) schreibt das Grundgesetz das Sozialstaatsgebot für die staatliche und soziale Ordnung der Bundesrepublik Deutschland fest. Dies geht aus den Artikeln 20 und 28 des Grundgesetzes hervor. Demzufolge ist die Bundesrepublik Deutschland „ein demokratischer und sozialer Bundesstaat“ (Art. 20 Abs. 1 GG) und muss die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern „den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Bundesstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen“ (Art. 28. Abs. 1GG).

Die genannten Grundsätze der staatlichen Ordnung finden sich auch in der Gesundheitspolitik wieder. Das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes begründet für den Staat die Pflicht zur sogenannten Daseinsvorsorge. Diese Pflicht schließt auch die Sicherung der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger ein. Dabei kann er selbst entscheiden, wie er das Sozialstaatsgebot, auch im Gesundheitswesen, umsetzt. Darüber hinaus ist für die Gesundheitspolitik auch bedeutsam, dass das Grundgesetz (GG) dem Staat die Aufgabe zuweist, „das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit" zu gewährleisten (Art. 2 Abs. 2 GG). Daraus ergeben sich insbesondere Pflichten in der Präventionspolitik.

Die Europäische Union als supranationaler Akteur

Jenseits dieser nationalstaatlichen Zuständigkeiten hat die Europäische Union in der jüngeren Vergangenheit an Bedeutung für die Gesundheitspolitik erlangt.

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Die Rolle der Europäischen Union in der Gesundheitspolitik wird in der Lerntour "Europäische Integration und deutsche Gesundheitspolitik" dargestellt. Interner Link: Zur Lerntour

Akteure

Die zahlreichen Akteure im deutschen Gesundheitssystem lassen sich in drei Gruppen unterteilen:

  • Zur ersten Gruppe gehören staatliche Institutionen, die entsprechend der föderalen Struktur der Bundesrepublik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene tätig. Dabei sind gemäß der Gewaltenteilung legislative, exekutive und judikative Institutionen zu unterscheiden.

  • Zur zweiten Gruppe zählen die für das deutsche Gesundheitssystem besonders wichtigen Akteure der Selbstverwaltung. Sie werden vom Bundesverfassungsgericht auch als „mittelbare Staatsverwaltung" bezeichnet.

  • Die dritte Gruppe umfasst die freien Akteure, also jene Verbände und Einzelorganisationen, die jenseits des (halb-)staatlichen Regulierungssystems – sei es als Marktakteure oder als Teil des Wohlfahrtssektors – auf die Entwicklung des Gesundheitssektors Einfluss nehmen. Auch die Organisationen der ärztlichen Selbstverwaltung (Kammern) werden in diesem Rahmen behandelt.

Bund und Länder haben unterschiedliche Zuständigkeiten in der Gesundheitspolitik. Diese Unterschiede kommen vor allem in der Legislative und Exekutive zum Ausdruck. Die für die Gesetzgebung entscheidenden Organe auf Bundesebene sind der Bundestag, also das deutsche Parlament, und der Bundesrat, also die Vertretung der Länder.

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Bundestag

Das wichtigste Gesetzgebungsorgan in der Gesundheitspolitik ist der Bundestag. Die Sozialversicherung und mit ihr die gesetzliche Krankenversicherung als wichtigste Institution im Feld Gesundheitspolitik unterliegen der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 72 und 74 Abs. 1 Nr. 12 GG). „Konkurrierende Gesetzgebung“ bedeutet, dass die Länder zur Gesetzgebung auf diesem Feld befugt sind, „solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht“ (Art. 72 Abs. 1 GG). Wenn der Bund aber von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch macht, werden Regelungen auf Landesebene hinfällig. Genau dies aber hat der Bundestag auf dem Gebiet der Krankenversicherung seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland umfassend getan. Somit ist das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung in den vergangenen Jahrzehnten bundeseinheitlich ausgestaltet worden. Dieser Prozess wird auch als „Unitarisierung“ bezeichnet. Die Länder dürfen auf diesen vom Bund geregelten Feldern keine eigenen Rechtsvorschriften verabschieden. Allerdings haben sie ein Mitwirkungsrecht bei der Gesetzgebung des Bundes (Art. 50 GG), das sich auf solche Felder erstreckt, bei denen der Bund nicht über das ausschließliche Gesetzgebungsrecht verfügt. Auch können die Länder eigene Gesetzesinitiativen zum Bundesrecht auf den Weg bringen (Art. 76 Abs. 1 GG).

Für die gesetzliche Krankenversicherung ist daneben insbesondere von Bedeutung, dass das Grundgesetz "die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze" als Gegenstandsbereiche der konkurrierenden Gesetzgebung nennt (Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG). Auch auf diesen Feldern hat der Bund vor allem mit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, der Bundespflegesatzverordnung und dem Krankenhausentgeltgesetz einen bundeseinheitlichen Rahmen geschaffen.

Auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung handelt es sich bei der Bundesgesetzgebung in aller Regel um Rahmenvorschriften, die von der Selbstverwaltung konkretisiert und ausgefüllt werden. Die wichtigsten Regelwerke sind

  • das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V), das das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung enthält, sowie

  • das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG).

Bei den großen Gesundheitsreformen, die in relativ kurzen Abständen erfolgen, handelt es sich zumeist um Änderungen an diesen wichtigen Gesetzen.

Darüber hinaus hat der Bund zu einer Vielzahl einzelner Handlungsfelder, die entweder Teil der Gesundheitspolitik sind oder mit ihr in unmittelbarem Zusammenhang stehen, Gesetze verabschiedet. Hierzu zählen z.B.:

  • das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG),

  • das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG),

  • das Arzneimittelgesetz (AMG),

  • das Krankenpflegegesetz (KrPflG),

  • das Transplantationsgesetz (TPG).

Bundesrat

Der Bundesrat als Länderkammer hat im Rahmen der föderalen Staatsordnung das Recht, an allen Bundesgesetzen mitzuwirken, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes fallen. Die Gesetzentwürfe, bei denen der Bundesrat ein Mitwirkungsrecht hat, lassen sich in Einspruchsgesetze und in Zustimmungsgesetze unterteilen (Art. 77 GG). Einspruchsgesetze sind solche Gesetze, die nicht ausschließlich in die Kompetenz des Bundes fallen, bei denen das Grundgesetz aber keine Zustimmung durch die Länder vorsieht. Zustimmungsgesetze sind solche Gesetze, bei denen eine Zustimmung der Länder nach dem Grundgesetz erforderlich ist.

Einspruchsgesetze begründen einen geringeren Einfluss des Bundesrates als Zustimmungsgesetze. Einen Einspruch des Bundesrates gegen einen Gesetzentwurf des Bundestages kann der Bundestag zurückweisen. Zwar kann der Bundesrat in diesem Fall den Vermittlungsausschuss anrufen, jedoch wird dies in aller Regel keine Konfliktlösung bringen, weil der Bundestag nicht auf die Zustimmung des Bundesrates angewiesen ist. Wenn der Bundestag den Einspruch nicht zurückweist, ist der Gesetzentwurf aber gescheitert.

Anders bei einem zustimmungspflichtigen Gesetz. Lehnt der Bundesrat einen Gesetzentwurf ab, können sowohl der Bundesrat als auch der Bundestag und die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufen. In diesem Gremium versuchen die beteiligten Akteure, sich auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf zu verständigen. Weil der Entwurf bei einer endgültigen Ablehnung durch den Bundesrat in jedem Fall gescheitert ist, unterliegt hier – anders als bei einem Einspruchsgesetz – der Bundestag auch einem Einigungsdruck.

Bund und Länder haben an der Gesetzgebung jeweils eigene Interessen. Dieser Umstand macht es für eine Bundesregierung nicht immer leicht, ein Vorhaben durch den Bundesrat zu bringen – auch dann nicht, wenn die Parteien der Regierungskoalition auch im Bundesrat über eine Mehrheit verfügen. Hinzu kommt aber, dass in Bundestag und Bundesrat häufig unterschiedliche parteipolitische Mehrheiten existieren. In diesem Fall muss sich die Bundestagsmehrheit auch auf parteipolitisch geprägte Widerstände im Bundesrat einstellen. Die Bundesratsmehrheit ihrerseits kann den Bundesrat nutzen, um über ihn Oppositionspolitik zu betreiben. Eine solche Konstellation stellt eine zusätzliche Hürde für die Regierungsmehrheit im Bundestag dar.

Zustimmungsbedürftig sind Gesetze in folgenden Fällen:

  • bei einer Verfassungsänderung (Art. 79 Abs. 2 GG),

  • bei Gesetzesentwürfen, die sich auf die Finanzen der Länder auswirken (Art. 104a, 105, 106, 107, 109 GG) haben und

  • bei Gesetzesentwürfen, die Auswirkungen auf die Organisation und Verwaltungsverfahren von Landesbehörden haben (Art. 84 Abs. 1, Art. 85, Art. 108 GG).

LinkBundesrat

Diese Fälle treffen auch auf zahlreiche Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung zu. Daher spielt der Bundesrat auch in der Gesundheitspolitik eine erhebliche Rolle.

Gesundheitspolitik in den Parteien

Für die inhaltliche Ausrichtung der Gesundheitspolitik ist natürlich die Willensbildung in den Parteien von besonderer Bedeutung. Wichtige Dokumente sind Grundsatzprogramme und – in der Regel detailliertere – Wahlprogramme. Nach einer Bundestagswahl verständigen sich die Parteien der künftigen Regierungskoalition auf eine Koalitionsvereinbarung, also ein Regierungsprogramm, das stets auch längere Ausführungen zur Gesundheitspolitik umfasst. Die Aussagen zur Gesundheitspolitik werden im Allgemeinen von den Fachpolitikern der beteiligten Parteien ausgehandelt und müssen in einem letzten Durchgang von den Spitzen der Koalitionsparteien "abgesegnet" werden. Über die Lösung von Problemen, die sich erst im Laufe einer Legislaturperiode stellen, entscheiden die jeweiligen Bundestagsfraktionen.

Auf den Webseiten der Parteien und ihrer Bundestagsfraktionen findet man ausführliche Informationen und Positionspapiere zu den jeweiligen gesundheitspolitischen Positionen.

Bundesministerium für Gesundheit (BMG)

Organisationsplan des Bundesministeriums für Gesundheit
(Interner Link: Grafik zum Download) (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Das Bundesministerium für Gesundheit als das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium hat ein ungemein weites Aufgabenfeld. Es ist nicht allein für die gesetzliche Krankenversicherung, sondern auch für die soziale Pflegeversicherung, für zahlreiche Fragen der Prävention, für die Gesundheitsberufe, für die private Krankenversicherung, für Arzneimittel, Medizinprodukte und für vieles andere mehr zuständig.

Bei der Ausarbeitung von Reformen ist es das federführende Ministerium. Dies bedeutet, dass im Ministerium tätige Fachbeamte gemäß den politischen Vorgaben (zumeist) der Bundesregierung die Gesetzentwürfe formulieren. Auf diese Weise, nicht zuletzt bei der Lösung auftretender Probleme und Widersprüche, können das Ministerium und seine Fachbeamten selbst auch Einfluss auf Reforminhalte nehmen.

Ein genaueres Bild des Aufgabenspektrums des Ministeriums vermittelt ein Blick auf die Gliederung nach Abteilungen beziehungsweise Unterabteilungen.

LinkBundesministerium für Gesundheit

Dem Ministerium zugeordnet sind:

  • die Beauftragte der Bundesregierung für Drogenfragen;

  • der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie

  • der Bevollmächtigte für Pflege.

Darüber hinaus ist das BMG für die Ausarbeitung von untergesetzlichen Rechtsvorschriften (z.B. Verordnungen) in seinem Zuständigkeitsbereich verantwortlich. Zahlreiche Gesetzesbestimmungen sehen eine Ermächtigung für den Erlass solcher Vorschriften durch den zuständigen Bundesminister vor. Dabei handelt es sich zumeist um solche Probleme, die sich nur schwer in Form einer Rechtsvorschrift bearbeiten lassen oder mit deren wiederholter Befassung ein Parlament überfordert wäre.

Schließlich führt das BMG auch die Rechtsaufsicht über bundesunmittelbare Träger der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der Gemeinsamen Selbstverwaltung (Art. 87 Abs. 2 GG), also z.B. den GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung oder den Gemeinsamen Bundesausschuss.

Institutionen im Geschäftsbereich BMG

Zum Geschäftsbereich des Ministeriums gehören mehrere Bundesbehörden, die unterschiedliche Aufgaben im Gesundheitswesen erfüllen:

  • Robert Koch-Institut (RKI)

  • Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel

  • Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI)

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

Ein ausführliche Darstellung der Aufgaben dieser dem Bundesministerium für Gesundheit nachgeordneten Behörden würde den Rahmen dieses Lernobjekts sprengen. Daher folgen an dieser Stelle nur einige kurze Hinweise zu den wichtigsten Funktionen und Tätigkeitsbereichen. Weiterführende Informationen sind über die in der Randspalte aufgeführten Websites verfügbar.

Robert Koch Institut (CC, Fridolin freudenfett (Peter Kuley)) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Robert Koch-Institut (RKI)

Das RKI ist aus dem bis 1994 bestehenden Bundesgesundheitsamt hervorgegangen und ist die zentrale Einrichtung der Bundesregierung zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten. Arbeitsschwerpunkte des Instituts, das seinen Hauptsitz in Berlin hat, sind die Forschung und Beratung der Bundesregierung in Fragen der Öffentlichen Gesundheit (Public Health).

Von besonderem Interesse nicht nur für Fachkreise ist vor allem auch die vom RKI verantwortete Gesundheitsberichterstattung des Bundes. In diesem Zusammenhang werden zum einen die wichtigsten Basisdaten zum Gesundheitszustand der deutschen Bevölkerung publiziert. Zum anderen werden in speziellen Themenheften einzelne Gesundheitsstörungen (Hepatitis C, Angststörungen, Hautkrebs usw.) und wichtige Fragestellungen rund um die Gesundheit (zum Beispiel Arbeitslosigkeit und Gesundheit, Gesundheit alleinerziehender Mütter und Väter, Sterbebegleitung) behandelt.

TippStudien zu Gesundheit und Krankheiten

Die Externer Link: Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) des Robert Koch-Instituts enthält einen großen Fundus wissenschaftlicher Publikationen zu Fragen rund um das Thema Gesundheit und Krankheit.

Pressemotiv zum Weltaidstag 2013 der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. (© www.bzga.de)

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Die in Köln ansässige BZgA ist die Fachoberbehörde für Gesundheitserziehung und Gesundheitsaufklärung. Hier werden Strategien und Kampagnen entwickelt, um die Bevölkerung über Gesundheitsrisiken zu informieren und gesundheitsfördernde Verhaltensweisen zu vermitteln. Die bisher größte Kampagne der BZgA mit dem Titel "Gib AIDS keine Chance" dürfte fast allen Deutschen geläufig sein. Nicht zuletzt ist die BZgA am Aufbau des "Kooperationsverbundes gesundheitliche Chancengleichheit" und dessen regionalen Koordinierungsstellen beteiligt, koordiniert das Projekt "gesundheitliche Chancengleichheit" und wirkt am Aufbau des Kommunalen Partnerprozesses "Gesund aufwachsen für alle!" mit.

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

Arzneimittel müssen amtlich zugelassen werden, bevor sie "in Verkehr gebracht" – also in Apotheken verkauft – werden dürfen. Die Arzneimittelzulassung ist die Hauptaufgabe des BfArM in Bonn. Ein weiteres Aufgabengebiet ist die Risikobewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten (wie Herzschrittmachern, Hüftgelenk-Endoprothesen usw.). Ferner obliegt dem BfArM die Überwachung der Arzneimittelsicherheit nach erfolgter Marktzulassung (Pharmakovigilanz). Sie ist erforderlich, weil die klinischen Studien, die für eine Arzneimittelzulassung notwendig sind, nur an einer relativ kleinen Zahl von Personen durchgeführt werden. Die Pharmakovigilanz soll insbesondere dazu beitragen, unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu erkennen, die relativ selten sind und erst bei einer bevölkerungsweiten Anwendung eines Arzneimittels zu Tage treten.

Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel

Das PEI ist vor allem für die Sicherheit biologischer beziehungsweise immunbiologischer Arzneimittel (zum Beispiel Impfstoffe) sowie von Blut und Blutprodukten zuständig. Darüber hinaus ist das in Langen nahe Frankfurt am Main beheimatete PEI ein bedeutendes Forschungsinstitut.

Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI)

Das DIMDI hat seinen Sitz in Köln und hält ein umfangreiches Angebot an medizinischen Informationen vor allem für Nutzerinnen und Nutzer aus Fachkreisen bereit. Viele Datenbanken des DIMDI sind kostenlos von der allgemeinen Öffentlichkeit nutzbar. Dazu zählen beispielsweise international bedeutsame Datenbanken über wissenschaftliche medizinische Literatur, in denen man online recherchieren kann. Darüber hinaus nimmt DIMDI bestimmte gesetzliche Aufgaben wahr, wie etwa die Pflege von Schlüsselsystemen (ICD, ICF usw.) sowie den Aufbau von Informationssystemen.

Bundesversicherungsamt

Das Bundesversicherungsamt (BVA) ist zwar nicht dem Geschäftsbereich des BMG, sondern dem des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zugeordnet, es nimmt aber dennoch wichtige Aufgaben im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung wahr. So führt es die Rechtsaufsicht über die bundesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Bundesunmittelbar sind solche Krankenkassen, deren Zuständigkeitsbereich sich über mehr als ein Bundesland erstreckt. Die Aufsicht kann bei Krankenkassen mit einem Zuständigkeitsbereich für nicht mehr als drei Länder auf Landesebene verbleiben, wenn die betroffenen Länder sich darauf einigen, welches Bundesland die Aufsicht führt (Art. 87 Abs. 2 GG).

Zudem führt das BVA eine Reihe von Verwaltungstätigkeiten im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Dazu zählt z.B. die Zulassung von Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke (strukturierte Behandlungsprogramme – DMP), die Durchführung des Risikostrukturausgleichs zwischen den Krankenkassen sowie die Verwaltung des Gesundheitsfonds.

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Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen

Seit 1985 existiert ein aus Wissenschaftlern, vor allem Medizinern und Gesundheitsökonomen, zusammengesetzter Sachverständigenrat, der sich mit der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens befasst. Er legt dem Gesundheitsministerium etwa alle zwei Jahre ein Gutachten zu ausgewählten Problemfeldern vor. Hinzu kommen vom Bundesminister für Gesundheit angeforderte Sondergutachten. Aufgabe der Gutachten ist es,

  • „die Entwicklung der gesundheitlichen Versorgung mit ihren medizinischen und wirtschaftlichen Auswirkungen“ zu analysieren,

  • „unter Berücksichtigung der finanziellen Rahmenbedingungen und vorhandener Wirtschaftlichkeitsreserven Prioritäten für den Abbau von Versorgungsdefiziten und bestehenden Überversorgungen“ zu entwickeln,

  • „Möglichkeiten und Wege zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens“ aufzuzeigen (§ 142 Abs. 2 SGB V).

Seit 2004 trägt der Sachverständigenrat den Namen „Sachverständigenrat für die Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen“.

TippGutachten des Sachverständigenrats

Die Externer Link: Gutachten des Sachverständigenrates sind für die Gesundheitspolitik und die Reformdebatte in Deutschland Gutachten eine hervorragende Informationsquelle.

Rechtsprechung

Die Rechtsakte, die zur Organisation der gesetzlichen Krankenversicherung verabschiedet werden, unterliegen selbst wiederum der rechtlichen Überprüfung und Beanstandung. Daher können bei Rechtsstreitigkeiten auch die zuständigen Gerichte angerufen werden. Dies gilt zum einen für die verabschiedeten Gesetze selbst, zum anderen für die zwischen einzelnen Parteien geschlossenen Verträge und für die Entscheidungen, die einzelne Akteure im Zusammenhang mit der Erbringung, Bewilligung und Vergütung von Leistungen treffen. Auch Entscheidungen der staatlichen Aufsichtsbehörden, z.B. des Bundesgesundheitsministeriums oder des Bundesversicherungsamtes, sind vor den Gerichten anfechtbar. Zuständig sind vor allem die Sozialgerichte auf Landes- und Bundesebene. Gelegentlich wird aber auch das Bundesverfassungsgericht angerufen. Darüber hinaus haben mit der Anwendung des Kartellrechts auf die Selektivverträge von Krankenkassen auch die Wirtschaftskammern der Zivilgerichte an Bedeutung gewonnen.

Die Bundesländer als Akteure der Gesundheitspolitik

Allerdings haben die Länder den Auftrag zur Sicherstellung der stationären Versorgung (§ 6 Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG), also zur Gewährleistung eines ausreichenden Angebots an Krankenhäusern und Krankenhausbetten, wahrzunehmen. Daraus ergibt sich in der Krankenhauspolitik im Vergleich zu anderen Teilbereichen der Gesundheitspolitik der bei weitem größte Verflechtungsgrad zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet der Gesetzgebung. Alle Bundesgesetze, welche die stationäre Versorgung betreffen, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Die Bundesländer haben in der Gesundheitspolitik wichtige Aufgaben sowohl in der Legislative als auch in der Exekutive. Drei Handlungsfelder sind dabei von besonderer Bedeutung:

  • die Krankenhauspolitik,

  • die Krankheitsprävention und der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD),

  • die Rechtsaufsicht über die landesunmittelbaren Körperschaften in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die exekutiven Zuständigkeiten für die genannten Bereiche sind in der Regel in einem Landesministerium gebündelt, wobei neben dem Themenfeld Gesundheit zumeist noch weitere Politikfelder (zum Beispiel Familie, Frauen, Soziales) zum gleichen Ministerium gehören. Eine Sonderrolle nehmen ferner zumeist die Universitätskliniken ein, die den jeweiligen Wissenschaftsministerien zugeordnet sind.

Sicherstellung der Krankenhausversorgung

Die Länder haben den Auftrag zur Sicherstellung einer leistungsfähigen und bedarfsgerechten Krankenhausversorgung (§ 6 Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG). Zu diesem Zweck stellen sie Landeskrankenhauspläne auf und übernehmen sie die Finanzierung der Krankenhausinvestitionen. Einzelheiten der Krankenhausplanung und -finanzierung sind in Landesgesetzen geregelt. Aufgrund dieser Zuständigkeiten ist in der Krankenhauspolitik die legislative Verflechtung zwischen Bund und Ländern besonders groß. Reformen auf diesem Gebiet bedürfen stets der Zustimmung der Bundesländer.

In den Krankenhausplänen wird der Bedarf an stationären Behandlungskapazitäten für das jeweilige Bundesland für einen festgelegten Zeitraum definiert. Die Planungsdichte, also die Detailgenauigkeit der Landesplanung, ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich groß. Allerdings lässt sich in den meisten Ländern ein Trend zur Beschränkung auf eine Rahmenplanung feststellen. Die Aufnahme in den jeweiligen Landeskrankenhausplan ist für die betroffenen Krankenhäuser von großer wirtschaftlicher Bedeutung: Der Status eines "Plankrankenhauses" ist – von Ausnahmen abgesehen – zum einen Voraussetzung dafür, dass das Haus Patienten zu Lasten der Krankenkassen behandeln kann, zum anderen dafür, dass es Anspruch auf Investitionsförderung durch das Land hat.

LinktippsKrankenhausplanung der Länder: Die Beispiele Bayern und Brandenburg

Die Praxis der Krankenhausplanung unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Einen Einblick in die Krankhausplanung sollen an dieser Stelle die Pläne Bayerns und Brandenburgs geben.

Weitere Informationen zur Organisation der stationären Versorgung finden Sie in den beiden Lernobjekten zur stationären Versorgung.

Verwandte LerntourenStationäre Versorgung

Öffentlicher Gesundheitsdienst

Ein wichtiger Schwerpunkt der Länderaktivitäten liegt auf der Prävention, also den Maßnahmen und Initiativen zum Erhalt und zur Förderung der Gesundheit der Bevölkerung beziehungsweise spezifischer Zielgruppen (Kinder, Jugendliche, Migrantinnen und Migranten usw.). In diesem Zusammenhang sind die Länder auch für die Organisation des öffentlichen Gesundheitsdienstes zuständig. Zu dessen traditionellen Aufgaben gehören Vorsorge und Gesundheitsfürsorge (wie beispielsweise Einschulungsuntersuchungen, Schwangeren- und Mütterberatung), gemeindenahe psychiatrische und sozialpsychiatrische Versorgung, Überwachungs- und Beratungsaufgaben in den Bereichen Hygiene, Infektionskrankheiten, Arzneimittelverkehr und Umweltmedizin.

Die genannten Aufgaben werden in der Regel von den Gesundheitsämtern in den Kreisen und Städten beziehungsweise spezialisierten Einrichtungen auf Bezirks- oder Landesebene wahrgenommen.

Organisation und Aufgaben ihrer öffentlichen Gesundheitsdienste haben die Bundesländer ebenfalls in Landesgesetzen geregelt. Als ein Beispiel sei auf das "Gesetz für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG)" des Landes Nordrhein-Westfalen verwiesen.

LinkLandesgesetz für den Öffentlichen Gesundheitsdienst: das Beispiel Nordrhein-Westfalen

Das 1998 in NRW in Kraft getretene Gesetz sieht eine Reihe von Ansätzen vor, mit denen die eigenständige Rolle des öffentlichen Gesundheitsdienstes ausgebaut werden soll:

In den Kreisen und Städten des Landes wurden kommunale Gesundheitskonferenzen etabliert, die eine ortsnahe Koordinierung der gesundheitlichen Versorgung erreichen sollen. Übergreifende Fragestellungen und Gesundheitsziele werden in einer Landesgesundheitskonferenz geplant und initiiert. Zur Unterstützung der Landesregierung sowie der kommunalen Behörden fungiert das Landeszentrum Gesundheit (LZG).

Rechtsaufsicht über die gesetzliche Krankenversicherung

Bund und Länder teilen sich die Rechtsaufsicht über die gesetzliche Krankenversicherung. Grundsätzlich führen die Bundesländer Gesetze zur gesetzlichen Krankenversicherung als eigene Angelegenheit aus (Art. 30 u. 83 GG). Die für das Gesundheitswesen zuständigen Länderministerien führen demzufolge die Aufsicht über die landesunmittelbaren Körperschaften, also die Landesverbände der Krankenkassen, die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die auf die nur in einem Bundesland agierenden Krankenkassen. Als landesunmittelbar gelten auch solche Krankenkassen, die in maximal drei Ländern tätig sind und bei denen sich die betroffenen Länder darauf verständigt, welches Land die Aufsicht führt (Art. 87 Abs. 2 GG).

Mitwirkung an Bundesgesetzen

Schließlich wirken die Länder – wie erwähnt – an der Gesetzgebung des Bundes zur Gesundheitspolitik mit. Sie nehmen dieses Recht im Lichte eigener Interessen wahr. Dieser Umstand macht es für eine Bundesregierung nicht immer leicht, ein Vorhaben durch den Bundesrat zu bringen, denn Bund und Länder haben jeweils eigene Interessen in der Gesundheitspolitik. Dies gilt auch dann, wenn die Regierungsparteien im Bund auch im Bundesrat über eine Mehrheit verfügen. Hinzu kommt noch, dass die Mehrheitsverhältnisse in Bundestag und Bundesrat häufig voneinander abweichen. In diesem Fall sieht sich die Bundestagsmehrheit zusätzlich mit parteipolitisch geprägten Widerständen im Bundesrat konfrontiert. Die Bundesratsmehrheit ihrerseits kann über den Bundesrat Oppositionspolitik im Bund betreiben.

Zusammenfassung

Der Staat hat in allen wohlhabenden Ländern einen überragenden Einfluss auf die Gesundheitspolitik. Allerdings wirken auch zahlreiche andere Akteure an der Gesetzgebung und Ausführung gesundheitspolitischer Bestimmungen mit. Die zahlreichen Akteure im deutschen Gesundheitssystem lassen sich grob in drei Gruppen unterteilen, nämlich staatliche Institutionen, Institutionen der Selbstverwaltung und freie Verbände und Einzelorganisationen.

Gewaltenteilung, Föderalismus, Rechtsstaatlichkeit und das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes sind wichtige Determinanten für die Rolle der unterschiedlichen Akteure in der Gesundheitspolitik und ihr Verhältnis zueinander. Das wichtigste Gesetzgebungsorgan in der Gesundheitspolitik ist der Bundestag. Nach dem Grundgesetz unterliegt die Sozialversicherung der konkurrierenden Gesetzgebung von Bund und Länder. Da der Bund aber von seinem Gesetzgebungsrecht umfassend Gebrauch gemacht hat, ist das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung in den vergangenen Jahrzehnten bundeseinheitlich ausgestaltet worden. Dabei beschränkt sich der Bund weitgehend auf eine Rahmengesetzgebung, die von der Selbstverwaltung konkretisiert und ausgefüllt werden. Die wichtigsten Regelwerke sind das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) und das Krankenhausfinanzierungsgesetz. Für die inhaltliche Ausrichtung der Gesundheitspolitik ist die Willensbildung in den Parteien von besonderer Bedeutung.

Der Bundesrat als Länderkammer wirkt im Rahmen der föderalen Staatsordnung an der Rechtsetzung des Bundes mit. Sein Einfluss ist dort besonders groß, wo nach dem Grundgesetz seine Zustimmung erforderlich ist. In der Gesetzgebung zum Gesundheitswesen berührt dies insbesondere solche Gesetzentwürfe, die sich auf die Finanzen der Länder oder auf die Organisation und Verwaltungsverfahren von Landesbehörden auswirken.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ist nicht allein für die gesetzliche Krankenversicherung, sondern auch für andere Aspekte der Gesundheitsversorgung und Krankheitsprävention zuständig. Bei der Ausarbeitung von Reformen ist es das federführende Ministerium und kann dadurch auch Einfluss auf Reforminhalte nehmen. Darüber hinaus ist das BMG für die Ausarbeitung von untergesetzlichen Rechtsvorschriften (z.B. Verordnungen) verantwortlich und führt es die Rechtsaufsicht über bundesunmittelbare Träger der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der Gemeinsamen Selbstverwaltung (Art. 87 Abs. 2 GG), also z.B. den GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung oder den Gemeinsamen Bundesausschuss.

Im Geschäftsbereich des BMG sind mehrere Institutionen angesiedeltt, die spezifische hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen ist ein wichtiges wissenschaftliches Beratergremium für das BMG.

Die Rechtsakte zur Organisation der gesetzlichen Krankenversicherung, die Verträge in der Gemeinsamen Selbstverwaltung und die Entscheidungen im Zusammenhang mit der Erbringung, Bewilligung und Vergütung von Leistungen unterliegen selbst wiederum der rechtlichen Überprüfung. Hier werden besonders häufig die Sozialgerichte angerufen.

Die Bundesländer haben in der Gesundheitspolitik wichtige Aufgaben sowohl in der Legislative als auch in der Exekutive. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Krankenhauspolitik und hier wiederum die Krankenhausplanung und die Investitionsfinanzierung im Krankenhaussektor, die Krankheitsprävention und die Organisation des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) sowie die Rechtsaufsicht über die landesunmittelbaren Körperschaften in der gesetzlichen Krankenversicherung.

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Erläuterung

Richtige Antwort: d) die Krankenhausplanung
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Erläuterung

Richtige Antwort: b) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
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Erläuterung

Richtige Antwort: b) Die Ablehnung eines Zustimmungsgesetzes durch den Bundesrat kann durch Rechtverordnung des Bundesministers für Gesundheit außer Kraft gesetzt werden.
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Erläuterung

Richtige Antwort: e) die Vorbereitung von Gesetzentwürfen zur gesetzlichen Unfallversicherung
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Erläuterung

Richtige Antwort: d) das Robert-Koch-Institut
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Erläuterung

Richtige Antwort: a) die Rechtsaufsicht über die Gesundheitspolitik der Bundesländer
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Ihre Auswertung

Der Bundestag ist nicht beteiligt an der Entscheidung über ...?

Erläuterung
Richtige Antwort: d) die Krankenhausplanung

Das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes besagt, dass ...

Erläuterung
Richtige Antwort: b) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

Welche Aussage zu Zustimmungsgesetzen ist falsch?

Erläuterung
Richtige Antwort: b) Die Ablehnung eines Zustimmungsgesetzes durch den Bundesrat kann durch Rechtverordnung des Bundesministers für Gesundheit außer Kraft gesetzt werden.

Welche Tätigkeit zählt nicht zu den Aufgaben des Bundesministeriums für Gesundheit?

Erläuterung
Richtige Antwort: e) die Vorbereitung von Gesetzentwürfen zur gesetzlichen Unfallversicherung

Welche Institution ist verantwortlich für die Gesundheitsberichterstattung des Bundes?

Erläuterung
Richtige Antwort: d) das Robert-Koch-Institut

Das Bundesversicherungsamt ist nicht zuständig für

Erläuterung
Richtige Antwort: a) die Rechtsaufsicht über die Gesundheitspolitik der Bundesländer

Quellen / Literatur

Mayntz, Renate/Scharpf, Fritz W. (1995): Steuerung und Selbstorganisation in staatsnahen Sektoren, in: Mayntz/Scharpf: Gesellschaftliche Selbstregelung und politische Steuerung, in: Mayntz, Renate/Scharpf, Fritz W. (Hrsg.): Gesellschaftliche Selbstregelung und politische Steuerung, Frankfurt a.M./New York: Campus S. 9-38.

Rosenbrock, Rolf / Gerlinger, Thomas (2014): Gesundheitspolitik. Eine systematische Einführung, 3., vollst. überarb. Aufl., Bern: Verlag Hans Huber.

Simon, Michael (2013): Das Gesundheitssystem in Deutschland. Eine Einführung in Struktur und Funktionsweise, 4. überarb. u. erw. Aufl., Bern: Verlag Hans Huber.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Mayntz/Scharpf 1995.

  2. Vgl. Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD 2013, S. 53-59. Externer Link: https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf

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Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger ist Professor an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, AG 1: Gesundheitssysteme, Gesundheitspolitik und Gesundheitssoziologie.