Die Vergütung von Krankenhausleistungen
Die Einführung von Diagnosis Related Groups
Das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 knüpfte an die Einführung von Fallpauschalen und Sonderentgelten an und sah vor, zum 1. Januar 2003 ein "durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen" (§ 17b Abs. 1 KHG), also die Vergütung sämtlicher Krankenhausleistungen, mit Ausnahme der Psychiatrie, auf der Grundlage diagnosebezogener Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups – DRGs). Die Ausgestaltung der DRGs sollte sich grundsätzlich am australischen DRG-Modell orientieren (Australian Refined Diagnosis Related Groups – AR-DRGs) und dieses an deutsche Verhältnisse anpassen. Das 2002 in Kraft getretene und mehrmals modifizierte Fallpauschalengesetz regelte die Einführung des DRG-Systems. Daraufhin begann der Prozess einer vollständigen Umstellung des Systems der Krankenhausvergütung, die in nur wenigen Jahren, bis Ende 2010, weitgehend bewältigt wurde. Wohl noch nie zuvor war eine derart umfassende Entgeltreform binnen derart kurzer Frist konzipiert und implementiert worden (Schölkopf/Stapf-Finé 2002).Das deutsche DRG-System besteht aus zwei Grundelementen: dem Patientenklassifikationssystem, also den Kriterien für die Zuordnung einzelner Patientinnen und Patienten zu einer bestimmten Fallgruppe, und den Bewertungsrelationen, die die relativen Kostengewichte der Fallgruppen festschreiben. Die GKV-Gesundheitsreform schreibt vor, dass das Patientenklassifikationssystem einerseits Komplexitäten und Komorbiditäten, also Nebenerkrankungen, abbilden soll, um eine möglichst weitgehende Kostenhomogenität der einzelnen Fallgruppen zu gewährleisten; andererseits soll es aber auch praktikabel sein, also nicht zu stark differenziert werden, um den Aufwand für die Fallgruppenzuordnung von Patientinnen und Patienten nicht ausufern zu lassen. Hauptmerkmale einer Fallgruppe sollen die Hauptdiagnose und die Nebendiagnose sowie die Hauptleistung und die Nebenleistungen sein. Für einen Teil der Fallgruppen sollen weitere Kriterien zur Differenzierung des Behandlungsaufwands herangezogen werden (zum Beispiel Alter, Geschlecht, Entlassungsart etc.). Die Diagnosen beruhen auf der International Statistical Classification of Diseases (ICD-10). Darüber hinaus werden nach einem Operationen- und Prozedurenschlüssel die durchgeführten therapeutischen Maßnahmen berücksichtigt.
Wissenscheck
DRG-System
Frage 1 / 1
Für die Pflege und Weiterentwicklung des DRG-Systems ist das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK) verantwortlich. Es wird gemeinsam von Krankenkassen und DKG getragen und wurde 2001 gegründet. Das InEK legt auch die zu vergütenden Fallgruppen fest. Deren Zahl hat sich seit der Einführung des DRG-Systems beständig erhöht und belief sich 2014 auf knapp 1.200 Fallgruppen. Das DRG-Patientenklassifikationsystem ist damit deutlich differenzierter als das 1996 in Kraft getretene Fallpauschalensystem.
Parallel dazu wurden Kodierrichtlinien entwickelt. Sie geben vor, in welcher Weise die Diagnoseklassifikation und die Klassifikation von Behandlungsleistungen im Krankenhaus erfolgen muss. Kodierrichtlinien haben folgende Funktionen:
- Sie sollen eine möglichst einheitliche Anwendung des neuen Systems gewährleisten.
- Sie sollen die Gefahr von Manipulationen bei der Kodierung von Patientinnen und Patienten begrenzen.
Wie in anderen Bereichen auch müssen die Vereinbarungen in der Summe gewährleisten, dass der Aufwand nicht zu Beitragssatzerhöhungen führt, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auf anderem Wege nicht zu gewährleisten. Für einen Übergangszeitraum sollen diejenigen Fallgruppen, die nicht zuverlässig kalkuliert werden konnten, hilfsweise auf der Grundlage der australischen DRGs bewertet werden. Für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, deren Kosten wegen fehlender Erfahrungen noch nicht zuverlässig geschätzt werden können, sollen Sonderentgelte vereinbart werden. Generell sollen alle Leistungsbeschreibungen und -kalkulationen regelmäßig überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden.
Wissenscheck
Bewertungsrelationen
Frage 1 / 1
Von 2005 bis 2009 schloss sich daran eine "Konvergenzphase" an, in deren Verlauf eine Anpassung der krankenhausindividuellen an landesweit einheitliche Fallpauschalen vollzogen werden sollte. Auf diese Weise wollte man den Krankenhäusern einen "sanfteren" Übergang in das DRG-System ermöglichen. Ursprünglich sollte diese Konvergenzphase bereits 2007 abgeschlossen sein, aber angesichts der absehbar gravierenden Umverteilungen zwischen den Krankenhäusern wurde sie schließlich bis 2010 verlängert.

Die Verlängerung der Konvergenzphase bei reduzierten Konvergenzquoten und erhöhten Kappungsgrenzen hatte für die Krankenhäuser, die infolge der DRG-Einführung Budgetminderungen hinzunehmen hatten, zur Folge, dass sich der Übergang in das DRG-System sanfter vollzog. Das 2009 in Kraft getretene Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) teilte schließlich den letzten Konvergenzschritt der DRG-Einführung auf die Jahre 2009 und 2010 auf.
Nunmehr gibt es seit dem 1. Januar 2010 auf Landesebene einen einheitlichen Basisfallwert und damit einheitliche Preise für die jeweiligen Diagnosen. In den Jahren 2005 bis 2008 wurden die landesbezogenen Basisfallwerte zwischen den Landeskrankenhausgesellschaften und den Landesverbänden der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der privaten Krankenversicherung (PKV) vereinbart. Ob es mittelfristig einen bundeseinheitlichen Basisfallwert geben soll, ist politisch umstritten. Das KHRG sieht keinen bundeseinheitlichen Basisfall, aber eine schrittweise Annäherung unterschiedlicher Landesbasisfallwerte an einen einheitlichen Basisfallwertkorridor vor.
Zugleich beginnt mit dem Eintritt in die Konvergenzphase eine neue Verhandlungssystematik: Nun müssen sich die Verhandlungsparteien zunächst auf Art und Menge der im folgenden Jahr voraussichtlich zu erbringenden vollstationären Leistungen verständigen. Anschließend erfolgt unter Berücksichtigung der Vergütungsbestimmungen eine Verhandlung über das DRG-Erlösvolumen. Dessen Höhe ist nicht durch die ansonsten geltende Bindung des krankhausindividuellen Budgets an den Grundsatz der Beitragssatzstabilität begrenzt.
Die Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser (KFPV) sieht vor, dass die Fallpauschalen jeweils von dem Krankenhaus abgerechnet werden, das die Leistung erbringt; wird eine Patientin oder ein Patient verlegt, rechnet jedes an der Versorgung beteiligte Krankenhaus jeweils eine Fallpauschale ab (§ 1 Abs. 1 KFPV). Jede Fallpauschale ist auf der Basis einer mittleren Verweildauer kalkuliert und gilt für eine bestimmte Mindest- beziehungsweise Maximalzahl von Behandlungstagen (Grenzverweildauer). Wird diese Grenzverweildauer überschritten, so erhält das Krankenhaus für jeden weiteren Behandlungstag zusätzlich zur Fallpauschale eine tagesbezogene Vergütung. Deren Höhe wird ermittelt, indem von der jeweiligen Fallpauschale zunächst das Operationsmodul subtrahiert und die verbleibende Summe durch die mittlere Verweildauer dividiert wird. Dementsprechend fällt bei teuren Behandlungen mit einer hohen Fallpauschale das tagesbezogene Zusatzentgelt höher aus als bei weniger aufwendigen Behandlungen mit einer niedrigeren Fallpauschale.
Im Fallpauschalenkatalog ist für jede Fallpauschale der erste Tag aufgeführt, ab dem ein tagesbezogener Zuschlag abgerechnet werden kann. Wird die mittlere Verweildauer hingegen um mehr als ein Drittel unterschritten, so wird die Fallpauschale entsprechend gekürzt (§ 7 KFPV). Wenn eine Patientin oder ein Patient in ein anderes Krankenhaus vor Erreichen der mittleren Verweildauer verlegt wird, so muss für jeden Tag, mit dem die mittlere Verweildauer unterschritten wird, ein Abschlag auf die Fallpauschale berechnet werden (§ 2 Abs. 1 KFPV). Um zu verhindern, dass die Möglichkeit zur Überschreitung der Grenzverweildauer zu einer starken Kostenexpansion führt, wird eine sogenannte Kappungsgrenze eingezogen. Derzufolge soll die Vergütung für die Überschreitung der Grenzverweildauer nur fünf bis sechs Prozent der über Fallpauschalen abgerechneten Ausgaben eines Krankenhauses ausmachen (§ 6 Abs. 2 KFPV).
Das 2009 in Kraft getretene Krankenhausfinanzierungsreformgesetz sieht vor, dass auch für die Leistungen von psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen, die bisher noch vom DRG-System ausgenommen sind, die Entwicklung eines tagesbezogenen pauschalierenden Entgeltsystems in Auftrag gegeben wird.
Wissenscheck
System der Fallpauschalenabrechnung
Frage 1 / 1