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Leistungsbedingungen und Leistungsziele | Rentenpolitik | bpb.de

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Leistungsbedingungen und Leistungsziele

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

/ 4 Minuten zu lesen

Will man, dass ältere Menschen ab einer bestimmten Altersgrenze nicht mehr erwerbstätig sein müssen, aber dennoch uneingeschränkt am sozialen Leben teilhaben können, dann bedarf es Einkommensübertragungen an die ältere Generation.

Der Zeitpunkt der Berufsaufgabe wird auch gewählt, um die letzte Lebensphase möglichst in Gesundheit und ohne die Zwänge und Belastungen der Berufsarbeit erleben und genießen zu können. (© istock/pamspix)

Zu entscheiden ist:

  • wann der Zeitpunkt im Lebenslauf normalerweise erreicht ist, zu dem die Berufsaufgabe und eine Einkommensübertragung (Rente, Pension) erfolgt bzw. erfolgen kann,

  • ob neben dem Alter auch weitere Risiken – wie Tod des Ernährers, Invalidität – abgesichert werden sollen,

  • ob auch die Sicherung und Wiederherstellung der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit (Rehabilitation) zum Aufgabenspektrum einer Alterssicherung zählt und

  • welches Leistungsziel mit der Einkommensübertragung angestrebt wird.

Zeitpunkt des Ruhestandsbeginns: Das Rentenalter

In modernen Gesellschaften setzen der Zeitpunkt der altersbedingten Berufsaufgabe und der Beginn der nachberuflichen Lebensphase weit vor dem durchschnittlichen Todesalter ein. Hierfür ist nicht nur ausschlaggebend, ob Erwerbstätigkeit im höheren Alter wegen des eingeschränkten physischen und psychischen Leistungsvermögens oder wegen der Probleme auf dem Arbeitsmarkt überhaupt noch möglich ist. Vielmehr wird der Zeitpunkt der Berufsaufgabe auch von der Zielsetzung bestimmt, die letzte Lebensphase möglichst in Gesundheit und ohne die Zwänge und Belastungen der Berufsarbeit erleben und genießen zu können. Ab Erreichen einer Altersgrenze wird – weitgehend unabhängig von der Leistungsfähigkeit – älteren Menschen Erwerbsarbeit nicht mehr zugemutet. Auf der anderen Seite hängt die Festlegung der Altersgrenze auch von den finanziellen Möglichkeiten ab. Je früher der Zeitpunkt der Berufsaufgabe einsetzt, desto länger muss geleistet werden und desto höher fällt die Belastung derjenigen aus, die die Einkommensübertragungen an die Älteren (vgl. Interner Link: Heraufsetzung der Altersgrenzen) zu finanzieren haben.

Weitere sozial abzusichernde Risiken: Erwerbsminderung und Hinterbliebenenversorgung

Das Arbeitseinkommen kann auch sehr frühzeitig, weit vor dem regulären Berufsaustrittsalter entfallen, wenn wegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen eine Erwerbsminderung bis hin zur Erwerbsunfähigkeit (Invalidität) eintritt. Dieses Risiko wird in vielen Ländern − so auch in Deutschland − im System der Alterssicherung erfasst (zur Erwerbsminderungsrente als Teilleistung der Gesetzlichen Rentenversicherung vgl. Interner Link: Erwerbsminderungsrenten).

Ein weiteres Einkommensrisiko entsteht, wenn durch den Tod des Ernährers der wesentliche Teil des Familieneinkommens entfällt und der Lebensunterhalt der Kinder und des nicht oder nur begrenzt erwerbstätigen Ehepartners – in aller Regel sind dies die (Haus)Frauen – nicht mehr gesichert ist. Auch hier ist zu entscheiden, ob und in welcher Weise die Absicherung von Hinterbliebenen (Witwen/Witwer/Waisen) zum Aufgabenbereich eines Alterssicherungssystems gehört (zur Hinterbliebenenrente als Teilleistung der Gesetzlichen Rentenversicherung vgl. Interner Link: Hinterbliebenenrenten).

Rehabilitation

Weil die Gesundheit des Einzelnen für seine Erwerbsfähigkeit entscheidend ist, stellen in vielen Ländern die gesetzlichen Alterssicherungssysteme auch Leistungen zur Rehabilitation (vgl. Interner Link: Rehabilitation), d.h. zur Vermeidung von Erwerbsminderung bzw. Invalidität bereit.

Leistungsziele

Zu entscheiden ist, welche Leistungsziele mit der finanziellen Absicherung im Alter angestrebt werden. Idealtypisch lässt sich zwischen zwei (sich nicht ausschließenden) Zielen unterscheiden:

  • Das Minimalziel besteht in der Vermeidung von Einkommensarmut. Ältere Menschen sollen ein Einkommens- und Lebensstandardniveau erreichen, das zumindest dem sozial-kulturellen Existenzminimum der Gesellschaft entspricht. Dabei ist es letztlich eine politisch-normative Entscheidung, auf welchem Niveau diese Grundsicherung angesetzt wird und ob für ältere Menschen besondere, von der erwerbsfähigen Bevölkerung abweichende Bedingungen gelten (vgl. Interner Link: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung).

  • Als weiterreichendes Ziel gilt die Lebensstandardsicherung. Denn die Einkommens- und Lebensbedingungen älterer Menschen sind nicht bereits dann als "erfüllt" anzusehen, wenn ausschließlich das sozial-kulturelle Existenzminimum abgedeckt ist und eine Grundsicherung geleistet wird. Es geht auch darum, den in einem langen Berufsleben erarbeiteten Lebensstandard im Alter in etwa beizubehalten. Von der Teilhabe der älteren Menschen an der Gesellschaft, von Lebensplanung und -kontinuität kann nämlich nur dann gesprochen werden, wenn der von der beruflichen Leistung abhängige Lebenszuschnitt auch nach dem Übergang in den Ruhestand fortgesetzt werden kann. Offen ist dabei, was unter Lebensstandardsicherung konkret verstanden wird. Zu entscheiden ist insbesondere,

    • welches Einkommen als Referenz dient: das Einkommen aus abhängiger Arbeit oder das Gesamteinkommen, das letzte Einkommen oder das Einkommen im Durchschnitt des Berufsverlaufs, das individuelle Einkommen oder das Haushaltseinkommen,

    • ob das Einkommen beim Berufsaustritt voll und ganz ersetzt werden soll oder ob bestimmte Einbußen als tragbar angesehen werden (zur Lohnersatzrate und zum Niveau der gesetzlichen Renten vgl. Interner Link: Das Rentenniveau),

    • ob bei der Berechnung der Rentenhöhe auch die Höhe und die Dauer der geleisteten Beiträge eine Rolle spielt.

Diese Funktion der individuellen Lebensstandardsicherung wird häufig durch die Regelung ergänzt , als "Leistung" nicht nur die erfolgreiche Teilnahme am Erwerbsleben und die Höhe des Erwerbseinkommens (bzw. der gezahlten Beiträge) anzuerkennen, sondern auch die Beteiligung an gesellschaftlich unverzichtbaren, aber nicht entlohnten Aufgaben. Hierzu zählen vor allem die Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen, aber auch der oder Wehr- und Zivildienst sowie der Freiwilligendienst. In der Alterssicherung, so der gesellschaftliche Konsens, muss sich widerspiegeln, dass Arbeit mehr ist als Erwerbsarbeit. Gleichermaßen zu berücksichtigen ist auch, dass unfreiwillige Unterbrechungen des Erwerbslebens, wie insbesondere in Folge von Krankheit oder Arbeitslosigkeit bei den Alterssicherungsansprüchen ausgeglichen werden sollten. (vgl. Interner Link: Rentenberechnung)

Weitere Inhalte

Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.