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Berechnung des Regelbedarfs | Rentenpolitik | bpb.de

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Berechnung des Regelbedarfs

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

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Sind die Leistungen der Grundsicherung wirklich ausreichend, um das sozial-kulturelle Existenzminimum in einer reichen Gesellschaft abzudecken? Oder sind die Leistungen zu großzügig bemessen? Diese Fragen verweisen darauf, dass es auf die Bemessung der Höhe der Regelbedarfe ankommt: Wie werden sie ermittelt und an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst.

Rentnerin mit Hund. Die Kosten für die Haltung von Haustieren werden nicht in der Grundsicherung berücksichtigt. (© picture-alliance/dpa)

Die Höhe der Regelbedarfe wird aus dem sog. Statistik-Modell abgeleitet. Maßstab für die Bemessung ist das statistisch erfasste Ausgaben- und Verbrauchsverhalten von Personen mit niedrigem Einkommen. Als empirische Basis dient die in Abständen von fünf Jahren durchgeführte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes (EVS).

Dieses Verfahren macht allerdings nur auf den ersten Blick den Eindruck einer Berechnung auf der Grundlage einer objektiven Datenbasis. Da entschieden werden muss, welche Einkommensgruppen als vergleichbar angesehen werden und welche Ausgabenpositionen zu berücksichtigen sind, werden auch hier normative Entscheidungen erforderlich.

Maßstab für die Bemessung ist das statistisch erfasste Ausgaben- und Verbrauchsverhalten von Personen mit niedrigem Einkommen. Als empirische Basis dient die in Abständen von fünf Jahren durchgeführte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes (EVS) (Ergebnisse sind zuletzt für 2013 verfügbar). Berücksichtigt werden die Ausgaben der unteren 15 Prozent der Einpersonen- und der unteren 20 Prozent der Mehrpersonenhaushalte. Von den herangezogenen Haushalten werden die Daten derjenigen abgesetzt, in denen Personen leben, die ausschließlich von Leistungen nach dem SGB XII oder nach dem SGB II leben. Unberücksichtigt bleiben zudem einige Ausgabenpositionen, die nicht zu den zu deckenden Bedarfen gezählt werden. Solange keine neuen Ergebnisse der EVS vorliegen, bemisst sich die zwischenzeitliche Anpassung der Regelbedarfe zu Anfang eines jeden Jahres an einem Mischindex, dem zu 70 % die Preisentwicklung und zu 30 % die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter zu Grunde liegen. Die letzte Neuberechnung des Regelbedarfs auf der Grundlage der ausgewerteten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 wurde im Jahr 2016 mit Wirksamkeit zum 01.01.2017 vorgenommen. Die jeweils zum Jahresbeginn geltende Anpassung der Regelbedarfe erfolgt durch Rechtsverordnungen; der Gesetzgeber (Bundestag) ist damit nicht direkt befasst.

Dieses Berechnungs- und Anpassungsverfahren der Regelsätze hat zu anhaltender und massiver Kritik geführt, die vor allem von den Wohlfahrtsverbänden und den Gewerkschaften vorgetragen worden ist. Der Vorwurf, dass in einigen Jahren noch nicht einmal die Kaufkraft des Regelbedarfs gesichert worden ist, lässt sich empirisch bestätigen (vgl. Tabelle). Weiterhin lässt sich feststellen, dass die Regelbedarfe der Grundsicherung auch hinter dem Zuwachs der Nettolöhne zurückgeblieben sind. Allerdings muss bei diesen Vergleichen berücksichtigt werden, dass der Anstieg der Kosten der Unterkunft, die im Regelbedarf ja nicht enthalten sind, in den Verbraucherpreisindex eingehen. Da die Warmmieten besonders stark angestiegen sind, müsste berechnet werden, wie sich die von den Sozialämtern übernommenen, d.h. anerkannten Kosten der Unterkunft je Fall entwickelt haben.

Anhaltende Kontroversen

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 hat in dieser Debatte insofern einen grundsätzlichen Punkt gesetzt, da die Bundesregierung verpflichtet worden ist, ab 2011 die Regelsätze nach einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren zu ermitteln. Ob diese Anforderung in dem aktuellen Berechnungsverfahren erfüllt wird, bleibt allerdings strittig. So gehen die Wohlfahrtsverbände nach wie vor davon aus, dass bei einem "angemessenen" Berechnungsverfahren die Regelbedarfe deutlich höher liegen müssten.

Entwicklung der Regelsätze der Grundsicherung/Sozialhilfe im Vergleich zur Lohn- und Preisentwicklung 2005-2017

Jahr Eckregelsatz in Euro/Monat Eckregelsatz gegenüber Vorjahr in % Nettolöhne und -gehälter je Beschäftigten gegenüber Vorjahr in % Preisentwicklung gegenüber Vorjahr1 in %
2005 345---
2006 3450-0,31,4
2007 3470,61,12,2
2008 3511,11,82,5
2009 3592,40,10,3
2010 35904,01,1
2011 3641,42,62,1
2012 3742,72,62,0
2013 3822,11,91,6
2014 3912,42,50,9
2015 3992,02,60,3
2016 4041,32,30,5
2017 4091,32,41,9

1Verbraucherpreisindex
Quelle: Statistisches Bundesamt (2018), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (Internet).

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Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.