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Erwerbsminderungsrenten | Rentenpolitik | bpb.de

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Erwerbsminderungsrenten

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

/ 13 Minuten zu lesen

Trotz verbesserter Arbeitsstandards, moderner Medizin und gesünderer Lebensweise besteht auch heute noch das Risiko, dass ArbeitnehmerInnen aus gesundheitlichen Gründen bereits vor dem Erreichen der Altersgrenzen nicht mehr in der Lage sind, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Historisch gesehen war die (teilweise) Absicherung des Risikos der Erwerbsunfähigkeit/-minderung der Ausgangspunkt für die Einführung der Gesetzlichen Rentenversicherung. (© ddp/AP)

Zugänge zur Erwerbsminderungsrente 2017

Im Jahr 2017 haben rund 166.000 Personen erstmalig eine Erwerbsminderungsrente erhalten, das entspricht rund 18 Prozent aller Zugänge an Versichertenrenten in diesem Jahr.

Frühinvalidität, Erwerbs- und Berufsunfähigkeit, Erwerbsminderung

Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten eine - volle oder teilweise - Erwerbsminderungsrente, wenn sie aufgrund ihres krankheits-/behinderungsbedingten Zustands (Invalidität) bereits vor Erreichen der Altersgrenze für eine Altersrente nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit selbst zu bestreiten.

Historisch gesehen war die (teilweise) Absicherung des Risikos der Erwerbsunfähigkeit/-minderung geradezu der Ausgangspunkt für die Einführung der Gesetzlichen Rentenversicherung, wie es auch in der ursprünglichen Bezeichnung (Invaliditäts- und Altersversicherung) zum Ausdruck kommt (vgl. Interner Link: Geschichte der Rentenversicherung in Deutschland). "So wurden 1902 in der Invalidenversicherung über 140.000 Invalidenrenten, aber nur 13.000 Altersrenten bewilligt" .

Angesichts der geringen Lebenserwartung zu damaliger Zeit wurde für die ab 70-Jährigen der Einfachheit halber angenommen (ohne den Nachweis der Erwerbsunfähigkeit führen zu müssen), dass sie in jedem Fall mehr oder weniger erwerbsunfähig sind. Da bis 1984 Altersrenten erst nach einer Wartezeit von 15 Jahren gewährt wurden, konnten viele Versicherte nur eine (damals so genannte) Erwerbsunfähigkeitsrente beantragen. Ein Großteil der Renten aus der Gesetzlichen Rentenversicherung waren demgemäß lange Zeit die Invalidenrenten.

Erst in den letzten gut vier Jahrzehnten haben die Altersrenten die Invalidenrenten anteilsmäßig überrundet. In diesen Jahrzehnten unterlag der Anteil der Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten (seit der Reform von 2001 als Erwerbsminderungsrenten bezeichnet) an allen Versichertenrenten mehrfach Schwankungen (vgl. unten) – bei insgesamt jedoch sinkender Tendenz; bis auf die letzten Jahre, wo dieser Anteil seit 2006 wieder leicht steigt. Dies hat mit Veränderungen in den Zugangsvoraussetzungen im Leistungsrecht der Rentenversicherung und auch in der Bewilligungspraxis bei den Erwerbsminderungsrenten zu tun.

Von der Invalidität zur Erwerbsminderung

Die Gewährung von Renten zum Ausgleich des Verdienstausfalls bei gesundheitlichen Einschränkungen unterlag im Zeitablauf verschiedenen rechtlichen Ausgestaltungen, wobei sich auch die Bezeichnungen unterschieden haben:

  • Invaliditätsrente bis 1957

  • Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente von 1957 bis 2001

    • Berufsunfähigkeitsrente: Rente zum Ausgleich des Einkommensverlustes, sofern die bisherige Berufstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann

    • Erwerbsunfähigkeitsrente bei Verlust der Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen

  • Erwerbsminderungsrente seit 2001

    • Rente wegen voller Erwerbsminderung

    • Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

Anspruchsvoraussetzungen und Berentungsverfahren

Um eine Erwerbsminderungsrente beantragen zu können, müssen in der Regel bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Erfüllung der Wartezeit

Anspruchsvoraussetzung für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente ist normalerweise zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren mit Versicherungszeiten, Beitrags- oder Ersatzzeiten. Bei Erwerbsminderungsrenten tritt hinzu, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt sein müssen (dieser Zeitraum der letzten fünf Jahre vor Eintreten des Versicherungsfalles kann sich durch Anrechnungszeiten wie Mutterschaft, Arbeitsunfähigkeitszeiten, Arbeitslosigkeit etc. verlängern).

Ausnahmen von diesen Regeln bestehen z. B. für Auszubildende oder für Behinderte, bei denen durch Sonderregelungen die allgemeine Wartezeit als erfüllt angenommen wird. Auch im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit besteht der Versicherungsschutz und Anspruch (dann gegenüber der Gesetzlichen Unfallversicherung) praktisch ab dem ersten Tag der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Außerdem gelten für Versicherte, die die allgemeine Wartezeit bereits vor 1984 erfüllt haben und seit 1984 bis zum Eintritt der Erwerbsminderung rentenrechtliche Zeiten belegt haben (auch ohne Pflichtbeiträge bezahlt zu haben) die Anspruchsvoraussetzungen als erfüllt.

Antrags- und Berentungsverfahren, Grundsatz "Rehabilitation vor Rente"

Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, so kann im Fall einer entsprechenden Krankheit eine Erwerbsminderungsrente beantragt werden. Zur Beurteilung der Schwere der Erkrankung erfolgt eine ärztliche Prüfung. Im Rahmen des Antragsverfahrens (auf Basis ärztlicher Gutachten und Unterlagen, auch z. B. von der Krankenkasse) wird seitens eines Amtsarztes zu allererst geprüft, ob durch Maßnahmen der medizinischen und/oder beruflichen Rehabilitation die Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt oder zumindest verbessert werden kann (vgl. Interner Link: Rehabilitation).

Leistungen zur Rehabilitation

Man unterscheidet unter dem Oberbegriff "Leistungen zur Teilhabe“ zwischen

  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und

  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation).

Diese Leistungen umfassen sowohl entsprechende Maßnahmen zur Rehabilitation selbst als auch Leistungen zum Lebensunterhalt (Übergangsgeld) während der Zeit solcher Maßnahmen. Diese Vorgehensweise entspricht dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" und folgt der Überlegung, dass es für die Versichertengesamtheit sinnvoller ist, in solche Maßnahmen zu investieren, als auf Dauer Renten zu bezahlen. Auch in ihrem eigenen Interesse sollen die Erkrankten möglichst gesund und damit befähigt werden, ihren Lebensunterhalt durch Wiederaufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit eigenständig und unabhängig von Rentenzahlungen bestreiten zu können.

Die Rentenversicherung darf aber Rehabilitationsmaßnahmen nur dann durchführen, wenn dadurch eine Erwerbsminderung abgewendet oder die wesentlich gebessert bzw. die Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt werden kann. Ist eine solche Verbesserung des Gesundheitszustandes nicht wahrscheinlich (oder greifen die Rehabilitationsmaßnahmen nicht), so wird stattdessen eine Erwerbsminderungsrente gewährt.

Insgesamt wurden im Jahr 2017 knapp 360.000 Anträge auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt. Dabei ist die Zahl solcher Anträge langfristig zurückgegangen, hat sich aber in jüngster Zeit eher stabilisiert bzw. steigt wieder leicht.

Gewährung auf Zeit

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind grundsätzlich Zeitrenten, d. h. sie werden normalerweise mit einer Befristung von maximal drei Jahren gewährt. Diese befristete Bewilligung kann wiederholt werden. Eine unbefristete Bewilligung erfolgt nur dann,

  • wenn es unwahrscheinlich ist, dass sich der Gesundheitszustand bessert,

  • wenn die Befristungen bereits neun Jahre andauern.

Bei unbefristeten Renten erfolgt die Rentenzahlung ab dem ersten auf den Eintritt der Erwerbsminderung folgenden Monat. Bei Zeitrenten wird die Rente erst ein halbes Jahr später bezahlt, d. h. die Betroffenen müssen ihren Lebensunterhalt bis dahin aus der Lohnfortzahlung, dem Krankengeld, evtl. dem Arbeitslosengeld, aus den Ersparnissen oder durch die Sozialhilfe finanzieren.

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden längstens bis zum Erreichen des Regelrentenalters (oder des Beginns einer vorgezogenen Altersrente) gewährt und dann in eine Regelaltersrente umgewandelt. Fällt die dann errechnete Regelaltersrente geringer aus als die bisherige Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, so wird eine Regelaltersrente in gleicher Höhe weiterbezahlt.

Volle und teilweise Erwerbsminderungsrente

Die Bewilligung von Erwerbsminderungsrenten wird seit 2001 daran gemessen, ob und in welchem Maße noch die Fähigkeit vorhanden ist, eine Erwerbstätigkeit ausüben zu können und ein Einkommen zu erzielen. Es gilt ein zweistufiges Verfahren, bei dem zwischen vollen und teilweisen Erwerbsminderungsrenten unterschieden wird.

Maßstab ist dabei die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, d. h. in jeder nur denkbaren Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt. Allerdings kommen dabei nur Tätigkeiten in Betracht, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch üblich sind. Die subjektive Zumutbarkeit unter dem Gesichtspunkt der Ausbildung und des Status der bisherigen bzw. zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit ist hingegen seit der Reform aus dem Jahr 2001 ohne Bedeutung (das Risiko der Berufsunfähigkeit wird für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte nicht mehr durch die GRV abgedeckt).

In Abhängigkeit vom gesundheitlichen Restleistungsvermögen kann die Rente wegen Erwerbsminderung in voller oder halber Höhe geleistet werden:

  • Ein Versicherter ist voll erwerbsgemindert, wenn er aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit nur noch weniger als drei Stunden pro Tag (innerhalb einer Fünftagewoche) arbeiten kann. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung soll einen "vollen" Lohnersatz bieten und wird deshalb wie eine Altersrente berechnet (vgl. Interner Link: Rentenberechnung).

    Diese Grenze von drei Stunden findet ihre Parallele im SGB III (Arbeitslosenversicherung) und im SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende): Als erwerbsfähig - und damit potenziell auch arbeitslos - gelten all jene, die für mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Nur dann können auch Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung oder der Grundsicherung für Arbeitslose geltend gemacht werden.

  • Eine halbe Erwerbsminderungsrente erhalten Erwerbsgeminderte bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von 3 bis unter 6 Stunden täglich. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist deshalb nur halb so hoch wie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, weil die Betroffenen mit dem ihnen verbliebenen Restleistungsvermögen grundsätzlich noch das zur Ergänzung der Rente notwendige Einkommen erarbeiten können. Sie hat eine Lohnzuschussfunktion.

Wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden pro Tag arbeiten kann, ist also seit der Reform des Rechts der Erwerbsminderungsrenten von 2001 nicht erwerbsgemindert und wird, obwohl eine vollschichtige Tätigkeit (acht Stunden pro Tag) nicht möglich ist, völlig aus dem Leistungsbezug ausgeschlossen. Üben Bezieher von vollen oder teilweisen Erwerbsminderungsrenten neben dem Rentenbezug eine - in jedem Fall anzeigepflichtige - Erwerbstätigkeit aus, die die Hinzuverdienstgrenzen überschreitet, so kommt es zu einer Reduzierung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder ihrem Wegfall (vgl. unten).

Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage bei teilweiser Erwerbsminderung

Wenn teilweise Erwerbsgeminderte keinen – diesen Zeitvorgaben entsprechenden – Teilzeitarbeitsplatz finden und arbeitslos werden, so muss ihnen (nach entsprechenden Bemühungen der Arbeitsagentur) eine volle Erwerbsminderungsrente gewährt werden. Denn seit einem Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) von 1976 zur "konkreten Betrachtungsweise" beruht die Zuerkennung von voller Erwerbsminderung nicht allein auf der Anerkennung von gesundheitlichen Schäden, sondern gleichrangig auch auf dem Fehlen eines geeigneten (Teilzeit-)Arbeitsplatzes.

Eine volle Erwerbsminderungsrente erhalten deswegen auch teilweise Erwerbsgeminderte, die ihr Restleistungsvermögen wegen eines verschlossenen Arbeitsmarktes nicht in Erwerbseinkommen umsetzen können. Dies ist angesichts der realen Beschäftigungslage auf dem Arbeitsmarkt seit Jahren die Regel.

Hinzuverdienst

Bezieher einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit müssen dem Rentenversicherungsträger jede Aufnahme einer Beschäftigung mitteilen. Der Leistungsträger prüft dann, ob sich der Gesundheitszustand gebessert hat – und eventuell die Rente entfallen kann – oder ob die Hinzuverdienstgrenzen überschritten werden und die Rentenzahlung zu reduzieren ist.

Für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung sind Hinzuverdienste bis zu brutto 450.- €/Monat unschädlich. Wer mehr hinzuverdient, kann eine Teilrente beantragen. Entsprechend einem relativ komplizierten Berechnungsverfahren von allgemeinen und individuellen Hinzuverdienstgrenzen werden bei höheren Erwerbseinkommen (und bestimmten Lohnersatzleistungen, v. a. Arbeitslosengeld) die Zahlungen auf ¾, ½ oder ¼ reduziert – bei teilweiser Erwerbsminderung kann diese Rente auf die Hälfte reduziert werden.

Vertrauensschutz für vor 1962 geborene Versicherte

Aus Vertrauensschutzgründen wurde 2001 bei der Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für vor dem 2. Januar 1962 Geborene eine besondere Ausnahmeregelung eingeführt: Das Risiko der Berufsunfähigkeit wird für diesen Personenkreis weiterhin abgesichert. Für die Berufsunfähigkeit muss das Leistungsvermögen in dem erlernten bzw. auf Dauer ausgeübten Beruf aufgrund von Krankheit oder Behinderung gegenüber einer gesunden Vergleichsperson auf weniger als 6 Stunden gesunken sein. Für Jüngere ist dieser Berufsschutz ersatzlos entfallen; sie können auf jede am allgemeinen Arbeitsmarkt übliche Tätigkeit verwiesen werden.

Berechnung der Rentenhöhe

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden genauso wie Altersrenten entsprechend der Rentenformel berechnet (vgl. Interner Link: Rentenberechnung).

Die monatliche Rente ergibt sich damit aus:

  • den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (Abschläge!) ermittelten persönlichen Entgeltpunkten

  • dem aktuellen Rentenwert

  • dem Rentenartfaktor.

Letzterer beträgt für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung 1,0 (wie bei einer Altersrente) und für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung 0,5.

Abschläge und Zurechnungszeiten

Hinsichtlich des Zugangsfaktors ist zu beachten, dass mit der Reform des Rechts der Erwerbsminderungsrenten Abschläge eingeführt wurden. Diese betragen (wie bei vorzeitiger Inanspruchnahme von Altersrenten) 0,3 Prozent pro Monat der Inanspruchnahme zwei Jahre vor der jeweiligen Regelaltersgrenze und sind auf maximal 3 Jahre (= 10,8 %) begrenzt. Dabei ist es unwesentlich, ob der Erwerbsminderungsfall im z. B. 40. oder 58. Lebensjahr eintritt. Da nahezu alle ErwerbsminderungsrentnerInnen ihre Rente bereits vor dem 63. Lebensjahr erhalten, werden auch praktisch alle von den Abschlägen betroffen (98,1 % im Jahr 2017). Seit 2012 wird die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente schrittweise vom 63. auf das 65. Lebensjahr angehoben.

Weiterhin sind bei den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor allem die so genannten Zurechnungszeiten zu berücksichtigen. Der Eintritt der Erwerbsminderung kann ja bereits sehr früh erfolgen, so dass bis dahin aufgrund der kurzen Versicherungszeit nur wenige Entgeltpunkte gesammelt werden konnten - mit der Folge einer sehr niedrigen Rente. Um dieses Problem solidarisch in einer Sozialversicherung auszugleichen und den Betroffenen eine einigermaßen ausreichende Rente zu gewähren, wurden bis Juni 2014 die Jahre vor dem vollendeten 60. Lebensjahr als Zurechnungszeiten in die Rentenberechnung einbezogen, also aufgefüllt. D. h., die Rentenberechnung erfolgte so, als hätte der/die Versicherte in dieser Zeit bis zum 60. Lebensjahr weiter verdient bzw. Beiträge bezahlt.

Für neu zugehende Erwerbsminderungsrenten ist seit Juli 2014 die Zurechnungszeit um 2 Jahre auf 62 Jahre erhöht worden. Und seit Januar gilt für Neuzugänge erfolgt eine schrittweise Anhebung auf das 65. Lebensjahr. Die Anhebung folgt der Anhebung des Referenzalters für die Abschlagsfreiheit der Renten wegen Erwerbsminderung und vollzieht sich in sieben Stufen: Begonnen wird 2018 und 2019 mit einer Anhebung um jeweils drei Monate je Kalenderjahr. In den folgenden Jahren beträgt die Anhebung jeweils sechs Monate je Kalenderjahr. Bei einem Rentenbeginn ab 2024 endet die Zurechnungszeit mit der Vollendung des 65. Lebensjahres.

Empirische Befunde: Strukturen und Trends

Für das Leistungsgeschehen bei den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind mehrere Grundtrends charakteristisch:

  • der – bis vor kurzem – sinkende Anteil der Erwerbsminderungsrenten an den Rentenzugängen (d. h. an den neuen Versichertenrenten) und im Gefolge auch am Rentenbestand,

  • das – ebenfalls bis vor kurzem – sinkende Zugangsalter bei dieser Rentenart,

  • die geringe Bedeutung der teilweisen Erwerbsminderungsrente,

  • die deutlich sinkenden durchschnittlichen Zahlbeträge der neu bewilligten Erwerbsminderungsrenten.

Anteil der neu zugehenden Erwerbsminderungsrenten an den Versichertenrenten

Zugänge von Alters- und Erwerbsminderungsrenten, Anteile von EM-Renten, 1996 – 2017 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Der Anteil der Erwerbsminderungsrenten an den Rentenzugängen, d.h. an den in einem Jahr neu bewilligten Renten insgesamt, hat deutlich abgenommen, wie die Abbildungen für den Zeitraum seit 1993 zeigen – das gilt noch mehr in langfristiger Betrachtung. So weist die Statistik der Rentenversicherung für 1965 sogar noch einen Anteil der Erwerbsminderungsrenten an den Rentenzugängen von 64,5 Prozent aus (Männer: 60,8 %; Frauen: 66,0 %). Seit etwa 2004/2005 nimmt die Bedeutung der Erwerbsminderungsrenten wieder zu, ist aber von 2013 auf 2015 erneut deutlich gesunken. Offen bleibt, wie der Wiederanstieg im Jahr 2016 zu interpretieren ist.

Hinter diesen Veränderungen der Anteilswerte stehen mehrere, sich überlagernde und deshalb kaum zu isolierende Faktoren:

  • Beantragung und Bewilligung von Erwerbsminderungsrenten hängen davon ab, wie sich der Gesundheitszustand und damit die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entwickeln. Geht man davon aus, dass sich der Gesundheitszustand infolge vor allem besserer Lebensbedingungen in den letzten Jahren verbessert hat, dann steigt auch die Zahl der Beschäftigten, die in der Lage sind, bis zum Erreichen der Altersgrenzen erwerbstätig zu sein und dann eine Altersrente zu beziehen.

  • Wenn neben der Erwerbsminderungsrente andere Regelungen des vorzeitigen Renteneintritts existieren, so vorgezogene Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder wegen Schwerbehinderung, werden Versicherte mit eingeschränkter Erwerbsfähigkeit diese Wege eventuell vorziehen, weil sie z. B. das aufwändige Begutachtungsverfahren scheuen oder die Nachteile der als Zeitrenten gewährten Erwerbsminderungsrenten vermeiden wollen (Zeitrentner haben z. B. keinen Anspruch auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung).

  • Da seit Anfang 2000 diese Möglichkeiten zunehmend erschwert (durch die Heraufsetzung der vorgezogenen Altersgrenzen und durch die Einführung von Rentenabschlägen) oder ganz abgeschafft worden sind (seit 2012 sind für die Geburtsjahrgänge ab 1952 die Möglichkeiten des Bezugs einer vorgezogene Altersrente für Frauen mit 60 Jahren und einer vorgezogenen Altersrente ab 63 wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit entfallen) wächst der Druck, eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen.

  • Seit der Reform von 2001 sind die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer (vollen oder teilweisen) Erwerbsminderungsrente verschärft worden.

  • Auch der Arbeitsmarkt und die Beschäftigungschancen für Ältere sind von zentraler Bedeutung für die Beantragung und Gewährung von Erwerbsminderungsrenten (was ja über die "konkrete Betrachtungsweise" – vgl. oben – sogar explizit festgelegt ist). Verbessern sich die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt, so führt dies zu einer Entlastung; umgekehrt führen eine steigende Arbeitslosigkeit und ein "verschlossener" Teilzeitarbeitsmarkt für Ältere zu steigenden Zugängen an Erwerbsminderungsrenten.

  • Schließlich sind bei der Interpretation der Anteilsverschiebungen demografische Effekte zu berücksichtigen. Verändern sich im Verlauf der Jahre die Besetzungsstärken der einzelnen Altersgruppen, da die stärker besetzten Geburtsjahrgänge aus der Baby-Boomer Generation in jene Altersgruppen (50 - 60) nachrücken, in denen Erwerbsminderung besonders häufig auftritt, während sich die oberen Altersgruppen (über 60), bei denen die Zugänge von Altersrenten dominieren, noch aus den geburtenschwachen Jahrgängen rekrutierten, dann steigt ceteris paribus der Anteilswert der Erwerbsminderungsrenten. Denn bei dieser demografischen Konstellation steigt bei sonst gleichem Verhalten die Zahl der Versicherten, die mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Erwerbsminderungsrente beantragen und erhalten können.

Ausschalten ließe sich dieser demografische Effekt, wenn bei der Verlaufsbetrachtung nicht auf Kalenderjahre sondern auf Geburtskohorten abgestellt wird, da bei dem Kohortenvergleich deren Besetzungsstärke keine Rolle spielt.

Zugangsalter

Durchschnittliches Zugangsalter in Erwerbsminderungsrenten 1993 – 2017 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Für die Bewilligung von Erwerbsminderungsrenten ist das Alter der Betroffenen unerheblich. Entscheidend sind die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und die Bewertung der Erwerbsfähigkeit. Auch Menschen im jüngeren Alter können deshalb – als Folge einer Erkrankung – eine Erwerbsminderungsrente erhalten. Das durchschnittliche Eintrittsalter der neuen Versichertenrenten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist dabei in den zurückliegenden Jahren deutlich gesunken – von 53,3 Jahren (1993) auf 50,4 Jahre (2004). Nicht zu übersehen ist allerdings auch ein kontinuierlicher Anstieg seit 2004/2005 – auf 51,2 Jahre bei den Frauen und auf 52,1 Jahre bei den Männern (vgl. Abbildung "Durchschnittliches Rentenzugangsalter bei neuen Erwerbsminderungsrenten 1993-2017").

Allerdings konzentrieren sich die anerkannten Fälle von Erwerbsminderungsrenten auf die 50- bis 60-Jährigen.

Ursache für das Absinken des Zugangsalters dürften zum einen die in den 1980er Jahren eröffneten und intensiv genutzten Wege zur beruflichen Frühausgliederung und zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente sein. Erkrankte ArbeitnehmerInnen im Alter um die 60 Jahre haben diese Form des Rentenbezugs der aufwändigen Beantragung einer Erwerbsminderungsrente vorgezogen. Anzunehmen ist zum anderen aber auch, dass das veränderte Krankheitsspektrum bei den Beschäftigten, wie es in den Diagnosestellungen bewilligter Erwerbsminderungsrenten zum Ausdruck kommt (vgl. Tabelle), auf den Altersdurchschnitt einwirkt. So haben die klassischen physischen Verschleißerkrankungen heute ein geringeres Gewicht bei den diagnostizierten Gründen für Erwerbsminderungsrenten. Psychische Erkrankungen, die häufiger auch schon in jüngeren Jahren massiv auftreten, spielen dagegen eine stark zunehmende, mittlerweile dominante Rolle.

Rentenzugänge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach ausgewählten Diagnosegruppen 1993 und 2016

Angaben in Prozent

Diagnosegruppen 1993 in % 2017 in %
Skelett/Muskeln/Bindegewebe 30,012,9
Herz-/Kreislauferkrankungen 21,39,3
Stoffwechsel/Verdauung 5,63,5
Neubildungen 10,013,1
Psychische Erkrankungen 15,443,0
Atmung 4,33,4
Nerven/Sinne 5,76,7
Haut 0,30,3
Sonstiges 7,37,1
Insgesamt 100100

Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund (2018), Rentenversicherung in Zeitreihen, S. 104 f.

Der Anstieg des Zugangsalters in den letzten fünf Jahren hingegen lässt sich vor allem dadurch erklären, dass der Bezug einer vorgezogenen Altersrente zunehmend erschwert worden ist und die Frühausgliederungswege weitgehend verschlossen worden sind. Aber immer noch (Daten aus 2017) sind knapp 90 Prozent der neuen Erwerbsminderungsrentner beim Renteneintritt unter 60 Jahre alt. Bei den Frauen liegt dieser Anteil fast bei 95 Prozent.

Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung, Renten wegen der Arbeitsmarktlage

Das zweistufige Verfahren bei der Feststellung einer Erwerbsminderung und die entsprechende Aufteilung in volle und teilweise Erwerbsminderungsrenten spielen in der Praxis keine bedeutende Rolle. Gerade einmal 11,5 Prozent der Zugänge an Erwerbsminderungsrenten (2017) beruhen auf einer teilweisen Erwerbsminderung. Und 13,5 Prozent der Zugänge werden aufgrund der Arbeitsmarktlage ("verschlossener Arbeitsmarkt") als Vollrenten gewährt.

Renten auf Zeit machen fast die Hälfte der Zugänge an Erwerbsminderungsrenten (49,3 Prozent) aus. Nicht bekannt ist, zu welchen Anteilen Zeitrenten in unbefristete Renten umgewandelt werden.

Ablehnungsquoten von Neuanträgen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Jahr Ablehnungsquote in %
1996 39,2
2000 40,9
2005 44,1
2010 43,0
2011 42,8
2012 41,7
2013 42,4
2014 41,9
201541,8
2016 42,4
2017 43,0

Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund (zuletzt 2018): Indikatoren zu EM-Renten im Zeitablauf.

Nach übereinstimmender Einschätzung von Experten ist die Bewilligungspraxis – vor allem auch im internationalen Vergleich – relativ restriktiv.

Gruppenspezifische Konzentration des Erwerbsminderungsrisikos

Ausgewählte Berufsgruppen mit hohen bzw. geringen Anteilen an Erwerbsminderungsrenten (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Dass das Risiko der Erwerbsminderung hochgradig gruppenspezifisch streut, ist mehrfach belegt. So liegt der Anteil von z. B. 59jährigen Erwerbsgeminderten pro tausend Versicherte für (Fach-)Hochschulabsolventen bei 4, für Versicherte mit abgeschlossener Berufsausbildung bei 12 und für solche ohne beruflichen Abschluss bei 17 .

Auch bei der Differenzierung nach Berufsgruppen (vgl. Abbildung "Ausgewählte Berufsgruppen mit hohen bzw. geringen Anteilen an Erwerbsminderungsrenten 2011) ergibt sich eine eindeutige Streuung: Unter den Berufsgruppen mit den höchsten Anteilen von "anerkannten" Erwerbsminderungsrenten an allen neuen Versichertenrenten finden sich vor allem solche mit hohen (v. a. auch körperlichen) Arbeitsbelastungen wie Bauberufe, Hilfsarbeiter, aber auch Ernährungs-, nicht approbierte Gesundheits- und Sozialberufe. Demgegenüber ist bei akademischen und Büroberufen der Anteil der Erwerbsminderungsrenten an den Versichertenzugängen eher gering. Neuere Zahlen zu diesem Problem liegen nicht vor, da die Deutsche Rentenversicherung Bund keine Daten in der Aufgliederung nach Berufsgruppen mehr veröffentlicht (wegen der ungenauen und unvollständigen Arbeitgebermeldungen).

Weitere Inhalte

Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.