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Finanzierung im Umlageverfahren | Rentenpolitik | bpb.de

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Finanzierung im Umlageverfahren

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

/ 7 Minuten zu lesen

Die Entwicklung der Finanzen der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) hängt nicht nur – wie in der öffentlichen Debatte oft verkürzend unterstellt wird – von der Zahl der Rentenbezieher (und der Zahl der Beitragszahler) sowie der Höhe der Renten ab. Sie hängt auch von der Entwicklung der Arbeitsentgelte ab.

Supermarktkasse. Die Entwicklung der Finanzen der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) hängt auch von der Entwicklung der Arbeitsentgelte ab. (© picture-alliance/dpa, Themendienst)

Die Rentenversicherung finanziert sich nach dem Umlageverfahren: Was in einem Monat an Ausgaben entsteht, (weit überwiegend für die Zahlung der laufenden Renten: Altersrenten, Erwerbsminderungsrenten, Hinterbliebenenrenten), muss im selben Monat an Einnahmen zufließen. Die Einnahmen setzen sich dabei aus den Beiträgen der Versicherten und ihrer Arbeitgeber (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge) und aus den steuerfinanzierten Zuschüssen des Bundes zusammen (vgl. Interner Link: Grundlagen der Gesetzlichen Rentenversicherung). Die Rücklagen (als "Nachhaltigkeitsreserve" bezeichnet) sollen nur unterjährige Schwankungen von Einnahmen und Ausgaben ausgleichen. Sie müssen per Gesetz zum Ende eines Jahres mindestens 20 Prozent einer Monatsausgabe betragen. Ihr Maximum darf 150 Prozent einer Monatsausgabe nicht übersteigen. Ist dies der Fall, müssen die Beitragssätze entsprechend reduziert werden.

Die Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben

Finanzierungsprobleme entstehen jeweils dann, wenn die Ausgaben und die Einnahmen nicht nur kurzfristig voneinander abweichen. Da wir in einer Welt steigenden Einkommens leben, geht es dabei um die Abweichung der Zuwächse: Woran liegt es, wenn der Zuwachs der Ausgaben und der Zuwachs der Einnahmen über das ganze Jahr hinweg unterschiedlich ausfallen? Dieser Blick auf die Steigerungsraten bedeutet allerdings nicht, dass es sich hierbei um reale Zuwächse handelt. Denn als Folge des gleichzeitigen Anstiegs des Preisniveaus fallen die realen, d.h. preisbereinigten Erhöhungen weit geringer aus und können sogar negativ sein.

Entwicklung der Rücklagen der Gesetzlichen Rentenversicherung* 1980 - 2017 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Bei der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), die über einen eigenständigen Haushalt abgewickelt wird, äußert sich ein Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben unmittelbar und sichtbar im Abbau oder Zuwachs der Rücklagen (vgl. Abbildung "Entwicklung der Rücklagen der Gesetzlichen Rentenversicherung 1980 - 2017").

Bei den anderen Regelalterssicherungssystemen werden die Finanzierungsprobleme hingegen nicht gleichermaßen unmittelbar sichtbar. Die Beamtenversorgung beispielsweise ist in die allgemeinen Haushalte der Gebietskörperschaften eingebettet und wird über Steuern finanziert. Steigen hier die Ausgaben überproportional an, muss der Mehraufwand durch Kürzungen bei den anderen öffentlichen Leistungen oder durch Steuererhöhungen ausgeglichen werden. Im Unterschied zu Beitragssatzerhöhungen lassen sich Steuererhöhungen aber nicht einzelnen Ausgaben zurechnen.

Eine Störung des Gleichgewichts von Einnahmen und Ausgaben in der GRV kann mehrere Ursachen haben, denn auf die Finanzlage der GRV wirken Faktoren ein, die sowohl die Einnahmen wie die Ausgaben betreffen. Dies lässt sich vereinfachend systematisieren:

Die Rentenausgaben in einem Jahr errechnen sich aus

  1. der Zahl der Rentner bzw. der Zahl der Renten und

  2. der durchschnittlichen Höhe der Rente.

Die Beitragseinnahmen errechnen sich – bei gegebenem Beitragssatz und gegebener Höhe des Bundeszuschusses (!) – aus

  1. der Zahl der versicherungs- und beitragspflichtigen Beschäftigten und

  2. der durchschnittlichen Höhe des versicherungspflichtigen Bruttoentgelts (unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze!).

Diese Faktoren sollen näher erläutert werden:

1. Zahl der Renten

Die Zahl der Renten ist abhängig von

  • den demografischen Bedingungen (Größenordnung, Altersstruktur und Lebenserwartung der Bevölkerung),

  • dem Anteil der Rentenberechtigten an der Bevölkerung und

  • den Altersgrenzen, dem durchschnittlichen Rentenzugangsalter und der durchschnittlichen Rentenbezugsdauer.

2. Durchschnittliche Rentenhöhe

Die durchschnittliche Rentenhöhe ist abhängig von

  • der Höhe der jeweiligen individuellen Renten – nach Maßgabe der Rentenformel – und

  • der jährlichen Erhöhung aller Renten – nach Maßgabe der Rentenanpassungsformel.

3. Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten

Die Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigten ist abhängig von

  • demografischen Bedingungen (Größenordnung, Altersstruktur und Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung),

  • der Zahl der tatsächlich Erwerbstätigen (also ohne Arbeitslose und Nicht-Erwerbstätige) und

  • dem Anteil der versicherungspflichtig Beschäftigten an den Erwerbstätigen.

4. Durchschnittliche Höhe des beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelts

Das durchschnittliche Bruttoentgelt ist abhängig von

  • dem durchschnittlichen Lohn-/Gehaltssatz der beitragspflichtig Beschäftigten je Stunde,

  • der durchschnittlichen Arbeitszeit je Beschäftigten und

  • der durchschnittlichen Erhöhung der Arbeitsentgelte im jeweiligen Jahr.

Arbeitnehmereinkommen und Rentenhöhe

Betrachtet man die Faktoren (2) und (4), dann spielen vor allem die Zuwächse gegenüber dem Vorjahr eine entscheidende Rolle: Es kommt also auf das Verhältnis der jährlichen Anpassung der Renten und der jährlichen Erhöhung der beitragspflichtigen Entgelte an.

Das Prinzip einer gleichgerichteten Steigerung von Arbeitnehmereinkommen und Renten ist der Kern der sogenannten dynamischen Rente. Deren Ziel ist es, den erreichten Lebensstandard im Alter zu sichern und die Rentner automatisch an der Einkommens- und Wohlstandsentwicklung der aktiven Generation teilhaben zu lassen. Fallen hingegen die Rentenanpassungen stärker aus als die Zuwächse bei den Arbeitnehmereinkommen belastet dies die Finanzlage. Im umgekehrten Fall, wenn die Rentenanpassung hinter der Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen zurück bleibt, führt dies zu einer Entlastung auf der Ausgabenseite der Rentenversicherung.

Geht man von dem Ideal einer gleichgerichteten Entwicklung von Rentenanpassung und Lohnerhöhungen aus, gilt die Aussage: "Für die Rentenfinanzen spielt die funktionelle Einkommensverteilung allerdings nur eine untergeordnete Rolle, weil nicht nur die Einnahmen, sondern anpassungsbedingt auch die Ausgaben von der Lohnentwicklung abhängen. Überproportional steigende Kapitaleinkommen alleine erschweren die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht. Hierzu kommt es jedoch dann, wenn der Rückgang der Lohnquote auf einer veränderten Zusammensetzung der Erwerbspersonen zugunsten nicht Rentenversicherter beruht" .

Diese Kopplung der dynamischen Rente an die Lohnentwicklung weist jedoch immer eine Zeitverzögerung auf. Denn die Maßgrößen basieren auf den Ergebnissen der Statistik, die die konkrete Lohnentwicklung in einem Jahr naturgemäß erst zu Beginn des Folgejahres verlässlich feststellen kann. Die jeweils zur Mitte eines Jahres in Kraft tretenden Rentenanpassungen beziehen sich also auf die durchschnittlichen Lohnsteigerungen im Vorjahr gegenüber dem Vorvorjahr. Ein Beispiel: Die Rentenanpassung im Jahr 2015 nimmt Bezug auf die durchschnittliche Höhe der Löhne im Jahr 2014 gegenüber dem Durchschnittswert im Jahr 2013 – immer festgemacht an den nominalen Werten.

Entwicklung der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltssumme (brutto) je beschäftigten Arbeitnehmer 2000 - 2017 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Daraus folgt, dass bei einer schwachen Lohnentwicklung, die über Jahre hinweg niedrige oder sogar keine Zuwachsraten aufweist, die Ausgaben schneller als die Einnahmen steigen. In einer ökonomischen Krise und in Zeiten eines wirtschaftlichen wie politischen Drucks auf das Lohnniveau kommt es deshalb zu Einnahmeproblemen im Verhältnis zu den Ausgaben, da deren Zuwächse sich noch an den höheren Werten der Vorjahre orientieren. Dies war im Verlauf der Jahre nach der Jahrtausendwende der Fall. Die Abbildung "Entwicklung der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltssumme je beschäftigten Arbeitnehmer" bezieht sich dabei auf die Entwicklung der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltssumme je Arbeiternehmer, die aber in etwa der Entwicklung der versicherungspflichtigen Entgelte entspricht. Sichtbar wird der absteigende Trend der Zuwächse zwischen 2000 und 2005 (der inflationsbereinigt z.T. realen Rückgängen entspricht).

Daneben sind aber auch Veränderungen in der Struktur der Rentenanwartschaften zu berücksichtigen, die sich allerdings erst mittel- und langfristig bemerkbar machen und in ihrer Richtung unbestimmt sind: So ist bei den in den Rentenbezug nachrückenden Frauenkohorten mit durchschnittlich etwas höheren Renten zu rechnen, da sich die Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöht hat (jedoch konzentriert auf Teilzeitarbeit). Zugleich sind aber auch durchschnittlich niedrigere Renten bei den nachrückenden Männerkohorten zu erwarten, da deren Erwerbsbiographien vermehrt durch Zeiten der Arbeitslosigkeit und durch unterschiedliche Formen prekärer Beschäftigung geprägt sind − mit dem Ergebnis sinkender Entgeltpunkte (vgl. Interner Link: Wachsende Altersarmut in der Zukunft?).

Bei diesen strukturellen Veränderungen sind die Folgewirkungen des für die deutsche gesetzliche Rentenversicherung maßgebenden Äquivalenzprinzips zu berücksichtigen: Die relative Höhe des individuellen Einkommens (das die Bemessungsgrundlage für die Beiträge ist) im Verhältnis zu den Durchschnittseinkommen bestimmt auch die Höhe der späteren individuellen Rente im Verhältnis zu allen Rentnern. Insofern beruhen in Zukunft steigende Frauenrenten auch auf höheren Beitragszahlungen. Und Arbeitnehmer, die durchbrochene Erwerbsbiografien und entsprechend niedrige Renten aufweisen, haben in der mittleren Lebensphase auch niedrigere bzw. keine Beiträge entrichtet. Allerdings: Diese Entsprechung zwischen Beitragseinnahmen und Rentenausgaben gilt nur in sehr langfristiger Sicht. Aus kurzfristiger Perspektive führt die Ausweitung von Niedriglöhnen zunächst einmal nur zu Einnahmeminderungen, die besseren Verdienstpositionen von Frauen hingegen zu Einnahmesteigerungen.

In der GRV spielen monetäre Transfers (Zahlungen in Geld) mit den Rentenzahlungen eine viel größere Rolle als Sachleistungen (reale Transfers), die sich vor allem auf den Bereich der Rehabilitation und die Beratungsdienste beschränken. In der Gesetzlichen Krankenversicherung dominieren dagegen die Sachleistungen in Form der Inanspruchnahme der Leistungen von Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und von verschriebenen Medikamenten. Im Kern kennt die Krankenversicherung nur beim Krankengeld ein enges, äquivalentes Verhältnis zwischen Beitragszahlung und Leistung.

Beitragszahler und Rentenempfänger

Von entscheidender Bedeutung für die Gewährleistung bzw. Gefährdung eines Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben ist das Verhältnis von (1) und (3), also von Rentnern und Beitragszahlern. Dieses Verhältnis wird als Rentnerquotient bezeichnet. Denn wenn im Zeitverlauf mehr Rentnern weniger Beitragszahler gegenüberstehen, entsteht eine Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen. Dafür können längerfristig wirkende demografische Verschiebungen verantwortlich sein (vgl. Interner Link: Demografischer Wandel und Rentenfinanzierung), aber auch die aktuellen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt.

Durchschnittl. Rentenzugangsalter und Rentenbezugsdauer 1980 - 2017 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Analyse zeigt, dass das Finanzierungsgeschehen der Rentenversicherung in den zurückliegenden Jahren wie auch aktuell im Wesentlichen arbeitsmarktbedingt ist. Aus demografischer Sicht befinden wir uns noch in einer "ruhigen Phase". Die stark besetzten Jahrgänge (Baby-Boomer Generation) werden erst ab ca. 2020 ins Rentenalter nachrücken, sie befinden sich derzeit noch auf dem Arbeitsmarkt und zählen – zumindest potenziell – zu den Beitragszahlern. Allerdings: Die längere Lebenserwartung macht sich schon seit Jahren bemerkbar. Sie führt, zusätzlich beeinflusst durch das Rentenzugangsalter, zu einer längeren Rentenbezugsdauer und vergrößert damit die Zahl der Rentner und der Renten (vgl. Abbildung "Durchschnittliches Rentenzugangsalter und Rentenbezugsdauer 1980 – 2017").

Weitere Inhalte

Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.