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Stabilisierung des Rentenniveaus | Rentenpolitik | bpb.de

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Stabilisierung des Rentenniveaus

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

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Die Forderung, das Absinken des Rentenniveaus zu stoppen, spielt eine immer größere Rolle in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion. So sieht die Bundesregierung vor, das Niveau zumindest bis 2025 bei einer "Haltelinie" von 48 Prozent festzuschreiben. Aber was geschieht in den Jahren danach?

Ein älterer Herr liest den Aushang der aktuellen Ausgabe des Bonner General-Anzeigers. Ein flächendeckender Ausgleich der durch die Absenkung des Rentenniveaus entstandenen Versorgungslücken ist nicht in Sicht. (© picture-alliance, JOKER)

Ein flächendeckender Ausgleich der durch die Absenkung des Rentenniveaus entstandenen Versorgungslücken ist nicht in Sicht. Und selbst bei der Gruppe derjenigen Versicherten, die privat und/oder betrieblich vorsorgen, spricht wenig dafür, dass eine Kompensation in der erforderlichen Höhe und über die gesamte Rentenbezugsdauer hinweg erreicht wird . Hier sind wir nahezu ausschließlich auf Mutmaßungen angewiesen, da es keinerlei verlässliche, differenzierte und aktuelle Informationen über die zu erwartende Höhe der individuellen Betriebs- oder Riester-Renten gibt. Die "Drei-Säulen-Alterssicherungspolitik" gleicht eher einem Blindflug.

Diese ernüchternde Schlussfolgerung führt zu der Forderung, den weiteren Rückgang des Rentenniveaus zu verhindern oder gar einen Wiederanstieg einzuleiten. Entsprechende Positionen werden nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch von den Gewerkschaften sowie von den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden vertreten.

Die Bundesregierung der großen Koalition hat sich vor dem Hintergrund dieser Entwicklung dazu entschlossen, das Netto-Rentenniveau bis zum Jahr 2025 auf 48 Prozent festzuschreiben. Zugleich soll der Beitragssatz in dieser Zeit nicht über 20 Prozent steigen. Für die Jahre danach legt sich die Bundesregierung nicht fest, sondern verweist auf die Ergebnisse der Mitte 2018 eingesetzten Rentenkommission, die gegen Ende der Legislaturperiode vorliegen sollen. Die Finanzierbarkeit der beiden Haltelinien soll durch weitere Bundesmittel sichergestellt werden.

Zwar lässt sich einwenden, dass bis zum Jahr 2025 eine Niveauabsenkung unter 48 Prozent nicht wahrscheinlich sei (die Vorausberechnung im Rentenversicherungsbericht 2017 geht von einem Niveau von 48 % im Jahr 2024 aus). Aber sicher ist dies angesichts drohender weltwirtschaftlicher Verwerfungen und deren Auswirkungen auf die Beschäftigungsentwicklung in Deutschland keinesfalls. Insofern ist die Niveaustabilisierung und deren Flankierung durch höhere Bundeszuschüsse eine wichtige Maßnahme.

Sicher ist allerdings, dass sich die Absenkung in den Jahren nach 2025 beschleunigt fortsetzen wird, weil dann die sog. geburtenstarken Jahrgänge das Rentenbezugsalter erreichen. Insofern löst die Begrenzung auf die Zeit bis zum Jahr 2025 das Problem noch nicht. Es muss offenbleiben, ob die Rentenkommission sich im Konsens auf einen Vorschlag einigen wird, der ja dann von einer neuen Bundesregierung in der nächsten Legislaturperiode in der einen oder anderen Form umgesetzt werden müsste.

Das Absinken des Rentenniveaus unterhalb des Sicherungsniveaus vor Steuern von 48 Prozent nach 2025 kann nur verhindert werden, wenn die Rentenanpassungsformel dauerhaft verändert wird. Die Begründungen, die die Bundesregierung für die Niveaustabilisierung bis 2025 nennt, gelten sicherlich auch für die Jahre danach: "Ein angemessenes und stabiles Sicherungsniveau vor Steuern ist wichtig für die Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung. Es muss generationenübergreifend vertrauensbildende Zusagen geben."

Vertrauen in die Rentenversicherung sowie Akzeptanz und Legitimation dieses wichtigsten Standpfeilers des deutschen Sozialstaats werden gefährdet, wenn bei einer gegebenen Entgeltposition bzw. Entgeltpunkten immer mehr Versicherungsjahre erforderlich sind, um eine Altersrente in Höhe des Grundsicherungsniveaus zu erhalten. Genau dies aber ist die Folge eines langfristig absinkenden Niveaus – auf bis zu 41,6 Prozent im Jahr 2045, wie dies aus einer Projektion des BMAS von Ende 2016 ablesbar ist. Oder anders herum: Bei gegebenen Versicherungsjahren werden eine immer bessere Entgeltposition bzw. immer mehr persönliche Entgeltpunkte pro Jahr erforderlich, um eine entsprechend hohe Rente zu erzielen. Dies wird dann genau jene Versicherten betreffen, die heute am Anfang ihrer Erwerbslaufbahn stehen: Eine Niveauabsenkung widerspricht insofern gerade den Interessen der Jüngeren, die dann nur noch mit einer sehr geringen Rente rechnen können.

Zudem ist zu erwarten, dass sich die Beitragsabzüge zur Krankenversicherung (einschließlich Zusatzbeitrag) und Pflegeversicherung in den nächsten Jahren deutlich erhöhen werden. Es spricht alles dafür, dass die Zusatzbeiträge zur GKV weiter steigen und bei den Beiträgen zur Pflegeversicherung (die von den Rentnern in voller Höhe zu tragen sind) erfolgt bereits 2019 ein weiterer Anstieg.

Vor allem Beschäftigte im Bereich niedriger Entgelte haben in der Zukunft keine Chance, eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erreichen, da die erforderlich langen Versicherungsjahre schlicht unmöglich sind . Der zu erwartende Rückgang des Rentenniveaus ist dabei so groß, dass selbst eine Verlängerung der Versicherungsdauer um 3 Jahre keine Entlastung bringt. Bei einem Rentenniveau von 41,7 Prozent im Jahr 2045 sind bei einer Entgeltposition von 50 Prozent zusätzliche 8,7 Jahre gegenüber dem Stand von 2015 erforderlich, um eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erreichen. Bei einer Entgeltposition von 70 Prozent errechnen sich zusätzliche 6,2 Jahre und bei einer Entgeltposition von 80 Prozent sind es 5,4 Jahre .

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Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.