Rating-Agenturen
Kritik an den Agenturen
- Kartell: die Ratingagenturen bilden ein durch die „Drei Großen“ – Standard & Poors, Moody’s und Fitch – angeführtes angelsächsisches Kartell, dem angelsächsische Interessen im Zweifel näher sind als kontinentaleuropäische. Auch ist politische Einflussnahme nicht auszuschließen. Als Standard & Poors im Zuge der Diskussion um die Erhöhung des Schuldenlimits in amerikanischen Kongress das Rating der Vereinigten Staaten von AAA auf AA+ senkte (das Land hat auch AA+ bei einem Haushaltsdefizit von 10,8 Prozent keinesfalls verdient), musste wenige Wochen später der Chef von Standard & Poors seinen Hut nehmen. Seitdem ist S&P immer vorne mit dabei, wenn es darum geht, europäische Länder abzustufen, so zum Beispiel das – im Vergleich zu den USA – kerngesunde Österreich. Professor Frank Partnoy (University of San Diego) sieht in der Regulierung der Agenturen durch die Securities and Exchange Commission (SEC) und die FED eine Behinderung des Wettbewerbs und einen Schutz des Kartells.
- Zu späte und falsche Urteile: die Agenturen kommen mit ihren Urteil fast immer zu spät. So haben sie weder die Bilanzbetrüge im großen Stil bei Enron und Worldcom noch die Schieflage bei Freddie Mac vorausgesehen. Auch die Suprime-Krise und die Staatschuldenkrise in Europa haben sie nicht prognostiziert. Bei genauerer Überlegung ist dies absolut logisch: Ratingagenturen sind Bürokratien und legen bürokratisches Verhalten an den Tag. Es ist unerheblich, ob es private oder staatliche Bürokratien sind – Ratingagenturen stellen fest, „was ist“, nicht, was sein wird. Damit kommt es zu einer massiven Prozyklizität der Ratings – schlechte Schuldner werden herabgestuft und haben damit noch größere Probleme an Kredit zu kommen, was eine weitere Verschlechterung des Ratings nach sich zieht. So können Ratingagenturen ganze Länder in eine Abwärtsspirale reißen.
- Interessenkonflikte: verschärft wird die schädliche Wirkung der Agenturen durch massive Interessenkonflikte. So beraten Sie unter anderem gegen Honorar die Emittenten von Finanzprodukten, wie diese Produkte gestaltet werden müssen, damit sie ein gutes Rating erzielen. Zudem werden die Ratingagenturen von den Emittenten von privaten Papieren für ein Rating bezahlt – was institutionalisierten Interessenkonflikten gleichkommt. Vor der Subprime-Krise machten sie rund ein Drittel ihres Gewinns mit dem Rating von Subprime-Papieren, für das sie von Emittenten bezahlt wurden (!) Von Staaten hingegen werden sie nicht bezahlt; das Rating von Staatsanleihen läuft nebenbei als Service mit.
- Erpressung: Die Vorwüfe gehen bis dahin, dass die Ratingagenturen Unternehmen durch schlechte Ratings erpressen, um neues Geschäft zu erschließen. Moodys hat zum Beispiel ein schlechtes unaufgefordertes Rating von Hannover Re veröffentlicht und dem Unternehmen dann einen Brief gesandt, dass es dem Tag entgegensehen würde, wenn Hannover Re bezahlen würde.[6]