Das Bretton-Woods-System
Für knapp drei Jahrzehnte prägte das Bretton-Woods-System nach 1944 die internationalen Finanzwirtschaftsbeziehungen. Im Zentrum eines Gerüsts aus festen Wechselkursen stand der US-Dollar als Leitwährung. Letztlich ließ sich diese Konstruktion aber nicht aufrecht erhalten.![Das Mount-Washington-Hotel im Jahr 2010. (© picture-alliance/Newscom) resort, Bretton Woods, New Hampshire, White Mountains Region, Historic Mount Washington Hotel reflects in the pond in Bretton Woods, New Hampshire.
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Die Konferenz von Bretton-Woods
Im Juli 1944 fand im amerikanischen Ferienort Bretton Woods eine Konferenz statt, auf der ein multilaterales Währungsabkommen ausgehandelt wurde – das „Bretton Woods“-Abkommen. Es bildete den Kern des institutionellen Netzwerks, mit dem die westlichen Industriestaaten nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten, der Weltwirtschaft eine neue ordnungspolitische Grundlage zu geben. Man hat deshalb die Gesamtheit der damals geschaffenen Institutionen (auch das „General Agreement on Tariffs and Trade“ (GATT) gehört dazu) das „Bretton-Woods-System“ genannt.Die unmittelbare Aufgabe des währungspolitischen „Bretton Woods“-Abkommens war es, den internationalen Güterverkehr durch die Bereitstellung allgemein anerkannter und wertbeständiger Zahlungsmittels wieder in Gang zu bringen. Die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg hatten die internationalen Handelsbeziehungen weitgehend zum Erliegen gebracht. Die gegenseitige Austauschbarkeit der nationalen Währungen („Konvertibilität“) war begrenzt und das britische Pfund hatte seine alte Funktion als „Welt-Zahlungsmittel“ eingebüßt. Die in Bretton Woods versammelten Vertreter von 44 Staaten standen also vor der Aufgabe, einen völkerrechtlichen Vertrag zustande zu bringen, der die Konvertibilität der nationalen Währungen und die Schaffung eines internationalen Zahlungsmittels zum Ziel hatte.
Zwei konkurrierende Pläne

Die jeweiligen nationalen Währungen hätten zu diesem Zweck in ein neu geschaffenes Buchgeld, den sog. „Bancor“, eingetauscht werden können. Die zu schaffende Clearing-Union sollte ferner die Fähigkeit besitzen, „Bancor“-Kredite zu vergeben, um es damit einem Mitgliedsland zu ermöglichen, vorübergehende Zahlungsbilanzdefizite zu überbrücken. Die Verwirklichung dieses Vorschlags wäre ein wichtiger Schritt zur Schaffung einer internationalen „Kunst“-Währung gewesen, für deren Bereitstellung eine multilaterale Organisation zuständig gewesen wäre.
So viel Multilateralismus war 1944 nicht möglich – und daran hat sich bis heute wenig geändert. Die USA waren durch den Zweiten Weltkrieg zur dominierenden Macht des Westens geworden und strebten ein internationales Währungssystem an, das ihren eigenen Vorstellungen entsprach. Diese fanden ihren Niederschlag im sog. White-Plan (benannt nach dem US-amerikanischen Konferenzteilnehmer Harry Dexter White). Er sah vor, einen internationalen Fonds zu gründen, der durch Einzahlungen der beteiligten Staaten aufgefüllt werden sollte.
Dieser Fonds sollte auch Kredite vergeben können, deren Höhe aber sehr viel enger bemessen war, als es Keynes mit seinen „Bancor“-Krediten vorsah. Wie nicht anders zu erwarten war, setzte sich im Wesentlichen der US-amerikanische White-Plan durch. Etwas zugespitzt kann man davon sprechen, dass das in Bretton Woods ausgehandelte Abkommen sowie die damit gegründeten Organisationen - „Internationaler Währungsfonds“ (IWF) und Weltbank im Wesentlichen nach den Vorstellungen des US-Finanzministeriums geschaffen wurden.
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Der Traum einer stabilen Weltwährung (09.11.2017)
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Dieser Podcast ist eine Produktion des Bayerischen Rundfunks. Die bpb veröffentlicht ihn mit freundlicher Genehmigung als verlinktes Angebot.
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Das Bretton-Woods-Abkommen
Ohne Zweifel hat dieses unter dem Dach der amerikanischen Hegemonie in der westlichen Hemisphäre entstandene System wesentlich zur Wiederbelebung der Weltwirtschaft in der Nachkriegszeit beigetragen. Die Vertragsstaaten des Bretton-Woods-Abkommens kamen ihrer Verpflichtung nach, den laufenden Zahlungsverkehr untereinander schrittweise von Devisenbeschränkungen zu befreien (zu „liberalisieren“) und die Konvertibilität ihrer Währungen sicherzustellen. Sie verpflichteten sich ferner, durch Interventionen in die Devisenmärkte einen festen Wechselkurs ihrer eigenen Währung zum US-Dollar oder zum Gold aufrecht zu erhalten, wobei der Wert des US-Dollar ebenfalls durch eine feste Relation zum Gold ausgedrückt wurde.Die USA waren dazu verpflichtet, auf Verlangen anderer Länder deren Dollar-Guthaben in Gold einzutauschen. Aus diesen Verpflichtungen ergab sich erstens die dominierende Stellung der US-amerikanischen Währung als einem „Welt“-Zahlungsmittel und zweitens ein System fester Wechselkurse, von denen nur Abweichungen innerhalb eines Bandes von +/- 1% gegenüber dem US-Dollar zulässig waren. Nur bei „fundamentalen Zahlungsbilanzungleichgewichten“ sollte eine Anpassung („realignment“) der Wechselkurse vorgenommen werden können.
Jeder Vertragsstaat des Bretton-Woods-Abkommens war ferner berechtigt, im Rahmen genau festgelegter „Ziehungsrechte“ gegenüber dem IMF Zahlungsmittel anderer Länder – insbesondere US-Dollar – abzurufen. Erst 1969 wurde mit der Schaffung sog. „Sonderziehungsrechte“ ein alter Vorschlag verwirklicht, der schon im Keynes-Plan von 1944 enthalten war, nämlich ein internationales Zahlungsmittel herauszugeben, das nicht von der Geldpolitik eines einzelnen Staates abhängig war. Abgesehen von der Nutzung dieser Ziehungsrechte konnte jeder Staat Kredite des IMF in Anspruch nehmen, sofern der IMF durch die Einzahlungen seiner Mitglieder sowie durch die eigene Kreditaufnahme auf den Kapitalmärkten zu einer Kreditgewährung in der Lage war.