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Löhne und Produktivität müssen sich gleich entwickeln | Europäische Wirtschaftspolitik | bpb.de

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Löhne und Produktivität müssen sich gleich entwickeln

Manfred J. M. Neumann

/ 4 Minuten zu lesen

Wenn die Löhne in einem Land in zu kurzer Zeit über das Wachstum der Arbeitsproduktivität hinaus steigen, verliert es dauerhaft an Wettbewerbsfähigkeit, sagt der Bonner Ökonom Manfred J. M. Neumann. Lohnerhöhungen sollten daher stets mit der Produktivitätsentwicklung Schritt halten.

Manfred J. M. Neumann (© Rainer Hotz)

Wenn Unternehmen vergleichbare Produkte gleicher Qualität herstellen und auf denselben Markt bringen, dann werden nur jene Unternehmen im Wettbewerb um Kundinnen und Kunden bestehen, die mit einem leistungsangemessenen Verkaufspreis auskommen. Ein Unternehmen, das aufgrund interner Ineffizienz oder überhöhter Ansprüche seiner Belegschaft einen weit höheren Absatzpreis benötigt, um seine Kosten decken zu können, wird Nachfrage verlieren. Das führt dazu, dass Arbeitskräfte freigesetzt und vielleicht sogar ganz aufgegeben werden müssen, wenn es nicht rechtzeitig zu Lohnanpassung und effizienzsteigerndem technisch-organisatorischen Fortschritt kommt. In der Eurozone sind die Güter- und Dienstleistungsmärkte heute größer und offener als vor Einführung des Euro, als noch viele Handelsschranken in Kraft waren. Daher ist der Wettbewerbsdruck in der Eurozone heute weit stärker.

Für die Produktion vieler Güter bilden die Arbeitskosten einen bedeutenden Kostenfaktor. Diese haben sich zwischen den Mitgliedsländern der Währungsunion über viele Jahre nicht enger angenähert, sondern tendenziell auseinanderentwickelt. Dies gilt ganz prononciert für Griechenland auf der einen und Deutschland auf der anderen Seite. Es ist auch in der Grafik zu erkennen: Jede Kurve zeigt hier, wie sich in einem Mitgliedsland die durchschnittlichen Lohnkosten je Produkteinheit relativ zu den gewichteten durchschnittlichen Lohnkosten der übrigen Mitgliedsländer der Eurozone verhalten haben. Zugleich geben die Kurven für jedes Land an, wie sich diese Lohnkosten im Vergleich zu den 1990er Jahren entwickelt haben.

"Nach einer alten Lohnregel ist das Ziel einer stabilen Entwicklung der Volkswirtschaft, dass die Löhne mit der Arbeitsproduktivität steigen, nicht stärker, aber auch nicht geringer."

In Griechenland sind nach dem Beitritt zur Eurozone 2001 im Verlauf eines enormen Wirtschaftsaufschwungs Löhne und Preise explodiert. Die relativen Lohnstückkosten stiegen dort bis 2009 um fast 20 Prozent, in Italien waren es 15 Prozent. In Belgien und Frankreich legten sie um sechs bis sieben Prozent zu, in Deutschland nahmen sie dagegen sogar um acht Prozent ab. Das geht allerdings nicht allein auf die Entwicklung der Löhne zurück, sondern ebenso auf die unterschiedliche Entwicklung der Arbeitsproduktivität.

Lohnstückkosten in der Eurozone (bpb) Lizenz: cc by-nc-sa/4.0/deed.de

Wenn die Löhne um zehn Prozent steigen und ebenso die Arbeitsproduktivität, dann bleiben die Lohnkosten je Produkteinheit unverändert. Sie steigen nur an, wenn die Löhne stärker als die Arbeitsproduktivität zunehmen, und sie fallen, wie es in Deutschland über viele Jahre bis 2007 der Fall war, wenn die Arbeitsproduktivität stärker steigt als die Löhne.

Nach einer alten Lohnregel ist das Ziel einer stabilen Entwicklung der Volkswirtschaft, dass die Löhne mit der Arbeitsproduktivität steigen, nicht stärker, aber auch nicht geringer. Nehmen wir einmal kontrafaktisch an, in allen Euro-Mitgliedsländern wäre diese Lohnregel befolgt worden, dann wären in der Grafik die Kurven der relativen Lohnkosten horizontal verlaufen – also weder gestiegen noch gefallen. Das hätte dann bedeutet, dass die Mitgliedsländer ihre relative Wettbewerbsposition im Verlauf der Währungsunion unverändert gehalten hätten. Dann wäre kein Land so extrem zurückgefallen, wie das für Griechenland fraglos zu konstatieren ist.

Es bedarf keiner ausführlichen Erläuterung, dass Länder mit etwa gleichartigen Entwicklungsniveaus wie Deutschland und Frankreich erfolgreich in einer Währungsunion zusammenarbeiten können, mag es auch gelegentlich zu Spannungen kommen. Dagegen ist es nicht offensichtlich, dass auch weniger entwickelte Länder wie etwa Griechenland oder – nicht in der Grafik zu sehen – die Slowakei in einer solchen Währungsunion auf Dauer erfolgreich mithalten können. Zwar betrugen beispielsweise 2013 die durchschnittlichen Arbeitskosten je Stunde in Griechenland nicht mehr als 13,60 Euro und in der Slowakei sogar nur 8,50 Euro im Vergleich zu stolzen 31,30 Euro in Deutschland. Aber in diesen Ländern ist auch die Arbeitsproduktivität weit geringer als hierzulande, weil es sowohl einzel- wie gesamtwirtschaftlich an vielem fehlt: Etwa an Ausbildung, an Kapital, an Infrastruktur, um nur einige Faktoren zu nennen. Das alles bremst die Entwicklung.

"Solange in den Mitgliedsländern der Eurozone darauf geachtet wird, die Lohn- und Einkommensansprüche im Rahmen der eigenen Produktivitätsentwicklung zu halten, werden unterschiedliche Lohnkosten nicht zu destabilisierenden Störfaktoren."

Solange in den Mitgliedsländern der Eurozone darauf geachtet wird, die Lohn- und Einkommensansprüche im Rahmen der eigenen Produktivitätsentwicklung zu halten, werden unterschiedliche Lohnkosten nicht zu destabilisierenden Störfaktoren. Ein besonderes Problem bildet der verständliche Wunsch, möglichst schnell einen höheren Lebensstandard zu erreichen, und zwar nicht einfach nur durch Leistung, sondern auch durch Umverteilung. Das kann dazu verleiten, die Löhne in zu kurzer Zeit zu stark ansteigen zu lassen, und zwar über das Wachstum der Arbeitsproduktivität hinaus. Wenn das in einem Land über viele Jahre hin zugelassen wird, dann verliert es dauerhaft Wettbewerbsfähigkeit, kann daher nicht mehr hinreichend exportieren und muss sich bei den Partnerländern immer stärker verschulden. Das Ende kann die Zahlungsunfähigkeit sein.

Um solchen desaströsen Entwicklungen möglichst frühzeitig vorzubeugen, haben die Euroländer 2011 den Euro-Plus-Pakt vereinbart. Danach sollen jährlich Maßnahmen zur Verbesserung von Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung vorgeschlagen werden. Leider ist keine Verbindlichkeit vereinbart worden, daher dürfte der Pakt kaum größere Bedeutung erlangen.

Paul De Grauwe (© Bert Van den Broucke)

Standpunkt Paul De Grauwe:

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Prof. Dr. Manfred J. M. Neumann, Jahrgang 1940, ist deutscher Ökonom und war Professor an der Universität Bonn. Er war einer von 136 deutschen Wirtschaftsprofessoren, die der Europäischen Zentralbank kurz vor den Bundestagswahlen 2013 in einem Aufruf eine rechtswidrige monetäre Staatsfinanzierung vorwarfen.