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Grußwort von Thomas Krüger beim Checkpoint bpb - Die Montagsgespräche "Stillgestanden oder still halten? Deutschlands neue Rolle in der Welt" am 2. Februar 2015 in Berlin | Presse | bpb.de

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Grußwort von Thomas Krüger beim Checkpoint bpb - Die Montagsgespräche "Stillgestanden oder still halten? Deutschlands neue Rolle in der Welt" am 2. Februar 2015 in Berlin

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Sehr geehrte Damen und Herren,

in wenigen Tagen, vom 6. bis 8. Februar, treffen sich bei der 51. Münchner Sicherheitskonferenz ungefähr 20 Staats- und Regierungschefs, 60 Außenminister, 30 Vorstandsmitglieder global agierender Konzerne sowie zahlreiche Parlamentsvertreter aus aller Welt, um die aktuelle Sicherheitslage auf unserem Globus zu diskutieren. Vor genau einem Jahr - zum 50. Jubiläum der Konferenz - erregte die Eröffnungsrede von Bundespräsident Gauck sowie die folgenden Reden von Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen Aufsehen unter den Experten und in den Medien. Deutschlands Außenpolitik steht auf dem Prüfstand, so die Botschaft.

Als mächtige Wirtschaftsnation und angesichts der wachsenden Bedeutung der Deutschen innerhalb Europas und der zahlreichen Krisen in der Welt, müssten die Deutschen nun mehr außenpolitische Verantwortung übernehmen - auch militärische. Seit einem Jahr wird nun engagiert und öffentlichkeitswirksam über Fragen der internationalen Verantwortung, über Bündnispolitik, Normen und Werte diskutiert. Das Außenministerium beispielsweise hat mit dem Projekt "Review 2014 - Außenpolitik Weiter Denken" Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreter aus der Wissenschaft eingeladen, darüber zu diskutieren, was denn falsch sei an der deutschen Außenpolitik und was geändert werden sollte.

Zur gleichen Zeit flackerte mit der Krise um die Ostukraine der Krieg in Europa wieder auf und der Vormarsch des IS überraschte alle Sicherheitsexpertinnen und -experten.

Die Skepsis der deutschen Bevölkerung gegenüber militärischen Einsätzen der Bundeswehr nimmt trotzdem eher zu als ab: 62 Prozent der Deutschen stehen diesen kritisch gegenüber - übrigens ganz anders als noch 1994, als 62 Prozent mehr Engagement befürworteten.

Sicherheit aber, so sagte Gauck, sei eine Existenzfrage, und er forderte die Deutschen auf, sich "früher, entschiedener und substantieller einzubringen". Denn die gegenwärtige Weltordnung wird in außenpolitischen Kreisen eher als "Weltunordnung" wahrgenommen.

Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Entstehen einer multipolaren Weltordnung ging auch einher, dass die klassische Bündnis- und Ordnungspolitik von der Geschwindigkeit der Ereignisse und Herausforderungen überholt wurde. Hinzu kommt, dass der langjährige Ordnungsgarant USA zunehmend mit sich selbst - dem "Nation building at home" - beschäftigt ist und Europa sehr stark mit innereuropäischen Fragen.

Gleichzeitig kann jedoch festgehalten werden, dass wir welthistorisch selten in so friedlichen Zeiten gelebt haben wie jetzt und ein zunehmender Bevölkerungsanteil in Frieden lebt und alt wird, wie es der Gewalt-Experte Steven Pinker 2014 konstatierte. Pinker wirft dabei die Frage auf, warum im vorherrschenden Diskurs die Welt stets als "gefährlicher als je zuvor" beschrieben wird.

Trotzdem herrscht in der politischen Führung in Deutschland wie weltweit eine Krisen-Einschätzung vor. Der Ruf nach mehr deutschem Engagement im Chor der Ordnungsmächte wird lauter - wenngleich auch dieser ambivalent ist. Einerseits kursiert der Vorwurf vom "Drückeberger in der Weltgemeinschaft" und einige Staaten fordern mehr militärisches Engagement. Andererseits gibt es eine Furcht vor der Dominanz der Deutschen, oder es wird Kritik am schlechten Zustand der Ausrüstung der Armee formuliert.

Diese Kritik ist verbunden mit der Frage, ob die Bundeswehr einer gewachsenen deutschen Verantwortung überhaupt gerecht werden kann.

Die deutsche Politik verhandelt derzeit also existenzielle Fragen von Sicherheit und Schutz - für uns wie für andere - neu. Dies bedeutet eine Abkehr vom klassischen außenpolitischen Selbstverständnis unseres Landes seit Endes des Zweiten Weltkrieges - wenngleich dieser Bruch nicht wirklich neu ist. Afghanistan und der Kosovo, Mali oder Waffenlieferungen an Kurden gegen die IS sind nur einige der Fragen, die dieses Selbstverständnis einer weitgehend friedlichen Außenpolitik bereits getestet haben.

Wir alle sind aufgefordert, die politische Forderung des letzten Jahres und damit existenzielle Sicherheitsfragen intensiver und fundierter zu diskutieren.

Auch ohne diese Aufforderung ist für uns in der bpb Sicherheitspolitik ein wichtiges Thema der politischen Bildung, zu dem die Öffentlichkeit einen Zugang und die Möglichkeit zur eigenen Meinungsbildung haben sollte. Deswegen veröffentlichen wir seit langem eine tägliche sicherheitspolitische Presseschau, die Sie - wie bisher knapp 6000 andere Abonnenten - auf unserer Webseite abonnieren können. Heute möchten wir genauer nachfragen und mit Ihnen und unseren anwesenden Expertinnen und Experten diskutieren, ob die sogenannte "deutsche Linie" der militärischen Zurückhaltung, der Bündnispolitik und des Engagements in der Krisenprävention und Entwicklungszusammenarbeit wirklich aktualisiert werden muss. Was spricht dafür, was spricht dagegen?

Ich freue mich sehr, Frau Dr. Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik, Frau Hauptmann Manja Wollweber, Jugendoffizier der Bundeswehr und Dr. Eric Chavistré, Militärexperte und Journalist, zu diesem Gespräch begrüßen zu dürfen.

Die Fachmoderation übernimmt Isabel Skierka vom Think Tank Global Public Policy Institute.

Ihnen allen ein herzliches Willkommen, wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen!

Frau Funke führt uns wie immer durch den Abend.

Gerne übergebe ich das Wort jetzt an Sie.

- Es gilt das gesprochene Wort -

Fussnoten