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Verleihung des "Preis Politische Bildung" an PHOENIX | Presse | bpb.de

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Verleihung des "Preis Politische Bildung" an PHOENIX Laudatio von Thomas Krüger

/ 4 Minuten zu lesen

Laudatio von Thomas Krüger, am 05.05.2011 zur Verleihung des "Preis Politische Bildung" an den Spartenkanal PHOENIX.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die öffentlich-rechtlichen Medien müssen sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, sie erreichten einen Großteil der Menschen in Deutschland mit ihren Formaten nicht mehr. Warum für ein Angebot Gebühren zahlen, das keinen interessiert, so die vielzitierte Kritik. Dabei spielt der öffentlich-rechtliche Rundfunk mitsamt seinem Grundversorgungsauftrag für das Funktionieren unserer Demokratie eine ganz besondere Rolle. Umso mehr freut es mich, dass die gegenwärtig sichtbare Innovationsbereitschaft eines öffentlich-rechtlichen Senders von der Jury gesehen und heute mit einem ideellen Preis honoriert wird. Der Spartenkanal PHOENIX beweist nämlich eindrücklich mit seinen Projekten "PHOENIX-Politiker-Speed-Dating" und "Schlichtungsgespräche zu dem Bahnprojekt Stuttgart 21", dass interaktive Bürgerbeteiligung über die vorhandenen Medienstrukturen möglich ist. Für diese beiden innovativen Programmentwicklungen und die dadurch geschaffenen partizipativen Angebote erhält der Fernsehsender PHOENIX den Medienpreis politische Bildung 2011.

Bereits seit seinen Anfängen 1997 bemüht sich PHOENIX, auch außergewöhnliche politische und gesellschaftliche Ereignisse entsprechend abzubilden und zu präsentieren. Dies war während des Balkankriegs, der mit dem Zerfall Jugoslawiens endete, bei den Anschlägen des 11. September 2001 oder auch bei der Anhörung und Befragung des damaligen Außenministers Joschka Fischer 2005 vor dem VISA Untersuchungsausschuss der Fall, als es PHOENIX das erste Mal überhaupt gelang, dass in einem Untersuchungsausschuss eine Medienöffentlichkeit zugelassen wurde.

Die Übertragungen der Schlichtungsgespräche zu "Stuttgart 21" sind nun ein weiterer Höhepunkt in der PHOENIX-Berichterstattung. Neun Tage lang und über 80 Stunden sendete der Kanal live aus den Verhandlungsräumen in Stuttgart. In seiner Form und Gestaltung ist dieses Ereignis einmalig in der deutschen Fernsehgeschichte. Dank PHOENIX waren über 5,5 Millionen Menschen dabei, als zum ersten Mal eine Landesregierung, Bahnvorstände, betroffene Bürger und Stadträte an einem Tisch Platz nahmen, um in aller Öffentlichkeit über ein umstrittenes Großprojekt im Detail zu diskutieren. Motivation unserer täglichen politischen Bildungsarbeit ist es, Menschen über Hintergründe aufklären und informieren zu wollen, um ihnen Lust auf die Teilnahme an der Gesellschaft zu machen. Wir gehen davon aus, dass sich Menschen einmischen, wenn sie Zusammenhänge begreifen und ihre eigene Betroffenheit wahrnehmen.

Von der Diskussion um das Bahnprojekt "Stuttgart 21" fühlten sich viele Menschen quer durch die Bundesrepublik betroffen, das zeigt auch der Erfolg, der dem PHOENIX-Sendeformat Recht gibt: In der Spitze erreichte der Spartensender einen Marktanteil von 5,3 Prozent, der Jahresdurchschnitt liegt bei einem Prozent. Dass das öffentliche "Demokratie-Experiment", die Schlichtungsgespräche zu "Stuttgart 21", geglückt sind, ist nicht zuletzt ein großer Verdienst des Fernsehsenders PHOENIX, der mittels seiner Berichterstattung das vorhandene Informationsdefizit in der Bevölkerung ausgeglichen hat. So lautet auch die Begründung der Jury für ihre Wahl des Preisträgers. PHOENIX zeigt beispielhaft, dass Medien partizipativ wirken, wenn sie gesellschaftlich relevante Phänomene aufgreifen und ihren Beitrag dazu leisten, komplexe Strukturen transparenter zu machen. Ich würde mir wünschen, dass PHOENIX mit seiner Liveübertragung der Schlichtungsgespräche zu "Stuttgart 21" zum Wegweiser in gesellschaftlicher und medialer Hinsicht für vergleichbare Projekte wird.

Beispielhaft und innovativ ist auch das zweite Projekt, für das PHOENIX heute den Medienpreis verliehen bekommt. Das Konzept des Speed-Datings ist vor allem von Veranstaltungen bekannt, in denen Singles neue Partner kennen lernen können. Die Herausforderung: Sich in kurzer Zeit ein möglichst breites Bild von seinem Gegenüber zu machen. PHOENIX hat das Konzept des Speed-Datings übernommen und hat Bürgern ein Jahr nach der schwarz-gelben Regierungsbildung die Möglichkeit gegeben, bei den gewählten Volksvertretern direkt nachzufragen. Sechs junge Mitglieder des Bundestags haben sich den Fragen von Bürgern in einer unkonventionellen Gesprächssituation gestellt. Sechs Bürger, sechs Politiker und sechs Minuten Zeit für Fragen und Antworten. Ist die Zeit um, wird reihum getauscht, bis jeder Bürger einmal mit jedem Politiker gesprochen, ihn also einmal "gedated" hat. Die Jury war der Auffassung, dass das Konzept des Speed-Datings auf die Politik anzuwenden und Bürger und Parlamentarier zu einem "Politker-Speed-Dating" zusammenzuführen, eine gelungene und unkonventionelle Form politischer Auseinandersetzung ist. Auch hier zeigt sich wieder: Politik wird dann spannend, wenn sie erfahrbar wird, wenn sie nicht abstrakt bleibt, sondern sich in Menschen und Themen konkretisiert. Politik zum Anfassen. Das Aufeinandertreffen von Bürgern mit gewählten Volksvertretern, das direkte Nachfragen seitens der Bürger ist, richtig angewendet, eine gute Möglichkeit, Politik wieder lebensnaher zu machen.

Die Beispiele von PHOENIX zeigen grundsätzlich, wie aus einmal gewecktem Interesse – durch mediale Berichterstattung – tatsächlich Handeln wird. Ich freue mich sehr, heute im Namen der Bundeszentrale für politische Bildung den Medienpreis an PHOENIX zu überreichen, da unsere beiden Häuser sehr viel verbindet: In der programmatischen Ausrichtung des Nachrichtensenders heißt es: "PHOENIX dient der politischen Meinungs- und Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger. Es sollen Hintergründe erhellt und Zusammenhänge dargestellt werden. Damit soll der Spartenkanal den demokratischen Parlamentarismus und die europäische Integration fördern." Wir verfolgen mit unserer täglichen Arbeit das gleiche Ziel und können gemeinsam noch um einiges erfolgreicher sein. Denn Demokratie unterliegt in der Mediengesellschaft einem rapiden Wandel. Um komplexe politische Sachverhalte zu vermitteln, brauchen wir lebendige Vermittlungsinstanzen, die den Bürgern ihre Betroffenheit vermitteln und ihnen im nächsten Schritt Lust machen auf eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft.

Somit möchte ich abschließend sagen, dass PHOENIX den Medienpreis der politischen Bildung nicht nur für seine beiden großartigen Projekte verdient hat. Ich gratuliere den Programmverantwortlichen in erster Linie für ihren Mut, neues Terrain zu betreten, um beispielhaft zu zeigen, wie Fernsehen integrativ wirken kann, ohne seinen Qualitätsanspruch dabei zu verlieren.

Vielen Dank.

- Es gilt das gesprochene Wort -

Fussnoten