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Eröffnungsrede von Thomas Krüger zu den Bensberger Gesprächen 2009 | Presse | bpb.de

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Eröffnungsrede von Thomas Krüger zu den Bensberger Gesprächen 2009

/ 4 Minuten zu lesen

Der Nahe und Mittlere Osten mit seinen Reichtümern, vielfältigen Ethnien, Kulturen, Sprachen und Religionen eingehender zu betrachten als "nur" unter dem Aspekt der Krise, des schwelenden Konfliktes, seiner Akteure und Auswirkungen, das war die Grundidee bei der Planung dieser Veranstaltung.

Sehr geehrter Herr Oberst Ohm,
sehr geehrter Herr Oberst Bermes,
sehr geehrte Damen und Herren,

herzlich willkommen zu den Bensberger Gesprächen 2009.

Bei der Themenfindung für die diesjährigen Bensberger Gespräche, die im Frühsommer des vergangenen Jahres begann, haben sich die Veranstalterinnen auf die nähere Betrachtung einer Region geeinigt, die aufmerksamen Mediennutzenden regelmäßig begegnet: den Nahen und Mittleren Osten.

Damit ist es der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Bundesministerium der Verteidigung, mit dem wir die Veranstaltung in bewährter Zusammenarbeit durchführen, auch für diese Veranstaltung gelungen, ein Thema zu setzen, das Ihrerseits auf enormes Interesse gestoßen ist.

Obwohl wir die Zahl der Teilnehmenden nach dem großen Andrang 2008 bereits erhöht hatten, konnten so wieder einige Anmeldungen nicht berücksichtigt werden.

Der Nahe und Mittlere Osten mit seinen Reichtümern, vielfältigen Ethnien, Kulturen, Sprachen und Religionen eingehender zu betrachten als "nur" unter dem Aspekt der Krise, des schwelenden Konfliktes, seiner Akteure und Auswirkungen, das war die Grundidee bei der Planung dieser Veranstaltung.

Der Begriff "Naher und Mittlerer Osten" bezeichnet im deutschen Sprachgebrauch die arabischen Länder Vorderasiens, die Türkei, Ägypten, den Iran, den Irak, Israel und die Palästinensischen Autonomiegebiete. Historisch bezeichnete der Begriff seit dem 19. Jahrhundert das Gebiet des Osmanischen Reiches außerhalb Europas.

Als Staatsform finden sich in der Region absolute wie konstitutionelle Monarchien, Republiken und Präsidialrepubliken, eine islamische Republik – der Iran – sowie mit Israel eine parlamentarische Demokratie. Eine weitere befindet sich im Aufbau – im Irak.

Im Nahen und Mittleren Osten leben über 350 Millionen Menschen. Allein im Libanon, der sich über eine Fläche von etwas über 10.000 Quadratkilometer erstreckt – das ist ungefähr die Hälfte von Rheinland-Pfalz – leben die Menschen in 17 anerkannten Religionsgemeinschaften.

Noch heute, nach einer Jahrtausende alten, wechselvollen Geschichte belegen großartige antike Zeugnisse beispielsweise in Ägypten und Persien die immense Bedeutung dieser Kulturen.

Mit dieser Veranstaltung soll für die Verantwortlichen in der politischen Bildung im zivilen wie im militärischen Bereich der Facettenreichtum der Region aufgezeigt und für die praktische Arbeit vor Ort umgesetzt werden. Außerdem sollen Anregungen für eine Herangehensweise geliefert werden, die bei der Beschäftigung mit dem "Nahen Osten" nicht nur ausschließlich den Konflikt betrachtet.

Ich hoffe, dass es gelingen wird, den Fokus trotz und vielleicht auch gerade wegen der jüngsten Ereignisse in Südisrael und im Gaza-Streifen auf ganz andere Potenziale zu lenken, die die Region zu bieten hat: ihre Geschichte, ihr kultureller Reichtum, ihre unterschiedlichen Verfasstheiten, Entwicklungsstandards, politischen Systeme, ihre Zivilgesellschaften – um nur einiges zu nennen.

Die gegenwärtige politische Situation im Nahen und Mittleren Osten wird uns selbstverständlich auch durch diese Veranstaltung begleiten, in unseren Köpfen "mitlaufen" und möglicherweise Anregungen liefern für neue Gedankengänge und Überlegungen.

Am heutigen Tag wird eine Grundlage für die thematische Arbeit morgen gelegt, indem zunächst die Ursprünge des Nahost-Konflikts beleuchtet und die spezifischen sicherheitspolitischen Anforderungen und Probleme, vor denen das Land Israel steht, erläutert werden.

Zum Abschluss des Tages werden diese Einschätzungen zur Diskussion gestellt. Es ist uns gelungen, hierfür namhafte Journalistinnen und Journalisten zu gewinnen, die zum Teil direkt aus dem Krisengebiet und aus den Nachbarstaaten Israels nach Bensberg gekommen sind.

Am morgigen Tag – dem traditionellen Workshop- Tag – werden Sie sich unterschiedlichen Aspekten der Region des Nahen und Mittleren Ostens widmen.

Mindestens einer davon hat in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen eine große Brisanz auch und gerade für unsere Profession erhalten – für die politische Bildung nämlich: die Frage danach, wie in den Medien die Bilder vom Krieg eingesetzt werden, um die Öffentlichkeit zu beeinflussen, bzw. die Frage danach, wie mit Hilfe der Bilder der Krieg selbst und die Politik beeinflusst werden.

Andere Bereiche, wie die Frage nach der Rolle der Zivilgesellschaften oder nach den Konfliktlinien in der arabischen Welt versprechen nicht minder spannend zu werden.

Ein ganz anderen Blickwinkel, der in der politischen Bildung äußerst selten bearbeitet wird, wenn es um den Nahen Osten geht, ist der eines arabischen Israelis. Mohammad Darawshe wird Ihnen als solcher morgen berichten.

Welchen Einfluss und welche Rolle für die Weltpolitik der Nahe Osten und der dort brodelnde Konflikt hat – zumal jetzt nach dem Beginn der Amtszeit des 44. Amerikanischen Präsidenten, Barack Obama – werden Sie zum Abschluss der Veranstaltung am Mittwoch diskutieren.

Wie wir alle wissen, haben sich die Ereignisse im Nahen Osten kurz vor dem Ende des vergangen Jahres wieder überschlagen: Die Hamas hat am 19. Dezember die seit über einem halben Jahr geltende Waffenruhe aufgekündigt. Aus dem Gaza-Streifen heraus intensivierte sie massiv ihren Beschuss Israels mit Kassam-Raketen. Die israelische Regierung hat mit seinem Militär reagiert. Am 27. Dezember startete die israelische Regierung ihre Luftoffensive, am 4. Januar begann sie am Boden..

Am vergangenen Wochenanfang ist nun eine Waffenruhe ausgerufen worden und die Israelis sind aus dem Gaza-Streifen abgezogen.

Ich selber habe – wie viele Kolleginnen und Kollegen in der bpb und wie auch einige von Ihnen, die schon einmal mit dabei waren – durch die Studienreisen, die die bpb seit über 45 Jahren in Israel durchführt, ganz persönliche Kontakte in dem Land und unsere Gedanken sind in dieser schweren Zeit oft dort, bei den Menschen. Ganz besonders freue ich mich deswegen, dass trotz der schwierigen Situation vor Ort unsere drei israelischen Gäste, Ephraim Inbar, Reuven Pedatzur und Mohammad Darawshe, sich auf den Weg hierher nach Bensberg gemacht haben, und dass es uns so möglich ist, Ihnen ein paar authentische Stimmen direkt aus dem Land zu Gehör bringen zu können.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen besonders fruchtbaren militärisch-zivilen Dialog über die politischen Bildungsmöglichkeiten, die das Themenfeld "Naher und Mittlerer Osten" birgt. Ich darf nun Prof. Steininger, Leiter des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck, um seinen Einführungsvortrag "Der Nahost-Konflikt – Ursprünge und Folgen" bitten.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Fussnoten