Inhaltsbeschreibung
Rassismus wird weithin geächtet – aber er lebt in Strukturen und Welt-Bildern unserer Gesellschaften fort. Lilian Thuram, in Guadeloupe geborener ehemaliger französischer Profifußballer, fragt nach den Ursachen und Folgen dieses Befundes: Über Jahrhunderte bildete sich, wie er mit vielen Beispielen belegt, aus den in Europa entstandenen Zuschreibungen von Weiß und Schwarz eine Art Metaerzählung der Überlegenheit, die von der zeitgenössischen Philosophie, durch Recht und Religion gestützt wurde. Auf diese Weise ließen sich bis in die Neuzeit Sklaverei und Ausbeutung, Habgier und Gewalt gegen Indigene rechtfertigen. Auch der Kolonialismus begründete seine ausbeuterische Herrschaft über große Teile der Welt durch einen Überlegenheitsmythos gegenüber Schwarzen Menschen.
Bis heute würden, so Thuram, nicht nur in Europa Vorstellungen eines weißen bzw. europäischen Primats mehr oder weniger subtil tradiert, würden die Beweggründe von Eroberungen und Sklaverei verschleiert, blieben Verbrechen an Indigenen unerzählt und würden kolonial entstandene Machtstrukturen politisch-ökonomisch fortgeschrieben. Thuram setzt dem so bezeichneten weißen Denken, dessen Wurzeln er bis in die Antike zurückverfolgt, die Perspektive der Unterdrückten und Ausgegrenzten entgegen und dekonstruiert die Motive der jeweiligen exkludierenden Akteure, auch derjenigen unserer Zeit. Er fordert zu einer Änderung des Blickwinkels auf: Die Narrative rassistisch motivierter Dominanz müssten überwunden werden, um im Gegenüber die gleichberechtigten Anderen zu erkennen.