Die Migrationsprogramme für befristeten und unbefristeten Aufenthalt werden streng unterschieden, obgleich ein Drittel der Einwanderer aus den Jahren 2007/2008 ursprünglich mit einem befristeten Visum ins Land gekommen waren.
Während die Migrations- und Einwanderungspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg erheblichen Schwankungen unterlag, ist das aktuelle Programm straff und bürokratisch organisiert und in vier getrennte Zuwandererkategorien gegliedert:
Qualifizierte Arbeitskräfte mit einem Beruf, bei dem es auf dem australischen Arbeitsmarkt zu Engpässen kommt;
Familienangehörige von Einwanderern früherer Generationen;
Flüchtlinge, die vom UN-Flüchtlingshilfswerk nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt wurden oder aus anderen humanitären Gründen aufgenommene Schutzbedürftige;
Andere, mehrheitlich Neuseeländer, die mehr oder weniger unbeschränkt nach Australien einwandern können.
Jedes Jahr berät sich die Bundesregierung mit verschiedenen gesellschaftlichen Interessengruppen in Australien, um die Quoten für jede der vier Kategorien festzulegen.
Programm für Qualifizierte
Die Arbeitsmigration als Teil des Einwanderungsprogramms zielt auf Schlüsselqualifikationen, von denen die australische Wirtschaft profitieren kann. Nach einem Punktesystem werden potentiellen Arbeitsmigranten Punkte für Schul- und Berufsabschlüsse sowie Berufserfahrung, Alter, Englischkenntnisse und andere arbeitsmarktrelevante Fähigkeiten erteilt. Die Mindestpunktzahl wird festgelegt. Sie schwankt je nach der erreichten Punktzahl der Einwanderungswilligen im jeweiligen Jahr. Der Bereich der Qualifizierten innerhalb des Einwanderungsprogramms umfasst mehrere Visumskategorien und hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, da die Regierungen bestrebt sind, die Einwanderung als Beitrag zum Wirtschaftswachstum stärker in den Vordergrund zu rücken. Aktuell macht dieser Bereich 70% des Einwanderungsprogramms aus, was mehr als einer Verdopplung im Vergleich zu den frühen 90er Jahren gleichkommt. 2008/2009 war die Zahl von 190.000 sogar die höchste jemals erreichte Quote, die allerdings 2009/2010 durch die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise um 30.000 zurückging.
Punkte im Auswahlverfahren für qualifizierte Arbeitskräfte
Kriterien | Maximalpunkte |
---|---|
Qualifizierte Beschäftigung | 60 |
Alter | 30 |
Englische Sprachkenntnisse | 25 |
Spezifische Arbeitserfahrung | 10 |
Arbeitserfahrung in Australien | 10 |
Australische Qualifikationen | 25 |
Nachgefragte Beschäftigung (und konkretes Stellenangebot) | 20 |
Besondere Sprachkenntnisse | 5 |
Studieren und Leben in gering besiedelten Gebieten | 5 |
Qualifizierung des Partners | 5 |
Nominierung durch Bundesstaat/Territorium | 10 |
Finanzierung durch Verwandte in einem bestimmten Gebiet | 25 |
Gesamt (max.) | 230 |
Quelle: DIAC.
Regionale Migration
In den letzten Jahren wurden eine Reihe neuer Visumskategorien innerhalb des Plans zur gezielten Verteilung Qualifizierter in dünn besiedelten Regionen (State Specific and Regional Migration Scheme, SSRM) geschaffen, der seinerseits Bestandteil des Migrationsprogramms für Qualifizierte ist. Folglich sind SSRM-Zahlen als Untermengen der Kategorie Einwanderung Qualifizierter zu verstehen. Der SSRM weist Arbeitsmigranten bestimmte Gegenden zu – weit entfernt von den großen Metropolen der östlichen und südöstlichen Küstenregionen. Zweck des SSRM war es, Unternehmern, bundesstaatlichen und lokalen Regierungen sowie Familien in strukturschwachen Regionen die Möglichkeit zu geben, Migranten zu unterstützen, die die strengen Anforderungen der australischen Punktebewertung nicht vollständig erfüllen können.
Das Programm begann 1997/98, als 1.753 SSRM-Migranten in Australien eintrafen. Es gewann besonders seit 2003 zunehmend an Bedeutung, als Bundesstaaten wie Südaustralien beachtliche eigene Anwerbe- und Ansiedelungsaktivitäten entfalteten. In den Jahren 2007/2008 profitierten 26.162 Migranten von diesem Plan. Der SSRM bedeutet in zweifacher Hinsicht eine Abkehr von der früheren australischen Einwanderungspolitik
Die australischen Bundesstaaten und Territorien werden zunehmend in die Einwanderung und Anwerbung von Migranten eingebunden. Bis dahin lag dies fast ausschließlich im Verantwortungsbereich der nationalen Regierung.
Viele der SSRM-Migranten kommen für einen zeitlich befristeten Aufenthalt nach Australien. Wenn sie dann nach einem bestimmten Zeitraum (etwa 2 Jahre) unter Beweis gestellt haben, dass sie sich erfolgreich an den australischen Arbeitsmarkt und an die allgemeinen Lebensbedingungen in Australien angepasst haben, erhalten sie eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung.
Familienzusammenführung
Das australische Familienzusammenführungsprogramm hat die Einwanderung enger Familienmitglieder wie Ehepartner, Kinder, Eltern und ausgewählter anderer Verwandter zum Ziel. Aufgrund eines Strategiewechsels der Regierung, das Einwanderungsprogramm an die Erfordernisse des Arbeitsmarktes anzupassen, hat die Familienzusammenführung im Verhältnis zum Einwanderungsprogramm seit den frühen 1990er Jahren an Bedeutung verloren: Während Qualifizierte 1993/1994 23,7% der Einwanderer ausmachten, lag ihr Anteil 2008/2009 bei 62,1%. Folglich ist die Familienzusammenführung über die Jahre immer restriktiver gehandhabt worden. Beispielsweise wurde das Kontingent für Eltern verringert. Im Moment macht der Ehegattennachzug den Löwenanteil aus: Er liegt bei 80% der 49.870 Familienzusammenführungen für 2008/2009.
Humanitäres Programm/Flüchtlinge
Australien blickt auf eine lange Tradition bei der Aufnahme von Flüchtlingen mit UN-Flüchtlingsstatus zurück. Die aktuelle Fassung des Programms entstand jedoch 1981 und schreibt vor, nicht nur Konventionsflüchtlinge aufzunehmen, sondern auch Menschen, die zwar nicht genau der Definition entsprechen, jedoch auch gravierenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Seit dem 2. Weltkrieg haben mehr als 700.000 Flüchtlinge in Australien eine neue Heimat gefunden. Gewöhnlich besteht der größte Teil dieser Kategorie aus Flüchtlingen, die außerhalb der Landesgrenzen ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren durchlaufen haben. In den letzten Jahren betrug die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge jährlich etwa 13.000, von denen gut 75% noch im Ausland lebten, als der Aufnahmeantrag gestellt wurde. Die Zahl der irregulären Einreisen von Asylsuchenden, die zum größten Teil aus Irak und Afghanistan stammten, begann jedoch 1997 zu steigen und erreichte im Jahr 2000 auf die Zahl von 3.800. Bis 1991 waren die Asylsuchenden während der Abwicklung ihrer Verfahren in ehemaligen Migrantenwohnheimen untergebracht. Seitdem gibt es ein Inhaftierungssystem für die Zeit während der Anerkennungsverfahren. Wenn auch die Anzahl der Asylsuchenden im Vergleich mit einigen anderen OECD-Staaten gering ist, spielt das Thema der "Bootsflüchtlinge", die an Australiens Nordküsten ankommen, dennoch eine große Rolle innerhalb Australiens. Es gab erhebliche Kritik an Australiens Politik gegenüber den ohne gültige Papiere einreisenden Asylsuchenden – weil sie während des Asylverfahrens in geschlossenen Abschiebelagern untergebracht werden und weil Boote von Asylsuchenden zu Nachbarländern umgelenkt werden, um dort über ihren Status zu entscheiden.
Einwanderer aus Neuseeland
Trotz einer Reihe von Änderungen im Laufe der Jahre fand zwischen Neuseeland und Australien, das von seinem Nachbarland durch die Tasmanische See getrennt ist, ein mehr oder weniger unbeschränkter Migrationsaustausch statt.
Die Zahl der dauerhaft in Australien lebenden Neuseeländer bildet jedoch nur die Spitze des Eisbergs des trans-tasmanischen Austauschs. Im Haushaltsjahr 2007/08 (vom 1. Juli 2007 bis 31. Juni 2008) wurden insgesamt 1.392.136 Einreisen neuseeländischer Bürger nach Australien gezählt. Dies bedeutet einen Anstieg von 3,2% gegenüber dem Vorjahr. Annähernd die gleiche Anzahl von Ausreisen neuseeländischer Bürger wurde in umgekehrter Richtung registriert (1.369.837), was einem Anstieg von 4,2% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Ein besonders Kennzeichen der neuseeländisch-australischen Wanderungen ist der hohe Anteil von Arbeitsmigranten mit befristetem Aufenthalt und eine signifikante Anzahl von Rückkehrern unter den Langzeitmigranten.