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Flucht und Asyl | Rumänien | bpb.de

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Flucht und Asyl

István Horváth

/ 3 Minuten zu lesen

Während der Zeit des Kommunismus, vor allem in den letzten Jahren dieser Ära, war Rumänien Herkunftsland vieler Asylsuchender. Eine beträchtliche Zahl von Rumänen stellte Asylanträge in Ungarn, aber auch in westeuropäischen Ländern, in den USA und in Kanada.

Rumänische Flüchtlinge und Asylsuchende

Diese Anträge hatten vergleichsweise gute Chancen auf Anerkennung, da nach Auffassung der westlichen Politik Asylbewerber aus dem kommunistischen Osten nicht zurückgeschickt werden durften. Im Vergleich zum Beginn der 1980er Jahre verdoppelte bzw. verdreifachte sich in der zweiten Hälfte der 90er Jahre die Zahl der Asylanträge, die rumänische Staatsbürger in westlichen Ländern stellten.

Abbildung 1: Asylanträge von rumänischen Staatsbürgern in OECD-Ländern, 1980-1989 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Noch in den frühen 1990er Jahren war Rumänien Herkunftsland vieler Asylsuchender in Europa: Rumänen stellten mit 402.000 Anträgen zu diesem Zeitpunkt die zweitgrößte Gruppe von Asylsuchenden in Europa überhaupt dar (nach Asylbewerbern aus dem ehemaligen Jugoslawien). Insgesamt 350.000 von diesen Anträgen wurden allein zwischen 1990 und 1994 gestellt, drei Viertel davon in Deutschland. Diese Massenflucht war vor allem eine Reaktion auf die Härten und Entbehrungen, welche die Bevölkerung unter dem kommunistischen Regime hatte erleiden müssen. Die Reisefreiheit eröffnete vielen die Aussicht auf ein besseres Leben in einem anderen Land und die Institution des Asyls erschien vielen als die einzige Möglichkeit, zunächst überhaupt einen legalen Aufenthaltsstatus im Ausland zu erlangen. Andererseits gestaltete sich auch die Umwandlung Rumäniens von einem kommunistischen Staat in eine tragfähige Demokratie recht problematisch. In den ersten Jahren dieses Prozesses waren die Anwendung politischer Gewalt durch die Herrschenden, Menschenrechtsverletzungen, behördliche Diskriminierung von ethnischen, religiösen und sexuellen Minderheiten als auch Angriffe von gewalttätigen Gruppen gegen Roma an der Tagesordnung.

Gerade die Minderheitengruppen, und hier insbesondere die Roma, wurden durch die anhaltende Unsicherheit und zunehmende gewalttätige Diskriminierung zur Asylsuche veranlasst. Zwischen 1990 und 1995 kam es zu 17 offiziell registrierten Fällen, in denen gewalttätige Gruppen lokale Gemeinschaften von Roma angriffen, wobei sie insgesamt zehn Roma töteten und 295 Häuser von Roma zerstörten. Die Gewalt wurde durch das Zögern der Behörden, die Täter zu bestrafen oder Maßnahmen zur Gewaltprävention zu ergreifen, zusätzlich passiv unterstützt. In dieser Situation flüchteten zahlreiche Roma und suchten Asyl, die meisten von ihnen in Deutschland. Dem Druck von verschiedenen internationalen Organisationen (wie dem Europarat, der OSZE und NATO) und der EU nachgebend, wurde die Minderheitenpolitik in Rumänien mit der Zeit erheblich verbessert, indem Antidiskriminierungsgesetze und weit reichende Integrationsprogramme aufgelegt wurden. Dennoch sehen sich die Roma immer noch Vorurteilen und verschiedenen Formen institutionalisierter Diskriminierung ausgesetzt. Ein großer Teil dieser Bevölkerungsgruppe lebt am Rande der Gesellschaft und ist daher geneigt, auszuwandern.

Flüchtlinge und Asylsuchende in Rumänien

Im Jahr 1991 unterschrieb Rumänien die UN-Flüchtlingskonvention von 1951 und das UN-Protokoll zum Status von Flüchtlingen von 1967.

Abbildung 2: Asyl in Rumänien, Anträge und Genehmigungen, 1991-2006 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Das Asylsystem Rumäniens wurde bereits zwischen 1996 und 2000 Veränderungen unterzogen, bevor es im Jahr 2006 mit EU-Standards in Einklang gebracht wurde. Zwischen 1991 und 2006 wurden in Rumänien insgesamt 15.605 Asylanträge gestellt, wobei die Zahlen von Jahr zu Jahr schwankten. Die Zahl der Asylsuchenden in Rumänien hat sich in den letzten Jahren erheblich verringert, von 1.150 Anträgen im Jahr 2002 auf 380 im Jahr 2006. Diese Entwicklung kann der relativ niedrigen Zulassungsquote zugeschrieben werden, die potenzielle Antragsteller abschrecken dürfte; die Entwicklung entspricht jedoch insgesamt dem europaweiten Rückgang von Asylanträgen.

Anträge auf Asyl dürften in der nahen Zukunft jedoch wieder zunehmen, da nach EU-Richtlinien die Verantwortlichkeit für Asylanträge denjenigen Staaten zukommt, über die Antragstellende zuerst in die EU eingereist sind. Da annähernd zwei Drittel der rumänischen Grenze entlang von Nicht-EU-Staaten verlaufen (Republik Moldau, Ukraine, Serbien), ist es mehr als wahrscheinlich, dass zahlreiche Asylsuchende über Rumänien EU-Gebiet betreten. Die Behörden sind auf diese Veränderungen vorbereitet: Das Bundesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (eine Einheit, die der rumänischen Regierung unterstellt und für die Umsetzung der neuen Asylrichtlinien zuständig ist) hat neue Transit- und Unterbringungszentren für Asylbewerber eingerichtet. Sechs solcher Zentren haben 2006 ihren Betrieb aufgenommen und bieten Unterkünfte für 1.312 Asylbewerber. Zwei weitere Zentren sind inzwischen eröffnet worden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Siehe Appelyard (2001).

  2. Siehe UNHCR (2001).

  3. Siehe Diminescu (2006).

  4. Siehe MIRA (2007).

  5. Siehe UNHCR (2007).

  6. Siehe Field und Edwards (2006).

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