Trotz der ein positives Bild von der Lebenslage Älterer zeichnenden Durchschnittswerte zeigen differenziertere Daten, dass ein erheblicher Teil der Älteren dem inzwischen dominierenden einseitig positiven Altersbild nicht entspricht:
Die Einkommenssituation Älterer differiert beispielsweise stark nach der früheren Stellung im Beruf (vgl. Interner Link: Höhe und Verteilung der Gesamteinkommen im Alter). So erbrachte die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe von 2013 das Ergebnis, dass rund 27 Prozent der Rentnerhaushalte in Deutschland über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen von unter 1.300 Euro verfügten. Dagegen waren es bei den Pensionärshaushalten nur gut 1 Prozent.
Aus den Studien "Alterssicherung in Deutschland" 1999 und 2011 wird berichtet, dass die durchschnittlichen persönlichen Nettoeinkommen der älteren Bevölkerung sich in diesem Zeitraum von 1.109 auf 1.321 Euro erhöht haben (vgl. Tabelle "Höhe und Verteilung der persönlichen Nettoeinkommen"; entsprechende Ergebnisse aus der neuen Studie ASID 2015 liegen nicht vor). Das ist ein Plus von 19,1 Prozent (Allerdings liegt der Kaufkraftverlust laut Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes zwischen 1999 und 2011 sogar über 20 Prozent, so dass real die 19,1 Prozent Steigerung sogar einen Rückgang der Kaufkraft bedeuten).
Zur Messung des Ausmaßes der materiellen Deprivation hat die Europäische Statistikbehörde Eurostat einen zusammenfassenden Indikator entwickelt. Dieser baut auf neun Einzelfragen auf wie z.B. zur Verfügbarkeit eines Autos, ob man sich finanziell mindestens einmal im Jahr eine einwöchige Urlaubsreise leisten könne, oder ob man es sich leisten könne, die Wohnung ausreichend zu beheizen (vgl. Quellentext).
QuellentextMaterielle Deprivation (Entbehrung)
Die materielle Entbehrung umfasst einerseits verschiedene Formen wirtschaftlicher Belastung und andererseits einen aus finanziellen Gründen erzwungenen Mangel an Gebrauchsgütern, wobei der Mangel durch die unfreiwillige Unfähigkeit (im Unterschied zur Wahlfreiheit) bedingt ist, für gewisse Ausgaben aufkommen zu können. Der Haushalt schätzt für neun Kriterien ein, inwieweit er aus finanziellen Gründen Probleme hat. Materielle Entbehrung liegt nach der EU-Definition dann vor, wenn aufgrund der Selbsteinschätzung des Haushalts mindestens drei der neun Kriterien erfüllt sind; erhebliche materielle Entbehrung wird dagegen bei Haushalten angenommen, bei denen mindestens vier der neun Kriterien zutreffen.
Quelle: Statistisches Bundesamt 2015c, S. 19.
Nicht alle Einzelfragen sind unumstritten und für jede Altersgruppe passend (z. B. der Autobesitz bei Betagten). Dennoch kann dieser Indikator zumindest ein grobes Bild von der Verbreitung materieller Deprivation liefern (vgl. Tabelle).
In Deutschland sind nach diesen Ergebnissen etwas weniger Menschen von materieller Deprivation betroffen als in der EU. Ältere berichten jeweils seltener als die Gesamtbevölkerung von mindestens einem solchen Mangel (Allerdings ist bei den Älteren der Anteil derjenigen mit erheblicher materieller Entbehrung im Gegensatz zur Gesamtbevölkerung nicht tendenziell gesunken). Häufiger und auch stärker, d.h. mit mehr berichteten Mängeln, ist die so gemessene materielle Deprivation bei den Personen unterhalb der Armutsrisikoschwelle jeweils ausgeprägter als bei den Personen oberhalb der Armutsrisikoschwelle. Finanzielle Armut wirkt sich also durchgängig negativ in den verschiedensten Lebensbereichen aus .
Fazit
Die vorgestellten empirischen Befunde belegen erstens nicht nur eine hohe Heterogenität der Lebenslagen Älterer, die es nicht erlaubt, einfach von "den" Älteren zu sprechen. Sie zeigen zweitens auch, dass es bezogen auf die ältere Generation einen erheblichen Anteil von Personen mit sozialen Problemen gibt, angesichts derer es nicht gerechtfertigt ist, diese als "alte soziale Frage" zu den Akten zu legen. Drittens machen sie deutlich, dass es zwischen den verschiedenen Problemen starke Zusammenhänge gibt, die im Alter kumulieren: Z.B. zwischen geringem Einkommen und geringem Vermögen oder zwischen Einkommen und Gesundheit.