Patchwork und Naturwissenschaft
Ingrid Kolb über Veränderungen und Tendenzen der Branche und Chancen für den journalistischen Nachwuchs
Ingrid Kolb berichtet im Interview mit der bpb über Veränderungen und Tendenzen der Branche und Chancen für den journalistischen Nachwuchs.bpb: Sie haben erzählt, dass es schon für Sie damals nicht besonders einfach war, in München eine Volontariatsstelle zu bekommen. Zum ersten Mal seit der großen Krise vor ein paar Jahren scheint sich die Lage etwas zu erholen – teilen Sie diese Einschätzung?
Kolb: Es ist etwas besser geworden, in unserem aktuellen Abschlussjahrgang von 20 Leuten haben 50 Prozent etwas festes. Wobei man dazu sagen muss, es sind auch Einjahresverträge oder Teilzeitstellen dabei, mehr gibt´s ja heutzutage nicht mehr. Patchwork-Situationen im Berufsleben sind ja mittlerweile typisch.
bpb: Die Branche prophezeit eine "Schwemme" an Journalisten für die kommenden Jahre. Meinen Sie, diese Vorhersage wird eintreffen?
Kolb: Arbeitslose Journalisten gibt es ja schon jetzt mehr als genug, davon wird es sicher auch noch mehr geben – aber eine Schwemme, nein, das sehe ich nicht. Zumindest im Qualitätsjournalismus sehe ich sie nicht, ganz im Gegenteil: Wir mussten die Schülerzahlen in den vergangenen Jahren deswegen sogar reduzieren.
bpb: Sie sprechen von Qualitätsjournalismus, betonen, dass Sie ein Fachstudium als Grundlage für unabdingbar halten. Warum?
Kolb: Die Konkurrenz ist groß, die Zeiten sind hart. Man muss heutzutage etwas zu bieten haben. In unserem neuen Jahrgang ist eine Ärztin dabei, da weiß ich jetzt schon: Die bekommt sofort eine Stelle. Vor allem naturwissenschaftliche Studiengänge sind sinnvoll, gerade die Anzahl der Wissensmagazine steigt ja, das hat Zukunft. Und allen anderen bleibt nur eins: Sie müssen sich halt 'reinschaffen'.
bpb: Meinen Sie, angesichts dieser Situation sollten sich Nachwuchsjournalistinnen und Nachwuchsjournalisten nicht mehr nur auf den deutschsprachigen Raum ausrichten sondern sich stärker europaweit orientieren?
Kolb: Diese Generation ist ja sehr polyglott und international geprägt. Je weiter der Horizont ist, desto besser, gerade für Journalisten. Allerdings werden gerade Printjournalisten an eine Grenze stoßen. Print – das geht nicht europaweit. Man ist zu sehr auf die Muttersprache angewiesen, in einer Zweitsprache journalistisch zu schreiben, das ist meiner Meinung nach eigentlich unmöglich. Bei anderen Medien, sei es Hörfunk oder Internet, gibt es allerdings andere Möglichkeiten, da ist man nicht so festgelegt.
Interview: Anne Haeming