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Panel I: "Demokratien unter Druck – Großbritannien, Frankreich und die Niederlande" | Europa auf der Kippe? | bpb.de

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Panel I: "Demokratien unter Druck – Großbritannien, Frankreich und die Niederlande"

Eric Bonse

/ 2 Minuten zu lesen

Referierende:

Großbritannien:

Prof. Dr. Matthew Goodwin, University of Nottingham

Frankreich:

Dr. Magali Balent, Robert-Schuman-Stiftung Paris

Niederlande:

Annette Birschel, Autorin und Journalistin, Amsterdam

Moderation:

Eric Bonse, freier Journalist, Brüssel

Panel I (© bpb)

In diesem Panel ging es um die großen rechtspopulistischen Parteien in Großbritannien, Frankreich und in den Niederlanden – also um UKIP (Nigel Farage), Front National (Marine Le Pen) und PVV (Geert Wilders).

Nach drei einführenden Vorträgen von je ca. 15 Minuten Länge haben die Referenten versucht, die Gemeinsamkeiten zwischen den drei Parteien herauszuarbeiten und zu erklären, warum sie so erfolgreich sind.

Beflügelt werden alle drei Anti-EU-Parteien von der Wirtschaftskrise, der sozialen Unsicherheit infolge der Austeritätspolitik in der Eurozone und UK sowie dem Gefühl wachsender "Überfremdung" durch die Immigration. Darin waren sich die Referenten weitgehend einig. Doch es gibt auch andere, weniger bekannte Faktoren. So wies Matthew Goodwin auf die wachsende soziale und wirtschaftliche Ungleichheit hin, die Ressentiments schüre. Auch der Konformismus der etablierten Parteien, die in die "Mitte" streben und kaum noch unterscheidbar sind, spielt eine Rolle. Wilders habe einen "Fun Faktor" und knacke Tabus, betonte Annette Birschel in Köln.

Alarmierend ist aber vor allem, dass Le Pen und Farage längst nicht mehr allein am rechten Rand des bürgerlichen Lagers nach Stimmen fischen. Sie sind vielmehr vor allem bei Arbeitern und Arbeitslosen erfolgreich. Die Nationalisten werden zu (un)heimlichen Arbeiterführern seit die Linksparteien ihre Klientel im Stich gelassen haben. Bei der Europawahl im Mai könne dies für die in Frankreich regierenden Sozialisten zum Problem werden, warnte Magali Balent. Sie betonte zugleich, dass ein Wahlerfolg für Le Pen nicht mit einem Rechtsruck in Frankreich gleichzusetzen wäre - eher mit einem Misstrauensvotum für die traditionellen Parteien.

In der Debatte mit dem Publikum ging es unter anderem um die Frage, ob sich die Nationalistenführer nach der Europawahl zusammentun und eine eigene Fraktion im Europaparlament bilden werden. Farage werde nicht mitmachen, betonte Goodwin, da er auf ein seriöses Image bedacht sei. Le Pen und Wilders haben zwar bereits angekündigt, dass sie kooperieren werden. In wichtigen Punkten wie dem Verhältnis zu Israel seien sie sich jedoch nicht einig, so Annette Birschel. Wilders ist pro-Israel, der Front National hat oft die antisemitische Karte gespielt, auch wenn dies neuerdings - unter der gemäßigter auftretenden Marine Le Pen - seltener passierte. Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass die Rechtspopulisten auf einen großen Erfolg bei der Europawahl zusteuern, und dass sie wohl in Fraktionsstärke in das Europaparlament einziehen werden. Allerdings sei damit zu rechnen, dass sie isoliert bleiben und keinen großen politischen Schaden anrichten können, zog Magali Balent ein beruhigendes Fazit.

Fussnoten

Eric Bonse (*1960) ist freier Journalist und berichtet seit 2004 als EU-Korrespondent aus Brüssel. Zuvor war er als Reporter und Redakteur für den Tagesspiegel und das Handelsblatt in Paris. Bonse hat Politikwissenschaft in Hamburg studiert.