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Panel 1: Grenzübergreifende Konzepte der radikalen Rechten

Martin Langebach

/ 4 Minuten zu lesen

"Die radikale Rechte verbindet länderübergreifend mehr als die bloße Negation der bestehenden Verhältnisse. Unterschiedliche Konzepte kursieren. Verbreitet ist nach wie vor die von Sir Oswald Mosley ersonnene Idee einer faschistischen "Internationale". In Kreisen der sogenannten "Neuen Rechten" kursieren hingegen Ideen eines "Reich Europa", während der Russe Alexander Dugin für ein "Eurasien" von Dublin bis Wladiwostok votiert. Diese Vorstellungen werden analysiert und gegenübergestellt", hieß es im Ankündigungstext.

Referentinnen und Referenten:

Dr. Tamir Bar-On (Department of International Relations and Humanities at the Monterrey Institute of Technology and Higher Education, Campus Querétaro), Graham Macklin (Honorary Fellow at the Parkes Institute for the Study of Jewish/Non-Jewish Relations, Southampton University), Dr. Anton Shekhovtsov (Institut für die Wissenschaften vom Menschen). Moderation: Dr. Elisabeth Schmitt (Europäische Akademie Otzenhausen).

Kurzbericht

Sir Oswald Mosley, der britische Faschistenführer der 1930er und 1940er Jahre, schickte sich 1947, direkt nach Kriegsendean, die Idee des ‚National Socialism‘ zu reformulieren zu einem ‚European Socialism‘, eröffnete Graham Macklin, seinen Input in das Vertiefungsangebot. Der faschistische Grundtenor blieb aber auch im Falle Mosleys erhalten. Im Rahmen ausgedehnter Reisen durch Europa diesseits des ‚Eisernen Vorhangs‘ versuchte er seine Ideen populär zu machen. Er knüpfte dabei weitreichende Netzwerke, vor allem nach Deutschland. Von ihm inspiriert und finanziell gefördert wurde 1951 das Magazin "Nation und Europa" von Arthur Ehrhardt gegründet, das über Jahrzehnte in Coburg publiziert wurde. Mosley bestimmte den Kurs im Hintergrund mit und verfasste im Laufe der Jahre 25 Beiträge für das Monatsmagazin, das 2009 in der Zeitschrift "Zuerst!" aufging. Die englische extreme Rechte indes reagierte irritiert auf Mosleys Ambitionen, sich mit Franzosen, Deutschen und anderen einzulassen. Heute ist der Einfluss von Mosley beinahe vergessen, konstatierte Macklin zum Ende, und doch beeinflusste er die extreme Rechte Europas nachhaltig, wie beispielsweise Alain de Benoist.

Tamir Bar-On knüpfte nahtlos an diesen Ausführungen an und skizzierte den ideologischen Horizont der ‚Nouvelle Droite‘, zu deren Initiatoren Alain de Benoist gehörte. Heute ist er der bekannteste Akteur dieses französischen Netzwerkes, das sich als eine Art Think-Tank versteht. Und Benoist ist, so Bar-On, seit vielen Jahren ein ‚transnational messenger‘, der sich explizit als ‚Rechter‘ präsentiert. Er entwerfe politische Visionen von rechtsaußen für Europa und werde in Europa, vor allem auch in Deutschland, breit rezipiert. Tatsächlich aber stecke hinter seiner Ideen und Vorstellungen ein "neo-Fascism with a human face".

Hierzulande werde seit zwei Jahren, setzte im Anschluss Anton Shekhovtsov ein, neben Benoist insbesondere der Russe Alexander Dugin wohlwollend rezipiert. Wiederholt sprach er auf Veranstaltungen der radikalen Rechten in Deutschland und wurde von einschlägigen Magazinen interviewt. Im Mittelpunkt des Interesses steht die ‚Neu-Eurasien-Theorie‘ des heute 53jährigen. Im Kern faschistisch und kulturpessimistisch, formuliert sie eine revolutionäre Neugeburt Russland, das heute an seiner eigenen Dekadenz zugrunde gehe, so Dugin. Im Rahmen dessen solle sich aber Russland öffnen und Teile Europas an sich binden, um so wiederzur bestimmenden Weltmacht werden. Dabei ginge es nicht nur um politische Macht, sondern auch um eine ‚kulturelle Wiedergeburt‘, im Rahmen derer westliche und liberale Werte endgültig abgestreift würden.

Biografische Angaben

Dr. Tamir Bar-On forscht am Monterrey Institute of Technology and Higher Education in Mexiko. Nach seinem Studium der Politikwissenschaft an der York University in Toronto wurde er im Jahr 2000 an der McGill University in Montreal promoviert. Er ist Mitglied des mexikanischen National System for Researchers und veröffentlichte u. a.: Where Have All The Fascists Gone? (2007); Rethinking the French New Right: Alternatives to Modernity (2013).

Dr. Graham Macklin ist Fellow am Parkes Institute for the Study of Jewish/ Non-Jewish Relations der University of Southampton. Er wurde an der University of Sheffield in Modern British History promoviert und veröffentlichte u. a.: ‚Very Deeply Dyed in Black‘: Oswald Mosley and the resurrection of British fascism after 1945 (2007); British National Party: Contemporary Perspectives (hrsg. mit Nigel Copsey. 2011); Interpreting "Cumulative Extremism”: Six proposals for Enhancing Conceptual Clarity (mit Joel Busher, in: Terrorism and Political Violence. 2014).

Dr. Anton Shekhovtsov ist Gastwissenschaftler am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien. Nachdem er seinen Doktorgrad in Politikwissenschaften an der Petro Mohyla Black Sea State University in der Ukraine erwarb, forschte er als Postdoctoral Fellow in Großbritannien, Polen und Österreich zu historischen und gegenwärtigen Formen des Rechtsextremismus. Veröffentlichungen unter anderem: Der Rechte Sektor. Zwischen Polittechnologie, Politik und Straßenkampf (in: Juri Andruchowytsch (Hrsg.): Euromaidan. Was in der Ukraine auf dem Spiel steht. 2014.); New Radical Right-Wing Parties in European Democracies: Determinants of Electoral Support (2011).Fremden politisieren. Rechtspopulismus und Migrationspolitik in der Schweiz seit den 1960er Jahren (mit Gianni D’Amato. 2008); The Radical Right in Switzerland. Continuity and Change, 1945–2000 (2009); Strategien gegen Rechtsextremismus in der Schweiz: Akteure, Massnahmen und Debatten (2010).

Moderation

Dr. Elisabeth Schmitt ist seit 2005 Studienleiterin an der Europäischen Akademie Otzenhausen. Ihr Arbeitsgebiet sind auf die Europäische Union bezogene internationale Studienprogramme für Studierende aus aller Welt. Nach dem Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Volkswirtschaft an der Johannes Gutenberg- Universität Mainz war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Hohenheim tätig, wo sie 2003 im Fachgebiet Politische Wissenschaft am Institut für Sozialwissenschaften promoviert wurde. Neben Erfahrungen als Lektorin und Trainerin im Bereich Kommunikation hat sie seit 2008 einen Lehrauftrag an der Universität des Saarlandes zum Thema "Europäische Werte". Sie ist unter anderem Mitautorin des Multiplikatorenhandbuches: Europäische Werte. Ein Bildungsprojekt für Jugendliche (2008).

Abstracts der Referierenden

Interner Link: Positionspapier Anton Shekhovtsov

Interner Link: Positionspapier Graham Macklin

Interner Link: Positionspapier Tamir Bar-On

Fussnoten

Martin Langebach ist Referent im Fachbereich Extremismus der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Bonn.