Ein Jahrhundert Religionsverfassungsrecht: Säkularität und Gesellschaft im Wandel
Vom 28.-30.1.2020 fand die Konferenz "Ein Jahrhundert Religionsverfassungsrecht: Säkularität und Gesellschaft im Wandel" im Umweltforum Berlin statt. Das Programm gliederte sich in drei inhaltliche Schwerpunkte:
- konzeptuelle Reflexionen zum Verhältnis von Staat und Religion, Säkularität und Post-Säkularität mit einem Impulsvortrag von Prof. Jose Casanova;
- internationale und interreligiöse Perspektiven auf Religionsfreiheit mit Prof. Heiner Bielefeld und
- Geschichte und Gegenwart des Religionsverfassungsrechts mit Input von Prof. Riem Spielhaus und Dr. Hendrik Munsonius.
Die Tagung wurde am 28.1. durch eine Podiumsdiskussion zu Religion im öffentlichen und digitalen Raum eröffnet. Die Gesprächspartner/-innen Theresa Brückner, Pfarrerin für Kirche im digitalen Raum im Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg, Nemi El-Hassan, Journalistin, Poetry Slammerin, Assaf Levitin, jüdischer Kantor und die Moderatorin Anne-Francoise Weber, Deutschlandfunk Kultur ermöglichten einen persönlichen und alltagsnahen Einstieg in das Thema, der viele der im Laufe der Konferenz aufgegriffenen Kontroversen veranschaulichte und aufzeigte, welche Zuschreibungen, Projektionen und Haltungen Religion im öffentlichen Raum prägen.
Der erste Teil "Reflexionen zum Verhältnis von Religion und Staat" führte in den post-säkularen Diskurs ein und zeichnete die komplexer werdende religiöse/weltanschauliche gesellschaftliche Situation nach. Die Diversifizierung von Religion und entsprechend von Säkularität, ein komplexes Gefüge von Zugehörigkeit(en), diversen religiösen Praxen und neue Formationen religiöser und nicht-religiöser Gemeinschaften, legen eine sich verändernde Rolle, Bedeutung, Funktion und Formation der Religion nahe. Dies hat verschiedene Implikationen für das Verhältnis von Religion und Staat und die Ausgestaltung von Religionsfreiheit sowie Religionsverfassungsrecht, welchen im zweiten und dritten Teil nachgegangen wurde. So wurden am Nachmittag des 29.1. im Zuge des zweiten Programmschwerpunktes Fragen nach gesellschaftlichen Grenzen und Gelingensbedingungen der Religionsfreiheit aus religiöser und staatlicher Perspektive aufgeworfen, das Irritationspotential von Religionsfreiheit für staatliche und religiöse Akteure beleuchtet und Migration und religiöse Vielfalt im Kontext von Religionsfreiheit diskutiert. Am 30.1. diskutierten die Teilnehmenden mit ExpertInnen, ob das Religionsverfassungsrecht, das in Deutschland als Kooperationsverhältnis fungiert, noch zeitgemäß ist, ob das Gesetz die Vielfalt seiner (nicht-)religiösen Akteure adäquat vertreten und repräsentieren kann und ob es die vermeintliche Neutralität des Staates gewährleistet oder bestimmte lang- etablierte Gemeinschaften und Institutionen, die sich in diesem Rechtssystem besonders "beheimatet" fühlen, privilegiert.
Die Teilnehmenden repräsentierten ein breites Spektrum an Akteuren aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Bildung und Religion-/ Weltanschauung. Dies ermöglichte perspektivenreiche Diskussionen und Gespräche in den interaktiven Workshop-Phasen sowie in den Gesprächen nach den Impulsvorträgen. Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass trotz der vielen Perspektiven und Meinungen eine konstruktive, wertschätzende und respektvolle Gesprächsatmosphäre vorherrschte, die dazu ermutigte, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und sich neues Wissen anzueignen.
Nachfolgend finden Sie Videoaufzeichnungen von Inhalten der Konferenz.
Zudem sind Gespräche mit den Impulsredner/-innen in Form kurzer Podcasts hier verfügbar.