12. Festival
Herbst 2025

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Cinderella

Cinderella Ann Liv Young (USA) - In englischer Sprache ohne Übertitel

/ 3 Minuten zu lesen

Ann Liv Youngs „Cinderella“ ist eine Neuinterpretation des Grimm’schen Märchens, doch das Publikum erwartet alles andere als eine nette Märchenstunde.

Cinderella (© Michael Guerrero)

Ann Liv Youngs „Cinderella“ ist eine Neuinterpretation des „Aschenputtel“-Stoffs, inspiriert von so unterschiedlichen Versionen wie dem Disney-Film oder dem makabren Grimm’schen Märchen. Der Titel klingt harmlos, ist aber alles andere als eine nette Märchenstunde: Youngs US-Südstaaten-Alter-Ego, die Kunstfigur „Sherry“, spielt alle Rollen des Märchens. So konfrontiert sie sich selbst mit extremen Eigenschaften wie Freundlichkeit, Hilflosigkeit und Bosheit und verbindet diese mit dem Bild, das ihr und ihrem eigenen Leben am nächsten ist: dem der aggressiven Frau. Vor unseren Augen treffen Sherry und die Märchenfiguren gemeinsam Entscheidungen und lernen voneinander. Welche unerwarteten Gemeinsamkeiten werden wir finden? Warum ist uns die prüde Cinderella sympathischer als die dreiste und heftige Sherry? Der Abend wurde als Kritik an der männlichen Autorenschaft gelesen, die nur eindimensionale und stereotype weibliche Charaktere erschafft (Cinderella, die gute Fee, die böse Stiefmutter und die Stiefschwestern). Außerordentlich provokant und jenseits der Geschmacksgrenzen nimmt Sherry den Märchenklassiker zum Anlass, weibliche Macht und Aggression auszuspielen. Indem sie sich der Erwartungshaltung des Publikums radikal verweigert und das Verhältnis zwischen ihm und ihr auf den Kopf stellt, lässt sie ihre Zuschauer an eigener Haut spüren, wie Machtmechanismen wirken. Je nach Reaktion des Publikums fällt die Performance jedes Mal anders aus.

Ann Liv Young, geboren in North Carolina, ist eine amerikanische Performance-Künstlerin. Sie studierte Tanz an der Hollins University und am Laban Centre in London. Ihre Arbeiten wurden in vielen wichtigen New Yorker und europäischen Kunstzentren gezeigt, u.a. im MoMa P.S.1, brut Wien, HAU Berlin, Black Box Teater Oslo und auf Kampnagel Hamburg sowie bei den Festivals Springdance, Tanz im August und beim In Transit 2011. Oft ist sie als Kunstfigur „Sherry" zu sehen, z.B. in „Girl Monster Orchestra" (mit Chicks on Speed, März 2010). Zu ihren Neuinterpretationen bekannter Geschichte(n) gehören auch „Schneewittchen“ (2006 und 2008), jene von George und Martha Washington („The Bagwell in Me“, 2008/09) sowie der Meerjungfrauen-Mythos („Mermaid Show“, 2011).

„Es geht ihr mit alldem offensichtlich um das ganz simple Aufbrechen jedweder Theater-Illusion, die Bühne ist hier kein Ort der heilen Welt, der Fiktion oder der illustrativen Inszenierung von Geschichten und Gefühlen. Die Konventionen des Theater-Betriebes, wie etwa eine Performance zu sein hat, werden brutal offen gelegt, wie auch die Erwartungshaltungen des Publikums, das Unterhaltung und Spektakel, aber keine persönliche Konfrontation möchte. Indem sie bei uns Angst, Scham, Wut, Aggressionen, Mitleid, Protest auslöst, indem sie uns verstört, macht sie das alles zu einem persönlichen und eben nicht abstrakt-intellektuellen Erlebnis. In seiner Schonungslosigkeit und Radikalität ist dieser Abend einmalig.“
kulturradio vom rbb

„‚Cinderella‘ ist ein Psycho-Ambulatorium, eine klamaukig-klösterliche Borderline-Show, die das Theater zum Beichtstuhl umfunktioniert. Während rund 20 Besucher dem Offenbarungsdruck erliegen, blinzelt der Rest gefesselt und angewidert durchs Schlüsselloch. Freilich darf niemand von der New Yorker Beichtmutter Absolution erwarten. Ihr Aschenputtel ist eine Chimäre aus Nina Hagen, Oprah Winfrey und Miss Piggy und allein am Seelen-Mist der Zeitgenossen interessiert. Ihn aufzudecken und auszukübeln, ist Youngs Geschäft.“
Süddeutsche Zeitung


Mit: Ann Liv Young und Michael Guerrero
Produktion: Ann Liv Young
Koproduktion: brut Wien
Gefördert durch:
Départs Network mit Unterstützung der Europäischen Kommission im Rahmen des Programms Education and Culture DG

Spielstätte:

Kleines Haus 3

Vorstellungstermine:

Do., 3.11.2011, 22:00 – ca. 24:00 Uhr
// im Anschluss Publikumsgespräch

Fr., 4.11.2011, 22:00 – ca. 24:00 Uhr
// davor um 21:30 Uhr Einführung

Fussnoten