10.7.2013
Verwaiste Werke und Gemeinfreiheit
Wenn der Urheber oder Rechteinhaber eines Werkes nicht gefunden werden kann, dann bezeichnet man dieses Werk als verwaist. Gerade für Archive und Museen ist das ein großes Problem, da sie diese Werke deshalb nicht der Öffentlichkeit zeigen dürfen.
Werke sind siebzig Jahre über den Tod des Urhebers hinaus geschützt. Das heißt, dass die Rechte bis dahin an seine Erben oder Rechtsnachfolger übergehen. Das können leibliche Verwandte sein, aber auch Verlage oder andere Körperschaften. Die Erben können wiederum die Nutzungsrechte weitergeben. Während dieser siebzig Jahre darf niemand das Werk nutzen, ohne die Rechteinhaber um Erlaubnis zu fragen. Bei vielen Werken ist es jedoch schwierig und manchmal sogar unmöglich, die Kette der Rechteinhaber ordnungsgemäß nachzuvollziehen, vor allem bei Werken, die mehrere Urheber haben, zum Beispiel beim Film.
In den Archiven lagern daher sehr viele Werke, die nicht benutzt werden dürfen. Das steht im Gegensatz zum öffentlichen Auftrag, den diese Gedächtnisinstitutionen haben: dDas kulturelle Erbe zu bewahren und es auch zu zeigen. Auch kommerzielle Anbieter haben ein Interesse an verwaisten Werken. Zum Beispiel, um DVD-Editionen alter Filme zu produzieren, was ebenfalls im Sinne der kulturellen Vielfalt und des Zugangs ist, aber ohne die Zustimmung der unbekannten Rechteinhaber nicht erlaubt ist.
Die Suche nach Rechteinhabern ist sehr aufwändig: Die British Library hat in einer Studie berechnet, dass auf jedes einzelne Buch etwa vier Arbeitsstunden entfallen (Quelle: fm4.orf.at). Auf eine Bibliothek mit 500.000 Büchern kommen also 1.000 Jahre Recherche zu. Bei einem Film kann das noch länger dauern, da es mehrere Urheber gibt, die gefunden werden müssen. Viele Archive können sich das gar nicht leisten, so dass die Werke ungenutzt bleiben.
Werke sind aus verschiedenen Gründen verwaist. Es kann sein, dass
- die Urheber tot, aber die Erben unbekannt sind;
- die Urheber selbst nicht auffindbar sind;
- gar nicht bekannt ist, wer der Urheber ist, weil er entweder anonym veröffentlicht hat oder es nicht festgehalten wurde. Vor allem bei Fotos und Dokumentaraufnahmen ist das häufig so.