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Präsidentschaftswahl in Russland | Hintergrund aktuell | bpb.de

Präsidentschaftswahl in Russland

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Wladimir Putin ist erneut zum russischen Präsidenten gewählt worden. Nach dem vorläufigen Endergebnis erhielt er 76,7 Prozent der Stimmen. Es ist die vierte Amtszeit Putins im Kreml.

Wladimir Putin am 1. März 2018 bei seiner Rede zur Lage der Nation (© picture-alliance/dpa)

Am 18. März hat die russische Bevölkerung Wladimir Putin ein weiteres Mal zum russischen Staatspräsidenten gewählt. Nach vorläufigem Endergebnis stimmten 76,7 Prozent der Wählerinnen und Wähler für eine vierte Amtszeit Putins. Die Wahlbeteiligung lag laut Angaben der russischen Wahlleitung bei 67,5 Prozent.

Mit Putin standen insgesamt acht Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl. Wladimir Putin war der einzige der acht Kandidatinnen und Kandidaten, der nicht von einer Partei aufgestellt wurde, sondern sich selbst nominiert hatte.

Den zweiten Platz erreichte Pawel Grudinin der "Kommunistischen Partei Russlands" (KPRF) mit 11,8 Prozent, dahinter Wladimir Schirinowski mit 5,7 Prozent für die nationalistisch-rechtspopulistische "Liberaldemokratische Partei Russlands" (LDPR). Für Xenia Sobtschak, die für die außerparlamentarische Partei "Graschdanskaja iniziatiwa" angetreten war, stimmten 1,7 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Die vier übrigen Kandidaten erhielten noch weniger Stimmen.

Kritik aus oppositionellen Kreisen

Die russische Wahlbeobachtungs-NGO "Golos" kritisierte, dass schon im Vorfeld der Wahl Druck auf Bürgerinnen und Bürger ausgeübt worden war, zur Wahl zu gehen. Oppositionsnahe russische Wahlbeobachter meldeten, sie hätten rund 3000 Manipulationsversuche während des Wahlsonntags registriert. Videokameras etwa sollen aufgezeichnet haben, wie Wahlhelfer bündelweise Stimmzettel in die Urnen geworfen hätten. Die staatliche Wahlkommission hingegen sprach davon, es habe keine ernsthaften Verstöße gegeben.

Die Interner Link: "Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (OSZE) hatte während der Wahl rund 600 Beobachterinnen im Einsatz. In einem ersten Statement am Tag nach der Wahl stellte die Beobachtungskommission fest, die Wahl sei geordnet verlaufen. Allerdings kritisierte die Kommission, es habe im Vorfeld der Wahl keine echte Konkurrenz gegeben und es sei Druck auf kritische Stimmen ausgeübt worden.

Präsident in vierter Amtszeit

Wladimir Putin war bereits seit dem 7. Mai 2012 Staatspräsident Russlands. 2012 wurde er am 4. März 2012 mit 63,6 Prozent der gültigen Stimmen gewählt. Zuvor war Putin von 2000 bis 2008 russischer Präsident, wechselte 2008 jedoch ins Amt des Ministerpräsidenten, da ihm eine dritte nachfolgende Amtszeit rechtlich nicht erlaubt war. Nun wird Putin auch in vierter Amtszeit russischer Staatspräsident werden. Offiziell ins Amt eingeführt soll Putin im Mai werden.

Politisches System Russlands

Russland ist mit mehr als 17 Millionen km² Fläche eines der größten Länder der Welt und hat mehr als 146 Millionen Einwohner. Hauptstadt und Sitz der Regierung ist Moskau. Formal ist die russische Föderation in 83 Föderationssubjekte mit unterschiedlichen Autonomiegraden aufgeteilt. Faktisch aber sind diese Republiken, Regionen, autonomen Gebiete oder föderalen Städte finanziell und politisch von Moskau abhängig.

Laut der russischen Verfassung von 1993 ist das Volk Träger der Souveränität und einzige Quelle der Macht in der Russischen Föderation. Tatsächlich gibt es in der realen Politik aber Elemente eines autoritären Systems. Experten wie z. B. die Interner Link: Politikwissenschaftlerin Margareta Mommsen sprechen von einer "gelenkten Demokratie". So gilt beispielsweise die Opposition als sehr schwach, zivilgesellschaftliches Engagement und die Pressefreiheit als eingeschränkt.

Russisches Staatsoberhaupt ist der Präsident. Die Verfassung räumt ihm weitreichende Exekutivvollmachten ein, etwa in der Außen- und Sicherheitspolitik. Das Amt des Staatspräsidenten wird für sechs Jahre direkt vom Volk gewählt.

Die Gesetzgebung unterliegt einem Zwei-Kammer-System. Im Föderationsrat, der zweiten Kammer des Parlaments, sitzen 178 Vertreter und Vertreterinnen der russischen Verwaltungseinheiten. In der Duma sitzen 450 Abgeordnete, die alle fünf Jahre vom Volk gewählt werden. Eine Hälfte wird mittels Verhältniswahlrecht über einen Listenplatz ins Parlament gewählt, die andere Hälfte per Direktwahl. Dieses gemischte Wahlsystem war 2004 durch ein reines Verhältniswahlrecht ersetzt worden und wurde im Vorfeld der anstehenden Duma-Wahlen wieder eingeführt.

Der Ministerpräsident als Vorsitzender der Regierung wird vom Präsidenten ernannt und muss von der Duma bestätigt werden. Amtsinhaber ist seit 2012 Dmitrij Medwedew, der auch Parteivorsitzender von Einiges Russland ist. Von 2008 bis 2012 war er russischer Präsident.

Hürden für unabhängige und oppositionelle Kandidaten

Grundsätzlich kann sich in Russland jeder russische Staatsbürger und jede Staatsbürgerin über 35 Jahren zur Präsidentenwahl aufstellen lassen. Das russische Wahlrecht sieht allerdings Hürden vor, um als Kandidat zugelassen zu werden. So müssen etwa parteiunabhängige Bewerber, die sich selbst nominieren, 300.000 Unterstützer-Unterschriften sammeln. Mögliche Kandidaten einer Partei, die nicht in der Duma vertreten ist, benötigen 100.000 Unterschriften. Diese Hürde war nach der letzten Präsidentschaftswahl im Jahr 2012 deutlich gesenkt worden, zuvor benötigten alle Bewerber mindestens zwei Millionen Unterschriften. Ausgenommen sind Kandidaten der Duma-Parteien, diese benötigen keine Unterschriften, um zur Wahl zugelassen zu werden.

Die russische Wahlbeobachtungs-NGO "Golos" begrüßte in einem Report die Herabsenkung der Barrieren, mahnte aber weiterhin eine rechtliche Benachteiligung für unabhängige Kandidaten und oppositionelle Parteien an.

Den bekannten Oppositionspolitiker Alexei Nawalny hatte die russische Wahlkommission wegen einer früheren Verurteilung als Kandidaten ausgeschlossen. In einem vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als "willkürlich" bezeichneten Prozess wurde Nawalny 2013 Jahr wegen angeblicher Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren auf Bewährung verurteilt. Noch während das Verfahren lief, brachte Putin in die Duma einen Gesetzesentwurf ein, der es Vorbestraften verbietet, bei Wahlen zu kandidieren.

Nawalny hatte im Vorfeld zum Boykott der Präsidentenwahl aufgerufen.

Die russische Wahlbeobachtungs-NGO "Golos" begrüßte in einem Report die Herabsenkung der Barrieren, mahnte aber weiterhin eine rechtliche Benachteiligung für unabhängige Kandidaten und oppositionelle Parteien an.

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