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Das nach dem 7. Oktober verstummte Radio | Das gesamte Bild - Israel | bpb.de

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Das nach dem 7. Oktober verstummte Radio

Orly Soker

/ 2 Minuten zu lesen

„Kol HaNegev hatte es sich immer zur Aufgabe gemacht, während aller Kriege zu senden, selbst als die Hochschule bombardiert und geschlossen wurde.“ (© Dr. Orly Soker)

Dieses Foto wurde in einem Studio des Radiosenders Kol HaNegev (Die Stimme des Negevs) während der militärischen Operation „Protective Edge“ im Sommer des Jahres 2014 aufgenommen. Der Kampf zwischen Israel und der Hamas dauerte damals 51 Tage. Kol HaNegev ist ein Radiosender, der von Studenten des Fachbereichs Kommunikation am Sapir College betrieben wird. Das College liegt etwa 3,5 km von der Grenze zum Gazastreifen entfernt. Seit vielen Jahren beschießen die Hamas und andere im Gazastreifen operierende Terrororganisationen die akademische Institution in aller Regelmäßigkeit mit Raketen.

Während der Operation „Protective Edge“ war ich Leiterin des Fachbereichs Kommunikation. Trotz des massiven Raketenbeschusses auf Israel, insbesondere im Gebiet des Gazastreifens, fuhr ich aus dem Zentrum des Landes zur Hochschule. Ich wollte mit meinen Studierenden auf Sendung gehen. Ich hatte ihnen ja immer gesagt: „Unser Radio muss unter allen Umständen weitersenden.“

Der auf dem Foto abgebildete Yishai Porat war damals einer dieser Studenten. Er war Schichtleiter des Senders. Täglich fuhr er den Weg von seinem Haus im Kibbuz Alumim, der in der Nähe der Hochschule liegt. Heute arbeitet Yishai als Reporter für Channel 13, einen kommerziellen Fernsehsender. Er berichtet über die Kriegsgeschehnisse in Israel.

Kol HaNegev hatte es sich immer zur Aufgabe gemacht, während aller Kriege zu senden, selbst als die Hochschule bombardiert und geschlossen wurde. Im aktuellen Krieg, dem Krieg zwischen Israel und Hamas 2023, wurde die Stimme des Senders zum Verstummen gebracht. In den ersten Tagen nach dem „Schwarzen Sabbat“ am 7. Oktober waren alle Zufahrtswege zum Sapir College blockiert. Auf den Straßen lagen die Leichen ermordeter Israelis. Unter ihnen waren auch Opfer, die versucht hatten, in der Hochschule Zuflucht vor den angreifenden Terroristen zu finden. Auch über sechs Wochen nach Kriegsbeginn sind die Hochschule sowie die umliegenden zerstörten Kibbuzim, Moschawim und Städte immer noch militärisches Sperrgebiet. Die Bewohner sind evakuiert worden.

Mit dem Beginn des Wiederaufbaus des Gebiets ist noch nicht zu rechnen. Aufgrund des Krieges wurde der Beginn des neuen akademischen Jahres in Israel um zwei Monate verschoben.

Doch auch dann werden die Studierenden das Sapir College nicht erreichen und auch nicht in ihre Häuser in der Umgebung zurückkehren können. Sie werden online studieren müssen.

Ein Radio kann allerdings ohne Studio nicht funktionieren.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Dr. Orly Soker, Fachbereich Kommunikation, Sapir College (im Ruhestand).

Dr. Soker hatte verschiedene Positionen am Sapir College inne, unter anderem als Leiterin des Fachbereichs Kommunikation mit Schwerpunkt Radio.
Zu ihren Forschungsinteressen gehören Medienarbeit, Journalismus und Gesellschaft, sowie Gewalt und Medien.