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15. September: Tag der Demokratie | Hintergrund aktuell | bpb.de

15. September: Tag der Demokratie

Redaktion

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Bestandsaufnahme am Internationalen Tag der Demokratie: Etwa jeder achte Mensch lebt laut aktuellem Index in einer von 32 liberalen Demokratien. Wird die Welt autokratischer?

Baustellenverkleidung in Wien mit der Aufschrift "Demokratie muss jeden Tag erneuert werden" (© picture-alliance, Eibner-Pressefoto / Heike Feiner)

Am 15. September ist der Internationale Tag der Demokratie. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen rief den Tag 2007 ins Leben, um die Grundsätze der Demokratie zu fördern und aufrechtzuerhalten. Dieses Jahr lautet das Motto "Stärkung der nächsten Generation": Junge Menschen müssten stärker in Entscheidungen, die sich auf ihre Zukunft auswirken, einbezogen werden.

Was ist eine Demokratie?

Bereits im antiken Griechenland gab es die Interner Link: demokratische Herrschaftsform – alle männlichen Bürger durften sich direkt an politischen Entscheidungen beteiligen und waren befugt, ein Amt zu bekleiden. Die moderne, repräsentative Demokratie Interner Link: entstand im 17. und 18. Jahrhundert. Die USA gilt mit ihrerInterner Link: Unabhängigkeitserklärung 1776 als erste dieser Art.

In einer Interner Link: Demokratie liegt die Interner Link: Souveränität beim Volk. Ein weiteres Merkmal ist die Interner Link: Gewaltenteilung: Legislative, Exekutive und Judikative sind auf Parlament, Regierung und eine unabhängige Justiz verteilt. Die Wahrung der Interner Link: Menschenrechte wie etwa das Recht auf Freiheit, Gleichheit oder Interner Link: Meinungsfreiheit gilt zudem als Fundament der Interner Link: rechtsstaatlichen Demokratie. Bei demokratischen Systemen wird zwischen der Interner Link: parlamentarischen (z.B. Deutschland) und der Interner Link: präsidentiellen Demokratie (z.B. USA) unterschieden.

Wie wird Demokratie gemessen?

Wissenschaftliche Analysen messen, wie demokratisch die Lebenswirklichkeit in Staaten ist. Die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation Freedom House unterscheidet beispielsweise fünf verschiedene Abstufungen – von stabilen Demokratien bis zu gefestigten autoritären Regimen. Andere Forscherinnen und Forscher wie etwa an der Externer Link: Universität Würzburg differenzieren zwischen "voll" und nur "teilweise funktionsfähigen Demokratien" sowie "moderaten" und "harten" Autokratien. Für die Bewertung der Demokratien spielt es bei Studien etwa eine Rolle, wie frei oder fair Wahlen sind oder inwieweit die Grundrechte wie Meinungs-, Presse oder Versammlungsfreiheit garantiert sind. Nicht zuletzt fließt in die Bewertung ein, wie es um politische Institutionen und die Gewaltenteilung bestellt ist.

Die Daten für einen Demokratieindex werden weltweit gesammelt: Das Externer Link: Varieties of Democracy-Projekt (V-Dem) der Universität Göteborg in Schweden nutzt zum Beispiel für ihre Datenbank nach eigenen Angaben die Einschätzungen von rund 4.000 Länderexpertinnen und -experten. Es sei der größte Datensatz zur Messung von Demokratie.

Unter den Studien lassen sich jedoch unterschiedliche Ergebnisse feststellen: Der jährliche Demokratieindex der britischen Externer Link: Economist Intelligence Unit beispielsweise verzeichnete für 2022 anders als noch im Vorjahr und abweichend zu V-Dem keine weitere Verschlechterung der weltweiten Demokratie.

Wie viele Menschen lebten 2022 in Demokratien, wie viele in Autokratien?

Im weltweiten Durchschnitt war das Demokratieniveau laut Dem-V im vergangenen Jahr so niedrig wie seit 1986 nicht mehr, eine weitere Verschlechterung im Vergleich zum Vorjahr. 42 Staaten auf der Welt wurden 2022 autokratischer. Im vergangenen Jahr standen den 90 demokratischen Staaten 89 autoritär regierte gegenüber. 72 Prozent aller Menschen weltweit sind in Autokratien zu Hause.

Das bevölkerungsreiche Interner Link: Indien etwa wird von V-Dem als eine elektorale Autokratie eingestuft. In solchen Systemen gibt es Wahlen. Es sei jedoch nicht ausreichend gewährleistet, dass diese frei und fair sind. Auch werden Defizite bei der Meinungsfreiheit und anderen Grundrechten moniert.

Interner Link: China, Iran oder Vietnam als Beispiele von Interner Link: geschlossenen Autokratien sind das Gegenteil von liberalen Demokratien. Erstmals seit mehr als 20 Jahren gibt es wieder mehr geschlossene Autokratien als liberale Demokratien auf der Welt.

In liberalen Demokratien lebten im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Menschen. Das sind 13 Prozent der Weltbevölkerung.

Neben liberalen Demokratien gibt es noch elektorale Demokratien, die V-Dem zufolge einige demokratische Schwächen aufweisen. Europäische Beispiele hierfür wären Interner Link: Bulgarien oder Interner Link: Rumänien.

Welche Länder hatten 2022 die besten, welche die schlechtesten Demokratiewerte?

Unter den zehn Demokratien mit den besten Werten finden sich im V-Dem-Bericht 2023 für das vergangene Jahr acht aus Europa. Auf Platz eins kommt Dänemark, Platz zwei und drei belegen Schweden und Norwegen. Die drei skandinavischen Staaten hatten bereits 2021 das Ranking angeführt, allerdings lag Schweden noch vor Dänemark und Norwegen.

Schlusslichter waren 2022 laut dem V-Dem-Bericht Nordkorea vor Eritrea und Afghanistan.

Was gefährdete die Demokratie 2022?

Laut Externer Link: Bericht von Freedom House aus dem Jahr 2023 waren Kriege, Interner Link: Staatsstreiche und Angriffe illiberaler Machthaber auf demokratische Institutionen die wichtigsten Ursachen für Rückschläge bei Freiheit und Demokratie. Putsche und andere Versuche, repräsentative Regierungen zu untergraben, destabilisierten etwa Interner Link: Burkina Faso, Interner Link: Tunesien, Peru und Brasilien. Anhaltende Repressionen schränkten die Grundfreiheiten in Ländern wie der Türkei, Myanmar und Interner Link: Thailand ein. Das Interner Link: afghanische Taliban-Regime verwehrte Mädchen inmitten einer anhaltenden wirtschaftlichen und humanitären Krise den Zugang zu Bildung. Auch Interner Link: Iran fiel beim Externer Link: Global Freedom Status weiter zurück: Nachdem die 22-jährige Iranerin Jina Mahsa Amini im September 2022 in Polizeigewahrsam starb, begann dort eine Welle des Interner Link: Protests, die vom Regime gewaltsam niedergeschlagen wurde. In 21 Ländern und Territorien, darunter der Ukraine, Interner Link: Äthiopien und Interner Link: Myanmar, setzten Regierungen und Besatzungsmächte Gewalt und andere Mittel ein, um Kulturen zu zerstören und die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung zu verändern.

Wie veränderte sich die Zahl der Demokratien in den vergangenen Jahren?

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten des V-Dem Berichts stand es weltweit schon deutlich besser um den Zustand der Demokratie und demokratischer Werte. Die freie Meinungsäußerung beispielsweise verschlechterte sich 2022 in 35 Ländern, die staatliche Zensur von Medien nahm in 47 Staaten zu, die Unterdrückung von zivilgesellschaftlichen Organisationen nahm in 37 Staaten zu und die Qualität von Wahlen nahm in 30 Staaten ab. V-Dem zufolge verringerte sich die Zahl liberaler Demokratien von ihrem Höhepunkt im Jahre 2009 mit 44 auf 32 im Jahr 2022. Die Zahl der geschlossenen Autokratien wuchs im Vergleich von 22 in 2012 auf 33 in 2022 an. Allein in den vergangenen zwei Jahren seien mit Afghanistan, Interner Link: Tschad, Guinea, Interner Link: Haiti, Iran, Interner Link: Mali, Myanmar, Turkmenistan und Usbekistan neun Länder zu dieser Kategorie hinzugekommen.

Was sagen Kritikerinnen und Kritiker über Demokratiestudien?

Nach Ansicht von Kritikinnen und Kritikern wird die Einstufung als Demokratie von V-Dem zu restriktiv gehandhabt, was die Darstellung der weltweiten Entwicklung der politischen Systeme negativ verzerre. Auch gibt es unterschiedliche Auffassungen, welche Indikatoren wie gewichtet werden müssen und wie man Demokratiemerkmale messen sollte.

Wie sieht es mit der Demokratie in Deutschland aus?

Deutschland fiel laut V-Dem 2022 im Vergleich zum Vorjahr von Platz neun auf Platz zwölf zurück. Bei einer Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung gab 2019 jede bzw. jeder Zweite an, sie oder er sei mit dem Funktionieren der Demokratie "weniger zufrieden" oder "unzufrieden". Bei einer aktuellen Erhebung der Universität Hohenheim stimmten 16 Prozent der Befragten der Aussage zu: "Unser Land gleicht inzwischen mehr einer Diktatur als einer Demokratie", 72 Prozent stimmten der Aussage nicht zu.

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