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19.09.1893: Frauenwahlrecht in Neuseeland | Hintergrund aktuell | bpb.de

19.09.1893: Frauenwahlrecht in Neuseeland

Redaktion

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Vor 130 Jahren hat Neuseeland als erstes Land der Welt das Frauenwahlrecht eingeführt. Bis heute gilt das Land als Vorreiter bei der politischen Teilhabe von Frauen.

Das Kate Sheppard National Memorial ist die einzige nationale Gedenkstätte in Christchurch, die den Kampf für das Frauenwahlrecht darstellt. Auf dem Denkmal sind die Frauenrechtlerinnen Meri Te Tai Mangakahia (von links nach rechts), Amey Daldy, Ada Wells, Harriet Morison und Helen Nicol zu sehen. (© picture-alliance, Newscom | Rafael Ben-Ari/Chameleons Eye)

Am 19. September 1893 trat in Neuseeland das aktive Wahlrecht für Frauen ab 21 Jahren in Kraft. Neuseeland war damit Interner Link: Vorreiter der Emanzipationsbewegung und Interner Link: der politischen Teilhabe von Frauen. Zuvor hatte es lediglich Interner Link: in einzelnen Ländern ein begrenztes Wahlrecht Interner Link: auf kommunaler Ebene für Frauen gegeben.

Aktives und passives Wahlrecht

Aktives Wahlrecht bedeutet, dass eine Person bei einer Wahl ihre Stimme abgeben darf. Externer Link: In den meisten Ländern besitzen Frauen und Männer dieses Recht ab 18 Jahren. Das aktive Wahlrecht wird auch als Stimmrecht bezeichnet.

Unter Interner Link: passivem Wahlrecht versteht man, dass eine Person bei einer Wahl kandidieren und gewählt werden kann. Hier liegt die Altersgrenze oft höher als beim aktiven Wahlrecht.

Wahlrecht für männliche Māori ab 1867

Das von Großbritannien Interner Link: kolonisierte Gebiet verwaltete sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen Bereichen selbst (Externer Link: New Zealand Constitution Act 1852). Die neuseeländische Gesellschaft war zu dieser Zeit im Vergleich zu dem teilweise noch monarchisch regierten Europa deutlich progressiver. Die Interner Link: Ureinwohnerinnen und Ureinwohner der Insel, die Māori, wurden gegenüber den europäischen Siedlerinnen und Siedlern allerdings stark benachteiligt. Zwischen 1845 und 1872 gab es heftige Kämpfe zwischen Siedlerinnen und Siedlern sowie britischen Truppen auf der einen und Māori auf der anderen Seite. Infolge dieser sogenannten "Neuseelandkriege" wurden viele Māori enteignet. Männliche Māori erhielten jedoch 1867 das Wahlrecht und mehrere garantierte Sitze im Parlament.

Unterstützung in der Arbeiter- und Abstinenzbewegung

In der Folge wurden die schon bestehenden Forderungen nach einem Wahlrecht für alle Neuseeländerinnen und Neuseeländer, somit auch Frauen, immer lauter. Neben den USA war Neuseeland eines der Länder, Interner Link: in denen die Bewegung für ein Frauenwahlrecht besonders stark war. Das allgemeine Wahlrecht für beide Geschlechter wurde insbesondere in der Arbeiterbewegung und in der Abstinenzbewegung gefordert. Die Abstinenzbewegung war zum Teil mit kirchlichen Gruppen verwoben und setzte sich für ein Alkoholverbot ein.

Politischer Druck durch Petitionen

Bereits 1869 forderte die Feministin Externer Link: Mary Muller (genannt: "Femina") in einem "Appell an die Männer Neuseelands" (Externer Link: "An Appeal to the Men of New Zealand") das generelle Wahlrecht für Frauen. 1874 wurde die Forderung nach einem Frauenwahlrecht schließlich auch im neuseeländischen Parlament erhoben. Ab 1878 scheiterten mehrere Gesetzesentwürfe, die ein Wahlrecht für alle oder bestimmte Gruppen von Frauen vorsahen. Mitunter stimmten sogar grundsätzliche Befürworterinnen und Befürworter des Frauenwahlrechts gegen Entwürfe, weil sie keine Regelung akzeptieren wollten, bei der etwa nur Grundbesitzerinnen dieses Recht erhalten sollten.

Vorkämpferin Kate Sheppard

Im Laufe der 1880er-Jahre gingen mehrere Petitionen für die Einführung des Frauenwahlrechts im Parlament ein. Eine entscheidende Rolle im Kampf für dieses Grundrecht spielte Externer Link: Kate Sheppard. Die Aktivistin forderte volle Gleichberechtigung in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die aus Schottland stammende Frauenrechtlerin gründete im Jahr 1885 gemeinsam mit der US-amerikanischen Aktivistin Mary Leavitt die "Women’s Christian Temperance Union of New Zealand" (WCTU NZ). Kate Sheppard leitete ab 1887 die Kampagne für das uneingeschränkte Wahlrecht von Frauen in Neuseeland. Sie startete zahlreiche entsprechende Unterschriftenaktionen. Viele Tausend Frauen unterzeichneten ihre Petitionen.

Aktives Wahlrecht ab 1893

Sheppard organisierte Versammlungen und verfasste zahlreiche feministische Schriften. Für ihre fünfte – und letztlich erfolgreiche – Petition konnte sie rund ein Drittel der Stimmen der volljährigen Frauen gewinnen. Am 19. September 1893 beschlossen die neuseeländischen Abgeordneten mit knapper Mehrheit eine Wahlrechtsänderung. Nun durften Frauen ab 21 Jahren in Neuseeland wählen – auch weibliche Māori. Dies stärkte Interner Link: die Suffragettenbewegung weltweit.

Passives Wahlrecht ab 1919

Seit 1919 dürfen Frauen in Neuseeland auch ins Parlament gewählt werden. Hier war Neuseeland jedoch nicht der erste Staat weltweit: Bereits im Juli 1906 hatten Interner Link: Frauen ab 24 Jahren in Finnland neben dem aktiven auch das passive Wahlrecht inne und konnten für einen Sitz in der demokratischen Vertretung des damals zum Interner Link: Russischen Reich gehörenden Landes kandidieren. Während im Jahr 1907 bei den finnischen Parlamentswahlen 19 Frauen in das Parlament einzogen, blieben die Kampagnen der drei neuseeländischen Kandidatinnen im Jahr 1919 erfolglos.

Erste weibliche Abgeordnete erst 1933

1933 zog die erste Frau in das neuseeländische Parlament ein. Elizabeth McCombs von der Labour Party gewann nach dem Tod ihres Mannes, James McCombs, eine Nachwahl in dessen bisherigen Wahlkreis. In den folgenden Jahrzehnten blieb der Anteil der Frauen, die ein Parlamentsmandat erringen konnten, sehr gering. Erst in den 1980er-Jahren stieg der Frauenanteil im neuseeländischen Parlament auf über 10 Prozent. Ab Mitte der 2000er-Jahre waren dann im Schnitt rund 40 Prozent der Abgeordneten weiblich.

Erstmals mehr Frauen als Männer im Parlament 2022

Nach dem Wahlsieg der Labour-Partei bei den Wahlen 2020 stieg der Frauenanteil in der Volksvertretung des Landes deutlich an. Ende Oktober 2022 saßen nach dem Ausscheiden eines männlichen Abgeordneten erstmals mehr Frauen als Männer im neuseeländischen Parlament und mit Soraya Peke-Mason wurde eine Frau und Māori als Parlamentspräsidentin vereidigt.

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