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16. Januar 1979: Sturz und Flucht des iranischen Schahs | Hintergrund aktuell | bpb.de

16. Januar 1979: Sturz und Flucht des iranischen Schahs

Redaktion

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1979 floh Schah Mohammed Reza Pahlavi aus Iran. Auf seine westlich-orientierte, autoritäre Herrschaft folgte ein islamistisch-theokratisches Regime, das sich bis heute mit Gewalt an der Macht hält.

Anti-Schah-Demonstration von aufständischen Studierenden in Teheran 1979. (© picture-alliance, akg-images | akg-images)

Wann und wie ist Mohammed Reza in Iran an die Macht gekommen?

Im Interner Link: August 1941 besetzten britische und sowjetische Truppen Interner Link: Iran. Großbritannien und Interner Link: die UdSSR zwangen Reza Schah Pahlavi (1878-1944) aufgrund seiner neutralen und der aus ihrer Sicht zu Deutschland-freundlichen Haltung im Zweiten Weltkrieg zur Abdankung. Die Briten und Sowjets wollten zudem ihren Zugriff auf die Ölvorkommen Irans sichern und verhindern, dass iranische Raffinerien in die Hand der Deutschen fallen könnten. Im September desselben Jahres ging der Schah ins Exil nach Südafrika. Als seinen Nachfolger setzten die Besatzungsmächte seinen Sohn Mohammed Reza Pahlavi (1919-1980) ein.

Auch die USA stationierten Ende 1942 rund 30.000 Soldaten sowie Regierungsberater in Iran. Im Zuge des beginnenden Kalten Krieges kam es zu Spannungen zwischen den Alliierten, doch spätestens sechs Monate nach Kriegsende war ohnehin der Abzug der alliierten Truppen aus Iran vereinbart: Die britischen und amerikanischen Truppen zogen noch im Laufe des Jahres 1945 ab, die Sowjets auf Druck der USA bis Mai 1946.

Zunächst gab es eine Phase der Liberalisierung: die Presse genoss gewisse Freiheiten, es entstanden Gewerkschaften und neue Parteien. Doch Mohammed Reza Pahlavi verfolgte zwei maßgebliche Ziele: Zum einen wollte er die familiäre Dynastie sichern, zum anderen seine Machtbefugnisse ausweiten: 1949 ließ sich der Schah durch eine Verfassungsänderung dazu ermächtigen, das Parlament auflösen zu können. Mit dem Ziel, die Macht im Land auf sich zu vereinen, schuf er ein Oberhaus, Interner Link: von dessen Mitgliedern er die Hälfte selbst ernannte. Zunächst blieb das iranische Staatssystem, das in Teilen demokratisch war, jedoch in seiner monarchisch-konstitutionellen Grundform erhalten.

Welche außenpolitischen Beziehungen pflegte der Schah?

Noch Anfang der 1950er-Jahre wurde Iran wirtschaftlich von Großbritannien ausgebeutet. Nur ein kleiner Teil der enormen Öleinnahmen verblieb im Land. Teherans Opposition, die in weiten Teilen eine Verstaatlichung der Erdölindustrie forderte, gewann an Zulauf. Diverse linke, islamistische, aber auch liberale Gruppen einte damals die Ablehnung des Schahs und Interner Link: ausländischer Einflussnahme. Ende April 1951 ernannte der Schah den Führer der Nationalen Front, Mohammed Mossadegh (1882-1967), zum Ministerpräsidenten.

Unter Mossadegh wurde die Ölindustrie des Landes in kürzester Zeit verstaatlicht. Nachdem die Briten fast 50 Jahre lang quasi ein Monopol auf iranisches Erdöl innehatten, mussten sie es nun aus der Hand geben. London setzte daraufhin einen Boykott Irans durch fast alle internationalen Ölgesellschaften durch. Dies änderte jedoch nichts an der Unterstützung Mossadeghs innerhalb der Bevölkerung, weshalb der Schah in ihm zunehmend eine Gefahr für seine angestrebte Alleinherrschaft sah. Nach einem gescheiterten Versuch Rezas, Mossadegh seines Amtes zu entheben, und den darauf folgenden Kämpfen zwischen den beiden Lagern floh der Schah ins Ausland.

Im Interner Link: August 1953 wurde Mossadegh von Teilen der iranischen Armee mit Hilfe des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA gestürzt. Der Schah kehrte aus dem Exil zurück. Fortan war Iran ein treuer Verbündeter der Vereinigten Staaten. Der Monarch unterdrückte jede Opposition mit Härte. Ab 1954 teilte sich ein Konsortium westlicher Ölkonzerne die Gewinne aus dem Erdölgeschäft mit der National Iranian Oil Company. Von den Öleinnahmen profitierte jedoch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung.

Washington unterstützte den Schah in den 1950er-Jahren bei der Modernisierung seiner Streitkräfte und ab 1957 beim Aufbau des gefürchteten Geheimdiensts SAVAK. Im Mai 1961 löste der Schah sogar für zwei Jahre das Parlament auf.

Welche Auswirkungen hatten die vielfältigen Reformen des Schahs?

Der Schah verfolgte einerseits einen strikt repressiven Kurs. Menschenrechtsverletzungen waren an der Tagesordnung, Oppositionelle wurden inhaftiert oder flohen ins Exil. Anderseits stand der Monarch – auch aufgrund US-amerikanischen Drucks – in vielen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Bereichen für einen pro-westlichen Kurs. Mit den gestiegenen Öleinnahmen trieb er die Industrialisierung seines Landes voran.

Ab Anfang der 1960er-Jahre leitete Mohammad Reza Pahlavi eine Vielzahl an Reformen ein. So sollten etwa Interner Link: Frauenrechte gestärkt werden. Im Februar 1963 erhielten Frauen per Dekret das passive und aktive Wahlrecht. Die Landbevölkerung sollte Zugang zu säkularer Bildung erhalten. Zudem sollte der Staat die Gesundheitsversorgung verbessern. Ein wesentlicher Bestandteil der von Mohammed Reza als Interner Link: „Weiße Revolution" bezeichneten Reformen war eine Landreform. Mit ihr sollte das Land neu verteilt werden – insbesondere die kleinen Bauern sollten profitieren.

Auch, weil schiitische Geistliche zu den größten Großgrundbesitzern gehörten, machten religiöse Gruppen früh gegen die Reform mobil – auch die Stärkung der Frauenrechte wurde von den meisten Mullahs abgelehnt. Zunächst stimmte eine Mehrheit der Iranerinnen und Iraner für die Reformen, doch im Laufe des Jahres 1963 wuchs der Widerstand, insbesondere gegen die Landreform. Mitte 1963 kam es zu schweren Unruhen, die das Schah-Regime brutal niederschlug.

Nachdem er dem Volk lange echte demokratische Mitbestimmung verweigert und freie Meinungsäußerung unterdrückt hatte, versprach der Schah 1978 eine Demokratisierung des Landes. Seinen Sturz 1979 konnte er damit nicht mehr verhindern.

Von der Monarchie zur Theokratie – wie kam es zur Islamischen Revolution?

Weite Teile der iranischen Bevölkerung aus diversen politischen Lagern lehnten die Herrschaft des Schahs ab. Der Widerstand religiöser Gruppen nahm ab 1963 deutlich zu – in einer Rede griff Ajatollah Ruhollah Khomeini (auch: Chomeini, 1902-1989) die Reformen des Schahs scharf an. Er wurde verhaftet, musste 1964 ins Exil. Nach Stationen in der Türkei und dem Irak lebte er ab 1978 in Frankreich.

Im September 1978 kam es in Iran zu Massendemonstrationen gegen den Schah. Unterschiedliche Oppositionsgruppen gingen gegen dessen Alleinherrschaft, die wirtschaftliche Lage und die stark auf die USA ausgerichtete Außenpolitik auf die Straße. Am 8. September 1978 schossen Militärs bei einer Massendemonstration gegen Pahlavi auf Protestierende. Hunderte Menschen starben. In Folge des sogenannten Interner Link: „Schwarzen Freitags“ kam es im ganzen Land zu Arbeitsniederlegungen, die im November in einen Generalstreik mündeten. Im Fokus standen wirtschaftliche Forderungen, doch waren diese von den Rufen nach politischer Veränderung schwer zu trennen – etwa, wenn es um die Verstaatlichung der Ölindustrie ging.

Die islamische Opposition versuchte rasch die Proteste in ihrem Sinne zu nutzen. Khomeini mobilisierte Massenkundgebungen. Im Dezember 1978 gingen mehrere Millionen Menschen für den Sturz Pahlavis und die Rückkehr Khomeinis auf die Straße.

Am 16. Januar 1979 floh der Schah ins ägyptische Exil. Am 1. Februar kehrte Khomeini nach Teheran zurück und erklärte die zuvor gebildete Regierung aus Kräften der gemäßigten Opposition für illegitim. Nach Kämpfen zwischen Khomeinis Milizen und den schahtreuen Truppenteilen setzten sich die religiösen Kräfte durch. Am 1. April 1979 wurde in Teheran nach einem Volksentscheid die Islamische Republik ausgerufen.

Wie sieht das politische System im heutigen Iran aus?

Die Interner Link: Islamische Republik Iran ist eine Interner Link: Theokratie. Die vom Volk gewählte Exekutive wird von Geistlichen kontrolliert. Religiöser Führer und damit de facto Staatschef ist seit dem Tod von Ajatollah Khomeini im Jahr 1989 Ajatollah Ali Khamenei (auch: Chamenei, *1939). Der religiöse Führer wird vom religiösen Expertenrat auf Lebenszeit gewählt und hat weitreichende Befugnisse: Der Revolutionsführer und herrschende Rechtsgelehrte bestimmt die Richtlinien der Politik und darf unter anderem Richter sowie führende Militärs ernennen oder entlassen. Außerdem ernennt er die Hälfte der Mitglieder des Wächterrats, der unter anderem über die Zulassung von Kandidaten für die Präsidentschaftswahl entscheidet.

Irans Machtstrukturen (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de

Welche Rolle spielt der Sohn des Schahs heute?

In den vergangenen Jahrzehnten kam es immer wieder zu Interner Link: Protesten der Zivilbevölkerung gegen Interner Link: das iranische Regime. Nach dem Tod der Iranerin Interner Link: Jina Mahsa Amini in Polizeigewahrsam Mitte September 2022 kam es zu Massendemonstrationen. Das Regime regiert das Land jedoch weiterhin mit großer Härte. Reza Pahlavi, der 1960 geborene, im Ausland lebende Sohn des letzten Schahs, gilt Teilen der Opposition als Hoffnungsträger. Er hat mehrfach erklärt, die zerstrittene Opposition zusammenführen zu wollen. Reza Pahlavi strebt einen säkularen und demokratischen Iran an. Gleichzeitig wird er vor allem von jüngeren Iranerinnen und Iranern für eine mangelnde Distanz gegenüber den Unterdrückungsmethoden seines Vaters kritisiert.

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