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18. März 2014: Russlands Annexion der Krim | Hintergrund aktuell | bpb.de

18. März 2014: Russlands Annexion der Krim

Redaktion

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Nach der Besetzung der Krim verkündete der russische Präsident Wladimir Putin am 18. März 2014 ihren Anschluss an die Russische Föderation. Die völkerrechtswidrige Annexion markiert den Beginn des Konflikts, den Russland seit dem 24. Februar 2022 als offenen Angriffskrieg auf das gesamte Territorium der Ukraine führt.

4. März 2014: Russische Soldaten ohne Abzeichen patrouillieren vor einer übernommenen ukrainischen Militärbasis in der Stadt Perewalne. (© picture-alliance/AP)

Die Halbinsel Krim liegt im Schwarzen Meer, im Norden ist sie mit dem Festland der Ukraine verbunden. Über Interner Link: die Jahrhunderte beanspruchten zahlreiche Großreiche und Imperien das Territorium. Die Krim war unter anderem Teil des Khanats der Krimtataren und des Osmanischen Reiches, gehörte dem russischen Zarenreich und der Sowjetunion an. Seit 1992 ist sie Teil der unabhängigen Ukraine mit besonderen Autonomierechten in den Bereichen Verwaltung, Justiz und Finanzen. Neben der ukrainischen und russischen Bevölkerung bilden die Interner Link: Krimtataren die größte ethnische Gruppe.

Mit der Besetzung und Annexion der Krim begann im Frühjahr 2014 dieInterner Link: militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine.

Maidan-Proteste und Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim

Nachdem der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch im November 2013 die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU verweigert hatte, demonstrierten in der Ukraine Hunderttausende für einen pro-europäischen Kurs des Landes. Die Interner Link: Proteste auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz (Maidan) dauerten monatelang an. Im Februar 2014 spitzten sich die gewaltsamen Auseinandersetzungen zu, etwa 100 Menschen kamen ums Leben. Am 22. Februar 2014 floh Janukowitsch unter dem Druck der Maidan-Proteste aus Kiew. Eine Übergangsregierung übernahm die Macht.

Auch auf der ukrainischen Halbinsel Krim gingen daraufhin Interner Link: Befürworter und Gegner eines Machtwechsels auf die Straße. Das sei bis dahin nicht ungewöhnlich gewesen, so die Interner Link: Einschätzung der Politikwissenschaftlerin Gwendolyn Sasse. Denn seit den frühen 1990er Jahren stritten unterschiedliche Kräfte auf der Krim über ihre Vorstellung von Autonomie und die Orientierung an Russland oder Westeuropa. Am 26. Februar kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Protestierenden.

In den Morgenstunden des 27. Februar 2014 besetzten Interner Link: russische Soldaten strategisch wichtige Punkte auf der Krim. Die Soldaten trugen keine Rang- und Hoheitszeichen auf den Uniformen. Sie kontrollierten bald das Regionalparlament und das Gebäude der Regionalregierung in der Hauptstadt Simferopol – und hissten an offiziellen Gebäuden die russische Flagge. Das von den bewaffneten Kräften besetzte Regionalparlament wählte unter Ausschluss etlicher Abgeordneter und der Öffentlichkeit den Politiker Sergej Aksjonow von der Partei „Russische Einheit“ zum neuen Regierungschef – ohne Zustimmung des ukrainischen Präsidenten, wie es die ukrainische Verfassung vorsieht.

Umstrittenes Referendum

Am 6. März 2014 beschloss das neu eingesetzte Regionalparlament den Anschluss der Krim an die Russische Föderation. Gleichzeitig wurde für den 16. März ein Referendum angesetzt, in dem die mehrheitlich russischsprachige Bevölkerung über den künftigen Status der Krim entscheiden sollte. Zur Auswahl standen bei dem sogenannten Referendum zwei Optionen: entweder ein Anschluss der Krim an Russland – auf dem Stimmzettel als „Wiedervereinigung“ bezeichnet – oder die Wiederherstellung der Verfassung von 1992 mit der Krim als Teil der Ukraine. Ein Erhalt des Status Quo – also der Verbleib als Autonome Republik innerhalb der Ukraine – stand nicht zur Abstimmung.

Unstimmigkeiten bei den Ergebnissen

Vor diesem Hintergrund gibt es Zweifel an den Abstimmungsergebnissen: Laut der Referendums-Kommission sollen mehr als 95 Prozent der Wählerinnen und Wähler für einen Anschluss an Russland gestimmt haben. Die Wahlbeteiligung wurde mit 83,1 Prozent angegeben. Die Interner Link: Ergebnisse gelten unter Expertinnen und Experten als unglaubwürdig. Bei einer kurz vorher durchgeführten repräsentativen Externer Link: Umfrage des Kyiv International Institute for Sociology stimmten nur 41 Prozent der Befragten auf der Krim für einen Anschluss an Russland. Im Mai 2014 veröffentlichte der dem Präsidenten Russlands zuarbeitende Menschenrechtsrat die Einschätzung eines seiner Mitglieder, wonach – bei einer Beteiligung von 30 bis 50 Prozent der Bevölkerung – schätzungsweise 50 bis 60 Prozent der Wählenden auf der Krim für einen Anschluss an Russland gestimmt hätten. Kurz darauf wurde diese Einschätzung von der Internetseite des Rates wieder entfernt.

Zwei Tage nach dem sogenannten Referendum, am 18. März 2014, unterzeichneten der russische Präsident Wladimir Putin und die Vertreter der umstrittenen Regionalregierung der Krim einen „Beitrittsvertrag“ über die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation. Seit dem 21. März 2014 betrachtet Russland die Krim als Teil des eigenen Staatsgebiets. Schon im April 2014 gab Wladimir Putin zu, dass reguläre russische Soldaten an der Besetzung der Krim im Februar 2014 und damit auch an der Vorbereitung des Referendums beteiligt waren.

Übersichtskarte der Ukraine mit allen Städten über 100.000 Einwohnern (Externer Link: Lencer, Externer Link: Karte der Ukraine) Lizenz: cc by-sa/3.0/de

Internationale Reaktionen auf die Krim-Annexion

Westliche Staaten – darunter die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und die USA – haben im Anschluss an die Annexion mehrfach Sanktionen gegen staatliche und nicht-staatliche Akteure in Russland erlassen. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat am 27. März 2014 in einer von der Ukraine eingebrachten Externer Link: Resolution die territoriale Integrität der Ukraine bekräftigt und das Referendum auf der Krim für ungültig erklärt. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel Externer Link: bezeichnete die Angliederung der Krim an Russland als Bruch des Völkerrechts. Die Politikwissenschaftlerin Gwendolyn Sasse stellt fest:

Zitat

Die Besetzung und Annexion der Krim sind im internationalen Sprachgebrauch selten als Kriegsakt benannt worden, obwohl es nach internationalem Recht die korrekte Bezeichnung gewesen wäre.

Lediglich ein paar enge Verbündete Russlands – wie Syrien, Nordkorea und Belarus – erkennen die Krim als russisches Hoheitsgebiet an.

Folgen der Annexion für die Bevölkerung der Krim

Seit der Besetzung haben zehntausende Menschen die Krim verlassen, nach Schätzungen waren Interner Link: darunter 40.000 bis 70.000 Krimtataren. Gleichzeitig wird der Zuzug aus Russland gefördert. Etwa 800.000 Russinnen und Russen sollen seit 2014 auf die Krim gezogen sein.

Wie überall in Russland sind die Meinungsfreiheit und die Möglichkeiten der Opposition stark eingeschränkt. Besonders betroffen von Repression sind Interner Link: Angehörige der Krimtataren. 2016 wurde der Medschlis, das höchste Vertretungsorgan der Krimtataren, verboten und dessen Aktivitäten wegen „Extremismus“ untersagt. Wie Amnesty International berichtet wurden zahlreiche krimtatarische Journalistinnen und Aktivisten inhaftiert, Fälle des „Verschwindenlassens“ wurden nicht untersucht. Der Unterricht in krimtatarischer Sprache ist genau wie der Unterricht auf Ukrainisch eingeschränkt oder verboten. Russland knüpft damit an die ethnische Unterdrückung und Verfolgung der Krimtataren in der Sowjetunion an.

Bis zur Annexion war die Krim ein beliebtes Urlaubsziel. Der wichtige Tourismussektor brach mit der Angliederung ein. Stattdessen baute Russland die Halbinsel zu einem Militärstützpunkt aus. Im Angriffskrieg auf die Ukraine ist die Krim für Russland strategisch wichtig, um die besetzten Gebiete auf dem ukrainischen Festland rund um Cherson und Melitopol auf dem Landweg zu erreichen. Außerdem ist sie aus russischer Sicht für die Kontrolle der Seewege im Schwarzen Meer von besonderer Bedeutung.

Hinweis der Redaktion: Dieser Text, ursprünglich erschienen im März 2019, wurde am 15.03.2024 mit weiterführenden Quellen und Informationen aktualisiert.

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