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Wahlkampf und Wahlbeteiligung

Dr. Christina Holtz-Bacha

/ 11 Minuten zu lesen

Europawahlkämpfe stehen vor besonderen Herausforderungen – zwischen nationalen Themen und zunehmend europäisierten Wahlkampagnen gilt es, die Wählerschaft überhaupt zur Stimmabgabe zu motivieren. Was bedeutet das für den Wahlkampf? Welche Rollen spielen dabei die Medien? Und wie steht es um die Wahlbeteiligung in der EU?

Europäische Flagge auf einer Wahlurne (© picture alliance / Ulrich Baumgarten | Ulrich Baumgarten)

Die Europawahlen werden in der politikwissenschaftlichen Forschung sowie in den Medien oft als Interner Link: Nebenwahlen („second-order elections“) klassifiziert. Diese Charakterisierung liefert eine plausible Erklärung dafür, dass das Interesse an den Europawahlen unter den Wahlberechtigten bislang eher mäßig blieb. Da aus Europawahlen keine Regierung hervorgeht, fehlt ihnen das Spannungsmoment, das nationale Wahlen auszeichnet. Zudem steht für jeden EU-Mitgliedstaat die Zahl der Abgeordneten im Europäischen Parlament fest, daher beeinflusst die Stimmabgabe lediglich die Stärke der Parteien unter den Abgeordneten. Bei einer Europawahl steht also „weniger“ auf dem Spiel - das hat Folgen für die Wahlbeteiligung und den Wahlkampf, der sich im Dreieck von Parteien, Medien und Wählerschaft abspielt.

Wahlkampf zwischen nationaler vs. europäischer Orientierung

Seit der Interner Link: ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments im Jahr 1979 ist es das vorrangige Ziel von Wahlkämpfen, bei der Wählerschaft Aufmerksamkeit für die Europawahlen zu wecken und sie für die Stimmabgabe zu motivieren. Auch wenn es sich bei der Europawahl um eine Nebenwahl handelt, haben die Parteien – wie die Befunde der Forschung zur Wahlbeteiligung nahelegen – guten Grund, das Interesse der Wählerinnen und Wähler zu wecken und um ihr Stimmen zu werben. Europawahlen sind nationale Wahlen für eine Interner Link: supranationale Organisation. Der Interner Link: europäische Direktwahlakt legt fest, dass nach dem Interner Link: Verhältniswahlsystem auf der Grundlage von Listen oder übertragbaren Einzelstimmen gewählt wird. Die konkrete Ausgestaltung der Wahl unterliegt jedoch nationaler Regelung und ist von Land zu Land verschieden. Die Listen stellen die nationalen Parteien auf. Es gibt keine originär europäischen Parteien, die in ganz Europa antreten und ein europäisches Programm verfolgen. Daher liegt es nahe, dass die Parteien den Europawahlkampf für den nationalen Wettbewerb nutzen. Das ist erst recht zu erwarten, wenn etwa Europawahl und nationale Parlamentswahl am selben Tag stattfinden oder wenn, wie in Deutschland in sogenannten Superwahljahren (1994, 2009), eine Bundestagswahl kurz bevorsteht. Hinzu kommt, dass Interner Link: Wahlkämpfe für die Parteien eine kostspielige Angelegenheit sind. Gerade in den Jahren, in denen außer der Wahl zum Europäischen Parlament auch eine nationale Wahl ansteht, wird das Engagement für die Europawahl hinter dem Aufwand für den Hauptwahlkampf zurückbleiben. Seit der ersten Direktwahl richtete sich deswegen das Interesse der Forschung auf die Europäisierung der Kampagnen und die damit einhergehende Frage, inwieweit Europawahlkämpfe europäische Bezüge, die über die Verwendung von Symbolen wie Europaflagge oder Logo der europäischen Parteienfamilie hinausgehen, aufweisen oder eher von nationalen Themen bestimmt sind.

Schon 1979 zeigte sich, dass es nicht so sehr das gemeinsame Ereignis Europawahl war, das den Wahlkampf bestimmte. Vielmehr waren die Wahlkampagnen national geprägt. Auch die Medien bewältigten die neue Situation – besonders die Berichterstattung im Fernsehen – anhand ihrer für nationale Wahlen eingefahrenen Bearbeitungsmuster. Es ließen sich kaum europäische Orientierungen und Perspektiven erkennen, die der Qualität dieser Wahl, die in allen Mitgliedstaaten gleichzeitig stattfand, gerecht geworden wären. Generelle Aussagen darüber, ob der Europäisierungsgrad der Kampagnen seitdem zugenommen hat, sind vor allem wegen der unterschiedlichen Zyklen für nationale Parlamentswahlen und deren Einfluss auf den Wahlkampf schwierig. Als das Europäische Parlament zur Externer Link: Wahl 2014 die Parole "This time it's different" ausgab, deutete alles auf einen Umbruch der Kampagnen hin zu einer stärkeren europäischen Orientierung. Diese Erwartung gründete sich vor allem auf ein neues Verfahren zur Wahl des Präsidenten bzw. der Präsidentin der Europäischen Kommission, für das der Interner Link: Vertrag von Lissabon (2009) den Weg geebnet hatte und das 2014 erstmals zur Anwendung kam. Die europäischen Parteien, also die übernationalen Zusammenschlüsse der nationalen Parteien, nominieren seitdem Interner Link: Spitzenkandidatinnen und -kandidaten für das Amt der Kommissionspräsidentin oder des präsidenten, die oder der dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Europawahl vom Europäischen Rat vorgeschlagen und vom Europäischen Parlament gewählt wird. Dieses Verfahren stärkte die Rolle des Parlaments und stellte der Wählerschaft in Aussicht, auf diese Weise mit der Stimmabgabe tatsächlich Einfluss auszuüben.

Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten, von denen mit Martin Schulz für die Interner Link: Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) und Ska Keller für die Interner Link: Europäische Grüne Partei (EGP) bei der Wahl 2014 zwei aus Deutschland kamen, spielten in der Wahlwerbung jedoch kaum eine Rolle und blieben europaweit weitgehend unbekannt. Ähnlich ging es Manfred Weber, der zur Europawahl 2019 als Spitzenkandidat der Interner Link: Europäischen Volkspartei (EVP) antrat, während die Wahlplakate in Deutschland nur seine Spitzenkandidatur für CDU und CSU heraushoben. Das könnte 2024 anders sein, wenn mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Amtsinhaberin als Spitzenkandidatin der EPP ins Rennen geht.

Die Erwartung einer stärkeren Europäisierung der Wahl 2014 gründete sich auch auf die Erfahrungen aus der Interner Link: Finanz- und Wirtschaftskrise, deren Bewältigung die EU-Staaten gemeinsam angegangen waren. Allerdings verstärkte sich mit der Krise auch der Interner Link: Euroskeptizismus, der sich gegen den Euro und die EU als Ganzes richtete. Damit zeigte sich nun auch, dass Europäisierung nicht nur mit einer positiven, europafreundlichen Thematisierung einhergeht, sondern auch eine kritische Haltung zur EU und der Mitgliedschaft des eigenen Landes bedeuten kann. Während sich 2014 die Hoffnung auf eine zunehmende europäische Orientierung der Kampagnen noch nicht ganz erfüllte, galt die Externer Link: Europawahl 2019 schließlich als erste europäisierte Wahl. Diese Einschätzung gründete sich auf den zurücktretenden Einfluss der nationalen Politik auf die Wahlentscheidung, das wachsende Interesse an der Wahl, das Ansteigen der Wahlbeteiligung sowie der Überzeugung, dass die Entscheidungen des Europäischen Parlaments wichtiger geworden sind.

Auch europäische Kampagnen im Sinne von grenzüberschreitend konzipierter, gemeinsamer Wahlwerbung der Parteienfamilien sind selten. Ein prominentes Beispiel dafür lieferte jedoch die Europäische Grüne Partei zur Europawahl 2004. Die Grünen konzipierten damals eine Werbekampagne mit gemeinsamen Plakatmotiven und einem gemeinsamen, in die jeweilige Landessprache übersetzten Slogan.

Europawahlkampf als Medienwahlkampf

Um die Wählerschaft anzusprechen, zielen die politischen Akteure im Wahlkampf vor allem auf die Medien, die ihnen weite Verbreitung und Glaubwürdigkeit für ihre Auftritte bieten. In ihnen spiegelt sich das Engagement der Politik im Wahlkampf. Allerdings liegt es auch bei den Medien, eigene Themen und Formate zu suchen und die politischen Akteure herauszufordern. Es kommt den Medien daher entgegen, dass auch Europawahlkämpfe Personalisierung, also die Fokussierung auf einzelne Kandidatinnen und Kandidaten, aufweisen. Allerdings setzen zum Beispiel die Wahlplakate oft auf die Parteiprominenz, um deren Bekanntheit und Popularität zu nutzen, obwohl diese gar nicht für die Europawahl antritt. Das Spitzenkandidatenverfahren bedeutete einen weiteren Schritt zur Personalisierung und brachte für den Medienwahlkampf sogar ein neues Format mit sich. Vor den Wahlen 2014 und 2019 traten die Kandidaten der aussichtsreichsten Parteien, der Sozialdemokratischen Partei Europas und der Europäischen Volkspartei, zu Fernsehduellen an, wie sie in vielen Ländern vor den nationalen Wahlen gängig sind. An deren Einschaltquoten kamen die europäischen Fernsehduelle jedoch nicht heran.

Gegenüber den klassischen Instrumenten der Wahlwerbung wie Plakaten oder Spots in Radio und Fernsehen, die als solche gut zu erkennen ist, tritt bei der medialen Vermittlung der Wahlkampagnen, also der von den Redaktionen verantworteten Berichterstattung wie den Fernsehnachrichten, der werbende Charakter zurück. Diese birgt allerdings für die politischen Akteure das Risiko der Veränderung ihrer Botschaften aufgrund der üblichen Selektions- und Produktionstechniken der Medien. Mit den sozialen Medien haben sich indessen für die Kampagnen neue Kanäle der Wahlwerbung ergeben, die den politischen Akteuren an den klassischen Medien vorbei die unvermittelte Ansprache der Wählerschaft ermöglichen. Obendrein erlauben sie den Zuschnitt der Werbung auf spezielle Gruppen der Wählerschaft Interner Link: („Targeting“). Daher haben die sozialen Medien für Wahlkämpfe zunehmend an Bedeutung gewonnen. Wie sich bei der Europawahl 2019 und auch bei der Bundestagswahl 2021 gezeigt hat, setzt vor allem die AfD bei ihrer Kampagne bevorzugt auf die sozialen Netzwerke und erreicht damit meist beste Resonanz. Aufgrund des Verhaltenskodexes der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Desinformation und den Interner Link: Regeln, die sich die großen Plattformen gegeben haben, müssen die Parteien allerdings nun mit Einschränkungen für ihre Aktivitäten auf den sozialen Netzwerken rechnen. So ist es dem AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, passiert, dem Interner Link: TikTok die Reichweite gedrosselt hat.

Wahlbeteiligung

Bei der ersten Direktwahl 1979 betrug die Wahlbeteiligung in den neun Mitgliedstaaten 62 Prozent. Da dieser Durchschnittswert durch die in manchen Ländern bestehende Wahlpflicht und am gleichen Tag angesetzte nationale Parlamentswahlen beeinflusst wurde, machte sich Enttäuschung über das vermeintlich geringe Interesse der Wählerschaft an der Stimmabgabe für das Europäische Parlament breit. Die damals noch schwache Position des Parlaments sowie die Qualifizierung der Europawahl als „second-order election“ bot eine plausible Erklärung dafür, dass die Wahlbeteiligung unerwartet niedrig blieb.

Während sich die Beteiligungsquote bei den folgenden Europawahlen im EU-Durchschnitt noch bei über 55 Prozent halten konnte, stürzte sie ab der Wahl 1999 ab und erreichte bei den Wahlen 2009 und 2014 mit etwas mehr als 42 Prozent einen Tiefpunkt. Der zuletzt durch den Vertrag von Lissabon (2009) erfahrene Interner Link: Kompetenzzuwachs des Europäischen Parlaments ging also nicht mit einer steigenden Wahlbeteiligung einher und auch die Einführung des Spitzenkandidatenverfahrens 2014 wirkte sich nicht auf die Beteiligungsquote aus. Bei der Europawahl 2019 schließlich kehrte sich der Trend um, und die Wahlbeteiligung stieg deutlich auf gut 50 Prozent an. Dieser Zuwachs ließ sich auf die Mobilisierung aufgrund der Virulenz der Themen Klimawandel und Migration zurückführen.

Ungeachtet der unterschiedlichen Konstellation und der im Vergleich zu nationalen Parlamentswahlen niedrigen Beteiligungsquote haben Europawahlen durchaus Konsequenzen für die politische Hauptarena. Das gilt vor allem für die Regierungsparteien. Je nach zeitlichem Abstand zur letzten oder nächsten Hauptwahl zeigen die Ergebnisse von Europawahlen ein gewisses Muster. Findet die Europawahl kurz nach der Hauptwahl statt, können Regierungsparteien ihr Ergebnis oftmals noch verbessern. Bei einer Europawahl etwa zur Mitte ihrer Amtszeit wendet sich der Trend eher gegen die Regierungsparteien. Liegt der Termin der Europawahl später im Hauptwahlzyklus, können von ihr Signale für die nächste Hauptwahl ausgehen.

Europawahl als Stimmungsbarometer

Bei der Interpretation der Ergebnisse einer Europawahl ist zu berücksichtigen, dass sich die Motive der Wählerschaft zur Wahlbeteiligung und die Gründe für ihre Wahlentscheidung von denjenigen der Hauptwahl unterscheiden können. Da aus Europawahlen keine Regierung hervorgeht, treten taktische Überlegungen, etwa hinsichtlich der bevorzugten Koalition, zurück und die Wahlentscheidung erfolgt eher "mit dem Herzen". In Deutschland gilt das erst recht, seitdem die Fünf-Prozent-Sperrklausel gefallen ist. Welche Folgen das hatte, lässt sich daran ablesen, dass bei den Europawahlen 2014 und 2019 je 14 deutsche Parteien Sitze im Europäischen Parlament erhielten. Nur sieben von den im Parlament vertretenen Parteien sitzen derzeit auch im Bundestag. Aufgrund des europäischen Direktwahlaktes von 2018 sollen jedoch in den Mitgliedstaaten bis zur Wahl 2029 Sperrklauseln von mindestens zwei Prozent und höchstens fünf Prozent eingeführt werden. Mit einer Sperrklausel lässt sich der parlamentarischen Zersplitterung entgegenwirken, sie könnte aber auch bei der Wählerschaft neue Überlegungen für die Stimmabgabe mit sich bringen und so das Wahlverhalten verändern. Die Europawahl lässt sich also dazu nutzen, mit der Stimmabgabe mal etwas anderes auszuprobieren, den Regierungsparteien einen Denkzettel zu verpassen oder Protest gegenüber den etablierten Parteien auszudrücken. Daher bieten Europawahlen kleineren und neuen Parteien besondere Erfolgschancen. Ein eindrückliches Beispiel dafür bieten die deutschen Grünen. Sie zogen bei der Wahl 1984 mit einem Anteil von 8,2 Prozent in das Europäische Parlament ein, nachdem sie ein Jahr zuvor nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde für den Bundestag überwunden hatten. Bei fast allen Europawahlen lag das Ergebnis für die Grünen über demjenigen der vorangegangenen Bundestagswahlen.

Außerdem hat sich gezeigt, dass die dezidiert europakritischen Parteien bei Europawahlen oftmals besonders gut abschneiden: Im Vereinigten Königreich schaffte es 2009 die Independence Party (UKIP) auf ca. 16 Prozent und steigerte ihren Stimmenanteil 2014 auf knapp 27 Prozent. Mit beinahe 25 Prozent wurde 2014 der französische Front National (heute Rassemblement National) stärkste Partei, und in Italien erreichte das Movimento 5 Stelle (M5S) auf Anhieb etwa 21 Prozent der Stimmen und damit den zweiten Platz unter den italienischen Parteien.

Bei der Europawahl 2019 konnten die europaskeptischen und rechtspopulistischen Parteien noch einmal zulegen. Zum Beispiel steigerte sich die AfD von rund sieben Prozent im Jahr 2014 auf elf Prozent der Stimmen. Der Wähleranteil für die Schwedendemokraten (SD) stieg in derselben Zeit von knapp zehn Prozent auf etwa 15 Prozent. Da der Brexit zum Zeitpunkt der Europawahl noch nicht vollzogen war, beteiligte sich das Vereinigte Königreich noch einmal an der Wahl und die Brexit Party erreichte mit gut 30 Prozent mit Abstand die meisten Stimmen.

Ausblick auf die Europawahl 2024

Die Europawahl 2024 findet wenige Monate vor Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern und anderthalb Jahre vor der nächsten Bundestagswahl statt, so dass ihr Testcharakter zukommt. Schon im Herbst 2023 ist aus Umfrageergebnissen eine beträchtliche Aufmerksamkeit für die Europawahl abzulesen: 65 Prozent der deutschen Befragten sagen, sie seien an der Europawahl "interessiert". Dieser Prozentsatz liegt deutlich über dem EU-weiten Durchschnittswert von 57 Prozent. In Deutschland weisen 53 Prozent der Befragten (im Vergleich zu 47 Prozent im EU-Durchschnitt) ihrer Stimmabgabe hohe Wichtigkeit zu, 72 Prozent (68 Prozent im EU-Durchschnitt) würden sich "wahrscheinlich" an der Wahl beteiligen, wenn diese schon in der kommenden Woche wäre. Für die hohe Teilnahmebereitschaft dürfte auch eine Rolle spielen, dass 58 Prozent der deutschen Befragten der Überzeugung sind "Meine Stimme zählt in der EU" (48 Prozent im EU-Durchschnitt), und sogar 76 Prozent sagen "Die Stimme Deutschlands zählt in der EU" (64 Prozent im EU-Durchschnitt). Danach gefragt, was ihrer Meinung nach für Wählerinnen und Wähler die Hauptgründe für die Beteiligung an der Europawahl sind, vermuten die meisten, dass es darum geht, eine politische Partei zu unterstützen, und dass sie generell an Wahlen teilnehmen (je 41 Prozent). Offenbar wird dem Europawahlergebnis durchaus Bedeutung beigemessen, denn beinahe jeder Dritte vermutet, dass andere sich an der Wahl beteiligen, weil sie Dinge verändern wollen (32 Prozent). Beinahe jeder vierte Befragte (23 Prozent) meint aber auch, die Teilnahme an der Wahl diene dazu, Unzufriedenheit zum Ausdruck zu bringen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Reif, K., & Schmitt, H. (1980). Nine second-order national elections: A conceptual frame¬work for the analysis of European election results. European Journal of Political Research, 8, 3–44.

  2. Branham, A., & Wlezien, C. (2020). Do election campaigns matter? A comparative perspektive and overview. In E. Suhay, B. Grofman & A. Trechsel (Hrsg.), The Oxford handbook of electoral persuasion (S. 184-200). Oxford University Press; Schulz, W. & Blumler, J. G. (1994). Die Bedeutung der Kampagnen für das Europa-Engagement der Bürger. Eine Mehr-Ebenen-Analyse. In O. Niedermayer (Hrsg.), Wahlen und europäische Einigung (S. 199-223). Westdeutscher Verlag.

  3. „Direktwahlakt. Beschluss und Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments.“ Vom 20. September 1976, zuletzt geändert durch Beschluss des Rates vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002. Abgerufen von Externer Link: https://www.bundeswahlleiterin.de/dam/jcr/db945d8c-43b6-4fba-bb6e-f7d9dba5f66b/direktwahlakt.pdf.

  4. Vgl. z. B. Tenscher, J. (2011). Defizitär – und trotzdem professionell? Die Parteienkampagnen im Vergleich. In J. Tenscher (Hrsg.), Superwahljahr 2009. Vergleichende Analysen aus Anlass der Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Europäischen Parlament (S. 65-93). VS Verlag für Sozialwissenschaften, hier S. 75.

  5. Zur ersten Direktwahl vgl. die Beiträge in Blumler, J. G. (Hrsg.), Communicating to voters. Television in the first European parliamentary elections (S. 319–324). London: Sage.

  6. Niedermayer, O. (2019). Von der „nationalen Nebenwahl“ zur „europäisierten Wahl“? Die Wahl zum Europäischen Parlament vom 26. Mai 2019. Zeitschrift für Parlamentsfragen, 50, 691–714; Niedermayer, O. (2014). Immer noch eine „nationale Nebenwahl"? Die Wahl zum Europäischen Parlament vom 25. Mai 2014. Zeitschrift für Parlamentsfragen, 45, 523–546.

Weitere Inhalte

Dr. Christina Holtz-Bacha ist Professorin für Kommunikationswissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg. Schwerpunkte in Forschung und Lehre: politische Kommunikation, strategische Kommunikation, deutsche und europäische Medienpolitik.