Leipzig
16.-25.10.2025
Grenzen

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16.-25.10.2025
Grenzen

Ringvorlesung: Grenzen, Umbrüche, Transformationen

Ringvorlesung: Grenzen, Umbrüche, Transformationen Künste und Kulturen vor und nach 1989/90

/ 12 Minuten zu lesen

Die Ringvorlesung "Grenzen, Umbrüche, Transformation" an der Universität Leipzig beschäftigt sich im Sommersemester 2025 bis zum Festival mit den Künsten und Kulturen vor und nach 1989/90.

Die Ringvorlesung verknüpft das Festivalthema „Grenzen“ 35 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung mit einem Rückblick auf die Verflechtung von Kulturen, Künsten und Politiken in der DDR und der Transformationszeit sowie mit Positionsbestimmungen künstlerischer Praxis in der Gegenwart. Die Vorlesungsreihe umfasst insgesamt 14 Termine. Eingeladen sind Gäste unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche und wissenschaftlicher Disziplinen.

Die Ringvorlesung findet immer dienstags von 17 bis 19 Uhr statt.

Veranstaltungsort:

Hörsaal 12 der Universität Leipzig (Hörsaalgebäude, Universitätsstraße 3, 2. OG)

Eintritt frei!

Alle Interessierten sind willkommen.

Veranstalter:

Externer Link: 12. Festival Politik im Freien Theater in Kooperation mit der Externer Link: Fakultät Geschichte, Kunst- und Regionalwissenschaften (GKR) und dem Externer Link: Centre of Competence for Theatre (CCT) der Universität Leipzig


Vorlesungstermine:

Die Zukunft des Erinnerns

Dr. Thomas Oberender, Dramaturg und Autor

15. April, 17-19 Uhr

Zum Auftakt der Ringvorlesung sucht der Autor von „Empowerment Ost“ aufs Neue nach einem Umgang mit der ‚Zeitkapsel DDR‘, indem er auf Fragen aus der Gegenwart fokussiert: Warum wollen westdeutsche Kuratoren plötzlich Ausstellungen mit DDR-Kunst machen? Warum wecken Objekte aus DDR-Produktion Jahrzehnte nach ihrem Verschwinden das Interesse von Sammlern? Warum sind in Ostdeutschland die Hauptquellen für Information nicht mehr die offiziellen Medien, z.B. die „Tagesschau“ und Tageszeitungen, sondern Social-Media, WhatsApp-Gruppen oder Instagram? Warum interessiert sich der Berliner „Tagesspiegel“ heute für die Repräsentanz von Ostdeutschen in der Bundesregierung? Warum wählt der Osten anders und warum wird das weiterhin erstarkende Misstrauen in demokratische Strukturen vom Westen scheinbar nicht verstanden? Mit diesen und anderen Impulsen thematisiert der Vortrag die Zukunft des Erinnerns an die DDR und zugleich die seit 1989/90 drängende Frage „wie wir zusammen wachsen“.

Dr. Thomas Oberender, geboren 1966 in Jena, veröffentlichte Essays und Bücher über politische und ästhetische Transformationsprozesse. Als künstlerischer Co-Direktor arbeitete er am Schauspielhaus Zürich und war Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele. Während seiner Intendanz bei den Berliner Festspielen gestaltete er zeitbasierte Ausstellungen wie „Limits of Knowing“ und „Welt ohne Außen“. Die in der von ihm initiierten Programmreihe „Immersion“ entstandene Ausstellung „Gropiusbau 2018“ (Philippe Parreno) wurde 2019 zur „Ausstellung des Jahres“ gewählt. Im 30. Jahr der Maueröffnung verwandelte er das Westberliner Festspielhaus in den „Palast der Republik“ und veröffentlichte das Buch „Occupy History“. Sein Klimaschutz-Projekt „Down to Earth“ erhielt 2021 den „Segal Centre Award for Civic Engagement in the Arts“ (New York). 2021 realisierte er mit einem großen kuratorischen Team das nach David Bowie benannte Festival „The Sun Machine Is Coming Down“ im Berliner ICC. Zuletzt erschienen „Empowerment Ost“ (2020) und „Die lebendige Ausstellung“ (2022).

Ex/Post oder: Das (diskursive) Erbe der Einheit in der (Post-)Transformation

Prof. Dr. Raj Kollmorgen, Soziologe, Hochschule Zittau/Görlitz

29. April, 17-19 Uhr

Die heutigen (wissenschaftlichen, massenmedialen, belletristischen usw.) Diskurse über Ostdeutschland, die deutsche Einheit und die gegenwärtigen Herausforderungen verweisen auf die Vergangenheit. Ohne eine Rekonstruktion des transformativen Bruches 1989, der frühen Vereinigungslogik und der dadurch entstandenen Diskursformierung bleiben nicht nur die Beiträge, Konfliktkonstellationen und Handlungsstrategien in den deutsch-deutschen Diskursen bis in die Gegenwart hinein un- bzw. missverständlich. Auch die Wahrnehmungs- und Urteilsmuster im Streit um die Gegenwarts- und Zukunftsgestaltung – zwischen „Transformationsmüdigkeit“, „ostdeutscher Demokratieskepsis“ und besonderer „ostdeutscher Transformationskompetenz“ – können ohne historische Perspektive kaum angemessen erklärt werden. Die Vorlesung erkundet dieses Terrain und unterbreitet einen historisch-soziologischen Interpretationsansatz.

Prof. Dr. Raj Kollmorgen ist Soziologe und seit 2013 Professor für Management sozialen Wandels an der Hochschule Zittau/Görlitz. Er beschäftigt sich mit Transformationen von Gesellschaft, insbesondere in Ostdeutschland und im postsozialistischen Mittelost- und Osteuropa und forscht zu Regionalentwicklung, Eliten, politischem Populismus und Radikalismus. Dazu zahlreiche Publikationen, zuletzt u. a. „Ferne Eliten. Die Unterrepräsentation von Ostdeutschen und Menschen mit Migrationshintergrund“ (zus. mit Lars Vogel und Sabrina Zajak, 2024). Er war Mitglied der Kommission der Bundesregierung „30 Jahre Friedliche Revolution und deutsche Vereinigung“ (2019/20) und der von der Bundesregierung berufenen Arbeitsgruppe „Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit“ (2021/22).

Reise(un)freiheit. Mobilitäten von Künstler:innen zur Zeit der DDR

Prof. Dr. Kerstin Schankweiler, Kunsthistorikerin, TU Dresden

6. Mai, 17-19 Uhr

Kaum ein anderes Thema bewegte Kunstschaffende in der DDR so sehr wie das Reisen ins Ausland. Trotz der restriktiven Rahmenbedingungen im Staatssozialismus konnten überraschend viele Künstler:innen internationale Reisen unternehmen – zugleich wurden zahlreichen anderen diese Möglichkeiten verwehrt. Nicht selten wurde die Kunst selbst zum Mittel des Protests gegen die Einschränkungen. Der Vortrag widmet sich den Spannungsfeldern der Reise(un)freiheit und erzählt eine vielschichtige Geschichte von Privilegien, Anpassung, Kompromissen, Protesten und Subversionen.

Prof. Dr. Kerstin Schankweiler ist Professorin für Bildwissenschaft im globalen Kontext an der Technischen Universität Dresden. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Kunstgeschichte und Transkulturalität, digitale Bildkulturen sowie Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, mit besonderem Fokus auf Kunst aus der DDR und Gegenwartskunst aus Afrika. An der TU Dresden leitet sie die Forschungsprojekte „Bildproteste in den sozialen Medien“ und „Affektive Archive – Auslandsreisen von Künstler:innen zur Zeit der DDR“. Zuletzt erschien der von ihr mitherausgegebene Ausstellungskatalog „Revolutionary Romances? Globale Kunstgeschichten in der DDR“ (Leipzig 2024).

Komponieren in der DDR seit 1970 – zwischen Fortschrittsglauben und Postmoderne

Prof. Dr. Nina Noeske, Musikwissenschaftlerin, Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar

13. Mai, 17-19 Uhr

Ab den späten 1960er Jahren entwickelte die mittlere Generation der DDR-Komponisten ein wachsendes Selbstbewusstsein gegenüber den Vorgaben des Sozialistischen Realismus, auch wenn staatliche Kontrolle und Einflussnahme weiterhin präsent blieben. Der Vortrag beleuchtet zentrale Figuren des DDR-Musiklebens insbesondere aus dem Kreis um Paul Dessau und analysiert ihre kompositorischen Strategien zwischen utopischem Fortschrittsglauben und postmodernen Ansätzen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Möglichkeiten musikalischer ‚Dekonstruktion‘ als Impuls künstlerisch-politischer Emanzipation.

Prof. Dr. Nina Noeske promovierte 2005 am Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena mit einer Arbeit über Neue Instrumentalmusik in der DDR. Anschließend war sie u.a. wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (Forschungszentrum Musik und Gender), wo sie sich 2014 mit einer Diskursanalyse über Liszts „Faust“-Symphonie habilitierte. Von 2012 bis 2014 war sie Assistenzprofessorin an der Universität Salzburg, 2014 bis 2022 Professorin an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Seit 2022 ist sie Professorin am Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Musik- und Kulturgeschichte des späten 18. bis 21. Jahrhunderts.

„Nebenan“: Künstlerische Positionen aus Mittel-/Osteuropa zwischen Demokratieabbau und Widerstand

Carena Schlewitt, Intendantin von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste, Dresden & Saskia Ottis, Dramaturgin und Kuratorin

20. Mai, 17-19 Uhr

Ein Programmfokus von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste in Dresden ist die Rolle der Künste in den gesellschaftlichen Transformationsprozessen der ehemaligen Ostblockstaaten und Ostdeutschland nach 1989. Im Austausch mit Kulturakteur:innen aus der Slowakei (2025), Ungarn (2024), der Ukraine (2023) und Belarus (2022) hat HELLERAU die Festivalreihe „Nebenan“ etabliert, die sich den unabhängigen Künsten aus Mittel-/Osteuropa widmet und zu einem relevanten Meeting Point für Künstler:innen und lokalen Communities geworden ist. Der Vortrag reflektiert die vergangenen vier Festivalausgaben und arbeitet wiederkehrende Themen heraus, mit dem Ziel, einen Einblick in das Spannungsfeld von künstlerischer Freiheit und den Auswirkungen autoritärer Regime zu geben. HELLERAU beleuchtet dabei auch die eigene Positionierung als solidarische Institution.

Carena Schlewitt, geboren 1961 in Leipzig, ist Dramaturgin und Theaterleiterin. Sie studierte Theaterwissenschaft an der Humboldt Universität Berlin, arbeitete an der Akademie der Künste in Ost-Berlin und war bei internationalen Produktionshäusern und Festivals als Dramaturgin, Kuratorin und künstlerische Leiterin in Berlin, Düsseldorf und Basel tätig. Seit der Spielzeit 2018/2019 ist sie Intendantin von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste in Dresden.

Saskia Ottis, geboren 1991, arbeitet in den Bereichen Dramaturgie, Kuration und künstlerische Projektkoordination. Sie studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien und Leipzig sowie Dramaturgie an der Theaterakademie Hamburg. Sie ist Gründungsmitglied des Berliner Ringtheaters, einer Plattform für Nachwuchskünstler:innen in Berlin. Seit Anfang 2021 ist sie in der Programmabteilung von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste in Dresden tätig.

„Leicht war es nie.“ Wie über den Osten schreiben? Eine Selbstbefragung entlang inner-deutscher Erzähl-Grenzen

Jana Hensel, Autorin und Journalistin

27. Mai, 17-19 Uhr

Als ich am Abend der Bundestagswahl auf die Landkarte des Ostens schaute, war sie hellblau. Zweifellos eine erschütternde Zäsur. In Sachsen gab es nur einen kleinen, linksparteiroten Flecken. Auf diesem Flecken, dieser Oase, steht mein Elternhaus im Leipziger Süden. Und ich fragte mich, wie ich zukünftig noch über den Osten denken und reden könnte, wo dieser Osten doch selbst immer stärker anders dachte und redete als ich selbst. Und: Wie hatte ich es bisher getan? Seit mehr als 20 Jahren schreibe ich schon über Ostdeutschland: Bücher, Essays, Reportagen, Interviews und auch einen Roman. Es ist an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Entlang von neuen, inner-ostdeutschen Grenzen und inmitten kaum veränderter ost- und westdeutscher Erzähl-Grenzen.

Jana Hensel, geboren 1976, aufgewachsen in Leipzig, studierte Germanistik und Romanistik. 2002 erschien ihr Buch „Zonenkinder“, das über ein Jahr auf der „Spiegel“-Bestsellerliste stand. Danach war sie als freie Journalistin unter anderem für DIE ZEIT tätig. 2010 erhielt sie den Theodor-Wolff-Preis in der Kategorie Essay. 2017 erschien ihr Roman „Keinland“, 2018 der Gesprächsband „Wer wir sind. Die Erfahrung, ostdeutsch zu sein“ (zus. mit Wolfgang Engler) und 2020 „Die Gesellschaft der Anderen“ (zus. mit Naika Foroutan). Seit 2018 ist sie Autorin von ZEIT ONLINE und DIE ZEIT. 2019 wurde sie als „Journalistin des Jahres“ für ihre Berichterstattung über Ostdeutschland ausgezeichnet.

Hirāk: The Uprising in Lebanon 2019

in englischer Sprache
Rabih Mroué & Lina Majdalanie, Regie und Performance, Beirut/Berlin

3. Juni, 17-19 Uhr

Until the 1990s, in the Arabic language words such as “uprising”, “revolution”, “intifada”, “revolutionary movements”, and “movement of demands” were used widely in our daily life and in different fields – in the political or social discourse, as well as in media and everyday communication. With time, the use of these designations receded in favor of the word “hirāk” (meaning movement in at least a double sense), which had previously been almost absent from our daily vocabulary. Why, and what does this term refer to? In our lecture performance we explore the meanings of the new term “hirāk”, taking the events in Lebanon in 2019 as a vivid example for its analysis and arguments. Lecture Performance in englischer Sprache. Written by Rabih Mroué, performed by Lina Majdalanie and Rabih Mroué. Photos by Patrick Abi Salloum, with additional visual materials from the people of the revolution.

Rabih Mroué und Lina Majdalanie gehören zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstler*innen der internationalen Theater- und Kunstszene. Mit ihren Werken, die zwischen Dokumentartheater, Videokunst und Performance oszillieren und sich mit aktuellen und verdrängten politischen Themen auseinandersetzen, hat das international renommierte libanesische Künstlerduo in seiner langjährigen Zusammenarbeit eine ganz eigene Ausdrucksform entwickelt. In einer bewussten Verwischung der Grenzen zwischen Realem und Fiktionalem, zwischen historischen und zeitgenössischen Tragödien und biografischen Konstruktionen kreisen ihre Stücke, Vorträge und Installationen immer wieder um Fragen der Repräsentation. Majdalanie ist promovierte Theaterwissenschaftlerin (Paris III) und Autorin, die neben ihrer künstlerischen Arbeit als Regisseurin und Performerin regelmäßig Lehraufträge und Gastprofessuren an Universitäten in Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden, Deutschland und dem Libanon übernimmt. Mroué studierte Theaterwissenschaft in Beirut, bevor er in den 1990er Jahren nach Berlin zog. Er ist Autor, bildender Künstler und Fotograf sowie Herausgeber und Mitherausgeber des internationalen Magazins „The Drama Review“ (NYC) und Mitbegründer des Beirut Art Centre. Mroué und Majdalanie haben im Sommersemester 2025 die Bertolt Brecht Gastprofessur der Stadt Leipzig am Centre of Competence for Theatre der Universität Leipzig inne.

INTIMATE BORDERS – Grenzüberschreitende Alltagsrealitäten zwischen Kunst und Wissenschaft

Prof. Constanze Fischbeck (HfG Karlsruhe) und Mirko Winkel (Geographisches Institut, Universität Bern)

10. Juni, 17-19 Uhr

Das Konzept der „Intimen Grenzen“ untersucht, wie sich Grenzpolitik, alltägliche Kontrollen und nationale Zukunftsvorstellungen konkret auf das Leben der Menschen in Grenzregionen auswirken. Intimität umfasst dabei nicht nur sexuelle und familiäre Beziehungen, sondern auch physische Arbeit, affektive Beziehungen und Formen der Fürsorge für andere Menschen und die Umwelt. Der Vortrag stellt ein Projekt vor, das künstlerische Verfahren und qualitative Methoden der Sozialforschung kombiniert, um u. a. Re-Bordering-Prozesse, rechte Strömungen und Angriffe auf reproduktive Rechte entlang der polnisch-deutschen Grenze zu erkunden. Intimate Borders interessiert sich für das Wissen der Grenzbewohner:innen, für die fragilen und alltäglichen Momente des Austauschs, wie sie zum Beispiel in körpernahen Dienstleistungen auf beiden Seiten der Grenze stattfinden. Ziel ist es, persönliche Begegnungen zu ermöglichen, die komplexe Lebensrealitäten in Grenzregionen sichtbar und erfahrbar machen.

Constanze Fischbeck ist Bühnenbildnerin, Filmemacherin und Kuratorin im Kontext von Theater und Bildender Kunst. Ausgangspunkt ihres Schaffens ist der Raum, die Gegenwart und der gesellschaftliche Kontext spezifischer Orte. In ihren filmischen Arbeiten verbindet sie Raumanalyse mit inszeniertem Diskurs und performativen sowie dokumentarischen Elementen. Sie arbeitet oft kollaborativ, im Dialog mit Künstler:innen und Wissenschaftler:innen. Seit 2019 lehrt sie als Professorin für Szenografie an der HfG Karlsruhe.

Mirko Winkel ist Künstler, Kurator und Koordinator des mLAB am Geographischen Institut der Universität Bern, eines experimentellen Raums, der Forscher:innen dazu ermutigt, neue Kollaborationen mit den Künsten einzugehen. Darüber hinaus ist er künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter am EcoArtLab der Hochschule der Künste Bern.

Intimate Borders ist ein künstlerisch-wissenschaftliches Forschungsprojekt, das sich derzeit in der Entwicklung befindet. Das Kernteam besteht aus der Szenografin und Filmemacherin Prof. Constanze Fischbeck, der Professorin für soziale und digitale Geographien, Dr. Elisabeth Militz, dem Künstler und Kurator Mirko Winkel und der Sozial- und Kulturgeographin Prof. Dr. Carolin Schurr. Unterstützt werden sie von den Künstlerinnen Ewa Einhorn und Karolina Sobel.

„Menschen auf Augenhöhe begegnen“ – Alltagsfotografie im Nahen Osten, in der DDR und der BRD

Mahmoud Dabdoub, Fotograf & Diana Stiehl, Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.

17. Juni, 17-19 Uhr

Mit Tausenden von Fotos hat Mahmoud Dabdoub – als Sohn palästinensischer Flüchtlinge aus dem Libanon kommend – seit 1981 das Alltagsleben auf den Straßen der DDR festgehalten. Dabei war das scheinbar Banale, der Alltag der Menschen im „real existierenden Sozialismus“, für ihn das Besondere, so wie er damals auch im Libanon und, auf der Suche nach Spuren seiner Familie, in den von Palästinensern bewohnten Gebieten fotografiert hat. Seine Bilder dokumentieren zumeist Begegnungen auf Augenhöhe, da er den Kontakt zu den Menschen gesucht und sie nach Möglichkeit um ihr Einverständnis mit seiner fotografischen Arbeit gebeten hat. Ein großer Teil dieser Fotos ist inzwischen als Vorlass beim Archiv der Bürgerbewegung Leipzig e.V. Anhand exemplarischer Fotos und im Gespräch mit Diana Stiehl vom Archiv wird er seine Arbeit vorstellen.

Mahmoud Dabdoub, geboren 1958 in Baalbek/Libanon, ist aufgewachsen im benachbarten palästinensischen Flüchtlingslager Al Jalil. Den Alltag dort verarbeitete er in Zeichnungen und strebte nach seinem Abitur 1977/78 zunächst eine Laufbahn als Maler und Grafiker an. Mit einem Stipendium kam er 1981 nach Leipzig, wo er im Herder-Institut Sprachkurse besuchte und dann von 1982 bis 1987 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst bei Prof. Helwieg Strauß Fotografie studierte. Seit 1987 ist er in Leipzig als freiberuflicher Fotograf tätig und engagiert sich in der Sprach- und Kulturvermittlung u.a. für das Amt für Jugend, Familie und Bildung der Stadt Leipzig.

Diana Stiehl, 1974 in Leipzig geboren, studierte Soziologie und Kulturwissenschaften. Seit annähernd zehn Jahren ist sie Projektmitarbeiterin im Archiv Bürgerbewegung Leipzig und betreut dort u.a. die umfangreiche Fotosammlung. Diese bewahrt Bestände von mehr als 50 Fotograf:innen auf, welche für die wissenschaftliche Forschung sowie für Bildungsprojekte oder Publikations- und Ausstellungsvorhaben zur Verfügung gestellt werden. Aktuell hat sie eine Ausstellung und einen Bildband zum Fotografen Mahmoud Dabdoub realisiert, dessen Fotografien seit 2014 im Archiv digitalisiert und erschlossen werden.

Zeit ohne Bilder oder mediale Über-Präsenz? Fotografie in der Langzeitstudie zur Entwicklung der Stadt Wurzen/Sachsen seit 1990

Dr. Cordia Schlegelmilch, Soziologin, Autorin und Fotografin

24. Juni, 17-19 Uhr

Wie sich das Ende der DDR und die Transformationszeit der 1990er Jahre auf das Leben der Menschen und ihre soziale Situation ausgewirkt haben, hat die Soziologin und Fotografin Cordia Schlegelmilch am Beispiel der östlich von Leipzig gelegenen Stadt Wurzen untersucht. Von 1990 bis 1996 hat sie sowohl eine Vielzahl von Einzelgesprächen geführt als auch die Veränderungen der (klein)städtischen Gesellschaft durch ihre fotografischen Momentaufnahmen dokumentiert (www.die-wurzen-studie-de). Der Vortrag blickt nach 30 Jahren auf diese Langzeitstudie zurück, reflektiert die Ziele und technischen Voraussetzungen der damaligen fotografischen Arbeit, die persönlichen Erfahrungen in diesem Prozess, die nachträgliche Aufarbeitung und Archivierung der Fotos und schließlich deren seitherige Wirkung auf verschiedene Gruppen von Betrachtenden. Anhand von Beispielen wird auch das Verhältnis von Fotografie und sozialgeschichtlicher Forschung zur Diskussion gestellt.

Dr. Cordia Schlegelmilch, geboren in Magdeburg, studierte 1972 bis 1977 an der Freien Universität Berlin Soziologie. 1979 bis 1987 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (vor allem im Bereich Arbeitsmarkt- und Biografieforschung), wo sie auch promovierte. 1986 bis 1987 machte sie eine Ausbildung an der „Werkstatt für Photographie“ in Berlin-Kreuzberg; anschließend war sie Assistentin bei einem Berliner Architekturfotografen. Seit 1989 ist sie freiberuflich als Architektur-, Kunst- und Baufotografin sowie als Soziologin tätig. Die Kombination von Soziologie und Fotografie bestimmt ihre weitere freiberufliche Tätigkeit bis heute; zahlreiche Publikationen und Ausstellungen in den Bereichen Architektur, Denkmalpflege, Bau- und Stadtgeschichte, Chroniken, und Kunst am Bau.

Grenzen 1989/Grenzen 202 5. Geografische Imaginationen und geopolitische Perspektiven

Prof. Dr. Judith Miggelbrink, Direktorin des Leibniz-Instituts für Länderkunde Leipzig

1. Juli, 17-19 Uhr

Weitere Informationen folgen.

Von Begegnungsorten zu Lost Places? Kulturhäuser in der DDR und danach

Dr. Uta Bretschneider, Direktorin des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig

8. Juli, 17-19 Uhr

Weitere Informationen folgen.

Störung von Ordnung. Über künstlerischen Widerstand

Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb

14. Oktober, 17-19 Uhr

Weitere Informationen folgen.

1000 dunkle Gegenwarten

Olivia Wenzel, Schriftstellerin, Dramaturgin, Musikerin und Performerin

21. Oktober, 17-19 Uhr

Weitere Informationen folgen.

Fussnoten

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