(© AP)
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Heute – 35 Jahre nach der Wiedervereinigung – stellen wir uns die Frage, ob das Zusammenwachsen von Ost- und Westdeutschland als Erfolgsgeschichte gelesen werden kann – oder eher nicht? Die Herausforderungen, die nach der über 40-jährigen ideologischen Teilung bewältigt werden mussten, waren gigantisch: Die Überwindung politischer, rechtlicher, struktureller und gesellschaftlicher Unterschiede, die wirtschaftliche Transformation oder die noch nicht abgeschlossene Angleichung der Lebensverhältnisse – vor allem im Ostteil Deutschlands mussten komplexe Prozesse angeschoben und vollzogen werden, die teils bis heute nicht vollendet sind.
Trotz bemerkenswerter Fortschritte und Erfolge ist das Verhältnis zwischen Ost und West nach wie vor von unterschiedlichen Erfahrungen und Lebensrealitäten sowie damit einhergehenden sozialen Spannungen und kulturellen Konflikten geprägt. Je nach persönlicher Biografie lassen sich sehr unterschiedliche Geschichten über die Wiedervereinigung erzählen. Haben wir also „blühende Landschaften“ erschaffen, auf die niemand mit leuchtenden Augen blickt? Und bauen wir aufgrund der noch immer ungleichen Alltagsrealitäten gerade neue ideologische Grenzen auf? Keine Erfolgsgeschichte also?
Das Zusammenwachsen von dem, was zusammengehört – wie es einst Willy Brandt formulierte – ist eine Aufgabe für mehrere Generationen. Dafür bedarf es sowohl der gegenseitigen Anerkennung von Lebenserfahrungen als auch der Bereitschaft auf beiden Seiten, sich an neue, sich verändernde Umstände anzupassen. Transformation ist keine Einbahnstraße, sie muss auch von der westdeutschen Gesellschaft vollzogen werden. Der innerdeutsche Prozess wird zudem von europäischen und globalen Entwicklungen beeinflusst, befördert und bisweilen beeinträchtigt. Diese tragen zu einer weiteren Verstärkung der gesellschaftlichen Polarisierung in der Bundesrepublik, die sich innen- und außenpolitisch neu orientiert, bei. Wie schafft es das demokratische Deutschland, sich diesen Herausforderungen zu stellen? Das Festival bietet eine Plattform, um darüber gemeinsam nachzudenken und Lösungswege zu erkunden.