11.6.2014
Schulden des öffentlichen Gesamthaushaltes
Die öffentlichen Haushalte waren zum Jahresende 2012 insgesamt mit 2.068 Milliarden Euro verschuldet. Rein rechnerisch entsprach die Schuldenlast 25.725 Euro je Einwohner.
Fakten
Die öffentlichen Haushalte (Bund, Länder, Gemeinden/Gemeindeverbände, gesetzliche Sozialversicherung) waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zum Jahresende 2012 insgesamt mit 2.068,3 Milliarden Euro verschuldet. Der Hauptteil der aufgenommenen öffentlichen Schulden – 2.000,2 Milliarden Euro – diente der Finanzierung der Deckungslücken zwischen öffentlichen Ausgaben und Einnahmen. Die zusätzlichen Kassenkredite zur kurzfristigen Liquiditätssicherung lagen 2012 bei 68,1 Milliarden Euro.Am Jahresende 2012 entsprach die Schuldenlast rein rechnerisch 25.725 Euro je Einwohner. Beim Bund betrugen die Schulden 16.014 Euro je Einwohner, es folgten die Länder mit 8.022 Euro, die kommunalen Haushalte mit Schulden in Höhe von 1.810 Euro je Einwohner sowie die gesetzliche Sozialversicherung mit 8 Euro je Einwohner.
Von den Bundesländern wiesen im Jahr 2012 Sachsen mit 2.302 Euro und Bayern mit 3.384 Euro die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung auf (Schulden auf Länder- und kommunaler Ebene). Darauf folgten Baden-Württemberg (6.537 Euro) und Mecklenburg-Vorpommern (7.591 Euro). Die mit Abstand höchste Pro-Kopf-Verschuldung hatte Bremen mit 30.155 Euro. Und auch in den beiden anderen Stadtstaaten Berlin und Hamburg lag die Verschuldung mit 18.213 Euro beziehungsweise 14.273 Euro pro Kopf deutlich über dem Durchschnitt. Die höchste Pro-Kopf-Verschuldung unter den Flächenländern hatten das Saarland (16.077 Euro), Nordrhein-Westfalen (14.699 Euro) und Schleswig-Holstein (11.444 Euro).
Da die Ausgaben der öffentlichen Haushalte in fast allen Jahren seit 1950 über den Einnahmen lagen, stiegen die Schulden des öffentlichen Gesamthaushaltes – bei unterschiedlicher Abgrenzung in den einzelnen Erhebungsjahren – kontinuierlich. Von 1950 bis 1970 erhöhte sich der Schuldenstand (Kreditmarktschulden und Kassenkredite) in Westdeutschland von 9,6 auf 64,2 Milliarden Euro. Durch die beschleunigte Zunahme der Verschuldung seit Anfang der 1970er-Jahre betrug der Schuldenstand 1980 bereits 238,9 Milliarden Euro, 1990 waren es 538,3 Milliarden Euro.
Infolge der finanzpolitischen Aufgaben durch die deutsche Wiedervereinigung lagen die Zuwachsraten beim Schuldenstand in den Jahren 1991 bis 1994 zwischen 10,2 und 20,1 Prozent pro Jahr. Aber auch 2008/2009 lag die Zuwachsrate – vor allem bedingt durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise – bei 7,4 Prozent (plus 116,5 Milliarden Euro). Insgesamt stiegen die Schulden der öffentlichen Haushalte zwischen 1991 und 2009 von 599,5 auf 1.694,4 Milliarden Euro.
2010 erfolgte eine weitreichende Änderung des Erhebungsprogramms. Seitdem werden bei den Schulden der öffentlichen Haushalte nicht nur (wie seit 2006) ausgewählte, sondern alle öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen des Staatssektors erfasst. Zwischen Ende 2010 und Ende 2012 erhöhte sich der Schuldenstand insgesamt von 2.011,7 auf 2.068,3 Milliarden Euro (plus 2,8 Prozent). Davon entfielen 1.287,5 Milliar¬den Euro auf den Bund (plus 0,004 Prozent seit 2010), 644,9 Milliarden Euro auf die Länder (plus 7,5 Prozent) und 135,2 Milliarden Euro auf die kommunale Ebene (plus 9,4 Prozent). Auf der Ebene der Sozial¬versicherung lagen die Schulden im Jahr 2012 bei 665 Millionen (plus 23,5 Prozent).
Entgegen ihrem eigentlichen Zweck setzen insbesondere Kommunen immer häufiger Kassenkredite zur Finanzierung laufender Ausgaben ein. Während das Verhältnis der Kassenkredite zu den Kreditmarktschulden auf kommunaler Ebene 1992 noch bei 1 zu 53 lag, veränderte sich das Verhältnis bis 2002 auf 1 zu 8. Im Jahr 2012 lag es bei 1 zu 2 (Bund: 1 zu 89; Länder: 1 zu 101). Anders formuliert lag der Anteil der Kassenkredite am gesamten Schuldenstand auf kommunaler Ebene bei 35,1 Prozent, beim Bund waren es 1,1 Prozent, bei den Ländern 1,0 Prozent. Von den Kassenkrediten in Höhe von 68,1 Milliarden Euro im Jahr 2012 entfielen 69,7 Prozent auf die Gemeinden/Gemeindeverbände, 21,1 Prozent auf den Bund, 9,3 Prozent auf die Länder und 0,01 Prozent auf die Sozialversicherung.
Durch die Schuldenstände entstehen vor allem dann Probleme, wenn Staaten trotz hoher Schuldenquote zusätzliche Kredite aufnehmen. Laut der Deutschen Bundesbank gehören dazu "die potenzielle Verdrängung privater Investitionen, Unsicherheiten und Verzerrungen durch erwartete oder tatsächliche künftige Erhöhungen der Abgabenlast oder merkliche Risikoprämien auf den Kapitalmärkten infolge verstärkter Sorgen um die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Darüber hinaus dürfte bei hohen Schuldenquoten die Wirksamkeit gezielter kreditfinanzierter Maßnahmen zur Abwehr von besonders schweren Krisen zunehmend begrenzt sein. Zudem erhöht sich die Gefahr von Konflikten zwischen Finanz- und Geldpolitik, die gravierende gesamtwirtschaftliche Kosten zur Folge haben, während umgekehrt solide Staatsfinanzen eine stabilitätsorientierte Geldpolitik erleichtern" (Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2010).
Weiter führt die gestiegene Staatsverschuldung zu einer Erhöhung der Zinsausgaben und damit zu einer Verengung des staatlichen Handlungsspielraums. Beispielsweise lagen die Zinsausgaben in Deutschland (Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, Sozialversicherung) im Jahr 2012 bei 69,1 Milliarden Euro. Bei bereinigten Ausgaben von insgesamt 1.179,8 Milliarden Euro entsprach das 5,9 Prozent.
Datenquelle
Statistisches Bundesamt: Finanzen und Steuern: Schulden der öffentlichen Haushalte, Schulden des öffentlichen Gesamthaushaltes 2012; Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2010Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Die Schuldenstatistik erhebt die Schulden der öffentlichen Haushalte nach Gebietskörperschaften. Die Erhebungseinheiten sind die staatlichen (Bund, Länder) und kommunalen Haushalte (Gemeinden, Gemeindeverbände), die Träger der Sozialversicherung und die Bundesagentur für Arbeit sowie die Fonds, Einrichtungen und Unternehmen, die von den öffentlichen Haushalten (auch von diesen gemeinsam) bestimmt sind.Unter Kassenkrediten (auch als Kassenverstärkungskredite bezeichnet) werden die kurzfristigen Verbindlichkeiten erfasst, welche die Berichtseinheiten zur Überbrückung vorübergehender Kassenanspannungen eingehen. Sie dienen nicht der Ausgabendeckung (keine investiven Zwecke), sondern der Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft beziehungsweise der Liquiditätssicherung.
Tabelle: Schulden des öffentlichen Gesamthaushaltes
In absoluten Zahlen, 1950 bis 2012insgesamt1 | Bund2 | Länder | Gemeinden/ Gemeinde- verbände3 |
gesetzliche Sozialver- sicherung |
||||||
in Mio. € | je Einw. in € |
in Mio. € | je Einw. in € |
in Mio. € | je Einw. in € |
in Mio. € | je Einw. in € |
in Mio. € | je Einw. in € |
|
Kreditmarktschulden und Kassenkredite zusammen4 | ||||||||||
19505 | 9.574 | 190 | 3.428 | 68 | 6.040 | 120 | 106 | 2 | – | – |
19606 | 28.998 | 520 | 15.312 | 274 | 7.783 | 140 | 5.904 | 116 | – | – |
1970 | 64.210 | 1.053 | 29.553 | 484 | 14.178 | 232 | 20.480 | 363 | – | – |
1975 | 130.008 | 2.103 | 58.066 | 939 | 34.047 | 551 | 37.895 | 660 | – | – |
1980 | 238.897 | 3.881 | 119.951 | 1.949 | 70.415 | 1.144 | 48.531 | 847 | – | – |
1985 | 388.436 | 6.366 | 204.027 | 3.344 | 126.393 | 2.072 | 58.016 | 1.019 | – | – |
1990 | 538.334 | 8.514 | 306.315 | 4.844 | 168.002 | 2.657 | 64.017 | 1.089 | – | – |
1991 | 599.511 | 7.498 | 347.834 | 4.351 | 180.059 | 2.252 | 71.618 | 966 | – | – |
1995 | 1.018.767 | 12.478 | 658.339 | 8.064 | 261.722 | 3.206 | 98.705 | 1.302 | – | – |
2000 | 1.210.918 | 14.734 | 774.834 | 9.428 | 338.073 | 4.114 | 98.011 | 1.282 | – | – |
2005 | 1.489.853 | 18.066 | 903.282 | 10.953 | 471.339 | 5.715 | 115.232 | 1.503 | – | – |
2006 | 1.527.890 | 18.549 | 933.860 | 11.337 | 481.787 | 5.849 | 112.243 | 1.466 | – | – |
20067 | 1.545.364 | 18.761 | 950.338 | 11.537 | 482.783 | 5.861 | 112.243 | 1.466 | – | – |
2007 | 1.552.371 | 18.871 | 957.270 | 11.637 | 484.475 | 5.890 | 110.627 | 1.447 | – | – |
2008 | 1.577.881 | 19.213 | 985.750 | 12.003 | 483.268 | 5.884 | 108.864 | 1.427 | – | – |
2009 | 1.694.368 | 20.698 | 1.053.814 | 12.873 | 526.745 | 6.435 | 113.810 | 1.498 | – | – |
Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich8 | ||||||||||
20109 | 2.011.677 | 24.607 | 1.287.460 | 15.749 | 600.110 | 7.341 | 123.569 | 1.629 | 539 | 7 |
201110 | 2.025.438 | 24.771 | 1.279.583 | 15.649 | 615.399 | 7.526 | 129.633 | 1.709 | 823 | 10 |
201210 | 2.068.289 | 25.253 | 1.287.517 | 15.720 | 644.929 | 7.874 | 135.178 | 1.781 | 665 | 8 |
201111 | 2.025.438 | 25.244 | 1.279.583 | 15.948 | 615.399 | 7.670 | 129.633 | 1.738 | 823 | 10 |
201211 | 2.068.289 | 25.725 | 1.287.517 | 16.014 | 644.929 | 8.022 | 135.178 | 1.810 | 665 | 8 |
1 einschließlich Extrahaushalte. Ab 1991 gesamtdeutsche Ergebnisse. Bis 2009 ohne gesetzliche Sozialversicherung. Aufgrund der unterschiedlichen Abgrenzung der öffentlichen Haushalte ist die Vergleichbarkeit der einzelnen Erhebungsjahre eingeschränkt.
2 ab 1954 einschließlich Sondervermögen.
3 ab 2010 einschließlich aller Zweckverbände des Staatssektors, bis 2009 einschließlich aller kameral buchenden Zweckverbände.
4 bis 2009 einschließlich Kassenkredite gegenüber dem öffentlichen Bereich.
5 ab 1952 einschließlich Berlin (West).
6 ab 1960 einschließlich Saarland.
7 ab 2006 einschließlich ausgewählter öffentlicher Fonds, Einrichtungen und Unternehmen des Staatssektors.
8 Wertpapierschulden, Kredite und Kassenkredite.
9 ab 2010 einschließlich aller öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen des Staatssektors, neues Erhebungsprogramm.
10 je Einwohner in EUR berechnet mit den Ergebnissen der Bevölkerung jeweils zum 30.06. auf Grundlage früherer Zählungen.
11 je Einwohner in EUR berechnet mit den Ergebnissen der Bevölkerungsfortschreibung jeweils zum 30.06. auf Grundlage des Zensus 2011.
Quelle: Statistisches Bundesamt: Finanzen und Steuern