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Risikogeschäft: Kulturpolitik und ihre Folgen für darstellende Künstler

Bård Kleppe

/ 12 Minuten zu lesen

Viele Künstler sehen sich dauerhaft dem Risiko der Unterbeschäftigung oder gar Arbeitslosigkeit ausgesetzt. Im europäischen Vergleich unterscheiden sich die Maßnahmen zur Begrenzung und Steuerung dieses Risikos.

Im Rahmen ihrer Kulturpolitik unterhalten fast alle westlichen Länder Theater. In manchen Ländern betreibt der Staat eigene Theater, in anderen sind die Häuser überwiegend als Nichtregierungsorganisationen organisiert und erhalten öffentliche Unterstützung – von der Zentralregierung, der regionalen oder kommunalen Ebene oder von öffentlichen Stellen wie dem British Arts Council. Obgleich die öffentliche Hand selten dahingehende Richtlinien formuliert, fördert die Mittelzuteilung bestimmte Organisationsstrukturen und -systeme im Theaterbereich. Diese beeinflussen wiederum sowohl die Jobsicherheit als auch die Möglichkeiten künstlerischer Entwicklung der darstellenden Künstlerinnen und Künstler.

Der Kulturwissenschaftler Dragan Klaic unterscheidet zwei grundlegende Modelle der Theaterproduktion: Das Repertoiretheater mit einem festen Ensemble einerseits und das autonome Theater der von vielen kleinen Ensembles geprägten "freien Szene" andererseits. Seit der Gründung des Moskauer Künstlertheaters durch Konstantin S. Stanislawski 1898 entwickelte sich das Repertoiretheater zum vorherrschenden Modell in Europa. Stanislawski etablierte eine professionelle Theatergruppe mit einem Ethos, das Kollektivität förderte. Die Gruppe sollte aus Schauspielerinnen und Schauspielern verschiedenen Alters bestehen, die alle mehrere Rollen spielen und sich im Rahmen des Ensembles über lange Zeit entwickeln konnten. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden Hunderte solcher Repertoiretheater gegründet. Heute sind die Unterhaltskosten für ein Theater deutlich höher. Besonders kostenaufwendig sind die großen Repertoiretheater: 2013 erhielten etwa in Deutschland 142 Theater rund 2,4 Milliarden Euro – das sind durchschnittlich 16 Millionen Euro pro Theater. Zugleich leiden viele Häuser an institutioneller Erfolglosigkeit, Verödung oder künstlerischer Stagnation. Dies führte entweder zu einer Neugestaltung des gesamten Sektors, wie etwa in Großbritannien während der 1980er Jahre, oder aber zu einem beträchtlichen Anstieg der öffentlichen Ausgaben, wie in Deutschland und Norwegen. Gleichzeitig wurde im Diskurs um Kulturförderung ein neues Ideal künstlerischer Arbeit formuliert: Kreativarbeiter sollen zum ökonomischen Wachstum beitragen, statt lediglich von staatlicher Unterstützung zu leben.

Die meisten Künstler leben mit Risiken, zumal es generell mehr Künstler gibt als Bedarf an künstlerischer Produktion. Dem Risiko der Unterbeschäftigung oder gar Arbeitslosigkeit sehen sich folglich die meisten Künstler dauerhaft ausgesetzt. Dies zieht das Risiko des Verlusts der sozialen Sicherheit nach sich beziehungsweise das Risiko, die eigene Familie nicht ernähren zu können. Um diesen Risiken zu begegnen, arbeiten viele Künstler zusätzlich noch in anderen Berufen. Vielen gilt darüber hinaus das Risiko als integraler Bestandteil künstlerischen Schaffens. Die Risikosteuerung und -begrenzung nimmt heute einen wichtigen Teil der staatlichen Sozial- und Kulturpolitik ein. Laut dem Soziologen Gøsta Esping-Andersen werden gesellschaftliche Risiken in den westlichen Gesellschaften entweder von der Familie, dem Markt oder dem Sozialstaat aufgefangen. In ähnlicher Weise wird das kulturpolitische Risikomanagement vom einzelnen Künstler oder der Kunsteinrichtung wie dem Theater übernommen. In manchen Systemen begrenzt weitgehend der Staat das Risiko.

Wie wirken sich verschiedene kulturpolitische Systeme und Arten der Theaterorganisation auf die Wohlstandssituation und künstlerische Entwicklung von Künstlern aus? Wie erleben Künstler ihr jeweiliges Risiko – und wie begrenzen und steuern die verschiedenen Einrichtungen und kulturpolitischen Systeme dieses Risiko? Der vorliegende Artikel soll diese Fragen anhand dreier Fallbeispiele aus Norwegen, Großbritannien und den Niederlanden beantworten. Die drei porträtierten Schauspieler sind Teilnehmer einer empirischen Vergleichsstudie zur Politik der darstellenden Künste. Auch wenn ihre Karrieren nicht stellvertretend für die aller Schauspielerinnen und Schauspieler betrachtet werden können, zeigen sie die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen professioneller Theaterschauspieler in verschiedenen Ländern und kulturpolitischen Systemen. Bei allen dreien handelt es sich um Familienväter um die 40, die als Schauspieler in einem großen Theater arbeiten. Basierend auf der durch den Soziologen Ulrich Beck entwickelten Theorie der Risikogesellschaft wird zugleich gefragt, wie die Künstler ihr Risiko erleben und wie die jeweiligen kulturpolitischen Systeme sie bei ihrer Risikosteuerung und -begrenzung unterstützen.

Erik aus Norwegen und Hugh aus Großbritannien

Erik absolvierte vor 15 Jahren eine Schauspielausbildung an der Theaterakademie in Oslo. Anschließend ging er an eines der größten Repertoiretheater Norwegens, bei dem er auch heute noch beschäftigt ist. Seit knapp 50 Jahren wird das Haus staatlich gefördert, das Budget des Theaters besteht zu 80 Prozent aus öffentlichen Geldern. Heute beschäftigt es rund 160 Personen, davon etwa 60 Schauspieler; gespielt wird auf drei Bühnen. Erik hat ein Dauerengagement und wirkt an einer breiten Palette von Theaterproduktionen von klassischen und modernen Dramen bis hin zu Musicals und Theaterstücken für Kinder mit. Durchschnittlich nimmt er jedes Jahr an drei Stücken teil und ist nahezu konstant beschäftigt. Hin und wieder nimmt er Urlaub, um an anderen Theater- und Fernsehproduktionen mitzuwirken. Seinen Job hält Erik für sicher. In der Tat unterscheiden sich seine Arbeitsbedingungen kaum von denen anderer norwegischer Staatsbediensteter. Er verdient in etwa so viel wie ein Lehrer, erhält später eine anständige Rente und profitiert von großzügigen Sozialleistungen. Dies trifft jedoch nicht auf alle seine Kolleginnen und Kollegen zu: Nur 40 Prozent der norwegischen Schauspieler sind vollzeitbeschäftigt. Laut Erik steht und fällt das Arbeitsumfeld wesentlich mit den Entscheidungen des künstlerischen Leiters. Die Art der Führung des Ensembles bestimmt über das Wohlergehen und die künstlerische Entwicklung der Schauspieler. Tatsächlich erhalten drei Schauspieler aus Eriks Ensemble selten Rollen. Die Sorge, nicht genug spielen und seine Fähigkeiten zeigen zu können, erscheint als die größte Belastung im Ensemble. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass fest engagierte Darstellerinnen und Darsteller an einem norwegischen Theater zwar kein hohes soziales Risiko tragen – kommen sie jedoch nicht auf ausreichende Spielzeit, können sie sich künstlerisch nicht weiterentwickeln.

Mit 21 absolvierte Hugh eine Schauspielausbildung in London. In Großbritannien gibt es vergleichsweise viele Schauspielschulen, die Konkurrenz um jede Rolle ist entsprechend groß. Nach der Ausbildung wirkte Hugh zunächst in zahlreichen Unterhaltungsshows mit. Gegenwärtig probt er für sein erstes Stück am Britischen Regionaltheater (BRT). Er hat bisher noch nie mit dem Regisseur oder den anderen Schauspielern zusammengearbeitet. In Großbritannien engagieren die meisten Theater ihre Schauspieler für jeweils ein Stück. Noch bis in die 1980er Jahre arbeiteten die meisten Regionaltheater des Landes in der Tradition Stanislawskis. Sie stellten also für mindestens eine Theatersaison ein Ensemble zusammen, probten auf eigenen Bühnen und zeigten eine bestimmte Anzahl von Stücken. Dann erschütterte eine Finanzkrise die meisten britischen Regionaltheater. Die Inflation führte zur Kostenexplosion, die Staatsausgaben wurden gekürzt und einige Theater mussten schließen. Die überlebenden Häuser mussten drastische Kürzungen hinnehmen, die auch zur Entlassung von ganzen Ensembles und zur Aufgabe von Repertoirespielplänen führten.

Heute kombiniert das BRT wie die meisten Regionaltheater Englands einen Spielplan aus Haus-, Co- und Gastspielproduktionen. Für jedes Stück werden Schauspieler engagiert. Aufgrund der hohen Bewerberzahl werden jene ausgesucht, die "typengenau" zur Rolle passen. Das Engagement läuft für die Zeit der Proben (drei bis vier Wochen) sowie der anschließenden Zeit der En-suite-Vorstellungen (zwei bis vier Wochen). Einer dieser Schauspieler ist Hugh. Über seinen Agenten erhielt er drei Monate vor Probenbeginn die Zusage. Anschließend traf er Vorbereitungen für die zwei Monate, in denen er nicht bei seiner Familie in London sein kann. Er musste eine Unterkunft suchen, für deren Unterhalt er zusätzlich zu seiner festen Gage von 500 Pfund pro Woche wöchentlich weitere 150 Pfund erhält. Nach der Zusammenarbeit mit dem BRT wird Hugh ein neues Engagement suchen, viel mit seinem Agenten telefonieren und sich um Einladungen zu Vorsprechen bemühen. Mitunter muss er auch einmal zwei Wochen ohne Gage auskommen. Die generelle Jobunsicherheit und die fehlende Einkommenssicherheit empfindet Hugh als Belastung, auch für sein Privatleben. In Großbritannien ist es ein Risikogeschäft, Schauspieler zu sein.

Kreative Arbeit und Risiko

Ulrich Beck beschreibt den hier relevanten Wandel moderner Gesellschaften wie folgt: "Es kommt immer stärker zu einer Abspaltung eines Vollbeschäftigungs- von einem System der flexiblen, pluralisierten individualisierten Unterbeschäftigung." Die Arbeitssituationen von Erik und Hugh kann durchaus entlang dieser Beschreibung interpretiert werden: Während Erik von einem standardisierten Beschäftigungsverhältnis profitiert und vorwiegend an einem Ort arbeitet, erlebt Hugh genau die von Beck beschriebene Entwicklung und ist daher ein typischer Vertreter der neuen unterbeschäftigten Kreativarbeiter. Wie die meisten seiner britischen Kollegen ist Hugh nicht vollzeitbeschäftigt, sondern ständig auf der Suche nach neuen Engagements – sei es im Theater, Radio, Fernsehen oder in der Werbung.

Die Kulturwissenschaftler David Hesmondhalgh und Sarah Baker diskutieren die persönlichen Folgen für Künstler, die unter den Bedingungen der Risikogesellschaft und Unterbeschäftigung arbeiten. Ähnlich wie bei Hugh gehört die permanente Sorge um den nächsten Job auch für ihre Gesprächspartner zum Alltag. Das führe zu "Nervosität, Angst und selbst Panikattacken als wiederkehrende Aspekte ihres Arbeitslebens". Viele leiden zudem unter geringem Selbstwertgefühl, Verletzlichkeit und Selbstzweifeln. Dennoch bewerben sich jährlich Tausende an den Schauspielschulen. In Großbritannien führt das liberale Bildungssystem in Kombination mit einem liberalen Beschäftigungssystem zu einer überwältigenden Anzahl an Schauspielern, die auf einen riskanten Arbeitsmarkt drängen. Laut einer aktuellen Studie bleiben fast 90 Prozent von ihnen unterbeschäftigt. "Sie verzichten auf finanziellen Lohn und Sicherheit zugunsten kreativer Autonomie", so Hesmondhalgh. Doch wie kreativ und autonom sind sie wirklich?

Am Norwegischen Theater hat Erik Einfluss auf seine Arbeit. So kann er etwa im Rahmen eines Künstlergremiums mitentscheiden, welchen Part er in einem Stück übernimmt. Als Ensemblemitglied spielt er außerdem verschiedene Rollen und kann sein künstlerisches Potenzial zur Interpretation verschiedener Charaktere einbringen. In Großbritannien beschränkt sich Hughs Arbeit hingegen vor allem auf Rollen, die zu seinem Äußeren und seinen Talenten passen. Die Möglichkeiten, als Schauspieler zusätzliche kreative Fähigkeiten zu entwickeln, sind entsprechend begrenzt. Wie bereits im Rahmen einer früheren Studie festgestellt, scheint die künstlerische Kreativität in bürokratisch organisierten Repertoiretheatern keineswegs eingeschränkt zu werden. Vielmehr scheinen sie Raum für kreative Entwicklung zu schaffen, der freiberuflichen Schauspielern verwehrt bleibt.

Nichtsdestotrotz sind norwegische Theater zu 80 Prozent auf öffentliche Mittel angewiesen, während britische Theater mit weniger als 50 Prozent überleben können. Die Kosten für ein Repertoiretheater mit vernünftigen Arbeitsbedingungen sind beträchtlich – und im Falle Norwegens steigen sie rapide. Gibt es für Theaterpolitik und Theaterorganisation einen dritten Weg?

Johann aus den Niederlanden

In den Niederlanden gibt es heute keine großen Repertoiretheater mehr. Diese Tradition brach 1969 zusammen und hinterließ eine Theaterlandschaft mit autonomen Ensembles, die in erheblichem Maße mit öffentlichen Geldern gefördert werden. Als Teil der Culturele Basisinfrastructuur wurden einige dieser Einrichtungen im Laufe der vergangenen zehn Jahre verstärkt subventioniert: Auf der Basis ihrer vorangegangenen künstlerischen und finanziellen Erfolge, die von einer unabhängigen Kommission ermittelt werden, erhalten die Einrichtungen in einem Vierjahresrhythmus öffentliche Gelder. Ensembles, die bei der Evaluierung nicht gut abschneiden, müssen hingegen Kürzungen hinnehmen.

Johann absolvierte vor 15 Jahren die Abschlussprüfung an einer renommierten holländischen Theaterakademie und arbeitete anschließend in einem der großen Ensembles des Landes. Nach einigen ersten Erfolgen erhielt er das Angebot, ins Ensemble eines angesehenen holländischen Regisseurs zu wechseln. Mit ihm arbeitete Johann zunächst in zwei verschiedenen Theatergruppen zusammen, bevor er festes Mitglied der Holländischen Theatergruppe (HTG) wurde, die dank zahlreicher positiver Beurteilungen mit Subventionen ausgestattet ist. Johanns Karriere lässt sich mit der vieler holländischer Kollegen vergleichen: Viele arbeiten über einen bestimmten Zeitraum im Ensemble einer Regisseurin oder eines Regisseurs.

Innerhalb der HTG gibt es verschiedene Vertragsmodelle. Manche Schauspieler werden für ein Jahr engagiert, andere dauerhaft verpflichtet. Im Gegensatz zu Erik aus Norwegen ist es für Johann schwieriger, außerhalb des Ensembles zu arbeiten. In ihrer Spielplanung hat die HTG Johann bereits für Jahre eingeplant. Er hat sich dem Ensemble gegenüber daher mehr oder weniger fest verpflichtet. Dies ist einer der Gründe, warum manche Schauspieler gar nicht Teil eines Ensembles sein wollen. Auch wenn Freiheiten durch die Mitgliedschaft in einem Ensemble beschnitten werden, bietet sie Vorteile hinsichtlich der künstlerischen Entwicklung: Ein Schauspieler kann dauerhaft auf der Bühne stehen, verschiedene Charaktere spielen und von den Kollegen im Ensemble lernen.

Paradoxerweise ähnelt die Organisationsform der HTG folglich mehr dem Repertoiretheater Stanislawskis als das britische oder das norwegische Theaterkonzept. Obwohl das Konzept der Repertoiretheater in den Niederlanden vor mehr als 40 Jahren zusammenbrach, entschied sich die HTG aus künstlerischen Gründen, mit einem festen Ensemble zusammenzuarbeiten. "Auf lange Sicht", so der künstlerische Leiter, "bietet wohl nur die Arbeit mit einem Ensemble Bedingungen für richtig gutes Theater."

Das Konzept der HTG spiegelt aber keinen generellen Trend der Theaterorganisation in den Niederlanden wider. Anders als in Norwegen, Deutschland oder Teilen der britischen Theaterlandschaft sind die Theatergruppen hier auf vielfältige Weise organisiert. Gleichwohl ist die HTG ein interessantes Beispiel für eine Einrichtung, die Künstlern sichere Arbeit, Sozialleistungen, ein ordentliches Gehalt und Möglichkeiten zur künstlerischen Entwicklung bietet – und dies einzig aus der Motivation heraus, große Kunst hervorzubringen. Die Arbeitssicherheit der Künstler steht keineswegs im Widerspruch zur künstlerischen Entwicklung – im Gegenteil: Sicherheit für Schauspieler bedeutet nicht zuletzt auch Sicherheit für Regisseure, Schauspieler dauerhaft an sich binden zu können.

Zusammenfassung

Erik, Hugh und Johann müssen unter verschiedenen Bedingungen ihre Risiken steuern und begrenzen. Das liegt zum Teil am besonderen Geschäftsmodell ihrer jeweiligen Theater, aber auch an der Kulturpolitik ihres Landes.

Als die britischen Theater in den 1980er Jahren finanzielle Schwierigkeiten bekamen, wurde das Risiko durch Zeitverträge auf die darstellenden Künstler verlagert. In Norwegen dagegen hat die öffentliche Hand die Subventionen für Theaterinstitutionen erhöht, sodass die Theater keine größeren Veränderungen durchlaufen mussten. In den Niederlanden wird das Risiko im Großen und Ganzen vom staatlich unterstützten Kollektiv der Theatergruppe getragen. Durch eine aktive Kulturpolitik mit regelmäßigen Evaluationen erhalten künstlerische Einrichtungen hier eine Unterstützung entsprechend ihrer Leistungen. Wenn politische Entscheidungsgremien deren Arbeit für unzulänglich halten, können sie ihre Unterstützung anderen Gruppen zukommen lassen. Während also das britische Modell zu einer Individualisierung künstlerischer Arbeit geführt hat, fördert das holländische Modell kollektive Arbeit. Kunst zu schaffen und die Risiken zu steuern und zu begrenzen wird dadurch zur Verantwortung jedes einzelnen Ensemblemitglieds.

Übersetzung aus dem Englischen: Kirsten E. Lehmann, Köln.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Ineke van Hamersveld/Cas B. Smithuijsen, State on Stage. The Impact of Public Policies on the Performing Arts in Europe, Amsterdam 2012.

  2. Vgl. Dragan Klaic, Resetting the Stage: Public theatre between the market and democracy, Bristol 2013, S. 37ff.

  3. Vgl. ebd. sowie Laurence Senelick, National on Compulsion: The Moscow Art Theatre, in: Stephen Wilmer (Hrsg.), National Theatres in a Changing Europe, London 2008, S. 120–137.

  4. Vgl. D. Klaic (Anm. 2).

  5. Vgl. Deutscher Bühnenverein, Theaterstatistik Summentabellen, Externer Link: http://www.buehnenverein.de/de/publikationen-und-statistiken/statistiken/theaterstatistik.html?cmsDL=b7381b25f1bf8c537d4a8a51b87dc53d (14.4.2016).

  6. Vgl. Mervi Taalas, Generalised Cost Functions for Producers of Performing Arts. Allocative Inefficiencies and Scale Economies in Theatres, in: Journal of Cultural Economics, 21 (1997) 4, S. 335–353; Knut Løyland/Vidar Ringstad, Norwegian Subsidized Theatres. Failure or Future?, in: International Journal of Cultural Policy, 21 (2007) 4, S. 407–417.

  7. Vgl. William J. Baumol/William G. Bowen, Performing Arts, the Economic Dilemma. A Study of Problems Common to Theatre, Opera, Music and Dance, London 1968.

  8. Vgl. Richard E. Caves, Creative industries: Contracts between Art and Commerce, Cambridge MA 2000; David Hesmondhalgh/Sarah Baker, Creative Labour: Media Work in Three Cultural Industries, London 2011; ders., The Cultural Industries, Los Angeles–London 20123; Angela McRobbie, Be Creative: Making a Living in the New Culture Industries, London 2016.

  9. Vgl. Pierre-Michel Menger, Artistic Labor Markets. Contingent Works, Excess Supply and Occupational Risk Management, in: Victor Ginsburgh/David Throsby (Hrsg.), Handbook of the Economics of Art and Culture, Amsterdam 2006; Hans Abbing, Why Are Artists Poor? The Exceptional Economy of the Arts, Amsterdam 2002; Carlos Casacuberta/Néstor Gandelman, Multiple Job Holding: The Artist’s Labour Supply Approach, in: Applied Economics, 44 (2012) 3, S. 323–337; Per Mangset et al., Why Are Artists Getting Poorer? About the Reproduction of Low Income among Artists, in: International Journal of Cultural Policy, 2016 (i.E.).

  10. Vgl. Nathalie Heinich, The Glory of Van Gogh: An Anthropology of Admiration, New Jersey 1997; Sigrid Røyseng et al., Young Artists and the Charismatic Myth, in: International Journal of Cultural Policy, 13 (2007) 1, S. 1–16.

  11. Vgl. W. Baumol/W. Bowen (Anm. 7); Anthony Giddens, Runaway World: How Globalisation Is Reshaping Our Lives, London 2002, S. 25.

  12. Vgl. Gøsta Esping-Andersen, Social Foundations of Postindustrial Economies, Oxford 1999, S. 33.

  13. Vgl. Ulrich Beck, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt/M. 1986.

  14. Die Namen der Schauspieler und Theater wurden aus Datenschutzgründen geändert.

  15. Vgl. Olivia Turnbull, Bringing Down the House: The Crisis in Britain’s Regional Theatres, Bristol, 2008, S. 72.

  16. Vgl. UK Theatre, Equity Subsidised Repertory Agreement Rates for 2015–16, Externer Link: http://www.uktheatre.org/Downloads/ratesofpay/UKTheatreEquitySubReprates20152016.pdf (14.4.2016).

  17. U. Beck (Anm. 13), S. 152.

  18. Vgl. D. Hesmondhalgh/S. Baker (Anm. 8).

  19. Vgl. ebd.

  20. Ebd. S. 122.

  21. Vgl. Per Mangset et al., For mange fattige kunstnere, in: Nytt Norsk Tidsskrift, 27 (2010) 4, S. 389–400.

  22. Vgl. Equity, Equity Membership Survey Summary 2013, Externer Link: http://www.equity.org.uk/documents/2013-equity-membership-survey-summary/surveysummary-12122013.pdf (14.4.2016).

  23. D. Hesmondhalgh/S. Baker (Anm. 8), S. 261.

  24. Per Mangset et al., Artists in an Iron Cage? Artists’ Work in Performing Arts Institutions, in: The Journal of Arts Management, Law, and Society, 42 (2012) 4, S. 156–175.

  25. Vgl. National Portfolio Organisations, Annual Survey 2012/2013, London 2013.

  26. Vgl. K. Løyland/V. Ringstad (Anm. 6); Georg Arnestad, Tala i Kulturløftet. Del 1 Kulturløftet i det statlege kulturbudsjettet 2005–2013, November 2012, Externer Link: http://www.regjeringen.no/globalassets/upload/kud/styrer_raad_utvalg/kulturutredningen/arnestad_tala_i_kulturloftet_del_i.pdf (14.4.2016).

  27. Vgl. Hans van Maanen, The Dutch Theatre System. A World of Independents, in: Theatre Research International, 27 (2002) 2, S. 178–191.

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M.A., geb. 1978; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geistes- und Kulturwissenschaften des University College of Southeast Norway sowie am Telemark Research Institute in Bø/Norwegen. E-Mail Link: kleppe@tmforsk.no