Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Machtverschiebungen vom Parlament zur Exekutive | Repräsentation in der Krise? | bpb.de

Repräsentation in der Krise? Editorial Krise der Demokratie? Anmerkungen zu einem schwierigen Begriff Demokratische Repräsentation und ihre Krise Die Krise der Weimarer Demokratie – Analogien zur Gegenwart? Populismus. Symptom einer Krise der politischen Repräsentation? Sinkende Wahlbeteiligung. Interpretationen und mögliche Gegenmaßnahmen Einstellungen junger Menschen zur Demokratie. Politikverdrossenheit oder politische Kritik? Machtverschiebungen vom Parlament zur Exekutive. Demokratie in Zeiten multipler Krisen

Machtverschiebungen vom Parlament zur Exekutive Demokratie in Zeiten multipler Krisen

Stefanie Wöhl

/ 11 Minuten zu lesen

Die Grundlagen der repräsentativen Demokratie scheinen derzeit durch Machtverschiebungen zugunsten der Exekutive infrage gestellt zu sein, da relevante Entscheidungen häufig in Expertengremien und Kommissionen ausgelagert werden, bevor sie dem Parlament zur Beratung vorliegen.

Die Grundlagen der liberalen Form der repräsentativen Demokratie, die auf Mehrheitsentscheidungen aufbaut, scheinen derzeit auf nationalstaatlicher und supranationaler Ebene durch eine Politik infrage gestellt zu sein, die relevante Entscheidungen in Expertengremien und Kommissionen auslagert, bevor sie diese dem Parlament zur Beratung vorlegt. Diese Machtverschiebungen zugunsten der Exekutive lassen sich nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in weiteren EU-Mitgliedstaaten und auf der EU-Ebene selbst beobachten. Im Folgenden möchte ich dieser Entwicklung nachgehen, indem ich zuerst die wissenschaftliche Debatte um die Staatsform Demokratie aufgreife, die ihre Fortsetzung in der "Postdemokratie"-Debatte fand. Daran anschließend werde ich auf einzelne Länderbeispiele eingehen, um diese demokratietheoretisch und politisch bedenklichen Entwicklungen darzustellen.

Demokratie und "Postdemokratie"

Die historische Erfahrung von Weimar und des Nationalsozialismus führte dazu, dass der Glaube an die formale Kraft des Gesetzes in Deutschland überdacht wurde, war Adolf Hitler doch zunächst auf formaldemokratischem Wege und mit parlamentarischen Mehrheiten an die Macht gekommen, ehe er die Demokratie abschaffte. Die politischen Parteien, das Parlament, die Regierung und die Gerichte im politischen System der Bundesrepublik waren daher gut beraten, sich nicht auf die formalen demokratischen Prozedere und Möglichkeiten zu beschränken, sondern auch die politischen Dimensionen ihrer Entscheidungen mitzudenken.

Ein Blick auf die normativen, politischen und ökonomischen Veränderungsprozesse innerhalb der Staatsform Demokratie ist daher immer besonders relevant. Die liberalen Demokratieversprechen von politischer Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz bestehen zwar formal weiterhin für alle Staatsbürgerinnen und Staatbürger, scheinen heute aber eingeholt von einer marktbezogenen neoliberalen Rationalität, die die abstrakt-imaginierte liberale Freiheit des Individuums sowie politische Rechte zunehmend mit Rechten auf dem freien Markt unter Wettbewerbsbedingungen gleichsetzt. Damit wird auch die klassische liberale Vorstellung von Freiheit und Gleichheit umgedeutet oder marktkonform interpretiert. Der Markt selbst bleibt dabei zwar ein selbstständiges Handlungsfeld, hat aber normative Auswirkungen auf die Form und Funktionen liberaler Demokratien. Die Ausrichtung nach ökonomischen Wettbewerbsbedingungen hat dazu geführt, dass der Homo oeconomicus normativ als politische und soziale Leitfigur dient, der sich nicht nur die Individuen fügen sollen, sondern an der sich jegliches staatliche Handeln bemessen lassen muss.

Profitabilität, Rentabilität, Leistung und Kosten-Nutzen-Maximierung werden dabei zu Maximen, die auch für den Rechtsstaat und die Staatsform Demokratie relevant werden: Wie die Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008 verdeutlicht hat, dient der Staat immer dann dem Markt als Stabilisator, wenn der Markt dies benötigt. Staatliche Legitimität wird somit an die erfolgreiche Durchsetzung von Marktinteressen gekoppelt. Dies verändert die Annahme, dass der Staat letztlich Repräsentant des Volkes sei.

Diese Vermarktlichungstendenzen verschiedener, auch vormals privat gestalteter Lebensbereiche – etwa die Reprivatisierung in der Pflegearbeit und die Ausrichtung der öffentlichen Verwaltung nach dem Marktprinzip durch ökonomische Benchmarks, New Public Management und Leistungsvereinbarungen zur Output-Optimierung – sollen ökonomisch handelnde Akteurinnen und Akteure schaffen. Sie werden heutzutage in der staatlichen Verwaltung an dem ökonomischen Output ihres jeweiligen Policy-Bereichs und an der Quantität der Leistungen bemessen.

Die Administration der politischen Verwaltung wurde in den 1970er Jahren noch als "hinreichend autonom" gesehen und somit als ein Anzeichen dafür, dass die repräsentative liberale Demokratie im Nachkriegsdeutschland stabil war, trotz ihrer Exklusion marginalisierter Interessen von zum Beispiel Betreuungs- und Pflegearbeit im Privathaushalt. Mit dem Wirtschaftsaufschwung und schließlich durch Massenproduktion wurde Deutschland innerhalb der EU unter dem Primat der Wettbewerbsfähigkeit zur heutigen exportorientierten Wirtschaftsnation.

Im Zeichen multipler internationaler Krisen wie der Finanz-, Umwelt- und Wirtschaftskrise – einhergehend mit einer Krise der sozialen Reproduktion alltäglicher Lebensführung und der fortwährenden Repräsentationskrise – findet heute in Europa eine Verschiebung in den Parteienpräferenzen statt. Rechtspopulistische und -radikale Parteien gewinnen an Zulauf, während die Wählerschaft der großen Volksparteien zunehmend schrumpft. Diese Feststellung und der Umstand, dass die materiellen Grundlagen der Demokratie europaweit durch Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und schwaches Wirtschaftswachstum erodieren, zeigen, dass die Dialektik zwischen Demokratie und Kapitalismus wieder neu gedacht werden muss.

Staat als Verdichtung der Kräfteverhältnisse

Die sozialwissenschaftliche Diskussion, dass technokratische und wirtschaftspolitische Eliten Entscheidungen zu ihren Gunsten gestalten, wurde bereits durch die Postdemokratie-These entfacht. Die Frage, inwiefern die Demokratie, die Parlamente und Parteien unter Legitimationsdruck sowohl gegenüber ihrer Wählerschaft als auch gegenüber Partikularinteressen stehen, diskutierte Jürgen Habermas 1973 zur Zeit eines relativ stabilen Wirtschaftswachstums in Deutschland. Die Politikwissenschaftler Claus Offe und Nicos Poulantzas analysierten in den 1970er Jahren zudem das Verhältnis von Demokratie und kapitalistischer Entwicklung. Poulantzas ging von einer relativen Autonomie des Staates gegenüber den Interessen spezifischer Kapitalfraktionen im Kapitalismus aus. Laut Poulantzas sind der Staat und die Staatsform Demokratie relativ autonom von diesen Interessen, da sie auf soziale und politische Kohäsion bedacht sind. Der Staat ist demnach die institutionalisierte Form eines gesellschaftlichen Verhältnisses, das "die Form der demokratischen Austragung von Interessenkonflikten und Selbsteinwirkung annehmen kann".

Das heißt, dass sich soziale und politische Antagonismen kapitalistischer Gesellschaften in politischen Institutionen materialisieren. In der Verdichtung sozialer Kräfteverhältnisse kommt dem Staat dabei eine relative Autonomie zu, sodass sich die kapitalistische Produktionsweise oder die Interessen bestimmter Klassen- oder (Finanz-)Kapitalfraktionen nicht einfach in den staatlich-institutionellen Apparaten verwirklichen. Vielmehr ist der Staat eine Arena für Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen institutionellen Apparaten und Akteuren. Ihre Verhandlungspositionen sind mit unterschiedlichen Machtressourcen ausgestattet. Sie befinden sich daher in einem "Feld strategischer und struktureller Selektivität". Dies bedeutet in den Worten des Staatstheoretikers Bob Jessop, dass "bestimmte Staatsformen einige Strategien gegenüber anderen, den Zugang einiger Kräfte gegenüber anderen, einige Koalitionsmöglichkeiten gegenüber anderen privilegieren". Es heißt auch, dass in den zyklisch wiederkehrenden Krisen im Kapitalismus demokratische Akteure zwar den Interessenausgleich suchen können, es aber auch zu autoritären Wendungen kommen kann.

Dass die Institutionen und Akteure in der liberalen nationalen Demokratie spätestens seit der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht mehr in der Lage sind, einen Interessenausgleich herzustellen, liegt bei genauerer Betrachtung daran, dass sich wettbewerbspolitische und geldwertstabilitätsorientierte Interessen über exekutive Institutionen im Zuge der neuen Kompetenzverschiebungen innerhalb der EU durchsetzen. Der Soziologe Wolfgang Streeck argumentiert in diesem Kontext, dass die politischen Institutionen "nichts zu entscheiden" hätten, was wirtschaftspolitische Entwicklungen betreffe. Das konkrete Problem ist jedoch vielmehr, dass es gerade bestimmte politische Entscheidungsträger innerhalb der Exekutive sind, die vor dem Hintergrund mächtiger politischer Interessengruppierungen verbindliche Gesetze formulieren und umsetzen, sowohl supranational innerhalb der EU als auch in den Mitgliedstaaten. Diese Dimension der Krise der repräsentativen Demokratie im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise soll im Folgenden im Kontext der EU näher erläutert werden.

Multiple Krise und Demokratie

Die systemisch-krisenhaften Tendenzen, die dem Finanzkapitalismus inhärent sind und denen die repräsentative Demokratie in ihrer politischen Form nur begrenzt begegnen kann, führt zu der Frage zurück, wie politische Repräsentantinnen und Repräsentanten politökonomische Entscheidungen treffen und legitimieren.

In wirtschaftspolitischen Krisendiskursen seit 2008 wird häufig auf den Sachzwang des "Schnell-und-effektiv-handeln-Müssens" zurückgegriffen, da sonst die Finanzmärkte nicht befriedet würden und es somit durch Ratingagenturen noch schneller zu Abstufungen einzelner Länderbonitäten komme, was zuletzt dennoch immer wieder geschehen ist. Diese systemische Sachzwang-Logik, die an den internationalen Finanzmärkten orientiert ist, durchzieht den öffentlichen politischen Krisendiskurs, ohne dabei die Legitimität ihrer Argumente und Entscheidungen explizit rückzubinden. So wurden die Befugnisse der nur indirekt demokratisch legitimierten EU-Kommission gegenüber dem Europäischen Rat aufgewertet, indem durch das Verfahren der umgekehrten Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit die Gesetzesvorschläge der Kommission als verbindlich gelten, wenn sie nicht innerhalb von zehn Tagen mit qualifizierter Mehrheit vom Europäischen Rat beanstandet werden. Und seit dem Inkrafttreten des Europäischen Fiskalpakts – der noch in den jeweiligen nationalen Parlamenten abgestimmt wurde und eine permanente Schuldenbremse im nationalen Haushaltsbudget verbindlich regelt – werden alternative wirtschaftspolitische Vorschläge jenseits von Austerität in Zukunft verunmöglicht.

In Zeiten, in denen der Kapitalkreislauf unterschiedliche hochspezialisierte Finanzkreisläufe entwickelt hat, die massiv miteinander verschränkt sind, wurde das Wissen um diese Verschränkungen zu einer Form des Expertentums. Geht es heute um anerkanntes demokratisches Regieren, dient dieses Expertentum als legitime Entscheidungsgrundlage. Die Expertendiskurse werden schließlich von einem politischen System auf supranationaler Ebene der EU abgesichert, das auch ohne wesentliche legislative Entscheidungsbefugnisse auskommen könnte. Dies zeigen die Verschiebungen hin zur Exekutive auf der EU-Ebene durch den Fiskalvertrag und weitere neuere Maßnahmen der Economic Governance, die alle eine einseitige wettbewerbspolitische Ausrichtung haben und ausschließlich monetäre Konvergenz- und Stabilitätskriterien vorgeben. Ein ausgeglichener Staatshaushalt wird so zur Maxime, die Befugnisse der Europäischen Kommission werden aufgewertet und nationale Parlamente verlieren in Budgetfragen an Mitspracherecht.

Wenn wir zugleich an die Vordenker neoliberaler Wirtschaftspolitik wie Friedrich von Hayek denken, dann wird deutlich, dass der Abbau demokratischer Rechte immer schon immanenter Bestandteil neoliberaler Politik war: "The political institutions prevailing in the Western world necessarily produce a drift [towards the destruction of the market] which can be halted or prevented only by changing these institutions." Zwar sollen laut Hayek das Konzept der Demokratie aufrechterhalten bleiben und nur jene Bedingungen und Institutionen verändert werden, die inkompatibel mit dem westlichen Kapitalismus sind. Demnach wären aber viele westliche Demokratien unvereinbar mit dem Kapitalismus. Sein Argument lautet, dass es notwendig sei, die Macht von gewählten Parlamenten zu beschränken, und dafür eher exekutive Kräfte zu bemächtigen, allgemeingültige Regeln einzuführen: "The root of the evil is thus the unlimited power of the legislature in modern democracies, a power which the majority will be constantly forced to use in a manner that most of its members may not desire. What we call the will of the majority is thus really an artifact of the existing institutions, and particularly of the omnipotence of the sovereign legislature, which by the mechanics of the political process will be driven to do things that most of its members do not really want, simply because there are no formal limits to its powers."

Krisenerscheinungen und exekutive Dominanz

Historisch mussten diese demokratischen Zugeständnisse an die Legislative aufgrund von politischen Kämpfen seitens der Gewerkschaften, progressiven Parteien und sozialen sowie politischen Bewegungen gemacht werden. Aber infolge steigender Arbeitslosigkeit und sinkender Mitgliederzahlen verlieren die sozialpolitisch orientierten Interessenvertretungen an Stärke und Durchsetzungskraft. Dies ist besonders in den Staaten ersichtlich, die seit 2010 unter die EU-Rettungsschirme gekommen sind: In Irland wurden etwa 2009 mit den National-Partnership-Agreements Kollektivverträge in der Privatwirtschaft abgeschafft, und es wurde zu betriebsinternen Haustarifen zurückgekehrt. Der politische Einfluss der Gewerkschaften wurde so zugunsten der Arbeitgeberseite geschwächt.

Die wirtschaftspolitischen Entwicklungen seit 2008 geben also nicht nur zu denken, was die Armutsgefährdung und den realen Armutsanstieg der Bevölkerung in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU betrifft und wie überhaupt ein gutes Leben für viele Menschen aussehen könnte, sondern auch, wie das demokratische politische System in Zukunft gestaltet sein soll, um einen Interessensausgleich herzustellen. Diese krisenhafte Dimension der politischen Repräsentation – also das Schwinden von Transparenz politischer Entscheidungsfindung durch exekutive Dominanz, die Einführung exekutiver Krisenlösungsstrategien auf der supranationalen Ebene der EU und in einzelnen Mitgliedstaaten – wird derzeit auch durch die Pakte für Wettbewerbsfähigkeit der EU-Kommission verstärkt. Hier sollen soziale Rechte von Arbeitnehmerinnen und -nehmern beschränkt werden, indem eine Lohnflexibilität nach unten und noch flexiblere Arbeitsverträge ermöglicht werden. In Großbritannien wurde dies bereits durch die sogenannten Zero-Hours-Verträge praktiziert, bei denen Angestellte nur auf Abruf bezahlt werden und fixe Stunden vertraglich nicht im Vorhinein geregelt sind. Dank der sozialen Abwärtsspirale fiel es den Rechtspopulisten in Großbritannien vor dem Brexit-Referendum leicht, die Schuld für soziale und politische Missstände auf Migrantinnen und Migranten zu schieben.

Schluss

Der demokratische Interessenausgleich innerhalb der EU wird aufgrund der multiplen Krisenverhältnisse und den strikten Austeritätsprogrammen in den von der Finanzkrise besonders hart getroffenen Ländern nicht hergestellt – unabhängig davon, ob die Programme durch die supranationale Ebene vorgegeben wurden wie in Griechenland oder durch die bisherigen Regierungsparteien umgesetzt wurden wie in Spanien. Dabei waren besonders in diesen beiden Staaten die Parlamentswahlen eng verknüpft mit der Ablehnung der Austeritätspolitik. In Spanien ist es bis September 2016 trotz Neuwahlen zu keiner stabilen Regierungsbildung gekommen.

Bei der seit 2008 erfolgten diskursiven Problemverschiebung von einer Finanz- und Wirtschafts- zu einer Staatsschuldenkrise gerät oft aus dem Blick, dass nicht nur die Instabilität und hohe Volatilität des Banken- und Finanzsektors Probleme darstellen, sondern dass auch hohe Armutsraten zu einer Instabilität des politischen Systems führen können. Besonders in Spanien und Griechenland hatte dies gravierende Konsequenzen für den Zustand der repräsentativen Demokratie sowie für die Sozialsysteme und die Existenzsicherung der breiteren Bevölkerung. Auch in Irland haben die klassischen Großparteien Fianna Fáil, Fine Gael sowie Labour größere Verluste hinnehmen müssen.

Autoritär orientierte Maßnahmen wie die Verhängung des Ausnahmezustands in Frankreich zeigen auch, dass in einer spezifischen Krisenkonstellation die repräsentative Demokratie Formen des autoritären Etatismus, wie ihn Poulantzas zuerst beschrieben hatte, entwickeln kann. Der Ausnahmezustand in Frankreich, obwohl zur Terrorismusbekämpfung verhängt, hat auch das demokratische Recht auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt und gleichzeitig stattfindende Arbeitskämpfe begrenzt. Ob diese Situation in den oben genannten Ländern zu einer weiteren Schwächung der repräsentativen Demokratie führt und rechtsradikale Parteien europaweit durch die derzeitigen Flüchtlingsbewegungen weiter gestärkt werden, bleibt offen. Der Ausgang unterscheidet sich womöglich von Staat zu Staat. Letztendlich machen die multiplen Krisenphänomene eine politische und ökonomische Neuausrichtung der EU unabdingbar: Politische Partizipation, soziale Inklusion und ökonomische Integration sollten als gleichwertig betrachtet werden, um eine föderale Union aufzubauen, die regionale ökonomische Bedingungen berücksichtigt und Mitgliedstaaten nicht gegeneinander ausspielt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Dirk Jörke, Bürgerbeteiligung in der Postdemokratie, in: APuZ 1–2/2011, S. 13–18.

  2. Vgl. Jürgen Habermas, Zur Verfassung Europas, Frankfurt/M. 2011.

  3. Vgl. Ingeborg Maus, Über Volkssouveränität. Elemente einer Demokratietheorie, Frankfurt/M. 2011.

  4. Zum Konzept des Homo oeconomicus siehe Friederike Habermann, Der Homo Oeconomicus und das Andere. Hegemonie, Identität und Emanzipation, Baden-Baden 2008.

  5. Zur Ökonomisierung der Pflegearbeit siehe Birgit Pfau-Effinger/Tine Roostgard, Welfare State Change. The Strengthening of Economic Principles, and New Tensions in Relation to Care, in: Nordic Journal of Social Research 2/2011, S. 1–6.

  6. Vgl. Birgit Riegraf, Staatstheorien. Geschlecht und New Public Management, Wiesbaden 2018 (i.E.).

  7. Jürgen Habermas, Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt/M. 1973, S. 55.

  8. Vgl. Pauline Bader et al. (Hrsg.), VielfachKrise: Im finanzdominierten Kapitalismus, Hamburg 2011.

  9. Vgl. Hanspeter Kriesi/Takis S. Pappas (Hrsg.), European Populism in the Shadow of the Great Recession, Colchester 2016.

  10. Vgl. Sonja Buckel, Dialektik von Kapitalismus und Demokratie heute, in: Oliver Eber/David Salomon (Hrsg.), Perspektiven sozialer Demokratie in der Postdemokratie, Wiesbaden 2016, S. 19–41.

  11. Vgl. Colin Crouch, Postdemokratie, Frankfurt/M. 2008.

  12. Vgl. Habermas (Anm. 7).

  13. Vgl. Claus Offe, Strukturprobleme des kapitalistischen Staates. Aufsätze zur politischen Soziologie, Frankfurt/M. 1973; Nicos Poulantzas, Staatstheorie. Politischer Überbau, Ideologie, autoritärer Etatismus, Hamburg 2002 (1978).

  14. Alex Demirović, Demokratie und Herrschaft, Münster 1997, S. 16.

  15. Joachim Hirsch, Regulation, Staat und Hegemonie, in: Alex Demirović/Hans-Peter Krebs/Thomas Sablowski (Hrsg.), Hegemonie und Staat. Kapitalistische Regulation als Projekt und Prozess, Münster 1992, S. 212.

  16. Bob Jessop, Regulation und Politik. Integrale Ökonomie und integraler Staat, in: ebd., S. 232–262, hier S. 233.

  17. Wolfgang Streeck, Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus, Frankfurt/M. 2013, S. 237.

  18. Vgl. Bob Jessop/Brigitte Young/Christoph Scherrer (Hrsg.), Financial Cultures and Crisis Dynamics, New York 2015.

  19. Vgl. Lukas Oberndorfer, Der neue Konstitutionalismus in der Europäischen Union und seine autoritäre Re-Konfiguration, in: Hans-Jürgen Bieling/Martin Große Hüttmann (Hrsg.), Europäische Staatlichkeit. Zwischen Krise und Integration, Wiesbaden 2016, S. 177–200.

  20. In Italien etwa ist 2011 eine Übergangsregierung gebildet worden, die ihre Rechtmäßigkeit öffentlich mit dem Verweis auf ihr Expertentum begründete.

  21. Vgl. Andreas Fischer-Lescano/Steffen Kommer, EU in der Finanzkrise: Zur Leistungsfähigkeit des Verfahrens der verstärkten Zusammenarbeit für eine Intensivierung der Wirtschafts- und Sozialpolitik, in: Kritische Justiz 4/2011, S. 412–433.

  22. Friedrich A. Hayek, Economic Freedom and Representative Government, Institute of Economic Affairs, Occasional Papers 39/1973, S. 9.

  23. Ebd., S. 11.

  24. Vgl. Ian Bruff/Stefanie Wöhl, Implementing Austerity, Disciplining the Household, in: Jacqui True/Aida Hozić (Hrsg.), Scandalous Economics. Gender and the Politics of Financial Crises, Oxford 2016, S. 92–108.

  25. Vgl. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), Society at a Glance 2014: OECD Social Indicators, OECD Publishing 2014, Externer Link: http://dx.doi.org/10.1787/soc_glance-2014-en.

  26. Vgl. Oberndorfer (Anm. 19).

  27. Vgl. John Kannankulam, Autoritärer Etatismus im Neoliberalismus, Hamburg 2008.

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Stefanie Wöhl für Aus Politik und Zeitgeschichte/bpb.de

Sie dürfen den Text unter Nennung der Lizenz CC BY-NC-ND 3.0 DE und des/der Autors/-in teilen.
Urheberrechtliche Angaben zu Bildern / Grafiken / Videos finden sich direkt bei den Abbildungen.
Sie wollen einen Inhalt von bpb.de nutzen?

ist Leiterin des "Stadt Wien Kompetenzteam für European and International Studies" an der Fachhochschule des BFI Wien. E-Mail Link: stefanie.woehl@fh-vie.ac.at