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Durchsichtige Taschen oder schwarze Koffer? | Parteispendenaffäre | bpb.de

Parteispendenaffäre Editorial  Vom Unheil und Segen einer Affäre Durchsichtige Taschen oder schwarze Koffer? Parteienfinanzierung in der Bewährung Parteispenden in der Krise? Strukturprobleme des Parteienstaates

Durchsichtige Taschen oder schwarze Koffer? Die rechtliche Regulierung der Parteifinanzen und der Fall der CDU

Martin Morlok

/ 24 Minuten zu lesen

Die politischen Parteien haben unter dem Grundgesetz bestimmte Funktionen zu erfüllen. Grundvoraussetzung dieser Funktionserfüllung sind innerparteiliche Demokratie und Achtung der Wettbewerbsregeln zwischen den Parteien.

I. Einführung

1. Die Unentbehrlichkeit politischer Parteien und die Notwendigkeit funktionssichernder Finanzierung

Politische Parteien sind in der parlamentarischen Demokratie des Grundgesetzes unverzichtbar. Wenn unter der normativen Idee der Volkssouveränität, die in Art. 20 II Grundgesetz (GG) verfassungskräftigen Ausdruck gefunden hat, das Volk die maßgebliche Bestimmungsgröße für die Inhalte der Politik sein soll, so bedarf es dafür der Organisationen. Für diese Vermittlungsaufgabe haben sich in den letzten 150 Jahren die Parteien herausgebildet. Sie erst geben dem Volk politische Handlungsfähigkeit und erlauben ihm, seine Interessen als maßgeblich in den politischen Entscheidungsprozess einzuspeisen.

Damit ist auch gesagt, dass der Finanzbedarf der politischen Parteien zu decken ist. Freilich ist bereits hier festzuhalten, dass es nicht darum geht, die Parteien als Selbstzwecke zu finanzieren: Die rechtliche Betrachtung hat immer von der Erfüllung der Parteifunktion, wie sie in Art. 21 I 1 GG zum Ausdruck kommt, auszugehen. Die rechtlichen Vorkehrungen zur Parteienfinanzierung verfolgen in erster Linie das Ziel, die ordentliche Funktionserfüllung der Parteien sicherzustellen, also den freien und chancengleichen Transport von Überzeugungen und Interessen der Bürger in den politischen Entscheidungsprozess.

Für die Versorgung der Parteien mit den notwendigen Finanzmitteln kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht, zuvörderst natürlich Mitgliedsbeiträge, dann aber auch Spenden, Einkünfte aus Vermögen oder wirtschaftlicher Tätigkeit der Parteien, nicht zuletzt kennt man staatliche Zuwendungen.

2. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Parteienfinanzierung

Neben der Freiheit der parteipolitischen Betätigung, die in Art. 21 I 2 GG deutlich zum Ausdruck kommt, ist die Chancengleichheit aller Parteien und aller Bürger bei der parteipolitischen Betätigung das zweite Hauptelement der verfassungsrechtlichen Regulierung des Parteiwesens. Alle Parteien, gleichviel, welche Kreise der Bevölkerung und welche Interessen sie vertreten, sollen im politischen Wettbewerb der verschiedenen Auffassungen und Interessen chancengleich sein. Dies hat die Konsequenz, dass die Mitgliedsbeiträge, die einer ersten Betrachtung als die ideale Finanzierung der Parteien erscheinen, in ihrer Bedeutung nicht verabsolutiert werden dürfen, weil damit unterschiedliche Typen von Parteien ungleich behandelt würden. Neben Parteien, die stark von Mitgliedern leben, die das Parteigeschehen tragen und durch Beiträge finanzieren, gibt es andere, die eine Anhängerschaft ansprechen, die weniger zu organisierter Mitarbeit, aber zu Spenden an die Partei ihrer Wahl bereit ist. Beschränkte das Recht die Parteien auf die Finanzierung durch Mitgliedsbeiträge, so läge darin eine Benachteiligung letztgenannter Kreise. Die rechtliche Regulierung der Parteifinanzen ist durch das Verfassungsgebot der politischen Chancengleichheit verpflichtet, nicht einen Typus von Bürger oder Partei von vornherein besser zu behandeln als andere.

Die Gleichbehandlung ist also ein integraler Bestandteil der europäischen Verfassungstradition. Alle Bürger sollen die gleiche Chance haben, Politik zu beeinflussen. Dies findet sinnfälligen Ausdruck in der Wahlrechtsgleichheit des Art. 38 I 1 GG, geht aber darüber hinaus: "One man, one vote" ist nicht nur eine Regel des Wahlrechts, sondern ein fundamentales Verfassungsprinzip.

Dieses Prinzip begründet eine objektiv-rechtliche Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die gesellschaftlichen Ungleichheiten nicht die wahlrechtliche Gleichheit unterlaufen. Nicht nur auf dem Papier soll der demokratische Willensbildungsprozess allen Teilen der Bevölkerung die gleichen Chancen bieten. Wer reich an Prestige oder auch finanziellen Mitteln ist, soll diese Potentiale nicht ungehemmt in die Politik übertragen können. Das Recht ist deswegen von Verfassungs wegen gehalten, die Auswirkung gesellschaftlicher Potentiale der Einflussnahme auf die Politik zu neutralisieren.

Das Verfassungsprinzip der chancengleichen parteipolitischen Betätigung hat zu mehreren Konsequenzen für die rechtliche Normierung der Parteienfinanzierung geführt: Eine (teilweise) staatliche Finanzierung der Parteien ist eine wichtige Folgerung . Ohne staatliche Mittel zur Parteienfinanzierung wären diejenigen Parteien, die wenig finanzkräftige Interessen vertreten, erheblich benachteiligt. Der Gesetzgeber hat deswegen in den §§ 18 ff. Parteiengesetz (PartG) staatliche Zahlungen an die Parteien eingeführt, die im hier gegebenen Zusammenhang nicht im Einzelnen nachzuzeichnen sind. Damit die Parteien nicht zu in sich selbst ruhender Selbstgefälligkeit auf staatlicher Finanzgrundlage verführt werden, hat das Bundesverfassungsgericht zu Recht eine relative Obergrenze für die Staatsfinanzierung gefordert , die der Gesetzgeber mit § 18 V PartG umgesetzt hat. Gerade die Aufdeckung rechtswidriger privater Parteienfinanzierung sollte daran erinnern, dass ein deutlicher Sockel staatlicher Parteienfinanzierung unverzichtbar ist.

Auch unabhängig von der direkten staatlichen Parteienfinanzierung muss das Recht von Verfassungs wegen auf chancengleichheitsverträgliche Auswirkungen seiner Regelungen achten . Dazu zählt etwa, dass steuerliche Begünstigungen für Spenden an politische Parteien in ihrem Umfang sehr begrenzt bleiben, damit das staatliche Recht nicht diejenigen, die zu großen Spenden fähig sind, auch in großem Umfange unterstützt. Ebenso dürfen Spenden von juristischen Personen an Parteien nicht steuerabzugsfähig sein, um zu vermeiden, dass diejenigen Bürger, welche die Finanzentscheidungen von Organisationen treffen können, vom Steuerrecht in ihrer politischen Präferenz stärker unterstützt werden als andere Bürger .

Nicht zuletzt gilt es, die privaten Finanzleistungen an die Parteien in einer Weise zu regeln, dass dem Gebot politischer Chancengleichheit möglichst entsprochen wird. Das wesentliche Instrument hierfür ist das in Art. 21 I 4 GG aufgestellte Öffentlichkeitsgebot für die Parteifinanzen. Es erfasst selbstverständlich auch die öffentlichen Mittel, seine hauptsächliche Stoßrichtung zielt aber auf die politische Einflussnahme durch private Zuwendungen. Der Kern der Publizitätsregelungen des Parteiengesetzes (§§ 23 ff.) ist von der Verfassung selbst geboten.

Mit dieser Publizitätspflicht für die Parteifinanzen werden mehrere Ziele verfolgt. Das Publizitätsgebot für die Parteifinanzen nach Art. 21 I 4 GG wurde im Blick auf Erfahrungen in der Weimarer Republik in das Grundgesetz aufgenommen, wo Industriekreise die Nationalsozialistische Partei durch wesentliche Spenden unterstützt hatten, ohne dass diese Form der politischen Parteinahme hätte öffentlich kontrolliert werden können. Das Publizitätsgebot für die Einnahmen, hier geht es insbesondere um Spenden, soll sichtbar machen, von wem Parteien finanzielle Zuwendungen erhalten - und wem sie deswegen möglicherweise verpflichtet sind. Damit die Volksweisheit "Wer zahlt, schafft an" sich nicht ungebremst in der Politik durchsetzt, sollen wesentliche Einnahmen einer Partei öffentlich gemacht und damit kontrollierbar werden.

Neben dieser äußeren Seite dient die Öffentlichkeit der Parteifinanzen auch der innerparteilichen Demokratie. Das Publizitätsgebot für die Verwendung der Mittel der Partei empfängt seinen Sinngehalt von Art. 21 I 3 GG her . Auch innerparteilich soll die Transparenz der Finanzströme diese als Mittel innerparteilicher Machtsicherung kontrollierbar machen und damit entschärfen. Zahlungen an Untergliederungen der Partei oder auch an einzelne Funktionsträger können Abhängigkeiten begründen, die sich beim innerparteilichen Kampf um die Macht auswirken. Geld soll als Mittel des innerparteilichen Machterwerbs oder der innerparteilichen Machtsicherung weitgehend ausscheiden. Finanztransfers innerhalb von Parteien kann es, ja muss es geben , dieser soll aber von den dazu berufenen, gewählten Parteigremien beschlossen werden und unter öffentlicher Kontrolle stehen.

Nur eine Partei, die in diesem Sinne intern demokratisch ist, kann ordnungsgemäß so funktionieren, wie das Grundgesetz dies erwartet, nämlich allen Parteimitgliedern und allen externen Wünschen, die an die Partei herangetragen werden, gleiche Chancen einräumen, sich parteiintern durchzusetzen. Die Transparenz der Parteifinanzen auch im Inneren versetzt erst die Parteien in den Stand, einen chancengleichen Wettbewerb zu organisieren und der Übersetzung finanzieller Macht in innerparteiliche Dominanz zu steuern. Die öffentliche Rechenschaftslegung über die Verwendung der Parteimittel ist also ebenso wichtig wie diejenige über die Herkunft der Mittel einer Partei; erst beide zusammen sichern die verfassungsgemäße Funktionserfüllung durch die Parteien, und dies meint wesentlich eine tatsächliche chancengleiche politische Willensbildung.

Schließlich ist die öffentliche Rechenschaftspflicht für die Parteifinanzen auch im Hinblick auf die ordnungsgemäße Amtsführung der staatlichen Instanzen zu sehen. In den Spitzenpositionen der staatlichen Entscheidungen agieren parteipolitisch rekrutierte Amtsträger. Die Offenlegung der Parteifinanzen soll also präventiv wirken gegen die Käuflichkeit staatlicher Entscheidungen und zugleich das - begründete! - Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung staatlicher Stellen bewahren.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Bestimmungen über die Offenlegung der Parteifinanzen von den Verfassungsnormen der Publizität der Parteifinanzen und der innerparteilichen Demokratie getragen werden; sie entsprechen dem funktionellen Zusammenspiel von innerparteilicher Demokratie, Offenlegungspflicht für die Parteifinanzen und politischer Chancengleichheit. Die Qualifizierung dieser Vorschriften als "rein formal" verkennt diese Qualität. Tatsächlich handelt es sich bei wesentlichen Verstößen gegen die einschlägigen Vorschriften des Parteiengesetzes materiell um die Verletzung von Verfassungsrecht.

II. Die Regelungen des Parteiengesetzes über die Parteifinanzen

1. Staatliche Teilfinanzierung

Das Gesetz kennt zwei Bemessungsgrundlagen für die Zuerkennung staatlicher Mittel an die Parteien: Zum einen erhalten die Parteien nach § 18 I 2 i. V. m. III Nr. 1 und 2, Satz 2 PartG Staatsmittel in Abhängigkeit von den von ihnen errungenen Wählerstimmen (sog. Wählerstimmenanteil), zum anderen wird jede Mark (bis zu 6 000 DM p.a.), die sie aus Beiträgen und Spenden einnehmen, nach § 18 I 2, III 1 Nr. 2 PartG um 50 Pfennig staatlicherseits aufgestockt (sog. Zuwendungsanteil). Beide Ansätze beziehen sich auf den relativen Erfolg der Parteien beim Bürger. Dieser Maßstab für die Zuerkennung staatlicher Mittel ist von der verfassungsrechtlich gewährleisteten Chancengleichheit aller Parteien geboten. Parteien sind Organisationen, die miteinander im Wettbewerb um den Zuspruch des Bürgers stehen. Deswegen ist von Rechts wegen nicht die Gleichbehandlung aller Parteien geboten, sondern die Herstellung der gleichen Chance aller Parteien, Mehrheiten zu erreichen. Die Position, welche die Parteien in ihrer Rivalität und in der Gunst der Bürger erreicht haben, darf von Staats wegen nicht verändert werden, die vorgefundene Wettbewerbslage darf nicht beeinflusst werden.

Dass der Wählerstimmenanteil der Staatsfinanzierung dem gerecht wird, leuchtet ohne weiteres ein. Der Mechanismus der Aufstockung der selbst eingeworbenen Zuwendungen von Bürgern durch Staatsmittel stellt einen Anreiz für die Parteien dar, sich intensiv um die Bürger zu kümmern. Eine Partei, die von einem Bürger Mittel - seien es Beiträge, seien es Spenden - einwerben will, muss diesen davon überzeugen, dass sie sich um seine Anliegen kümmert. Dieser Finanzierungsmechanismus soll also die Bürgernähe der Parteien sichern . Zugleich wird mit der sog. relativen Obergrenze, also einer Limitierung der staatlichen Mittel auf die Hälfte der Gesamteinnahmen der Parteien, diese Verwiesenheit der Parteien auf die Bürger bekräftigt.

2. Die rechtliche Regulierung der Parteispenden

Spenden an Parteien sind eine legitime Form der parteipolitischen Betätigung, ja sie bilden eine Facette des Rechts des Bürgers, sich parteipolitisch zu betätigen. Sie stellen faktisch einen wichtigen Anteil an den Einnahmen der Parteien dar . Gerade wegen ihrer faktischen Bedeutung bedürfen private Spenden aber der rechtlichen Regulierung. Das Gesetz enthält zwei Arten von Bestimmungen: Nach der grundsätzlichen Zulässigkeitserklärung von Parteispenden stellt das Gesetz eine Liste von Spenden auf, welche die Parteien nicht annehmen dürfen, es begründet also Spendenannahmeverbote, § 25 I 2 Nr. 1-6 PartG. Sodann wird für Großspenden in § 25 II PartG ein Namhaftmachungsgebot der Spender begründet.

Die Annahmeverbote nach § 25 I 2 PartG verfolgen mehrere Zwecke. Der politische Einfluss durch Parteispenden soll entsprechend der Volkssouveränität dem deutschen Volke oder den Bürgern der EU vorbehalten sein. Das Verbot, Spenden von politischen Stiftungen oder Parlamentsfraktionen anzunehmen, dient der sauberen Abgrenzung der Fraktionen, die als Teilorgane des Staatsorgans Parlament zu verstehen sind, von den grundsätzlich privaten Parteien. Der Verhinderung von Korruption oder dem Korruptionsverdacht dient das Verbot, Spenden entgegenzunehmen, die erkennbar in Erwartung eines Vorteils gewährt werden. Der Gewährleistung der Chancengleichheit aller Bürger dient das Verbot einer Weiterleitung von steuervergünstigten Spenden an Parteien. Unmittelbar der verfassungsrechtlichen Offenlegungspflicht aus Art. 21 I 4 GG ist das Verbot zuzuordnen, anonyme Spenden oder weitergeleitete Spenden nicht genannter Dritter entgegenzunehmen.

Falls eine Partei unter Verletzung dieser Verbotsliste eine Spende angenommen hat, gibt ihr das Gesetz eine weitere Chance, rechtmäßige Verhältnisse herzustellen: Die unverzügliche Ablieferung einer unzulässigen Spende nach § 25 III PartG heilt den Gesetzesverstoß. Die Partei muss dann keine Sanktion erdulden, § 23a I, II PartG. Diese Möglichkeit soll die Parteien dazu anreizen, auf den Pfad des Rechts zurückzukehren.

Spenden, die in einem Jahr 20 000 DM übersteigen, müssen unter Angabe von Name und Anschrift des Spenders im Rechenschaftsbericht genannt und damit öffentlich gemacht werden. Diese Pflicht zur Namhaftmachung bildet einen wichtigen Teil des allgemeinen verfassungsrechtlichen Publizitätsgebots. Die Grenze von 20 000 DM stellt einen Kompromiss dar; für die Orts- oder Kreisebene bilden auch Beträge unter 20 000 DM bereits eine Summe, die erheblichen Einfluss verschaffen kann, auf Bundesebene dürfte der Betrag eher von geringerer Bedeutung sein.

Bei Verstößen gegen die spendenrechtliche Bestimmung des Parteiengesetzes sind in § 23a PartG spezielle Sanktionen vorgesehen. Wurden verbotswidrig Spenden angenommen oder Großspenden nicht ordnungsgemäß veröffentlicht, so verliert die Partei den Anspruch auf staatliche Mittel in Höhe des doppelten Betrages der Spende. Darüber hinaus muss bei Spenden, deren Annahme verboten ist, der empfangene Betrag selbst an den Bundestagspräsidenten abgeführt werden .

Der Spendenbegriff ist in § 27 I PartG präzisiert. Alle freiwilligen Zahlungen an eine Partei, die über die Mitgliedsbeiträge hinausgehen, stellen Spenden dar. Ausdrücklich werden auch alle geldwerten Zuwendungen, soweit sie nicht üblicherweise unentgeltlich von Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden, dem Spendenbegriff unterstellt. Mit Sachleistungen können also die Annahmeverbote und Deklarierungspflichten nicht umgangen werden.

Der Versuch der hessischen CDU, über die Erfindung von anonymen Vermächtnissen Spenden in den legalen Kreislauf der Partei einzuschleusen, war daher wegen des Spendenbegriffs von vornherein zum Scheitern verurteilt. Das Parteiengesetz möchte in Ausführung des Publizitätsgebots der Verfassung Zuwendungen unabhängig von der Rechtsform als Spenden erfassen, auch wenn von interessierter Seite in der Vergangenheit eine andere Rechtsauffassung hierzu vertreten wurde. Auch mit Zuwendungen von Todes wegen kann nämlich Einfluss auf eine Partei ausgeübt werden: Der Spender kann mit einem Widerruf des Vermächtnisses drohen; nach seinem Tod mögen die Erben oder das Unternehmen des Erblassers auf Dankbarkeit bestehen.

3. Die Pflicht zur öffentlichen Rechenschaftslegung

Das Verfassungsgebot zur öffentlichen Rechenschaftslegung über die Parteifinanzen wird durch §§ 23 ff. PartG konkretisiert. Dort wird zunächst der Vorstand der Parteien zur Offenlegung der finanziellen Verhältnisse hinsichtlich der Herkunft und der Verwendung ihrer Mittel und auch über das Vermögen der Partei verpflichtet. Die Anforderungen an diesen Rechenschaftsbericht werden in §§ 24 und 26 ff. PartG im Einzelnen geregelt. Wichtig ist insbesondere die Verpflichtung der Parteien zur Buchführung und zur Aufbewahrung ihrer Rechnungsunterlagen in § 28 PartG; damit werden die Grundlagen für einen korrekten Rechenschaftsbericht gesichert.

Der Rechenschaftsbericht bildet das zentrale Instrument für die Publizität der Parteifinanzen, wie die Verfassung sie fordert. Nach welchen Kategorien der Rechenschaftsbericht aufgeschlüsselt sein muss, ist in § 24 PartG geregelt. Der Rechenschaftsbericht selbst ist durch einen Wirtschaftsprüfer zu prüfen, wie es in §§ 23 II, 29 ff. PartG heißt.

Die Erfüllung der verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlich ausgestalteten Rechenschaftslegungspflicht durch die Parteien wird dadurch gesichert, dass die rechtzeitige Abgabe eines ordnungsgemäßen Rechenschaftsberichts zur Voraussetzung für die Festsetzung staatlicher Mittel an die Parteien erhoben wird, so die Regelungen in §§ 19 IV 3, 23 IV 1 und 3 PartG. Dabei sind den Parteien Fristen gesetzt für die Abgabe ihrer Rechenschaftsberichte. Wird nicht spätestens bis zum Ablauf des dem Rechnungsjahr folgenden Jahres der Rechenschaftsbericht beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eingereicht, so verliert die säumige Partei den sog. Zuwendungsanteil der Staatsmittel, § 19 IV 3 i.V. m. § 18 II 1 Nr. 3 PartG. Hat sie auch bis zum Ende des Folgejahres noch keinen ordnungsgemäßen Rechenschaftsbericht eingereicht, so verliert sie auch den Wählerstimmenanteil, § 23 IV 3 PartG.

Die Erhebung eines ordnungsgemäßen Rechenschaftsberichts als Voraussetzung für die Gewährung staatlicher Mittel ist nicht nur ein effektives Instrument, um die Parteien zur Erfüllung ihrer Rechenschaftspflicht anzuhalten, sondern vor allen Dingen auch systemgerecht. Die Parteien erhalten staatliche Mittel nicht um ihrer selbst willen, sondern nur dann und nur dafür, wenn sie und dass sie die verfassungsrechtlich vorausgesetzten Parteifunktionen ordnungsgemäß erfüllen. Staatlich unterstützt werden demgemäß nur Parteien, die nicht in unüberschaubare finanzielle Abhängigkeiten nach außen verstrickt sind und in denen wegen Transparenz der internen Mittelverteilung Finanztransfers nicht zur Erringung und Befestigung innerparteilicher Macht benutzt werden können.

Zugunsten der CDU wurde in den letzten Wochen vorgetragen, Voraussetzung für die Gewährung staatlicher Mittel sei nicht ein ordnungsgemäßer Rechenschaftsbericht, sondern lediglich die Abgabe eines Rechenschaftsberichts schlechthin, ungeachtet seiner inhaltlichen Richtigkeit . Nach dieser Auffassung erhielte eine Partei auch dann Staatsmittel, wenn der Rechenschaftsbericht an gravierenden Fehlern leidet, insbesondere im Hinblick auf beachtliche Summen unvollständig ist. Diese Auffassung widerspricht nicht nur offensichtlich dem Wortlaut des Gesetzes, wonach "ein den Vorschriften des 5. Abschnitts entsprechender Rechenschaftsbericht" einzureichen ist (§ 23 IV 1 PartG), sie ist vor allen Dingen sinnwidrig: Nur ein - gerade auch im Hinblick auf heikle Posten - vollständiger Rechenschaftsbericht genügt dem Verfassungsgebot, die Bürger über Einnahmen, Ausgaben und Vermögen einer Partei zu informieren, um dadurch die ordnungsgemäße Funktionserfüllung der Parteien zu sichern. Das verfassungsrechtliche Publizitätsgebot für die Parteifinanzen erlaubt keine andere Auslegung. Im Übrigen verweist § 28 PartG auf den Gesetzeszweck und auch auf die Grundsätze "ordnungsgemäßer Buchführung". Damit ist nach den einschlägigen handelsrechtlichen Bestimmungen jedenfalls der Grundsatz der Vollständigkeit umfasst. Wenn weiter eingewendet wird, der Verlust der Staatsfinanzierung könne eine Partei unverhältnismäßig treffen, weil Fehler kleinerer Art immer vorkommen könnten, so ist dem mit dem allgemeinen Bilanzrecht dadurch zu begegnen, dass man auf die wesentliche Richtigkeit des Rechenschaftsberichts abhebt. Kleinere Fehler bleiben außer Betracht, es geht nur um Unrichtigkeiten in einer Größenordnung, die für die Unterrichtung des Publikums erheblich sind.

Vor der schweren Sanktion des Verlusts staatlicher Mittel wird eine Partei bei schlichten Irrtümern dadurch geschützt, dass die Fehlerhaftigkeit des Rechenschaftsberichts vorsätzlich oder fahrlässig verursacht sein muss. Dabei gilt für eine Partei wie für jede andere Organisation auch, dass sie so organisiert sein muss, dass ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb gewährleistet ist, man spricht hier vom sog. Organisationsverschulden.

Erkennt der Bundestagspräsident vor der Entscheidung über die Zuerkennung der Staatsmittel an die Parteien, dass ein Rechenschaftsbericht an wesentlichen Fehlern leidet, so darf er die betreffende Partei bei der Mittelvergabe nicht berücksichtigen. § 19 IV und § 23 IV PartG sehen dies zwingend vor, ohne dass es hierfür einen Ermessensspielraum gibt.

III. Die bei der CDU aufgedeckten illegalen Finanzpraktiken

Auf diesem Hintergrund sollen im Folgenden die in den letzten Monaten bekannt gewordenen Finanzpraktiken der CDU in den Blick genommen werden.

1. Verstöße gegen spendenrechtliche Bestimmungen

Die CDU hat durch ihren früheren Vorsitzenden Helmut Kohl Spenden in beachtlichem Umfang und auch über der Einzelgröße von 20 000 DM pro Person und Jahr entgegengenommen, ohne dass dies unter Nennung der Spender im Rechenschaftsbericht aufgeführt worden wäre. Dies verletzte das Gebot zur Namhaftmachung von Großspendern aus § 25 II PartG. Gleiches gilt für die auf Schweizer Boden dem damaligen Bundesschatzmeister W.L. Kiep übergebene Barspende in Höhe von einer Million Mark des Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber. Mit der Entgegennahme durch den Schatzmeister war die Partei in den Besitz dieser Mittel gelangt und hätte sie im Rechenschaftsbericht ausweisen müssen.

Der Mitteltransfer von der Bundestagsfraktion der CDU an die Mutterpartei ist hinsichtlich des tatsächlichen Geschehens nicht völlig aufgeklärt. Falls es sich lediglich um die Rückzahlung von Parteimitteln handelte, ist daran rechtlich nichts auszusetzen. Anders aber dann, wenn es sich um Beiträge der Fraktionsmitglieder handelte. Diese Mitgliedsbeiträge sind Fraktionsmittel und fallen damit unter das Spendenannahmeverbot von § 25 I 2 Nr. 1 PartG. Diese Regelung nur auf Mittel staatlichen Ursprungs zu reduzieren begründete mehr Probleme, als durch diese Vorschrift gelöst würden. Man müsste dann nämlich komplizierte Nachforschungen anstellen, woher die Mittel kommen und welche anderen Ausgaben damit erspart worden wären. Vor allem aber würden bei dieser Lesart Parlamentsfraktionen angesichts des Fehlens einer Offenlegungspflicht für Spenden an sie zu idealen Spendenwaschanlagen.

2. Die Vermögensverschleierung der hessischen CDU

Die hessische CDU hat nach eigenem Eingeständnis vor langen Jahren Vermögensbestände in zweistelligem Millionenbereich ins Ausland geschafft, dort gehalten und in Teilsummen wieder zur Verwendung für die Partei zurück transportiert, ohne dies im Rechenschaftsbericht auszuweisen. Damit war über all diese Jahre sowohl der Rechenschaftsbericht der hessischen CDU als auch der diesen umfassende Rechenschaftsbericht des Bundesverbandes der CDU - angesichts der erheblichen Summen, um die es dabei ging, wesentlich - fehlerhaft. Die Zuerkennung staatlicher Mittel war insofern trotz fehlender Grundlage ergangen. Lässt man die Herkunft der in Rede stehenden Mittel außer Acht - die hessische CDU behauptet, es handele sich um in früheren Jahren angesparte Mittel unproblematischer Herkunft -, so wird an diesem Komplex zum einen deutlich die Wirksamkeit von Buchführungspflichten, zum anderen die innerparteiliche Bedeutung der Offenlegungspflichten.

Parteien sind keine Geldanlageorganisationen, mit ihrem Vermögen möchten sie letztlich politisch handeln, Wahlkämpfe führen, die eigene Organisation stärken. Die bloße Geldanlage macht unter der Geltung der Buchführungspflicht allerdings Schwierigkeiten. Entweder muss man die versteckten Vermögen ebenso versteckt (teilweise) aktivieren und im Geheimen ausgeben, was angesichts offensichtlicher Kosten in größerem Umfang kaum möglich ist. Deswegen stellte sich das Problem, solche Rücktransfers von Teilen des ausländischen Vermögens wieder "buchfähig" zu machen. Dafür wurden verschiedene "Legenden" erfunden. Die Buchführungspflicht erweist sich also als sehr wirksames Mittel, die Parteien zur Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht anzuhalten.

Die geheim gehaltenen Vermögensmassen der hessischen CDU demonstrieren zugleich die Bedeutung der Offenlegungspflicht für die innerparteiliche Demokratie. Geheimhaltung, also die enge Begrenzung des Kreises der Eingeweihten, bedeutet, dass die für Mittelverteilung zuständigen Parteigremien nicht Bescheid wissen über den Vermögensstand der Partei und damit in ihrer Entscheidungsfreiheit insofern erheblich eingeengt sind. Denjenigen, die vom Geheimvermögen wissen, kommt insofern eine faktische Verhinderungsmacht zu, als kostenträchtige Vorschläge an der vermeintlichen Unfinanzierbarkeit scheitern können - falls nicht die Eingeweihten bedeuten, es ließen sich doch Finanzierungsmöglichkeiten finden. Komplementär zur Verhinderungsmacht gibt es eine Erwirkungsmacht insofern, als bei finanzträchtigen Vorschlägen, die das Gefallen der wissenden Clique besitzen, diese Möglichkeiten findet, sozusagen "aus dem Hut zaubern kann", das Projekt doch zu finanzieren.

Nicht zuletzt ermöglichen parteiintern geheim gehaltene Finanzmittel auch die Ausgestaltung der parteiinternen Beziehungen nach dem Don-Corleone-Prinzip, also einem mafiosen Paten-System, in dem ein Gönner finanzielle Wohltaten verteilt in der stillen oder auch ausgesprochenen Erwartung, dafür politische Gegenleistungen zu erhalten. Auch ohne dass solche Erwartungen ausgesprochen werden, liegt es nahe, dass eine Untergliederung oder Funktionäre, die aus diesen Quellen finanzielle Unterstützung erhalten, sich kaum gegen ihre Wohltäter wenden werden. Die schiere Existenz innerparteilich verschleierter Vermögensmassen und die daraus sich ergebenden Handlungsmöglichkeiten gefährden also die innerparteiliche Demokratie und lassen befürchten, dass die Partei nicht nach dem Muster intern gesteuert wird, welches die Verfassung in Art. 21 I 3 GG vorsieht.

Die Geheimhaltung von Vermögensmassen durch die hessische CDU hat also formal die Pflicht zur Rechenschaftslegung verletzt und inhaltlich eine Beeinträchtigung der innerparteilichen Demokratie durch Umgehung der für Finanzentscheidungen zuständigen Gremien bewirkt und darüber hinaus zu einer weiter reichenden Gefährdung der innerparteilichen Demokratie geführt.

3. Substantielle Barzahlungen aus geheimen Kassen in der CDU

In engem Zusammenhang mit nicht im Rechenschaftsbericht ausgewiesenen Spenden und Vermögenselementen stehen Barzahlungen vonseiten derjenigen, die nicht deklarierte Spenden eingenommen haben oder über nicht ausgewiesene Vermögensbestandteile verfügen können. So wurden etwa Zahlungen des früheren Parteivorsitzenden Kohl an Parteigliederungen oder auch an einzelne Funktionsträger bekannt. Solche Transaktionen widersprechen der den Parteien auferlegten Buchführungspflicht und verletzen entweder bei der Einnahmerechnung oder beim Ausweis des Vermögensbestands die Pflicht zur korrekten Rechenschaftslegung ebenso wie bei der Verwendungsseite. In der Sache werden damit die gerade beschriebenen Verletzungen und Gefährdungen der innerparteilichen Demokratie bewirkt.

IV. Die Sanktionen gegenüber der CDU

Das Verhalten von Funktionsträgern der CDU hat in einer ganzen Reihe von Punkten das Grundgesetz und die dieses konkretisierenden Bestimmungen des Parteiengesetzes verletzt. Damit ist die Frage nach den Rechtsfolgen dieser Gesetzesverstöße aufgeworfen. Das Parteiengesetz kennt - bislang - keine persönlichen Sanktionen für die Handelnden; das ist im Ansatz insofern richtig, als Parteien kollektive Akteure sind, die in aller Regel einen kollektiven Vorteil für die eigene Organisation anstreben; dem entspricht es, wenn Sanktionen nur die Partei als Organisation treffen. Etliches spricht aber dafür, ein gravierendes Fehlverhalten in Gestalt einer Verletzung der einschlägigen rechtlichen Pflichten mit einer zeitlich befristeten Sperre für die Übernahme politischer Wahlämter zu ahnden durch einen befristeten Verlust des passiven Wahlrechts. In Frankreich wird die Nichteinhaltung von Vorschriften der Parteienfinanzierung auf diese Weise seit einigen Jahren sanktioniert.

1. Die Entscheidung des Bundestagspräsidenten

Die CDU hat entgegen ihrer gesetzlichen Pflicht den Rechenschaftsbericht für das Jahr 1998 bis zum 31. Dezember 1999 nicht ordnungsgemäß eingereicht. Der Rechenschaftsbericht enthielt nicht das erhebliche Vermögen, welches die hessische CDU im Ausland unterhielt, und war damit wesentlich fehlerhaft. Das Gesetz macht zur zwingenden Voraussetzung für die Festsetzung staatlicher Mittel das Vorliegen eines dem Gesetz entsprechenden Rechenschaftsberichts, §§ 19 IV 3, 23 IV PartG. Ohne dass ihm ein Ermessensspielraum zur Verfügung gestanden hätte, hat der Bundestagspräsident pflichtgemäß deswegen der CDU den so genannten Zuwendungsanteil der Staatsmittel nicht zuerkannt. Ihr sind dadurch rund 41 Millionen DM nicht zugesprochen worden, die sie andernfalls erhalten hätte. Entsprechend dem System des Parteiengesetzes, wonach für das laufende Jahr die Parteien Abschlagszahlungen aufgrund der für das Vorjahr gewährten Staatsmittel erhalten, wurden auch die Abschlagszahlungen für das Jahr 2000 niedriger festgesetzt und weil die für das Jahr 1999 bereits ausgezahlten Abschlagszahlungen zu hoch ausgefallen waren - berechnet ohne Kürzung auf der Basis des Vorjahres - führt dies zu Überzahlungen, für welche eine Rückzahlungsverpflichtung ausgesprochen wurde, freilich mit dem deutlichen Hinweis darauf, dass der Bundestagspräsident bereit sei, mit der CDU über erträgliche Rückzahlungsmodalitäten ins Gespräch zu kommen .

2. Folgen der Verletzung spendenrechtlicher Bestimmungen

Die im § 23a PartG enthaltenen Spezialvorschriften für die Folgen einer Verletzung von Rechtspflichten beim Umgang mit Spenden, nämlich der gesetzeswidrigen Annahme von Spenden aus bestimmten Quellen und der Nichtnennung der Namen von Großspendern, greift nach heutigem Wissensstand bei der CDU auch. Freilich ist im Einzelnen noch nicht alles aufgeklärt, so dass genaue Vorhersagen nicht möglich sind.

Im Spendenbereich spielen vor allem die von Kohl zugegebenen Spenden in einer Größenordnung von knapp zwei Millionen DM, die er von nicht genannten Spendern eingeworben haben will, eine Rolle. Wegen der Nichtangabe der Spenden, die sich wohl zum größten Teil aus Beträgen über 20 000 DM pro Jahr zusammensetzen, verliert die CDU nach § 23a I 1 PartG den Anspruch auf "staatliche Mittel" in doppelter Höhe dieser Spenden. Darüber hinaus ist aber durchaus unklar, aus welchen Quellen dieses Geld stammt. Solange die Spender nicht benannt sind, ist es auch möglich, dass diese finanziellen Früchte von einem "verbotenen Baum" kommen, dass die Entgegennahme dieser Spenden also einem Spendenannahmeverbot aus § 25 I PartG widerspricht. Wären die in Rede stehenden Mittel von einem verbotenen Baum gepflückt worden, so müssten über die Sanktion in doppelter Höhe hinaus die empfangenen Spenden selbst nach § 23 I 2 PartG abgeführt werden, die Partei würde also im Ergebnis in dreifacher Höhe gestraft und nicht nur in doppelter. Im Hinblick auf diese Unklarheit darf das Schweigen des früheren Parteivorsitzenden der CDU sich vernünftigerweise nicht zugunsten seiner Partei auswirken: Die Verletzung des verfassungsrechtlichen Publizitätsgebots darf der Partei keinen Vorteil verschaffen gegenüber einer Partei, die offen deklariert, was geschehen ist, seien es auch Rechtsverletzungen.

Ganz allgemein soll rechtmäßiges Verhalten gegenüber unrechtmäßigem prämiert werden. Deswegen ist dem verfassungsmäßigen Publizitätsgebot zusammen mit der Buchführungspflicht der Parteien aus § 28 PartG eine Darlegungslast der Partei über die Herkunft ihrer Spenden zu entnehmen. Eine Partei darf eine nicht publizierte Spende nur dann behalten, wenn sie nachweist, dass sie nicht vom Verbotskatalog des § 25 I 2 PartG erfasst wurde. Nach dieser Lesart muss die CDU im Ergebnis also mit einer finanziellen Einbuße in Höhe des Dreifachen der von Kohl eingenommenen Spenden rechnen. Sie kann dies aber dadurch zu vermeiden versuchen, dass sie Kohl auf Auskunft über die Herkunft der Spenden verklagt - und dadurch ihre Rechenschaftspflicht wenigstens nachträglich erfüllt.

Die Partei muss weiter mit negativen Auswirkungen der Finanztransfers von ihrer Bundestagsfraktion an sie rechnen. Die rechtliche Würdigung dieses Komplexes leidet zwangsläufig daran, dass dieser Sachverhalt für Außenstehende jedenfalls nicht vollständig aufgeklärt ist. Handelt es sich tatsächlich um Fraktionsmittel, welche der Partei zugewendet wurden, so muss die Partei wiederum einen Verlust in doppelter Höhe an staatlichen Mitteln hinnehmen und obendrein die zugewendete Summe selbst abführen.

3. Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit früherer Rechenschaftsberichte

Angesichts dessen, dass über lange Jahre hinweg das erhebliche Auslandsvermögen der hessischen CDU nicht im Rechenschaftsbericht aufgeführt worden war, waren die Rechenschaftsberichte der CDU in all diesen Jahren wesentlich fehlerhaft. Damit wurden die staatlichen Mittel zugunsten der CDU wegen Nichterfüllung der Voraussetzung für die Staatsfinanzierung, nämlich der Einreichung eines korrekten Rechenschaftsberichts, zu Unrecht bewilligt und ausgezahlt. Der Bundestagspräsident hat jetzt nach allgemeinen Bestimmungen zu entscheiden, ob er die ergangenen Verwaltungsakte über die Festsetzung der Mittel für die CDU der letzten Jahre aufheben möchte, vor allem auch, in welchem Umfang. Anders als bei der primären Zuerkennung von Staatsmitteln kommt bei der Frage der Rückforderung bereits eingenommener und verbrauchter Mittel, bei denen sich im Nachhinein herausstellt, dass sie zu Unrecht ausgezahlt wurden, dem Bundestagspräsidenten Ermessen zu. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung legt die Rücknahme der Zuerkennung nahe; die Frage, ob nicht zugunsten der Partei der Vertrauensschutz streitet, ist im Ergebnis zu verneinen, weil von der Partei zurechenbar wissentlich ein unvollständiger Rechenschaftsbericht abgegeben wurde, ihr Vertrauen also nicht schützenswert ist. Die Entscheidung über den Umfang der Rücknahme der Bewilligungsbescheide und die Form der Rückforderung haben eine ganze Reihe von Gesichtspunkten zu berücksichtigen, die im hier gegebenen Rahmen nicht aufgezählt werden können.

V. Resümee

Angesichts der erheblichen Verstöße gegen das Parteiengesetz, die in den letzten Monaten bekannt geworden sind, werden die verschiedensten Forderungen nach einer Änderung des Parteiengesetzes laut. Demgegenüber ist zur Bedachtsamkeit zu raten, zumal dann, wenn vonseiten derjenigen, die für die Gesetzesverstöße mit verantwortlich waren, jetzt nach Gesetzesänderungen gerufen wird. Der Verdacht, es werde nach dem Motto: "Haltet den Dieb" gehandelt und eine Aufgeregtheit erzeugt, in welcher der eigene Beitrag in den Hintergrund rückt, ist nicht von der Hand zu weisen. Ehe über Änderungen des Gesetzes nachgedacht wird, ist auf dessen strikte Einhaltung zu bestehen. Es ist durchaus festzustellen, dass sich das Parteiengesetz gerade auch ausweislich der gegenwärtigen Krise im Großen und Ganzen bewährt hat. Offensichtlich haben die Normen des Parteiengesetzes diejenigen Umstände und Handlungen des Parteibetriebes erfasst und dem Gebot zur öffentlichen Rechenschaftslegung unterworfen, die notwendig sind, damit das verfassungsrechtliche Publizitätsgebot für die Parteifinanzen auch tatsächlich erfüllt wird.

Das Gesetz hat in der Tat die heiklen Materien getroffen - ausweislich des indirekten Beweises dadurch, dass, wer das Licht der Öffentlichkeit scheute und ein anderes Parteiverständnis als das des Grundgesetzes pflegte, an den verschiedensten Stellen unvermeidlich mit den Bestimmungen des bestehenden Rechts in Konflikt geriet. Das Zusammenspiel der Normen über Buchführungspflicht und Rechenschaftslegung über Einnahmen, Vermögen und Verwendung der Parteienmittel erwies sich als tauglich und hinlänglich eng geknüpft. Jetzt kommt es auch auf die Bewährung in einem zweiten Teil an, dass nämlich die vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolgen konsequent angewendet werden.

Dieses ist aus mindestens zwei Gründen nicht ohne weiteres zu erwarten. Die einschlägigen Regeln des Parteiengesetzes leuchten nicht ohne weiteres in dem Sinne ein, dass ihre Verletzung "intuitives Unrecht" darstellte. Die Gründe für diese Normen des Gesetzes müssen vielmehr erst entfaltet, ihr Gerechtigkeitsgehalt erst dargelegt werden. Beispielhaft ist dies daran sichtbar, dass angesichts der Verschleierung von Vermögenselementen durch die hessische CDU rechtfertigend darauf verwiesen wird, es handelte sich doch schließlich um eigenes Geld - dies verkennt den Unrechtsvorwurf, der in einer völlig anderen Richtung liegt, nämlich der Beeinträchtigung der innerparteilichen Demokratie. Eine repräsentative Demokratie, die als wesentliche Akteure politische Parteien braucht, ist auf ein einigermaßen kompliziertes Regelwerk angewiesen und auf dessen Beachtung, mehr noch darauf, dass darauf vertraut werden kann, dass diese Grundregeln der politischen Auseinandersetzung beachtet werden.

Wenn diese Regeln, die wesentlich der politischen Chancengleichheit dienen, nachhaltig verletzt werden, so beeinträchtigt dies die Legitimation der politischen Ordnung überhaupt. Dieser Zusammenhang ist im Auge zu behalten, damit nicht die vorgekommenen Verstöße als "rein formaler Natur" klein geredet werden. Zum anderen ist zu sehen, dass Parteipolitik wesentlich mit dem Kampf um die Macht zu tun hat. Dementsprechend sind auch Parteienrechtsfragen in das Ringen um die Macht einbezogen. Die Anwendung des Parteiengesetzes angesichts der bekannt gewordenen Rechtsverstöße ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass diese Rechtsnormen zu großen Teilen erstmalig zu Lasten einer Partei anzuwenden sind und es demgemäß rechtliche Unsicherheiten gibt.

Dementsprechend wird in der Öffentlichkeit mit erheblichem publizistischen Aufwand versucht, auf die Handhabung des Rechts Einfluss zu nehmen. Dies gehört zur legitimen öffentlichen Auseinandersetzung. Bei deren Beurteilung sollte der Interessenkern der öffentlich vorgetragenen Rechtsansichten nicht vergessen werden. Der von der Verfassung vorgegebene demokratische Sinn der Offenlegungspflichten für die Parteifinanzen darf nicht in den Hintergrund geraten. Die erste Bewährungsprobe, das "Passen" auf das Handeln der Partei, hat das Gesetz bestanden. Seine zweite, die konsequente Anwendung, hat jetzt begonnen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Für einen Anspruch auf (teilweise) Staatsfinanzierung vgl. Martin Morlok, in: Horst Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Bd. 2, 1998², Art. 21 Rn. 44 ff. m. w. N. auch zur Gegenmeinung. Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage bislang offen gelassen (BVerfGE 85, 264 [288]).

  2. Vgl. BVerfGE 85, 264 (288 ff.).

  3. Aus der Rechtsprechung BVerfGE 8, 51 (66); 24, 300 (357 ff.); 52, 63 (91); 85, 264 (313).

  4. Vgl. BVerfGE 85, 264 (314 f.).

  5. In Reaktion auf die sog. Flick-Affäre wurde 1984 das Grundgesetz und demgemäß auch das Parteiengesetz geändert und die Veröffentlichungspflicht auch auf die Verwendung der Parteimittel und das Vermögen der Parteien erstreckt. Wenn derzeit im Hinblick auf die Millionen, welche die hessische CDU heimlich im Ausland gehalten hat, vom eigenen Vermögen der Partei gesprochen wird, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Nichtaufführung im Rechenschaftsbericht einem ausdrücklichen Verfassungsgebot widersprach.

  6. S. auch den ausdrücklichen Hinweis in § 22 PartG.

  7. Vgl. dazu BVerfGE 85, 264 (287).

  8. Die klassische Mitgliederpartei SPD lebt zu 8 % von Spenden, die F.D.P. als anderer Extremfall erzielt bis zu 34 % ihrer Einnahmen aus Spenden, so die Zahlen für das Rechnungsjahr 1997, www.bundestag.deðadbkfinanzþf_oliag.htm

  9. Diese Ablieferungspflicht besteht nicht für Großspenden, die rechtswidrigerweise nicht veröffentlicht wurden. Die Entgegennahme solchen Geldes ist als solche nicht illegal, rechtswidrig ist lediglich ihre Nichtpublikation. Es bleibt damit bei der Strafe in doppelter Höhe.

  10. Vgl. Josef Isensee, in: Die Welt vom 30.12.1999; Otto Depenheuer, in: FAZ vom 29.2.2000.

  11. Mit Klageerhebung der CDU gegen diese Entscheidung trat die gesetzlich vorgesehene "aufschiebende Wirkung" ein, d. h., einstweilen darf der Partei aus der Entscheidung noch kein Nachteil im Sinne eines Wegnehmens erwachsen. Deswegen kann auch die erste Abschlagszahlung für das Jahr 2000, ggf. gegen Sicherheitsleistung, in ungekürzter Höhe ausgezahlt werden.

Dr. jur., geb. 1949; Professor für Öffentliches Recht, Rechtssoziologie und Rechtstheorie an der Fernuniversität Hagen.

Anschrift: FernUniversität-Geamthochschule Hagen, Postfach 940, 58084 Hagen.

Veröffentlichungen u. a.: Selbstverständnis als Rechtskriterium, Tübingen 1993; (Hrsg. zus. mit Christoph Engel) Öffentliches Recht als Gegenstand ökonomischer Forschung, Tübingen 1998; Kommentierung zu Art. 4, 21, 38 ff. GG, in: Horst Dreier (Hrsg.), Grundgesetzkommentar, Bd. 1, 2, Tübingen 1996, 1998.