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Carlo Schmid (SPD) | Grundgesetz und Parlamentarischer Rat | bpb.de

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Carlo Schmid (SPD)

Prof. Dr. Erhard H.M. Lange

/ 4 Minuten zu lesen

Im Parlamentarischen Rat

Foto: Haus der Geschichte / Bestand Erna Wagner-Hehmke

Im Sommer 1948 wird Carlo Schmid vom Landtag von Württemberg-Hohenzollern in den Parlamentarischen Rat gewählt. Die Wahl Schmids kommt aufgrund einer Übereinkunft mit der Landes-CDU unter Staatspräsident Gebhard Müller zustande, die beide auf das Land entfallenden Mandate hätte beanspruchen können.

Schmid übernimmt den Vorsitz der SPD-Fraktion und ist somit Mitglied im Ältestenrat. Aufgrund einer vorangegangenen Absprache wird Carlo Schmid zum Vorsitzenden des Hauptausschusses gewählt. Im Gegenzug erhält Konrad Adenauer (CDU) das Amt des Präsidenten des Parlamentarischen Rats. Schmid ist außerdem Mitglied des Ausschusses für das Besatzungsstatut und gehört dem Ausschuss für Grundsatzfragen an. An den Sitzungen des Ausschusses für Organisation des Bunds sowie Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, für den er ursprünglich ernannt worden war, nimmt er nur selten teil und scheidet schließlich im Oktober 1948 auch offiziell aus.

Im weiteren Verlauf der Beratungen des Parlamentarischen Rats wirkt er im Sinne der übergreifenden Kompromissbildung maßgeblich im Fünferausschuss und im Siebenerausschuss mit. Das Grundgesetz soll nach Schmid im Hinblick auf die Nichtbeteiligung der Sowjetischen Besatzungszone nur ein Provisorium sein. Sein Wirken im Rat steht in der Kontinuität seiner bereits in den Ländern, in den gesamtzonalen Gremien, in den überzonalen Ministerpräsidentenkonferenzen und den beim Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee entwickelten Vorstellungen.

Diese betreffen neben eigentlichen Verfassungsfragen besonders Fragen des Verhältnisses zu den Besatzungsmächten. Für Schmid rücken die Grundrechte, die für ihn als zivilisatorische Errungenschaften vorstaatlichen Charakter haben, in das Zentrum der grundgesetzlichen Ordnung. Im Einzelnen tritt er für das Asylrecht, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und für die Ächtung der Todesstrafe ein. Großen Einfluss hat er auf die Formulierung der völkerrechtlichen Grundsätze im Sinne einer völkerrechts- und integrationsfreundlichen Haltung.

Trotz gelegentlicher Bedenken gegen vorgeschlagene Einzelregelungen will Schmid unter allen Umständen ein Scheitern des Vorhabens vermeiden. Gerne hätte er manche aus seiner Sicht zu föderalistische Regelung vermieden, doch besitzt für ihn eine Verständigung auf breiter Grundlage oberste Priorität.

Biografie

Geboren am 3. Dezember 1896 in Perpignan (Südfrankreich), gestorben am 11. Dezember 1979 in Bad Honnef, römisch-katholisch, wird jedoch laizistisch erzogen.

Carlo Schmid (auch Charles oder Karl) wächst als Sohn eines deutschen Vaters und einer französischen Mutter zuerst in Frankreich und ab 1906 in Stuttgart auf. 1914 Abitur in Stuttgart. 1914-1918 als Kriegsfreiwilliger im Ersten Weltkrieg. 1919-1921 Studium der Staats- und Rechtswissenschaft in Tübingen, 1923 Promotion in Frankfurt am Main. 1924 Assessorexamen in Stuttgart und Niederlassung als Rechtsanwalt in Reutlingen. 1925-1927 Gerichtsassessor im württembergischen Justizdienst, danach Amtsrichter und ab 1931 Landgerichtsrat in Tübingen, 1927-1928 Beurlaubung, Referent am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin. 1929 Habilitation, 1930-1940 Privatdozent für Völkerrecht in Tübingen.

In der Übergangsphase zur nationalsozialistischen Diktatur zieht er eine scharfe Trennlinie zu den Nationalsozialisten. Aus politischen Gründen ist von 1933 an ein Fortkommen im Bereich der Wissenschaft blockiert. 1940-1944 Dienst bei der Wehrmacht, Kriegsverwaltungsrat in Lille. In diesen Jahren verstärkt literarisch tätig. Vor Kriegsende Rückkehr nach Tübingen.

Wird nach der Besetzung der Stadt durch die Franzosen deren maßgeblicher Ansprechpartner und gewinnt für die Anfangsphase eine administrative Schlüsselstellung. 1945-1947 Präsident des Staatssekretariats für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns und zugleich Landesdirektor für Justiz sowie zeitweise für Kultur, Erziehung und Kunst. 1947-1950 Justizminister und Stellvertretender Staatspräsident im Land Württemberg-Hohenzollern.

In Personalunion zu Beginn Staatsrat mit Kabinettsrang innerhalb der Regierung von Württemberg-Baden in Stuttgart (Amerikanische Besatzungszone) und damit personelle Klammer zwischen den durch die Zonengrenzziehung getrennten Landesteilen. 1948 Teilnehmer an den verfassungspolitisch relevanten Ministerpräsidentenkonferenzen und am Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee.

Seit Anfang 1946 Mitglied der SPD, 1946-1950 Landesvorsitzender der SPD in Südwürttemberg. 1947-1973 Mitglied des SPD-Parteivorstands. 1946-1953 Professor für Öffentliches Recht in Tübingen. 1949-1972 Mitglied des Deutschen Bundestags, 1949-1966 und 1969-1972 dessen Erster Vizepräsident sowie 1949-1953 Vorsitzender des Ausschusses für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten bzw. des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, 1953-1956 und 1957-1961 Stellvertretender Ausschussvorsitzender, 1949-1953 und 1957-1965 Stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender. 1953-1966 Ordinarius für Politikwissenschaft in Frankfurt am Main. 1966-1969 Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrats und der Länder. Mitgliedschaft in zahlreichen europäischen Gremien: u.a. 1950-1966 und 1969-1973 Mitglied in der Beratenden Versammlung des Europarats in Straßburg sowie 1955-1972 in der Versammlung der Westeuropäischen Union (WEU) in Paris, 1963-1966 deren Präsident. 1969-1979 Koordinator für die deutsch-französische Zusammenarbeit.

Schmid war immer auch als Schriftsteller, Essayist und Übersetzer tätig.

Nachlass: Archiv der sozialen Demokratie, Bonn.

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Fussnoten