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Die Arbeitsmarktintegration Geflüchteter in der Vergangenheit | Perspektiven auf die Integration von Geflüchteten in Deutschland | bpb.de

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Die Arbeitsmarktintegration Geflüchteter in der Vergangenheit

Prof. Dr. Martin Kroh Dr. Zerrin Salikutluk

/ 3 Minuten zu lesen

Die Einbindung in den Arbeitsmarkt prägt die Lebenssituation von Geflüchteten und anderen MigrantInnen und ist mit weitreichenden Konsequenzen für die gesellschaftliche Teilhabe verbunden. Die Chancen für einen schnellen und erfolgreichen Einstieg in den Arbeitsmarkt hängen einerseits stark von ihren Qualifikationen ab. Andererseits gab es in der Vergangenheit insbesondere während des Asylantragsverfahrens Arbeitsverbote und -beschränkungen, die einen schnellen Eintritt von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt verhinderten.

Gruppenfoto mit Geflüchteten in einer Möbelwerkstatt in Berlin. Die Mehrheit der Geflüchteten erwarb im Herkunftsland keinen formalen Berufsabschluss, verfügt aber über Berufserfahrung. (© picture-alliance/dpa)

Die Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zeigen, dass Geflüchtete, die vor allem zwischen 1990 und 2010 nach Interner Link: Deutschland kamen und zum Zeitpunkt der Untersuchung (2013) zwischen 15 und 74 Jahre alt waren, geringere schulische und berufliche Qualifikationen aufwiesen als andere MigrantInnen. Gleichzeitig waren sie mit höheren Problemen bei der Interner Link: Anerkennung ihrer Bildungs- und Berufszertifikate aus dem Ausland konfrontiert. Während die Mehrheit der Geflüchteten im Herkunftsland keinen formalen Berufsabschluss erwarb, verfügt sie über Berufserfahrung, die die Geflüchteten durch ausgeübte Tätigkeiten in ihrem Herkunftsland sammelten. Auch besaßen Personen, die fluchtbedingt nach Deutschland kamen, bei der Einreise seltener deutsche Sprachkenntnisse als andere Zuwanderergruppen, die ihre Migration nach Deutschland besser planen und vorbereiten konnten.

Weiterhin zeigt sich, dass Geflüchtete, vor allem Frauen mit Fluchterfahrung, in der Vergangenheit später als andere MigrantInnen einer Erwerbstätigkeit nachgingen. Auch 2013, also nach etwa 20 Jahren Aufenthaltsdauer Geflüchteter und anderer MigrantInnen in Deutschland, sind ausgeprägte Unterschiede zwischen ihnen und Personen ohne Migrationserfahrung am Arbeitsmarkt zu finden. Beispielsweise fiel die Erwerbslosenquote Geflüchteter mit 21 Prozent deutlich höher aus als die anderer MigrantInnen (zehn Prozent) und in Deutschland geborener Personen (sechs Prozent).

Geflüchtete scheinen Berufe in bestimmten Wirtschaftszweigen zu ergreifen. Sie waren häufiger als andere MigrantInnen oder Personen, die in Deutschland geboren wurden, im verarbeitenden Gewerbe (31 Prozent bei Geflüchteten, 26 Prozent bei anderen MigrantInnen, 20 Prozent bei Personen ohne Migrationserfahrung) sowie im Gastgewerbe erwerbstätig (16 Prozent bei Geflüchteten, acht Prozent bei anderen MigrantInnen, drei Prozent bei Personen ohne Migrationserfahrung). Dabei waren Geflüchtete einem ähnlich hohen Risiko wie andere MigrantInnen ausgesetzt, in einem Beruf zu arbeiten, der unter ihrem eigentlichen Qualifikationsniveau liegt. Dies trifft in diesen Personengruppen auf etwa 27 bis 30 Prozent zu. Auch scheinen Geflüchtete insbesondere in kleineren Unternehmen unterzukommen (41 Prozent), die weniger als 20 MitarbeiterInnen beschäftigen, während andere Personengruppen gleichermaßen in kleinen, mittelständischen und großen Unternehmen arbeiteten.

Die aufgeführten Unterschiede schlagen sich in den Einkommensdifferenzen nieder: Das monatliche Nettoeinkommen von Geflüchteten betrug 2013 im Durchschnitt etwa 1.140 Euro. Andere MigrantInnen hingegen verdienten durchschnittlich circa 280 Euro mehr, Personen ohne Migrationserfahrung sogar 530 Euro mehr als geflüchtete Personen.

Geflüchtete können die unter anderem durch rechtliche Hürden (z.B. Wartefrist oder Vorrangprüfung) beim Erwerbseinstieg bedingte Interner Link: schlechtere Stellung am Arbeitsmarkt auch nach vielen Jahren des Aufenthalts in Deutschland nicht vollständig aufholen. Neben dem Abbau dieser rechtlichen Eintrittshürden in den Arbeitsmarkt kann auch eine schnellere Klärung des Aufenthaltstitels Unsicherheiten auf Seiten der ArbeitgeberInnen reduzieren. In der Vergangenheit wie gegenwärtig werden geflüchtete Personen vor allem in kleineren Betrieben eingestellt. Diese scheinen eher bereit und hinreichend flexibel zu sein, den mit der Einstellung von Geflüchteten verbundenen zusätzlichen Betreuungsaufwand auf sich zu nehmen, während stark formalisierte Einstellungsverfahren größerer Unternehmen hier möglicherweise hinderlich sind. Denkbar ist daher der Ausbau von gezielten Unterstützungsmöglichkeiten von Unternehmen bei der Beschäftigung von Geflüchteten.

Positive Auswirkungen auf die Arbeitsmarktchancen sind auch durch den Besuch von Sprachkursen oder die Anerkennung von ausländischen Zertifikaten sowie informell erworbenen Qualifikationen zu erwarten. Mit Hilfe dieser Maßnahmen steigt die Chance Geflüchteter, aber auch anderer MigrantInnen, Arbeitsmarktpositionen einzunehmen, die ihrer tatsächlichen Qualifikation gerecht werden.

Dieser Artikel ist Teil des Kurzdossiers Interner Link: Perspektiven auf die Integration von Geflüchteten in Deutschland.

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Stellvertretender Leiter des Sozio-oekonomischen Panels am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin und Co-Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt, Migration und Integration am Berliner Institut für Empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Universität zu Berlin

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Abteilung Arbeitsmarkt, Migration und Integration am Berliner Institut für Empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Universität zu Berlin