Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Süd-Thailand | Kriege und Konflikte | bpb.de

Kriege und Konflikte Geschichte, Definition, Tendenzen Einführung: Paradigmenwechsel im Umgang mit gewaltsamen Konflikten? Definition von Konflikten Ethnopolitische Konflikte Konflikte und Klimawandel ­Formen und Typen von Konflikten Konzepte und Methoden Ideologie und Konflikt Religionskonflikte Ressourcenkonflikte Geschichte innerstaatlicher Konflikte Innerstaatliche Kriege seit 1945 Innerstaatliche Konflikte seit 1989 Internationale Politik Einführung: Zwischen Interessenpolitik und Peacebuilding Die Politik der USA gegenüber innerstaatlichen und regionalen Konflikten Russland und innerstaatliche Konflikte Deutschlands Interessen, Strategien und Politik im Umgang mit innerstaatlichen Konflikten UNO Regionalorganisationen EU und innerstaatliche Konflikte Völkerrecht Zivilgesellschaftliche Akteure Krise des Multilateralismus Handlungsmöglichkeiten der internationalen Gemeinschaft Konflikte seit 1990 Fragile Staatlichkeit Veränderte Konflikte Friedensmissionen Themengrafik: Der Internationale Strafgerichtshof Konfliktporträts Einführung Afghanistan Ägypten Äthiopien Algerien Birma/Myanmar Burkina Faso Burundi China - Tibet China - Xinjiang El Salvador Georgien Haiti Honduras Indien ­Irak ­Jemen Kamerun Kaschmir Kongo Kurdenkonflikt Libanon Libyen Mali Mexiko Nagorny-Karabach Nahost Nigeria Nordkaukasus Pakistan Philippinen - Bangsamoro Simbabwe Somalia Sudan - Darfur Südsudan Süd-Thailand Syrien Tadschikistan Tschad Tunesien Ukraine Venezuela Zentralafrikanische Republik Konfliktbearbeitung Einführung Bildungsarbeit und Friedenserziehung Demokratisierung Entwicklungszusammenarbeit Evaluierung von Friedensprozessen Geheimdienste Gendersensible Konfliktbearbeitung Identitätsarbeit und -politik Institutionenaufbau Konfliktsensibler Journalismus Menschenrechtsarbeit Militärische Interventionen Nothilfe Prävention Reformen im Sicherheitssektor Sanktionen Schutzbegleitung Traumaarbeit Vergangenheitsarbeit Verhandlungen Versöhnung Ziviler Friedensdienst Friedensprozesse in Post-Konfliktgesellschaften Einführung: Friedensförderung in Zeiten des Weltordnungskonflikts Friedenskonsolidierung Aceh Baskenland Bosnien-Herzegowina Guatemala Kambodscha ­Kolumbien ­Kosovo ­Nordmazedonien Mosambik Namibia Nicaragua Nordirland Nord-Uganda Sierra Leone Südafrika Analysen Sahel-Zone: Deutschland und die EU Sahel: Ursachen der Gewalteskalation Sahel: Implikationen und Folgen der Corona-Krise Die Türkei im Nahen Osten "Neue Türkei" – neue Außen- und Nahost-Politik? Der regionale Aufstieg der Kurden Regionale Brennpunkte Post-sowjetischer Raum Meinung: Deutsch-ukrainische Beziehungen im Schatten Moskaus Standpunkt: Nur Gegenmachtbildung zähmt revisionistische Mächte Standpunkt: Neutralität als Option Standpunkt: Hätte der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verhindert werden können? Ukraine-Krieg: Szenarien Netzwerke im postsowjetischen Raum Verschleppte Konflikte und hybride Staatlichkeit Historische Ursachen und Hintergründe Russland als dominante Regionalmacht Der Einfluss externer Mächte Mittelamerika Mittelamerika: regionale Akteure Mittelamerika: Konfliktursachen Mittelamerika: Regionale Ansätze der Konfliktbearbeitung und -lösung Mittelamerika: Einfluss und Rolle der organisierten Kriminalität Nördliches Afrika Regionale Ansätze für eine konstruktive Konfliktbearbeitung und -lösung Einfluss und Rolle des Islamismus Regionale Zusammenhänge und Wechselwirkungen aus historischer Perspektive Geostrategische, politische und sozio-ökonomische Interessen und Strategien regionaler Akteure Zentralasiatische Region Geostrategische, politische und sozio-ökonomische Interessen und Strategien regionaler Akteure Historische Ursachen und Hintergründe der regionalen Konflikte Einfluss und Rolle des Islamismus Arabischer Raum Einfluss und Rolle des Islamismus und dschihadistischen Terrorismus Geostrategische, politische und sozio-ökonomische Interessen und Strategien regionaler Akteure Regionale Konflikte aus historischer Perspektive Der Syrien-Konflikt und die Regionalmächte Ursachen und Hintergründe der Krisen und Umbrüche in der arabischen Welt Krisen und ihre Folgen Debatten Meinung: Das Völkerrecht und der Berg-Karabach-Konflikt Meinung: Berg-Karabach und die Grenzen des Selbstbestimmungsrechts Meinung: Die Afghanistan-Mission des Westens - vermeidbares Scheitern? Meinung: Afghanistan – Mission 2001 – 2021: Vermeidbares Scheitern? Meinung: Die Kurden: Partner – und Opfer westlicher Großmachtsinteressen Meinung: Die Kurden in Syrien – wie immer zwischen allen Stühlen Meinung: Managen, was nicht lösbar ist – Zum Umgang mit vertrackten Konflikten Meinung: Krisen dulden keinen Aufschub – auf die richtigen Instrumente kommt es an Meinung: Der Westen trägt eine Mitverantwortung für die Ukraine-Krise Meinung: Die Ukraine-Krise hätte verhindert werden können Meinung: Staatsaufbau in Afghanistan. Das Ende der Illusionen? Meinung: Die NATO in Afghanistan. Erst politisch gescheitert, dann militärisch verloren Meinung: Reden allein bringt Syrien nicht weiter. Die Passivität des Westens lässt Syrien explodieren Meinung: Eine politische Lösung in Syrien ist in Sicht – aber keine Selbstverständlichkeit Meinung: Der Mali-Konflikt - nicht nur ein Sicherheitsproblem im Norden! Meinung: Möglichkeiten und Grenzen der Krisenprävention – das Beispiel Mali Meinung: Mexiko, Nigeria, Pakistan – Staatszerfall ganz neuen Ausmaßes? Meinung: "Schwellenländer" – Wachstum als Konfliktursache? Meinung: Die NATO-Intervention gegen das Gaddafi-Regime war illegitim Meinung: Militärische Intervention in Libyen ist grundsätzlich zu begrüßen Meinung: Das Engagement der EU im Sahel nach dem Scheitern in Afghanistan Meinung: Zeit für einen Strategiewechsel in Mali und im Sahel? Glossar Redaktion

Süd-Thailand

Patrick Ziegenhain

/ 8 Minuten zu lesen

Seit rund fünfzehn Jahren verüben im Süden Thailands separatistische Organisationen Gewalttaten. Sie fordern die Loslösung der islamisch-malaiisch geprägten Gebiete. Der seit 2014 herrschenden Militärregierung gelingt es wie schon ihren Vorgängerinnen nicht, die Gewalt zu reduzieren und den Konflikt einzudämmen.

Der thailändische Kampfmittelräumdienst untersucht den Ort eines Bombenanschlages in Rangae in der Provinz Narathiwat 2015. (© picture-alliance/dpa, Str)

Aktuelle Konfliktsituation

Auch im Jahr 2020 hat sich der gewaltsame Konflikt im Süden Thailands nicht beruhigt. In den mehrheitlich von malaiischen Muslimen bewohnten Provinzen Pattani, Yala und Narathiwat sowie in geringerem Maße auch in Songkhla und Satun kommt es weiterhin regelmäßig zu Anschlägen und Gewalttaten von Separatisten, die eine Loslösung der südlichen Provinzen vom Gesamtstaat fordern. Mit Bombenanschlägen auf staatliche Einrichtungen, in letzter Zeit aber auch vermehrt auf nichtstaatliche Einrichtungen, und mit gezielten Tötungen von Vertretern des thailändischen Staates, wie Soldaten, Polizisten, Verwaltungsmitarbeitern und Lehrern, schaffen sie ein Klima der Gewalt.

So explodierten am 17. März 2020 zwei Bomben in Yala vor einem Verwaltungszentrum der südlichen Grenzprovinzen (SBPAC), einer thailändischen Regierungsbehörde, und verwundeten 18 Menschen. Zuvor waren bei einem Bombenanschlag auf einen Kontrollpunkt in der Provinz Yala am 5. November 2019 mindestens 15 Menschen getötet worden. Einem örtlichen Armeesprecher zufolge galt der Überfall einem Wachposten, der mit freiwilligen Sicherheitskräften besetzt war.

Am 3. April 2020 kündigte die derzeit schlagkräftigste muslimische Separatistengruppe BRN (Barisan Revolusi Nasional) einen einseitigen Waffenstillstand wegen der auch in Süd-Thailand um sich greifenden Corona-Epidemie sowie des islamischen Fastenmonats Ramadan an. Die thailändische Armee ignorierte diese Ankündigung und äußerte lediglich, dass die Sicherheitskräfte die geltenden Gesetze auch weiterhin durchsetzen würden. So erschossen am 30. April 2020 thailändische Militärangehörige drei schon länger gesuchte BRN-Kämpfer in einem Dorf in der Nähe von Pattani. Wenige Tage später wurden als Vergeltung im nahegelegenen Distrikt Saiburi zwei thailändische paramilitärische Rangers angegriffen, einer getötet und einer verwundet, als sie mit einem Motorrad von einem Kontrollpunkt zu einem Lebensmittelgeschäft fuhren.

Seit Mai 2014 wird Thailand von einer Militärregierung unter Führung von General Prayuth Chan-o-cha gelenkt, die die gewählte Premierministerin Yingluck Shinawatra durch einen Putsch aus dem Amt gedrängt hatte. Nach unfairen und manipulierten Parlamentswahlen im März 2019 ließ sich der faktisch bereits seit 5 Jahren regierende General schließlich auch formal vom Parlament zum Premierminister Thailands wählen. Das Militär hatte bereits im September 2006 schon einmal gegen die zivile und demokratisch gewählte Regierung geputscht.

Insgesamt gestaltete sich die innenpolitische Lage im Königreich Thailand in den letzten fünfzehn Jahren sehr turbulent. Seit der gewaltsamen Eskalation des Konflikts im Jahr 2004 waren sieben verschiedene Regierungen an der Macht – und keiner gelang es, den Konflikt im Süden Thailands auch nur einzudämmen. Auch die gegenwärtige Militärregierung hat bisher keinerlei Fortschritte bei der Eindämmung der Gewalt erzielt.

Der seit Juli 2005 verhängte Ausnahmezustand wurde bisher von allen thailändischen Regierungen verlängert. Er erlaubt den thailändischen Sicherheitskräften ein sehr hartes Vorgehen gegenüber vermeintlichen "Terroristen" und deren Unterstützern. Der Konflikt im Süden Thailands wird von beiden Konfliktparteien mit großer Brutalität geführt, von der in hohem Maße auch die Zivilbevölkerung betroffen ist. Nach Angaben von Deep South Watch, einer zivilgesellschaftlichen Organisation an der Universität in Pattani, gab es von Externer Link: Januar 2004 bis Mai 2020 7.136 Tote und 13.320 Verletzte.

Ursachen und Hintergründe

In den thailändischen Provinzen Pattani, Yala, Songhkla und Satun lebt eine Bevölkerungsmehrheit von ca. 1,8 Mio. Malaien, die sich in historischer und ethnischer Hinsicht deutlich von der übrigen Bevölkerung Thailands unterscheidet. Während die thailändische Staatsreligion der Buddhismus ist, sind die Bewohner der südlichen Provinzen fast ausschließlich gläubige Muslime, die vom 15. Jahrhundert bis zur Integration in den thailändischen Nationalstaat im Jahr 1909 in einem eigenen semi-autonomen Sultanat lebten. Der Süden Thailands gehört zu den Regionen, in denen der ökonomische Fortschritt des Landes nur sehr langsam zu besseren Lebensbedingungen für die lokale Bevölkerung führt. Konfliktverschärfend kommt hinzu, dass der allgemeine Wohlstand hier zwar deutlich höher ist als z.B. im Nordosten des Landes (Isaan), sich die Einkommensverteilung jedoch sehr ungleich gestaltet. Buddhistische ethnische und chinesischstämmige Thais verfügen im Durchschnitt über ein deutlich höheres Einkommen und Vermögen als die Angehörigen der muslimisch gläubigen malaiischen Minderheit.

Seit 2004 verfolgen islamistische Gruppen in Südthailand kontinuierlich eine Politik der Gewalt gegen die thailändische Zentralregierung. Als politische Maximalforderungen werden die Wiedererrichtung eines unabhängigen islamischen Staats (Sultanat Patani) oder die Angliederung der Provinzen an Malaysia artikuliert. Abang Jawat, der Vorsitzende der MARA Patani, einem Bündnis verschiedener muslimisch-malaiischer Organisationen, hat im August 2015 die folgenden Forderungen aufgestellt:

  • Die Schaffung einer politischen Struktur und Verwaltung, die für die Menschen in Pattani geeignet ist, ihre eigene Zukunft selbst zu bestimmen.

  • Gleichmäßige und gerechte Verteilung der natürlichen Ressourcen und lokalen Steuern zugunsten der Entwicklung und des Wohlstands der Patani-Bevölkerung.

  • Anerkennung der malaiischen Sprache (und der Jawi-Schrift) als offizielle Landessprache, ebenso des Rechts, ein islamisch begründete Bildungssystem zu errichten sowie islamische Gesetze und Vorschriften zu praktizieren.

  • Gesetzliche Garantie der Rechte der Nicht-Muslime, um zu einem harmonischen Miteinander in der multi-ethnischen und multi-religiösen Region Pattani zu gelangen.

  • Unterstellung der Sicherheitspolitik von Pattani unter lokale Verwaltung, die damit der Armeeführung in Bangkok entzogen wird.

Ein Problem ist jedoch, dass nicht alle Widerstandsaktivitäten zentral koordiniert werden. Es gibt Grund zur Annahme, dass es Gewalttäter unter den malaiisch-muslimischen Aktivisten gibt, denen es weniger um politische Inhalte als um organisierte kriminelle Aktivitäten geht, wie z.B. Drogenhandel.

Thailand. (mr-kartographie) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de

Bearbeitungs- und Lösungsansätze

Seit Beginn der Gewalteskalation gehen die thailändischen Sicherheitskräfte mit äußerster Brutalität und oft außerhalb des rechtsstaatlichen Rahmens gegen alle vor, die sie für Separatisten halten. Diese Maßnahmen verstärkten die bereits latent vorhandenen Antipathien der lokalen Bevölkerung im Süden Thailands gegenüber der Zentralregierung und dem thailändischen Staat. Es entsteht zunehmend ein Klima der Feindseligkeit.

Eine von der thailändischen Regierung eingesetzte Nationale Versöhnungskommission unter Leitung des früheren thailändischen Premierministers Anand Panyarachun schlug im Juni 2006 vor, sowohl Teile des islamischen Gesetzes als auch Malaiisch als Amtssprache in den Südprovinzen zuzulassen. Der frühere Premierminister Abhisit Vejjajiva (2008-2011) betonte immer wieder, dass er eine friedliche Konfliktlösung unter Anerkennung der kulturellen und sprachlichen Besonderheiten suche und veranlasste die Verwendung zusätzlicher Steuergelder zur Entwicklung des Südens. Im Februar 2013 begann die thailändische Regierung unter Premierministerin Yingluck Shinawatra Friedensgespräche mit der Barisan Revolusi Nasional-Coordinate (BRN-Coordinate) und anderen bewaffneten Gruppen unter Vermittlung der malaysischen Regierung. Die Verhandlungen wurden mehrfach verschoben, weil die Separatistenorganisationen Bedingungen stellte, die für die thailändische Verhandlungsseite nicht akzeptabel waren.

Mitte des Jahres 2015 fanden unter Vermittlung des muslimischen Nachbarlands Malaysia informelle Gespräche zwischen Vertretern der thailändischen Militärregierung und Mitgliedern von sechs verschiedenen Widerstandsgruppen aus Süd-Thailand statt, doch konkrete Ergebnisse wurden bislang nicht bekannt. Mitte Juli 2015 wurde der 63-jährige Sama-ae Thanam, der bis 1997 den bewaffneten Arm der PULO (Patani United Liberation Organization) anführte, nach 18 Jahren im Gefängnis von der thailändischen Regierung begnadigt und auf freien Fuß gesetzt. Mitglieder der BRN begrüßten dies als Zeichen des guten Willens der Bangkoker Regierung, machten jedoch ebenfalls deutlich, dass die Freilassung keine direkten Auswirkungen auf die Friedensgespräche haben werde.

Ende August 2015 schlossen sich sechs Separatistenorganisationen (BRN, drei verschiedene Flügel der PULO, die Gerakan Mujahideen Islam Patani (GMIP) und die Barisan Islam Pembebasan Patani (BIPP) zu einer Dachorganisation mit dem Namen Majlis Syura Patani (MARA Patani) zusammen. Damit gingen die Separatisten auf die Forderung Bangkoks ein, eine einheitliche und verbindliche Repräsentation für die Friedensgespräche mit der Regierung zu schaffen. Doch dieses Bündnis hielt nicht lange, und die BRN, die nach allgemeiner Einschätzung über den größten Einfluss auf radikale Aufständische verfügt, verließ das Bündnis wieder.

Friedensgespräche wurden dennoch wiederaufgenommen. Die Vertreter von MARA Patani und des thailändischen Staats nutzten die Treffen, um ihre Forderungen zu präsentieren und die Aufrichtigkeit und das Engagement der jeweils anderen Seite zu testen. Die Regierung verlangte, dass MARA der Einführung von "Sicherheitszonen" zustimmt, die darauf abzielen, die Gewalt in diesen speziellen gemeinsam ausgewiesenen Gebieten zu verringern. Die MARA verlangte ihrerseits, dass der Staat Immunität für ihre an den Friedensverhandlungen beteiligten Personen gewährleisten solle.

Die zwischenzeitlich unterbrochenen Verhandlungen wurden im Januar 2020 – erneut unter Vermittlung der malaysischen Regierung – wieder aufgenommen. Weitere Verhandlungen zwischen dem thailändischen Team unter der Leitung von General Wanlop Rugsanoah und einer von Anas Abdulrahman geführten BRN-Delegation fanden Anfang März in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur statt. Laut einer Erklärung des Sekretariats des thailändischen Nationalen Sicherheitsrates für den Friedensdialog im tiefen Süden war die allgemeine Atmosphäre des Treffens "konstruktiv", wobei beide Seiten technische und administrative Fragen diskutierten und sich auch mit "wesentlichen Fragen einschließlich der Reduzierung von Gewalt" befassten.

Nach mehreren übereinstimmenden Medienberichten wurde auch das mehrheitlich muslimische Indonesien Anfang März 2020 gebeten, als Vermittler im Süd-Thailand-Konflikt tätig zu werden. Suhendra Hadikuntono, ein hochrangiger indonesischer Geheimdienstmitarbeiter sagte, er habe diese Angelegenheit mit dem Vorsitzenden der Verteidigungs- und Militärkommission des thailändischen Parlaments, Datuk Seri Sutipan Siririkanon, erörtert.

Geschichte des Konflikts

Thailand, das im Unterschied zu den Vielvölkerstaaten Indonesien und Malaysia als ethnisch und kulturell weitgehend homogen gilt, verfügt neben den Bergvölkern im Norden und Nordosten des Landes über eine bedeutende malaiisch-muslimische Minderheit, die in den südlichen Provinzen an der Grenze zu Malaysia lebt. Sie macht rund 4,6% der Gesamtbevölkerung aus. Die malaiische Minderheit ist sich ihrer eigenen Identität im Verhältnis zur ethnisch und religiös unterschiedlichen zentralthailändischen Bevölkerungsmehrheit bewusst und verweist auf eine jahrhundertelange eigene Geschichte.

Ein Auslöser der Unruhen in den muslimischen Südprovinzen war die Homogenisierungspolitik der thailändischen Regierungen, die bereits mit der Anerkennung des thailändischen Herrschaftsanspruchs in der Pattani-Region durch Großbritannien im Jahr 1809 begann. Mitte der 1960er Jahre entstanden erste militante Widerstandsgruppen, wie die BRN oder die PULO. Bis Anfang 2004 köchelte der Konflikt auf kleiner Flamme. Dann organisierten radikale Separatistenorganisationen unter der Führung von BRN-Coordinate im Süden Thailands eine Reihe von Anschlägen gegen zentralstaatliche Einrichtungen. Als Beginn der Eskalation gilt der 4. Januar 2004, als muslimische Jugendliche bei einem Überfall auf eine Kaserne rund 400 Maschinengewehre erbeuteten.

Die damalige thailändische Regierung unter Premierminister Thaksin Shinawatra befahl daraufhin den nationalen Streitkräften, mit Härte auf Provokationen und Übergriffe zu reagieren. Am 28. April 2004 erschossen Sicherheitskräfte in der Krue Se Moschee in Pattani 32 Muslime, die zuvor eine Kaserne und Polizeistationen überfallen hatten. Am 25. Oktober 2004 löste die thailändische Armee in Tak Bai in der Provinz Narathiwat eine Protestversammlung von muslimischen Jugendlichen gewaltsam auf und verhaftete mehrere Hundert Demonstranten. Bei dem sechsstündigen Transport zu einem Armeestützpunkt in völlig überfüllten Armeelastwagen erstickten mindestens 78 jugendliche Demonstranten. Inzwischen hat sich die thailändische Regierung für den Vorfall entschuldigt und rund 1,2 Mio. Euro als Entschädigung an die Hinterbliebenen gezahlt. Trotzdem geschehen auch weiterhin Morde und Gewalttaten – sowohl vom thailändischen Militär als auch von malaiisch-muslimischen Separatisten.

Weitere Inhalte

Dr. habil. Patrick Ziegenhain ist Politikwissenschaftler und zurzeit Associate Professor im Fach Internationale Beziehung an der President University in Cikarang/Indonesien.