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Mosambik | Kriege und Konflikte | bpb.de

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Mosambik

Lothar Berger

/ 11 Minuten zu lesen

Seit der Unabhängigkeit Mosambiks dominiert die FRELIMO das politische System. Systematische Wahlmanipulationen, zunehmende Repression und eine abgehängte junge Bevölkerung gefährden den inneren Frieden. Dschihadistische Überfälle im Norden und Extremwetterlagen infolge des Klimawandels erschweren die Lage.

28. Dezember 2024: Barrikaden brennen auf den Straßen von Maputo nach den Wahlen in Mosambik. Die Unruhen begannen, nachdem der Verfassungsrat am 23.12. die Wahl von Daniel Chapo, Kandidat der seit 49 Jahren regierenden Frelimo-Partei, zum neuen Präsidenten bestätigt hatte. Er war am 9. Oktober mit 65 Prozent der Stimmen gewählt worden, die Opposition hatte das Wahlergebnis vor Gericht angefochten. (© picture-alliance/dpa)

Der Weg zum Frieden

Mosambik erreichte 1975 seine Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht Portugal. Zwei Jahre später begannen die Angriffe und Attentate der Rebellenorganisation RENAMO , die im benachbarten Rhodesien mit Unterstützung des dortigen Geheimdienstes überwiegend aus unzufriedenen Mosambikanern gegründet worden war. Später übernahm das Apartheidregime Südafrika die militärische und logistische Unterstützung der RENAMO. Was als Destabilisierungskrieg gegen das sozialistisch ausgerichtete Mosambik begann, entwickelte sich bald zu einem brutalen Bürgerkrieg. Daran änderte sich auch nichts, nachdem sich die FRELIMO, die ehemalige Befreiungsbewegung und spätere Regierungspartei, 1989 vom Sozialismus verabschiedete und das Mehrparteiensystem in der Verfassung verankerte.

1992 konnte der Bürgerkrieg dank der Vermittlung durch die katholische Laiengemeinde Sant‘Egidio aus Rom und mit finanzieller Unterstützung der italienischen Regierung beendet werden. Das Friedensabkommen sah den Aufbau von demokratischen Strukturen, die Vertiefung des Friedensprozesses und die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung vor. Die RENAMO formierte sich zu einer politischen Partei. Bis 2013 hielten sich beide Parteien weitgehend an die Abmachungen und arbeiteten an der Errichtung eines funktionierenden demokratischen Systems. Einen wesentlichen Beitrag dazu leistete ihr stillschweigendes Einverständnis, während des Krieges begangene Menschenrechtsverletzungen nicht weiter zu verfolgen. Eine wirkliche Versöhnung blieb allerdings aus.

Erfolge und Fortschritte

Für die Beobachtung und Unterstützung des Friedensprozesses wurde die UN-Mission UNMOZ von Dezember 1992 bis Januar 1995 vom UN-Sicherheitsrat mandatiert. Die wichtigsten Aufgaben der Mission waren die Entwaffnung und Demobilisierung der Konfliktparteien, die Bildung einer nationalen Armee aus 10.000 Kämpfern beider Seiten, die Wahrnehmung von Polizeiaufgaben, die Räumung von Minen, die Vorbereitung und Beaufsichtigung der ersten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sowie die Rückführung von 1,3 Mio. Flüchtlingen und 3,7 Mio. Binnenvertriebenen in ihre Herkunftsorte.

Bei den ersten demokratischen Wahlen im Oktober 1994, die unter Aufsicht der UNMOZ stattfanden, gewannen der Kandidat der ehemaligen Befreiungsbewegung FRELIMO, Joaquim Chissano, mit 53,3 % die Präsidentschaft und die FRELIMO mit 44,33 % und 120 von insgesamt 250 Sitzen eine komfortable Mehrheit im Parlament. Der RENAMO-Kandidat, Alfonso Dhlakama, erreichte 33,73 % und die RENAMO 37,78 %. Von den anderen zwölf Parteien, die zur Wahl zugelassen waren, konnte nur noch die União Democrática mit neun Sitzen in das Parlament einziehen. Anders als in anderen Post-Konfliktländern wurde in Mosambik kein Arrangement der Machtteilung zwischen den ehemaligen Konfliktparteien vereinbart. Die RENAMO wurde nicht an der Regierung beteiligt.

Mit dem demokratischen Neuanfang begann in Mosambik eine rund zehn Jahre währende Phase des Friedens und des Wiederaufbaus. Mosambik galt als ein Musterland der Entwicklungszusammenarbeit. Das Land verfügt über große Ressourcen und Potenziale. Die Entdeckung von Öl- und Gasvorkommen lockte neue Investoren aus dem Globalen Norden an, die massiv in sogenannte Mega-Projekte investierten. Das Bruttosozialprodukt pro Kopf der Bevölkerung stieg von 1994 bis 1999 von 197,90 auf 364,48 US-Dollar an.

Doch mittelständische Unternehmen profitierten kaum von den Projekten. Auch schlug sich die wirtschaftliche Dynamik nicht in einer entsprechenden Verbesserung der Lebensverhältnisse breiter Bevölkerungsschichten nieder. Vielmehr stieg die Zahl der Haushalte unterhalb der Armutsgrenze weiter an. Nach Weltbank-Angaben lebten 2008 knapp über 70 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, d.h. sie mussten mit weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag auskommen. Im UN-Ranking der menschlichen Entwicklung (HDI) belegt Mosambik bis heute einen der letzten Plätze: 2010: Rang 165 von 169 und 2022 Rang 183 von 193.

Auch in den Bereichen Friedensförderung und Demokratisierung fällt die Bilanz zwiespältig aus. Zwar wurden mit der Umsetzung des Friedensabkommens wichtige Voraussetzungen für den Übergang von der militärischen Konfliktaustragung hin zu einem überwiegend politischen Wettbewerb nach verfassungsmäßigen und demokratischen Regeln geschaffen. Die junge Demokratie hatte mit den Wahlen von 1994 und der Einführung eines Mehrparteiensystems ihren ersten Praxistest bestanden. Die Ergebnisse wurden von allen Parteien akzeptiert. Dafür sorgten nicht zuletzt auch die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Mitgliedern der FRELIMO- und RENAMO-Führung.

Doch schon bei den nächsten Wahlen zeigte sich, dass die Fundamente der Demokratie nicht tragfähig genug waren. Bei den Kommunalwahlen im Juni 1998 brachen die Widersprüche offen aus. Die RENAMO und 15 weitere Parteien boykottierten den Urnengang aus Protest gegen das aus ihrer Sicht intransparente Wahlverfahren. In der Folge beteiligten sich lediglich 14,58 % der Wähler an der Abstimmung (Fandrych/Ostheimer 1999: 401). Die Bereitschaft der FRELIMO-Regierung, das Wahlgesetz zu ändern, ermöglichte im Dezember 1999 aber dann doch noch die turnusmäßige Durchführung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen.

Rückblickend können diese Wahlen als Schlüsselereignis für die weitere Entwicklung des Friedensprozesses und der Demokratie angesehen werden. Die hohe Beteiligung von fast 70 % und das knappe Ergebnis, besonders bei den Präsidentschaftswahlen, deuteten darauf hin, dass die Abstimmung von der Opposition als eine echte Chance für einen Macht- und Politikwechsel angesehen wurde. Am Ende trennten den amtierenden Präsidenten Joaquim Chissano von der FRELIMO nur gut 200.000 Stimmen von seinem Herausforderer, Alfonso Dhlakama. In sechs von zehn Provinzen lag Dhlakama sogar vorn. Im Parlament gewann die FRELIMO 133 und die RENAMO 117 Sitze.

Die Ergebnisse wurden von der RENAMO vor dem Obersten Gericht angefochten. Auch das US-amerikanische Carter Center kritisierte den Wahlprozess. Zudem ließen erhebliche IT-Probleme und andere Unregelmäßigkeiten Gerüchte und gegenseitige Verdächtigungen ins Kraut schießen. Beobachter und unabhängige Medien kritisierten vor allem die strukturellen Vorteile der FRELIMO, die als Regierungspartei den privilegierten Zugriff auf staatliche Ressourcen und die Medien zu ihrem Vorteil nutzen konnte (Fandrych/Ostheimer 1999). Die von der RENAMO geforderte Neuauszählung der Stimmen wurde abgelehnt und ihre Klage abgewiesen.

Seitdem wiederholt sich bei jeder Wahl das gleiche Schauspiel. Die FRELIMO gewinnt die Wahlen. Internationale und nationale Beobachter stellen Verlauf und Ergebnis mehr oder weniger grundsätzlich in Frage. Die RENAMO und andere Oppositionsparteien gehen mit politischen, juristischen und zunehmend auch gewaltsamen Mitteln gegen den mutmaßlichen Wahlbetrug der FRELIMO vor (Langa 2024). Kurz: Die Auseinandersetzungen um das Verfahren und die Ergebnisse der kommunalen und nationalen Wahlen wurden zu einer zentralen Arena des Konflikts zwischen den beiden sich zunehmend feindlich gegenüberstehenden politischen Lagern.

In der Folge haben Wahlen und die aus ihnen hervorgehenden staatlichen Institutionen viel von ihrer anfänglichen Akzeptanz verloren. Dies ist bis heute ein Nährboden für Misstrauen und Hass zwischen den Konfliktparteien, aber auch für wachsenden Unmut und Resignation in weiten Teilen der Bevölkerung. Anstatt sich in einem fairen demokratischen Wettbewerb auf die Überwindung der strukturellen Konfliktursachen, die wirtschaftliche Entwicklung und Demokratisierung zu konzentrieren, verengte sich die innenpolitische Auseinandersetzung immer mehr auf den Kampf um die Kontrolle des Staates und den Zugang zu den wirtschaftlichen Ressourcen des Landes (Hofmann De Moura 2014).

In den Jahren 2013 und 2014 kam es erneut zu bewaffneten Kämpfen zwischen der nationalen Armee und Einheiten der RENAMO. Mit Angriffen gegen Armeestützpunkte wollte Dhlakama eine Beteiligung der RENAMO an einer „Regierung der nationalen Einheit“ erzwingen. Hier rächte sich, dass im Rahmen der Umsetzung des Friedensvertrags nicht alle Kampfverbände und Stützpunkte der RENAMO aufgelöst worden und umfangreiche Waffenbestände in ihrem Besitz verblieben waren. Auch die Aufarbeitung der Konfliktvergangenheit und Initiativen zur Versöhnung sind sträflich vernachlässigt worden.

2014 einigten sich die Konfliktparteien auf eine Waffenruhe, die die Straffreiheit für Kämpfer und die Integration der Rebellen in die Armee vorsah. Auch in einem der Hauptstreitpunkte, der Zusammensetzung der nationalen Wahlkommission, konnte Einigung erzielt werden, was der RENAMO eine Teilnahme an den Wahlen 2014 ermöglichte. Doch im September 2015 zog sich Dhlakama erneut in den Untergrund zurück und verweigerte jegliche Verhandlungen mit der Regierung.

Erst im August 2017 konnte ein neuer Verhandlungsprozess beginnen. Nach einer Unterbrechung durch den krankheitsbedingten Tod von Dhlakama im Mai 2018 wurde am 6. August 2019 ein neues Friedensabkommen geschlossen, das als „endgültiger Friedensvertrag“ gefeiert wurde. Die Umsetzung des „Vertrags von Maputo“ war zwar zunächst durch Gewaltandrohung einer abtrünnigen RENAMO-Militärjunta gefährdet, doch nicht zuletzt dank millionenschwerer Unterstützung durch die Europäische Union konnten im November 2022 15 der 16 RENAMO-Militärcamps geschlossen werden. Allerdings fehlen im Friedensvertrag wieder Schritte zur Aufarbeitung des Konflikts und zu gesellschaftlicher Versöhnung. Mit der vereinbarten Amnestie blieb es bei der Straffreiheit für Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen. Die Opposition erkannte auf der Grundlage eigener paralleler Auszählungen die Ergebnisse nicht an. Doch trotz gerichtlich bestätigter Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug bestätigte der Verfassungsrat jeweils die absolute Mehrheit der FRELIMO. Nach dem offiziellen Endergebnis gewann die FRELIMO bei den Wahlen im Oktober 2024 169 Sitze und der ehemalige Journalist und FRELIMO-Politiker, Daniel Chapo, wurde mit 65 % der Stimmen der fünfte Präsident Mosambiks.

Konnten 2023 die Proteste von der Polizei noch eingedämmt werden, löst der Wahlbetrug im Herbst 2024 in Mosambik bislang nie dagewesene soziale Unruhen aus. Das Land stand am Rand des Bürgerkriegs. Venâncio Mondlane stellte sich an die Spitze der Rebellion. Nach der Stimmenauszählung der Opposition hatte er die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Mondlande war bereits 2023 bei den Bürgermeisterwahlen in der Hauptstadt Maputo als Kandidat der RENAMO um seinen Sieg betrogen worden. Nach einem Machtkampf mit dem RENAMO-Vorsitzenden Ossufo Momade hatte er die Partei verlassen und ging als unabhängiger Kandidat in die Präsidentschaftswahlen von Oktober 2024. Unterstützt wurde er von der neugegründeten PODEMOS, die bei den Parlamentswahlen mit offiziell 43 Sitzen auf Anhieb die RENAMO (28 Sitze) als wichtigste Oppositionspartei ablösen konnte.

Die Folgen der Proteste für das Land sind verheerend. Mehr als 300 Tote und über 3.000 Verletzte sind nach Angaben von Amnesty International die traurige Bilanz. Mehrere Politiker der PODEMOS wurden gezielt ermordet. Die Schäden an der Infrastruktur belaufen sich auf rd. 364 Mio. Euro. Durch Vandalismus und Plünderungen wurden allein über 100 Tankstellen zerstört. Das BIP ging im vierten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 4,9 % zurück. Die größten Einbrüche verzeichneten Hotels und Gaststätten (-14,7 %), gefolgt von der verarbeitenden Industrie (-11,14 %), Handel und Reparaturdienstleistungen (-10,64 %) sowie Bergbau (-10,06 %).

Nachdem die Proteste auch in den ersten Monaten 2025 anhielten, lenkte die Regierung ein. Am 25. März 2025 trafen sich Präsident Chapo und Mondlane, der aus Angst um sein Leben vorrübergehend ins Exil gegangen war. Beide Seiten einigten sich darauf, die Unruhen zu beenden. Chapo erklärte sich bereit, alle während der Proteste Festgenommenen zu begnadigen, Familien von Getöteten zu entschädigen und die medizinische Betreuung der Verletzten zu gewährleisten (Nhamirre 2025). Es ist noch zu früh, um einschätzen zu können, ob der Präsident sein Versprechen hält und die strukturellen Veränderungen grundlegender Verfassungsorgane, eine Überarbeitung der Verfassung sowie Maßnahmen zur Dezentralisierung und Entpolitisierung des Staates in Angriff nimmt.

Die Liste der Herausforderungen vor denen das Land steht, ist jedenfalls lang. Ganz oben steht der bewaffnete Konflikt in der muslimisch geprägten Nordprovinz Cabo Delgado. Die Kämpfe begannen im Oktober 2017 mit dem Überfall dschihadistischer Gruppen auf eine Polizeistation. Als begünstigende Faktoren für den Rückhalt der Islamisten in der Bevölkerung gelten die allgemeine Unzufriedenheit mit der sozio-ökonomischen Situation, die Marginalisierung ethnischer Gemeinschaften und die religiöse Radikalisierung in Teilen Bevölkerung. Auch die sogenannten Mega-Projekte, insbesondere von westlichen Konzernen, wie ExxonMobil und TotalEnergies, tragen zur Verschärfung des Konflikts bei. Die einheimische Bevölkerung profitiert kaum von den Gewinnen aus der Förderung von Erdgas, Kohle und anderen Bodenschätzen. Seit Beginn der Angriffe 2017 wurden 4.500 Menschen getötet und mehr als eine Million Menschen vertrieben.

Die Versuche der Regierung, die Aufständischen mit Unterstützung russischer Wagner-Söldner und einer privaten Sicherheitsfirma aus Südafrika zu besiegen, schlugen fehl. Auch die aus acht Staaten der Regionalgemeinschaft SADC zusammengesetzte SAMIM-Mission (2021-2024) konnte nicht viel ausrichten. Als effektiver erwiesen sich ruandische Truppen, die seit 2021 hauptsächlich darauf konzentrieren, ausländische Investitionen vor den in Angriffen der Milizen zu schützen. Die Aufständischen sind zwar geschwächt, doch sie bleiben mit ihrer Guerillataktik eine Bedrohung für die Region.

Eine weitere gewaltige Herausforderung ist die Schere zwischen dem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, die sich immer weiter öffnet. Seit der Unabhängigkeit hat sich die mosambikanische Bevölkerung von 16,1 Mio. (1997 Zensus) auf fast 34 Mio. 2024 mehr als verdoppelt. Die Hälfte der Bevölkerung ist unter 15 Jahren. Bei insgesamt abnehmender Erwerbstätigenquote (2000: 80,8 %, 2023: 76,5 %) liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 7,7 % (2023). Jedes Jahr drängen 500.000 junge Menschen auf den Arbeitsmarkt. Ihre Ausbildung ist oft unzulänglich. Derzeit fehlen allein ca. 9.000 Lehrerinnen und Lehrer. Um die erforderlichen Ressourcen aufzubringen, wäre ein dauerhaftes Wachstum von deutlich über 6 % nötig. Dieser Wert wurde seit 2016 nicht mehr erreicht.

Eine dritte große Herausforderung sind Extremwetterereignisse, wie Überflutungen, Wirbelstürme und Dürren, als Folge von Naturzerstörung und Klimawandel. Mosambik gehört in dieser Hinsicht zu den verletzlichsten Ländern der Welt. Regelmäßig werden große Teile des Landes durch Zyklone verwüstet. Ein Grund dafür ist die massive Abholzung der Wälder für Feuerholz. Doch die Hauptprofiteure sind kriminelle Netzwerke, die Wälder für den illegalen Handel und Schmuggel zerstören (z.B. March 2022). Eine noch wenig beachtete Folge ist die Verbreitung ansteckender Krankheiten wie Cholera, Dengue und Malaria.

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Lothar Berger ist leitender Redakteur von "afrika süd" bei der informationsstelle südliches afrika e.V. in Bonn. Er ist Autor der GIZ-Länder-Informations-Portale Angola und Mosambik.