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Auf dem Weg in die Diktatur (1945 bis 1949) | Geschichte der DDR | bpb.de

Geschichte der DDR Editorial Auf dem Weg in die Diktatur (1945 bis 1949) Der Ausbau des neuen Systems (1949 bis 1961) Im Zeichen von Reform und Modernisierung (1961 bis 1971) Der Schein der Normalität (1971 bis 1982) Auf dem Weg in den Zusammenbruch (1982 bis 1990) Literaturhinweise und Internetadressen Autor, Impressum und Anforderungen

Auf dem Weg in die Diktatur (1945 bis 1949)

Andreas Malycha

/ 25 Minuten zu lesen

Im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands gestaltet die Besatzungsmacht mit Hilfe deutscher Kommunisten das politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche System nach ihren Vorstellungen. Die Parteien werden gleichgeschaltet, Großgrundbesitz und Industrie sozialisiert.

Nach Abschluss der Konferenz von Jalta im Februar 1945 lassen sich die alliierten Staatschefs Winston Churchill (Großbritannien), Franklin D. Roosevelt (USA) und Josef Stalin (UdSSR) fotografieren. (© Wikimedia)

Kriegsende und Besatzungsregime

Mit der bedingungslosen Kapitulation des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht am 7. bzw. 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Deutschland verlor seine staatliche Souveränität an die alliierten Siegermäc­hte Frankreich, Großbritannien, die USA und die Sowjetunion, deren Truppen das Land in Besitz genommen hatten. Die vier alliierten Staaten richteten Besatzungszonen ein und übernahmen die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. In dem von sowjetischen Truppen besetzten Teil Deutschlands wurde bis zuletzt erbittert ge­kämpft. Flüchtlinge und Vertriebene aus den deutschen Gebieten östlich der Oder und Neiße ließen hier die Zahl der Einwohner, gemessen am Vorkriegsstand, bis Ende 1945 um eine Million auf rund 16 Millionen wachsen. Im Dezember 1947 stellten Flüchtlinge und Vertriebene mit über 4,3 Millionen nahezu ein Viertel der Gesamtbevölkerung in der sowjetischen Besatzungszone. Der Alltag war von der Suche nach Obdach, Nahrung, Familienangehörigen und einer neuen Heimat geprägt. ­

Besatzungszonen und Länder in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Grenzen der sowjetischen Besatzungszone wurden am 12. September 1944 von der EAC (= European Advisory Commission), einem Unterausschuss der alliierten Außenminister, in London markiert und im Februar 1945 von den Regierungs- bzw. Staatschefs der drei Großmächte Winston Churchill, Franklin D. Roosevelt und Josef Stalin in Jalta endgültig festgelegt. Zu ihr gehörten die preußische Provinz Brandenburg, das Land Mecklenburg unter Einschluss Vorpommerns, das aus der Provinz Sachsen und dem Freistaat Anhalt gebildete Land Sachsen-Anhalt sowie die Freistaaten Sachsen und Thüringen. Die Oder-Neiße-Linie bildete die Ostgrenze der sowjetisch besetzten Zone. Bis zum 1. Juli 1945 hatte ein Drittel der sowjetischen Zone und damit wichtige Industriezentren in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen unter angloamerikanischer Besatzung gestanden. Die USA und Großbritannien zogen jedoch aufgrund vorheriger Abmachungen ab 1. Juli 1945 ihre Verbände zurück. Im Gegenzug rückten die Westmächte in zwölf der zwanzig Verwaltungsbezirke Berlins ein, die zuvor ausschließlich unter sowjetischer Kontrolle gestanden hatten. Die Präsenz der drei, nach Aufnahme Frankreichs vier westlichen Alliierten in Berlin war vorwiegend symbolischer Natur, da Berlin gemeinsam von einer "Alliierten Kommandantur" verwaltet werden sollte. Doch spielte für die Westmächte auch die strategische Bedeutung Berlins im Zentrum der sowjetischen Zone eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Erklärte Absicht der vier Siegermächte war es, die oberste Regierungsgewalt in Deutschland gemeinsam auszuüben. Zu diesem Zweck bildeten die Oberbefehlshaber einen Alliierten Kontrollrat, der "im gegenseitigen Einvernehmen Entscheidungen über alle Deutschland als Ganzes betreffende Fragen" fällen sollte und erstmals Ende August 1945 in Berlin zusammentrat. Unabhängig davon agierte in jeder der vier Besatzungszonen eine Militärregierung, die dort die oberste Regierungsgewalt ausübte. Für die sowjetische Zone konstituierte sich am 9. Juni 1945 eine Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD), an deren Spitze der Oberbefehlshaber der sowjetischen Besatzungstruppen stand. Bis zum April 1946 war dies Marschall Georgi Schukow; sein Nachfolger wurde Marschall Wassili Sokolowski. Die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Besatzungsgebietes lag bis Oktober 1949 in der alleinigen Verantwortung der SMAD.

Über die allgemeinen Grundsätze der Behandlung Deutschlands herrschte unter den Siegermächten zunächst Einigkeit. Auf der Potsdamer Konferenz (17. Juli bis 2. August 1945) verständigten sie sich darauf, das Land abzurüsten und zu entmilitarisieren, alle nationalsozialistischen Gesetze aufzuheben, die Bevölkerung zu entnazifizieren, Kriegsverbrecher zu verhaften und zu verurteilen und das Erziehungssystem, die Justiz, die Verwaltung sowie das öffentliche Leben zu demokratisieren. Die aus ihnen abgeleitete konkrete Politik der jeweiligen Besatzungsmächte zeigte jedoch bald, wie unterschiedlich die Alliierten das Potsdamer Abkommen auslegten.

Die sowjetischen Besatzungsbehörden gingen rigoroser als die Amerikaner, Franzosen und Briten an die Entnazifizierung heran. Bis zum März 1948 wurden circa 520000 Angestellte in der sowjetischen Besatzungszone aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Die politischen Säuberungen nutzten die Besatzungsbehörden, um die frei werdenden Stellen im öffentlichen Dienst mit Personen zu besetzen, von denen eine loyale politische Einstellung zur Besatzungsmacht erwartet wurde. Das Bemühen um die wirtschaftliche, politische und kulturelle Stabilisierung der sowjetischen Zone und der Kalte Krieg im Zeichen des aufbrechenden Ost-West-Konflikts ließen das Interesse an der politischen und juristischen Ahndung der vielschichtigen Verstrickungen in das NS-System in allen Besatzungszonen jedoch sehr bald in den Hintergrund treten.

Lange Zeit stritten Historiker über die deutschlandpolitischen Absichten der Moskauer Führung. Wollte Stalin von Anbeginn an eine kommunistische Diktatur in der sowjetischen Zone installieren, oder war er eher geneigt, die Einheit Deutschlands zu erhalten? Hier offenbart sich das Bild einer widersprüchlichen Politik, die sich mehrere Optionen offenhielt: Offiziell, in öffentlichen Verlautbarungen, wurde die Einheit Deutschlands beschworen, praktisch sorgte die SMAD zielstrebig dafür, dass die politischen und sozialen Strukturen in der SBZ schnell nach sowjetischem Vorbild umgeformt wurden. Vieles deutet darauf hin, dass Stalin vor allem ein militärisch neutrales Deutschland in Mitteleuropa anstrebte, von dem künftig für die Sowjetunion keine Kriegsgefahr mehr ausgehen sollte. Zu Beginn ihrer Besatzung verfolgte die Sowjetunion vor allem wirtschaftliche (Demontagen und Reparationen) und geopolitische Interessen. Dafür war sie bis etwa Mitte 1947 bereit, mit den Westalliierten zu kooperieren, und versuchte, eine gesamtdeutsche Perspektive offenzuhalten.

Politik unter sowjetischer Besatzung

Gründung von Parteien und Massenorganisationen

Bereits einen Tag nach ihrer Gründung erließ die Sowjetische Militäradministration (SMAD) den Befehl Nr. 2 vom 10. Juni 1945 über die Zulassung antifaschistischer Parteien und Gewerkschaften. Sie überraschte damit die anderen Besatzungsmächte, die den Deutschen zu diesem Zeitpunkt noch keine politischen Aktivitäten im Rahmen von Parteien gestatten wollten. Die Maßnahme war ein Versuch, noch vor dem Einrücken der Westalliierten in Berlin politische Tatsachen zu schaffen und im Rahmen einer gesamtdeutschen Strategie von der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin aus prägenden Einfluss auf die Entstehung eines zentralen deutschen Parteiensystems zu nehmen. Dieses sollte nach den Vorstellungen Stalins – unter Ausschluss explizit konservativer oder nationalistischer Parteien – weitgehend an die Parteienlandschaft der Weimarer Republik anknüpfen, um den westlichen Verbündeten die Sorge zu nehmen, seine Politik im Osten Deutschlands ziele auf eine einfache Übertragung des Sowjetsystems. Alle zugelassenen Parteien sollten nur unter strenger Kontrolle und vielfältigen Auflagen der sowjetischen Besatzungsmacht tätig sein dürfen. Diese behielt sich weitreichende Zugriffsrechte auf die Organisation der Parteien vor, indem sie deren Führungsmitglieder in der Folge entweder bestätigte oder ablehnte.

KPD

Die frühe Parteienzulassung durch die SMAD hatte nicht zuletzt darauf gezielt, der KPD einen Startvorteil zu verschaffen. Sie trat als erste Partei am 11. Juni 1945 an die Öffentlichkeit. Neben der Gunst der SMAD besaß sie gegenüber den anderen Parteien einen programmatischen und organisationspolitischen Vorteil: Die bereits in den letzten Kriegstagen aus Moskau zurückkehrenden Exilkommunisten – unter ihnen die "Gruppe Ulbricht" – hatten sich mit einem "Aktionsprogramm" und ausgewählten "Kadern" gründlich auf einen politischen Neubeginn vorbereitet. Die KPD präsentierte sich in öffentlicher Selbstdarstellung als Partei, die engagiert den Aufbau einer antifaschistischen Gesellschaft vorantrieb. Der Aufruf vom 11. Juni 1945 visierte eine "parlamentarischdemokratische Republik mit allen demokratischen Rechten und Freiheiten für das Volk" an. Auch sprach die KPD-Führung im Juni 1945 davon, "dass der Weg, Deutschland das Sowjetsystem aufzuzwingen, falsch wäre, denn dieser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen Deutschlands". Die von der KPD-Führung häufig gebrauchte Formel von der "antifaschistisch-demokratischen Umgestaltung" ließ jedoch unausgesprochen die Option zu, zu gegebener Zeit über Zwischenetappen eine sozialistische Herrschafts- und Gesellschaftsordnung herzustellen. Trotz der scheinbaren Distanzierung von Diktatur und Sowjetsystem richtete sie sich weiterhin an dem Konzept der "Volksfront" der kommunistischen Weltbewegung aus, stand in enger Verbindung zur sowjetischen Führung und wurde entsprechend instruiert. Die Führung der Partei lag in den Händen des Sekretariats des Zentralkomitees der KPD. Das Sekretariat umfasste nach der Rückkehr Wilhelm Piecks aus dem Moskauer Exil nach Deutschland am 1. Juli folgende Personen: Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht, Franz Dahlem und Anton Ackermann. Die KPD verfügte 1945 als einzige Partei über eine gesamtdeutsche Organisation mit einem kontinuierlich arbeitenden Führungsgremium in Berlin. Sie hatte über ihre früheren Hochburgen in den Bezirken Berlin-Brandenburg und Halle-Merseburg hinaus mitgliederstarke Organisationen und im Vergleich zu anderen Parteien stabile hauptamtliche Apparate in ganz Deutschland aufbauen können. Ab dem Sommer 1945 gewann die Partei in der SBZ vor allem durch die Aufnahme bisher politisch nicht organisierter Antifaschisten rasch neue Mitglieder. Nachdem bis Dezember 1945 auch in den westlichen Besatzungszonen Parteien zugelassen wurden – am 27. August in der amerikanischen, am 14. September in der britischen und am 13. Dezember 1945 in der französischen Zone – erzielte die KPD auch hier einen beträchtlichen Mitgliederzuwachs.

QuellentextAufruf der KPD

Schaffendes Volk in Stadt und Land! Männer und Frauen! Deutsche Jugend!
Wohin wir blicken, Ruinen, Schutt und Asche. Unsere Städte sind zerstört, weite ehemals fruchtbare Gebiete verwüstet und verlassen. Die Wirtschaft ist desorganisiert und völlig gelähmt. Millionen und aber Millionen Menschenopfer hat der Krieg verschlungen, den das Hitlerregime verschuldete. Millionen wurden in tiefste Not und größtes Elend gestoßen. [...]
Nicht nur der Schutt der zerstörten Städte, auch der reaktionäre Schutt aus der Vergangenheit muß gründlich hinweggeräumt werden. [...]
Mit der Vernichtung des Hitlerismus gilt es gleichzeitig, die Sache der Demokratisierung Deutschlands, die Sache der bürgerlich-demokratischen Umbildung, die 1848 begonnen wurde, zu Ende zu führen, die feudalen Überreste völlig zu beseitigen und den reaktionären altpreußischen Militarismus mit allen seinen ökonomischen und politischen Ablegern zu vernichten.
Wir sind der Auffassung, daß der Weg, Deutschland das Sowjetsystem aufzuzwingen, falsch wäre, denn dieser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen in Deutschland.
Wir sind vielmehr der Auffassung, daß die entscheidenden Interessen des deutschen Volkes in der gegenwärtigen Lage für Deutschland einen anderen Weg vorschreiben, und zwar den Weg der Aufrichtung eines antifaschistischen, demokratischen Regimes, einer parlamentarisch-demokratischen Republik mit allen demokratischen Rechten und Freiheiten für das Volk.
An der gegenwärtigen historischen Wende rufen wir Kommunisten alle Werktätigen, alle demokratischen und fortschrittlichen Kräfte des Volkes zu diesem großen Kampf für die demokratische Erneuerung Deutschlands, für die Wiedergeburt unseres Landes auf.

Aufruf des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands an das deutsche Volk zum Aufbau eines antifaschistisch-demokratischen Deutschlands vom 11. Juni 1945. In: Deutsche Volkszeitung vom 13. Juni 1945.

In: Matthias Judt (Hg.), DDR-Geschichte in Dokumenten (bpb-Schriftenreihe Bd. 350), Bonn 2010, S. 45

SPD

Charakteristisch für die Phase des Wiederaufbaus der SPD waren der erklärte Wille zu einem politischen und konzeptionellen Neuansatz nach den traumatischen Erfahrungen der Weimarer Zeit. Der Wiederaufbau der SPD wurde maßgeblich von Funktionären vorangetrieben, die bereits vor 1933 der SPD angehört oder eine Funktion in ihr ausgeübt hatten. In den traditionsreichen sozialdemokratischen Zentren wie Sachsen, Thüringen und in der Provinz Sachsen erreichte die SPD durch die Reorganisierung der alten Mitgliedschaft spätestens bis Ende 1945 die Stärke der Weimarer Zeit und überflügelte die KPD beträchtlich. Die Berliner Führung (Zentralausschuss) trat am 15. Juni 1945 mit einem programmatischen Aufruf an die Öffentlichkeit, mit dem sie "den Kampf um die Neugestaltung auf dem Boden der organisatorischen Einheit der deutschen Arbeiterklasse" beginnen wollte. Er forderte "Demokratie in Staat und Gemeinde, Sozialismus in Wirtschaft und Gesellschaft". Am 19. Juni 1945 konstituierte sich ein geschäftsführender Vorstand des Zentralausschusses, der sich in den folgenden Monaten als provisorische Führung für die gesamte sowjetische Zone verantwortlich fühlte. Ihm gehörten an: Otto Grotewohl, Max Fechner, Erich W. Gniffke, Gustav Dahrendorf, Helmut Lehmann, Richard Weimann und August Karsten. In der SPD dominierte das Bedürfnis, ein neues Verhältnis zur KPD zu finden, das die erbitterten Grabenkämpfe in der Weimarer Zeit vergessen machen sollte. In den wieder gegründeten Ortsvereinen der SPD war daher die Notwendigkeit eines Zusammengehens mit den Kommunisten zunächst kaum umstritten, sollte allerdings nach Ansicht vieler Mitglieder auf der völligen Selbstständigkeit und Gleichberechtigung der beiden Parteien beruhen. Daneben war auch die Idee einer Einheitspartei innerhalb der Mitgliederbasis durchaus populär. Im Westen Deutschlands begann die Wiedergründung der SPD dagegen unter anderen Vorzeichen. In der britischen Besatzungszone stellte sich mit Kurt Schumacher ein sozialdemokratischer Politiker an die Spitze der SPD, der aus seiner Aversion gegen die Kommunisten kein Geheimnis machte und eine Einheitspartei mit den Kommunisten mit dem Argument ablehnte, die KPD würde aufgrund ihrer engen politisch-ideologischen Bindungen an die Sowjetunion als Sachwalter sowjetischer Staatsinteressen in der deutschen Politik agieren. Er steuerte die Partei im Westen auf einem klaren antikommunistischen Abgrenzungskurs und hielt die politische Selbstbehauptung der Sozialdemokratie unter sowjetischen Besatzungsbedingungen für völlig undenkbar. So herrschte in der Berliner SPD-Zentrale die Gewissheit, dass mit Kurt Schumacher und der von ihm geführten SPD im Westen eine Einheitspartei auf keinen Fall zustande kommen würde.

CDU

Am 26. Juni 1945 begann mit einem Aufruf die Geschichte der Christlich-Demokratischen Union (CDU) in der SBZ. Zu den Unterzeichnern des Gründungsaufrufs gehörten u. a. Andreas Hermes, Walther Schreiber, Jakob Kaiser und Ernst Lemmer. Der Aufruf enthielt folgende wesentliche Punkte: politische Demokratie, Trennung von Kirche und Staat, Garantie persönlicher Freiheitsrechte und Schutz des "sozial verpflichteten Privateigentums", Verstaatlichung der Bodenschätze, öffentliche Kontrolle monopolartiger Unternehmen. Die CDU in der SBZ verstand sich als überkonfessionelle Sammlungspartei neuer Art. Die Anhängerschaft rekrutierte sich aus einem breiten sozialen Spektrum, den größten Anteil stellten die Angestellten. Die CDU erhob den Anspruch, eine soziale Volkspartei zu sein und betrachtete sich in ihrem Selbstverständnis als gesamtdeutsche Parteigründung. Vorsitzende wurden im Juni 1945 Andreas Hermes und Walther Schreiber. Da sich Hermes und Schreiber vehement gegen die von der KPD vorgeschlagene Variante der Bodenreform wandten, wurden sie durch eine Verfügung der sowjetischen Besatzungsmacht Ende 1945 abgesetzt und Jakob Kaiser und Ernst Lemmer als Vorsitzende eingesetzt.

LDP

Am 5. Juli 1945 trat die Liberaldemokratische Partei (LDP) mit ihrem Gründungsaufruf an die Öffentlichkeit, der u. a. die Unterschriften von Waldemar Koch, Wilhelm Külz und Eugen Schiffer trug. Wichtigste Forderungen des Aufrufs waren: demokratischer Wiederaufbau, Berufsbeamtentum, Mitwirkung von Gewerkschaften und Unternehmern in der Wirtschaft, Trennung von Staat und Kirche, Garantie der Grund- und Menschenrechte. Ebenso wie die CDU plädierte die LDP für die uneingeschränkte Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Die LDP verstand sich als bürgerliche Sammlungspartei mit gesamtdeutschem Anspruch. Das soziale Spektrum der Anhängerschaft war breit gefächert und entsprach dem Selbstverständnis als Volkspartei. Die größte Gruppe bildeten mit circa 30 Prozent die Angestellten. Selbstständige Handwerker und Kaufleute waren mit circa 15 Prozent ebenfalls stark vertreten. Parteivorsitzender wurde im Sommer 1945 Waldemar Koch, sein Stellvertreter Wilhelm Külz. Koch trat im November 1945 unter dem Druck der SMAD im Zusammenhang mit internen Auseinandersetzungen um die Bodenreform zurück. Nachfolger wurde der bisherige Stellvertreter Külz, der führende Kopf im liberalen Gründerkreis.

Block der antifaschistischen Parteien

Die Zerstrittenheit, die Parteienzersplitterung und die politischen Kämpfe der Weimarer Republik bildeten ein geeignetes Argument, warum alle vier zugelassenen Parteien am 14. Juli 1945 in Berlin den sogenannten Block der antifaschistischdemokratischen Parteien bildeten. Blockausschüsse entstanden in der Folgezeit auch auf Landes- und Gemeindeebene. Als institutionalisierte Parteienkooperation sollte die Bezeichnung "Block" den politischen und organisatorischen Zusammenhalt jener Politiker symbolisieren, die sich als Gegner der Nationalsozialisten sahen und bereit waren, zusammen mit den Kommunisten die politische, wirtschaftliche und kulturelle Neugestaltung Deutschlands in Angriff zu nehmen. An der Spitze des zentralen Blocks stand ein aus den Parteivorsitzenden gebildeter Ausschuss. Jeder Partei wurde das Recht eingeräumt, fünf Vertreter zu den Beratungen zu entsenden. Alle Entscheidungen im "Block" sollten nicht durch Abstimmung, sondern einstimmig getroffen werden. Dies mochte mit Blick auf die katastrophale Nachkriegssituation durchaus gerechtfertigt sein, beraubte die Parteien aber ihrer wesentlichen Funktion in einer Demokratie, nämlich der des politischen Meinungsstreits. Der "Antifa"-Block entsprach einer Forderung der SMAD und kam auf Vorschlag der KPD zustande. Angesichts ihres Rufs als Handlanger der Besatzungsmacht konnte sie kaum mit Mehrheiten in der Bevölkerung rechnen und brauchte für ihre strategischen Zielsetzungen die Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager. Der Block bot ihr die Möglichkeit, die nichtkommunistischen Parteien ihrer Führungsrolle zu unterstellen, denn mit dem Prinzip der Einstimmigkeit war eine Koalition ohne oder gegen die KPD ausgeschlossen. Den Block, aus dem sich später die "Nationale Front" entwickelte, setzten KPD und SED als Instrument zur Beherrschung und Gleichschaltung des Parteiensystems ein. Auch jene deutschen Politiker, die sich in christlicher, liberaler und sozialdemokratischer Tradition stehen sahen, betrachteten die von der Besatzungsmacht geforderte Zusammenarbeit der Parteien als unumgängliche Notwendigkeit ihres politischen Wirkens. Das Prinzip der Einstimmigkeit schien Garantien zu bieten, dass gegen sie keine wichtigen gesellschaftspolitischen Entscheidungen getroffen oder sie von der KPD einfach übergangen werden könnten. In der Praxis zeigte sich jedoch schnell, dass mit der Gründung des Blocks die politischen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt waren. Willkürliche Eingriffe, wie zum Beispiel die Absetzung von Führungspersönlichkeiten, machten zudem rasch deutlich, in welchem Maße sich die SMAD in die inneren Angelegenheiten der Parteien einmischte.

Gewerkschaft und Massenorganisationen

Bereits am 14. Juni 1945 traf sich in Berlin ein "Vorbereitender Gewerkschaftsausschuß", aus dem im Februar 1946 der "Freie Deutsche Gewerkschaftsbund" (FDGB) als Einheitsgewerkschaft hervorging. Die darin vertretenen Industriegewerkschaften (IG) bildeten unter dem Dachverband FDGB (unselbstständige) Untergliederungen. Parallel zu den IG gliederte sich der FDGB in Bezirks-, Stadt- und Kreisverbände mit entsprechenden Leitungen. Der alle vier Jahre einzuberufende FDGB-Kongress wählte einen Bundesvorstand. Formell sicherte die Einheitsgewerkschaft (gewerkschaftliche) Mitwirkungsrechte der Arbeiter und Angestellten im Betrieb, praktisch entwickelte er sich jedoch zu einer wichtigen politischen Säule im Herrschaftssystem der SED. Zugleich entstanden mit dem "Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands", der "Freien Deutschen Jugend" (FDJ) sowie dem "Demokratischen Frauenbund Deutschlands" (DFD) Massenorganisationen, die als Inte- ressenvertretungen bestimmter Bevölkerungsgruppen in Erscheinung treten sollten, aber vornehmlich die Aufgabe hatten, sie weitestgehend in das politische System einzubinden. Ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten gingen nicht über den unmittelbaren lokalen Bereich hinaus.

Gründung der SED

Die Gründung der SED im April 1946 war eine wichtige politische Weichenstellung im Ostteil Deutschlands, bei der die dortige SPD in das politische Räderwerk sowohl der sowjetischen Besatzungsmacht als auch der deutschen Kommunisten geriet. Im Frühjahr 1945 hatte zunächst der erklärte Wille geherrscht, zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten ein neues Verhältnis zu finden, das sich deutlich von der scharfen Konfrontation der Weimarer Zeit abheben sollte. Auch in der Sozialdemokratie war die Bereitschaft zur Überwindung der historischen Spaltung der Arbeiterbewegung zunächst groß. Mit dieser Sehnsucht nach einer wiedervereinigten Arbeiterbewegung verbanden sich jedoch unterschiedliche Vorstellungen. Viele Sozialdemokraten hatten das Bild der Sozialdemokratie des ausgehenden 19. Jahrhunderts vor Augen – ungeteilt, stark und der Demokratie verpflichtet. Die Kommunisten sahen die Kommunistische Partei der Sowjetunion als leuchtendes Vorbild. Sie war in ihren Augen die einzige politische Kraft auf der Welt, die den Kapitalismus, den sie für den Wegbereiter des Nationalsozialismus hielten, gestürzt und eine neue gesellschaftliche Ordnung errichtet hatte. Somit war bei aller Sympathie für eine Einheitspartei eine politische Trennlinie zwischen beiden Lagern deutlich sichtbar. Ohne den Massenzulauf, den sie im Osten nach ihrer Wiedergründung im Juni 1945 verzeichnete, wäre die SPD für die KPD kein ernsthafter Konkurrent im Kampf um das Machtmonopol in der sowjetischen Zone gewesen. Doch obwohl die Besatzungsmacht der KPD jede nur erdenkliche materielle Unterstützung zukommen ließ, entwickelte sich die SPD mit ihren über 400000 Mitgliedern zum Jahresende 1945 zur mitgliederstärksten Partei im Osten. Eine starke Sozialdemokratie, noch dazu mit einem starken Partner im Westen, stand der Übertragung des sowjetischen Gesellschaftsmodells im Wege. So gab es für Kommunisten und sowjetische Besatzer nur einen Weg: die SPD politisch zu vereinnahmen. Die Einheitseuphorie in der Sozialdemokratie im Frühjahr 1945 war am Ende des Jahres bereits verflogen. Zwischenzeitlich hatten die meisten Sozialdemokraten erkannt, wie sehr die KPD von Moskauer Direktiven abhängig war und wie stark die Kommunisten durch die Militäradministration privilegiert wurden. So konnte die Gründung der SED nur durch eine allumfassende propagandistische Kampagne der KPD, in der die Gegner der Einheitspartei als "Feinde der Arbeiterklasse" diffamiert wurden, sowie durch die Anwendung physischer und psychischer Gewalt sowjetischer Besatzungsoffiziere gegen einheitsunwillige Sozialdemokraten vollzogen werden. Erich Gniffke, der im Auftrag der Berliner Führung die Stimmungslage an den Parteibasis erkundete, zeichnete am 10. Februar 1946 in einem Schreiben an Otto Grotewohl ein deprimierendes Bild über die Vorgänge in den Parteibezirken. Überall, so vermerkte er in seiner Mitteilung, würden die Genossen von den sowjetischen Kommandanten aus ihren Ämtern gedrängt, wenn sie sich gegen eine sofortige Verschmelzung der Parteien stellten. Alles in allem kann von demokratischer Willensbildung während der Gründungsphase der Partei nicht einmal im Ansatz die Rede sein. Otto Grotewohl, Erich Gniffke und andere Führungsmitglieder der SPD in Berlin setzten ihre ganze Zuversicht nunmehr darauf, wenigstens das Profil der Einheitspartei maßgebend mitgestalten zu können. Der Gründungsparteitag der SED wählte am 22. April 1946 den Kommunisten Wilhelm Pieck und den Sozialdemokraten Otto Grotewohl zu Vorsitzenden der Partei, die zum Zeitpunkt ihrer Bildung rund 1,3 Millionen Mitglieder zählte. Eine besondere politische Situation ergab sich in Berlin, wo sich in den Westsektoren der Stadt in einer Urabstimmung am 31. März 1946 eine deutliche Mehrheit gegen den Zusammenschluss von SPD und KPD entschieden hatte. Nicht nur in West-Berlin, auch in den östlichen Parteibezirken behauptete sich die SPD bis zum Mauerbau 1961 als eigenständige politische Kraft.

Erweiterung des Parteiensystems

Nach der Ausschaltung der SPD als wichtigster Konkurrentin der KPD sollten die Gründungen der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) und der Demokratischen Bauernpartei (DBD) – zweier neuer, nach außen hin nichtkommunistischer Parteien – im Sommer/Herbst 1948 das bürgerliche Mitglieder- und Wählerpotenzial von CDU und LDP schwächen. Die Mitgliederwerbung der NDPD richtete sich hauptsächlich auf die früheren Mitglieder und Anhänger der NSDAP, die für ein neues politisches Engagement gewonnen werden sollten. Den größten Teil der NDPD-Mitglieder stellten die Angestellten; Gewerbetreibende, kleine Unternehmer und Arbeiter bildeten dagegen eine Minderheit. Die DBD gründete sich im Unterschied zu allen anderen nichtkommunistischen Parteien ganz klar als schichten- und berufsorientierte Partei. In der Mitgliedschaft der DBD überwogen Neu- und Kleinbauern, die durch die Bodenreform Ackerland zur Bewirtschaftung bekommen hatten. Beide Parteien waren zwar formal selbstständig, agierten aber de facto als Organe der SED. Die Aufnahme der DBD in den Block am 5. August und der NDPD am 7. September 1948 führte zur beabsichtigten Kräftezersplitterung im bürgerlichen Lager. Nun war eindeutig die Vorherrschaft der SED im Block garantiert, da auch die führenden Vertreter der Gewerkschaft (FDGB), die nun ebenfalls Aufnahme in den Block fanden, überwiegend aus der SED kamen. Die Absetzung Jakob Kaisers und Ernst Lemmers als Vorsitzende der CDU auf Weisung der SMAD am 20. Dezember 1947 markierte eine weitere wichtige Station auf dem Weg zur politischen Gleichschaltung der "bürgerlichen" Parteien. Beide hatten sich im Vorstand der CDU gegen eine Teilnahme an dem von der SED initiierten "Deutschen Volkskongreß für Einheit und gerechten Frieden" ausgesprochen, der am 6./7. Dezember 1947 in Berlin stattfand, weil er ihrer Meinung nach keinen wirklichen gesamtdeutschen und überparteilichen Charakter tragen würde. Unter dem nachfolgenden Parteivorsitzenden Otto Nuschke verlor die CDU zunehmend die ihr verbliebene Eigenständigkeit und jegliches politisches Profil. Bis zum Ende der 1940er Jahre bildete sich so das für die Herrschaftssicherung der SED charakteristische politische System heraus, in dem die nichtkommunistischen Parteien gemeinsam mit den Massenorganisationen vor allem als "Transmissionsriemen" der SED-Politik wirkten. Damit näherte sich das Parteiensystem in der Funktionsweise einem kommunistischen Einparteiensystem an, obgleich die nichtkommunistischen Parteien weiterhin existierten.

QuellentextGrundsätze und Ziele der SED

Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands kämpft für die Verwandlung des kapitalistischen Eigentums an den Produktionsmitteln in gesellschaftliches Eigentum, für die Verwandlung der kapitalistischen Warenproduktion in eine sozialistische, für und durch die Gesellschaft betriebene Produktion. In der bürgerlichen Gesellschaft ist die Arbeiterklasse die ausgebeutete und unterdrückte Klasse. Sie kann sich von Ausbeutung und Unterdrückung nur befreien, indem sie zugleich die ganze Gesellschaft für immer von Ausbeutung und Unterdrückung befreit und die sozialistische Gesellschaft errichtet. Der Sozialismus sichert allen Nationen, allen Menschen die freie Ausübung ihrer Rechte und die Entfaltung ihrer Fähigkeiten. Erst mit dem Sozialismus tritt die Menschheit in das Reich der Freiheit und des allgemeinen Wohlergehens ein.
Die grundlegende Voraussetzung zur Errichtung der sozialistischen Gesellschaftsordnung ist die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse. Dabei verbündet sie sich mit den übrigen Werktätigen.
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands kämpft um diesen neuen Staat auf dem Boden der demokratischen Republik. [...]
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands kann ihren Kampf nur erfolgreich führen, wenn sie die besten und fortgeschrittensten Kräfte der Werktätigen vereint und durch die Vertretung ihrer Interessen zur Partei des schaffenden Volkes wird.
Diese Kampforganisation beruht auf dem demokratischen Beschlußrecht ihrer Mitglieder, der demokratischen Wahl aller Parteileitungen und der Bindung aller Mitglieder, Abgeordneten, Beauftragten und Leitungen der Partei an die demokratisch gefaßten Beschlüsse. [...]
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands kämpft als unabhängige Partei in ihrem Lande für die wahren nationalen Interessen ihres Volkes. Als deutsche sozialistische Partei ist sie die fortschrittlichste und beste nationale Kraft, die mit aller Kraft, die mit aller Energie gegen alle partikularistischen Tendenzen für die wirtschaftliche, kulturelle und politische Einheit Deutschlands eintritt. [...]

Protokoll des Vereinigungsparteitages der SPD und KPD am 21. und 22. April 1946 in der Staatsoper zu Berlin. Berlin (Ost) 1946, S. 172-180.

In: Hermann Weber (Hg.), Kleine Geschichte der DDR, Köln 1980, S. 34 f.

Wandlungen in der ostdeutschen Nachkriegsgesellschaft

Deutsche Verwaltungen

Im Juli 1945 setzte die SMAD Landesverwaltungen für die Länder Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern sowie Provinzialverwaltungen für die Provinzen Brandenburg und Sachsen-Anhalt ein. An der Spitze der Landesverwaltungen standen parteilose, sozialdemokratische bzw. liberaldemokratische Präsidenten. Die KPD sicherte sich den alleinigen Einfluss auf die innere Sicherheit, da sie sämtliche 1. Vizepräsidenten stellte, in deren Kompetenz u.a. die Polizei fiel. Darüber hinaus ließ die sowjetische Besatzungsmacht "deutsche Zentralverwaltungen" für wichtige Sachgebiete (u. a. für Industrie, Landwirtschaft, Volksbildung, Finanzen, Arbeit und Sozialfürsorge) errichten, die jedoch keine Gesetze und Verordnungen erlassen durften. Sie arbeiteten auf ihrem Tätigkeitsfeld an der Umsetzung entsprechender SMAD-Befehle. Erst im Februar 1948 wurde den ostdeutschen Verwaltungen das Recht zugestanden, Verfügungen und Instruktionen für die SBZ verbindlich zu beschließen. Reguläre Landesregierungen gingen aus den Landtagswahlen am 20. Oktober 1946 hervor, an denen auch die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) als bäuerliche Massenorganisation und Interessenvertreterin der Klein- und Mittelbauern teilnehmen durfte. Im Durchschnitt lag die SED auf die gesamte SBZ bezogen bei 47,6 Prozent der Stimmen und zog damit zwar als wählerstärkste Partei in die Landtage ein. Obgleich örtliche Dienststellen der Besatzungsmacht CDU und LDP vielfach behindert und die SED massiv begünstigt hatten, war es der Einheitspartei aber nicht gelungen, in einem Land die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu erhalten – insgesamt besaßen die bürgerlichen Parteien CDU und LDP mehr Stimmen als die SED. Sie benötigte als Mehrheitsbeschafferin die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe, die vorbehaltlos die politischen Ziele der SED unterstützte. In den im November/Dezember 1946 gebildeten Landesregierungen stellte die SED vier der insgesamt fünf Ministerpräsidenten und 17 der insgesamt 33 Minister. Lediglich in Sachsen-Anhalt stand mit Erhard Hübener ein Mitglied der LDP an der Spitze einer Landesregierung.

Die Landtagswahlergebnisse 1946.

Als Fazit des Wahlausgangs vom Oktober 1946 ließ sich die SED-Führung nie wieder auf eine demokratische Wahl ein. Ab 1950 stand nur noch die Einheitsliste der "Nationalen Front" zur Abstimmung, welche die wirkliche Stimmungslage in der Bevölkerung jedoch nicht annähernd widerspiegelte.

Bodenreform

Unter der Losung "Junkerland in Bauernhand" rief die KPD am 8. September 1945 zu einer Aufteilung des Großgrundbesitzes auf. Man wollte erreichen, dass die Besitzer mit ihrem Land auch den damit verbundenen politischen Einfluss verloren. Die Details und Modalitäten der Bodenreform gab Stalin der KPD-Führung in Besprechungen in Moskau vor. Durch entsprechende Verordnungen der Landes- und Provinzialverwaltungen wurden rund 7000 Besitzer von Ländereien mit über 100 Hektar entschädigungslos enteignet. Betroffen war vor allem der Nordosten der SBZ (Mecklenburg-Vorpommern), in dem seit jeher große Güter vorgeherrscht hatten. Die konfiszierten 2,5 Millionen Hektar Land sowie auch der Landbesitz tatsächlicher wie vermeintlicher Schlüsselfiguren des NS-Regimes und Staatsgüter – das waren 35 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche – kamen in einen Bodenfonds, aus dem Landarbeiter, Vertriebene und Kleinbauern etwa 20 Hektar Land zur Bewirtschaftung zugeteilt bekamen. Die Mehrzahl der neuen Bauern konnte mit dem zugeteilten Land allerdings nicht rentabel wirtschaften, weil es zu klein war. Insbesondere aus ihren Reihen kamen sehr bald Forderungen, landwirtschaftliche Genossenschaften zu bilden.

QuellentextBodenreform

... aus Sicht der Betroffenen ...

"Am 24. Juli siedelten meine Frau und ich wieder in unser Gut über, wo wir uns im Inspektorhaus mit den Resten unserer Möbel zwei Zimmer einrichteten. Die Feldarbeiten wurden unregelmäßig, wochenlang überhaupt nicht verrichtet, Pferde und totes Inventar fast restlos gestohlen. Da die Bergung der Ernte auf das höchste gefährdet war, wurde mir am 14. August vom Landrat unter den allerschwierigsten Verhältnissen wieder die Bewirtschaftung übertragen. In einer kommunistischen Versammlung im Saale des Gutshauses hielt der Beauftragte der KPD aus P. eine Rede, die mit folgenden denkwürdigen Worten begann: ‚Seit der Zeit des Großen Kurfürsten sind die Gutsbesitzer sämtlich Kriegsverbrecher. Daher haben wir ihnen die Güter entschädigungslos enteignet.‘
Nachdem mir noch am 28.9. eine Anerkennung wegen Bergung der Ernte ausgesprochen war, erhielt ich am 29.9. den Befehl, mein Gut bis zum Abend zu verlassen. Wir gingen zunächst nach dem nahen G. zu befreundeten Bauern, wurden aber bereits nach wenigen Tagen gezwungen, innerhalb 2 Stunden den Ort zu verlassen. Wir fuhren dann nach Schwerin, wo wir in dem der Familie meiner Frau gehörenden Hause Unterkunft fanden. Am Dienstag, den 13. November, erhielten wir aus zuverlässiger Quelle Nachricht von unserer vor Ende der Woche geplanten Verhaftung und Deportation. Am 14. November verließen wir heimlich Schwerin und trafen nach unendlichen Schwierigkeiten und Anstrengungen am 29. November in der Westzone ein. Unsere ganze Habe bestand aus je einem Rucksack." [...]

Weißbuch über die "Demokratische Bodenreform" in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, erw. Neuauflage, München/Stamsried 1988, S. 46 f.

In: Ilse Spittmann, Gisela Helwig (Hg.), DDR-Lesebuch 1, Köln 1989, S. 156

... aus Sicht der SED ...

Am 23. September findet auf der Wiese des Gutsparkes von Plänitz im Kreis Ruppin der feierliche Auftakt für die Verteilung des Junkerlandes statt, das in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands mit den Verordnungen über die demokratische Bodenreform enteignet wurde. An 60 Bewerber – 22 landarme Bauern und Landarbeiter, acht Handwerker, drei neue Siedler und 13 Umsiedler aus Plänitz sowie 14 landarme Bauern und Landarbeiter aus Neustadt an der Dosse – werden die Besitzurkunden überreicht. Die erste Urkunde, und zwar über acht Hektar Ackerland und einen Hektar Wiese, kann der Siedler Ernst Paris, Vater von elf Kindern, in Empfang nehmen.
Dem historischen Akt war eine angestrengte Tätigkeit der Gemeindekommission für Bodenreform vorangegangen. Das von ihr aufgeteilte Gut Kränzlin II war ein typisches Beispiel der politischen Notwendigkeit der Liquidierung des Großgrundbesitzes. Über 300 Hektar, das ist mehr als die Hälfte des zur Gemeinde Plänitz gehörenden Landes, hatten die Junker von Rathenow zusammengeraubt. Seit Jahrhunderten mußte der größte Teil der Einwohner des Ortes als Landarbeiter, Knechte und Gutshandwerker Frondienste für die "gnädigen" Herren leisten. Letzter Besitzer [...] war ein Sturmführer bei Hitlers Reiter-SA.

Gabriel P.: "Die Kraft der Einheitsfront", in: Neues Deutschland vom 24. September 1970.

... aus Sicht der Neubauern

In der Bahnhofskneipe [...] trat die Kommission zusammen, die das Gut aufteilen sollte. Sie bestand zum Teil aus Leuten aus dem Ort, die politisch ihr Mäntelchen in den Wind hängten und sich unter dem neuen Regime Chancen für die eigene Zukunft ausrechneten. Die haben dann den Bewerbern, also auch mir, die einzelnen Parzellen zugeteilt. Mehr als neun Hektar durften pro Neubauer nicht verteilt werden. Und die besten Stücke haben wir natürlich auch nicht bekommen. Ich erhielt siebeneinhalb Hektar Weide und Ackerland, verteilt auf fünf weit auseinanderliegende Stellen. [...]
Vor der Bodenreform glich auf dem Gut der hohe Ertrag der guten Böden die niedrigeren Ernten auf den schlechteren Äckern aus. Doch jetzt stand der Neubauer mit seinem bißchen Land da und mußte sehen, wie er zurechtkam. Eine unserer Flächen war das übelste Stück des Gutes. Wir hatten Mühe, mit karger Anspannung den Acker saatfertig zu bekommen. [...]
"Wir konnten nicht frei entscheiden, was wir anbauen wollten, wofür unsere Böden am geeignetsten waren. Wir mußten Getreide, Raps, Mohn, Zuckerrüben und sogar Tabak anbauen. Zur Feldarbeit hatten wir ein zweijähriges Fohlen aus dem Viehbestand des alten Guts zugeteilt bekommen, sonst nichts. Unsere Leistung wurde genau kontrolliert."

Dieter Zimmer: Auferstanden aus Ruinen. Von der SBZ zur DDR, Stuttgart 1989, S. 57.

Beide Texte in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.), Informationen zur politischen Bildung Nr. 231 "Geschichte der DDR", Bonn 1991, S. 59 f.

Konturen eines neuen Wirtschaftstyps

Da die Roh- und Grundstofflieferungen aus den westlichen Industrierevieren aufgrund unterbrochener Verkehrswege ausblieben und die kriegszerstörten Industrieanlagen nur notdürftig repariert werden konnten, kam das Wirtschaftsleben in den von der weiterverarbeitenden Industrie geprägten Wirtschaftszentren in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin nur schwer wieder in Gang. Besonders problematisch wirkte sich nun die historisch gewachsene Arbeitsteilung aus: Die Industrie Mitteldeutschlands war bis 1945 von Rohstoffen (Steinkohle, Eisenerz, Stahl) aus dem Westen bzw. Osten abhängig. Während die Metallverarbeitung (Werkzeugmaschinenbau, Fahrzeugindustrie) sowie die Leichtindustrie (Textilindustrie, Feinmechanik/Optik) einen hoch entwickelten Stand besaßen, war die Schwerindustrie nur schwach entwickelt. Die ungünstige Ausgangslage der Wirtschaft wurde durch Reparationszahlungen an die Sowjetunion (nach offiziellen Angaben insgesamt 4,3 Milliarden Dollar) und Demontagen von etwa 3400 Betrieben erheblich erschwert. Damit musste das von der Sowjetunion besetzte Gebiet zur Wiedergutmachung der vom Deutschen Reich im Krieg verursachten Schäden unvergleichlich mehr beitragen als die Westzonen. Dort übertraf die Industrieproduktion im Laufe der ersten Nachkriegsjahre bereits den Vorkriegsstand, während die Industrieproduktion der SBZ 1946 lediglich 22 Prozent der Pro-Kopf-Produktion von 1936 erreichte.

QuellentextDemontagen und Reparationen

Hilferuf an Wilhelm Pieck

[...] Die SMA hat Demontage unseres Zementwerkes Göschwitz bei Jena* verfügt. Göschwitz ist das einzigste [sic!] Zementwerk, das die Länder Thüringen und Sachsen versorgt. [...] Der ganze Wiederaufbau in Thüringen und Sachsen – Städte, Dörfer, Neubauern**, Brücken, Straßen – wird lahmgelegt, wenn Göschwitz zum Erliegen kommt. Ohne Göschwitz müssen auch die Zweigwerke Stüdnitz und Unterwellenborn stillgelegt werden. Hilf uns. Thüringer Landesverwaltung und Thüringer SMA sind machtlos. Marschall Schukow hat letzte Entscheidung in der Hand. Hilf Du uns. Schnellste Hilfsmaßnahmen erforderlich. Gib [uns] bitte Nachricht.
Zementwerk Göschwitz [Unterschriften]

* Göschwitz ist heute Teil der Stadt Jena.

** Gemeint ist ein Bauprogramm für Neubauernhöfe.

Telegramm KPD- und SPD-Betriebsgruppen und Betriebsrat an Wilhelm Pieck, 13. März 1946. In: BArch, DY 30/IV 2/6.02/52 (ZK der SED / Abteilung Wirtschaftspolitik), Bl. 303 und 303Rs.

Protest lokaler SED-Kräfte gegen Demontagen

[Der] Betrieb Eckold [wird] demontiert. Lt. Befehl, der von der Kommandantur gleichfalls vorliegt, handelt es sich um eine Teildemontage. [...] Der Demontage-Offizier erklärt, daß der Befehl für ihn nicht gültig ist und er sämtliche Maschinen abtransportieren läßt. [...] Wenn dieser Befehl durchgeführt würde, bedeutet es, daß der letzte Maschinenbetrieb aus Wernigerode verschwindet. [...] Die Demontage-Offiziere erkennen [...] Befehle nicht an und handeln willkürlich, angeblich nach Befehlen, die in ihren Händen sind. Das sind Widersprüche, die für uns den Wirtschaftstod bedeuten. Wir denken gar nicht daran, zum Totengräber der deutschen Wirtschaft zu werden, sondern wollen aufbauen. Deshalb fordern wir, daß eine Teildemontage durchgeführt wird, sodaß ein organisch gegliederter Restbetrieb verbleibt, mit dem wirklich eine dem Betrieb angemessene Fabrikation aufgenommen werden kann. [...]

Brief von Karl G., SED-Kreisvorstand Wernigerode, an den SED-Zentralvorstand, 16. Dezember 1946. In: BArch, IV 2/6.02/52 (ZK der SED / Abteilung Wirtschaftspolitik), Bl. 53 und 53Rs.

Beide Texte in: Matthias Judt (Hg.), DDR-Geschichte in Dokumenten, Bonn 2010, S. 108 f.

Schon bald nach Kriegsende griff die Besatzungsmacht in den Wirtschaftskreislauf ein. Es begann mit der Verstaatlichung der Banken und Sparkassen im Juli 1945. Im Oktober 1945 ließ sie das Eigentum des deutschen Staates, der NSDAP und ihrer Amtsleiter sowie der Wehrmacht beschlagnahmen. Große Betriebe der Schwer- und metallverarbeitenden Industrie wurden nach einem Volksentscheid in Sachsen (30. Juni 1946) in Staatseigentum überführt. Auch in den anderen Ländern der SBZ gelangten bis Frühjahr 1948 rund 10000 Unternehmen wichtiger Wirtschaftszweige in Staatsbesitz Ihr Anteil an der Industrieproduktion betrug zu diesem Zeitpunkt etwa 60 Prozent. Offiziell galten sie als "Volkseigentum", faktisch unterstanden sie deutschen oder sowjetischen Verwaltungsorganen. Zahlreiche Großbetriebe, die insgesamt mehr als ein Viertel der gesamten Industriekapazität der SBZ ausmachten, gingen direkt als Sowjetische Aktiengesellschaften/SAG in sowjetisches Eigentum über. Sie wurden Anfang der 1950er Jahre der Regierung der DDR übergeben. Die administrativen Eingriffe in die Wirtschaft der SBZ führten bis zum Ende der 1940er Jahre zu einem gravierenden Wandel der Eigentumsordnung, der sich in den 1950er Jahren fortsetzte. Die von der SED initiierte Kampagne zur Enteignung der beschlagnahmten Betriebe verstärkte die Unsicherheit unter privaten Unternehmern, Gewerbetreibenden und Selbstständigen, die in großer Zahl in die Westzonen abwanderten.

Reparationsleistungen der SBZ/DDR.

Die Staatsbetriebe bildeten die industrielle Basis für eine neue Wirtschaftsordnung nach dem Modell der sowjetischen Planwirtschaft. Die 1948 eingeführten Wirtschaftspläne entsprachen der kommunistischen Vorstellung von einer stark zentralisierten Wirtschaftslenkung. Der "Zweijahrplan der Volkswirtschaft" für die Jahre 1949/50 sollte aber nicht nur die Wirtschaft zentral lenken, sondern zugleich die Defizite in der Wirtschaftsstruktur, die durch die zerrissenen traditionellen Wirtschaftsverflechtungen entstanden waren, durch den Aufbau eigener industrieller Kapazitäten ausgleichen.

Antifaschismus

Zum tragenden politisch-ideologischen Pfeiler der Gesellschaft erklärten Besatzungsmacht sowie auch alle politischen Parteien und Organisationen den Antifaschismus. Er sollte die im deutschen Volk vorhandene nationalsozialistische Geistes- und Lebenshaltung überwinden. Dabei gebrauchten die Kommunisten folgende Konstruktion: Schuld am Nationalsozialismus hatten die Kapitalisten und politischen Eliten. Das Volk war von ihnen irregeführt und verführt worden und trug folglich keine Schuld an Krieg und Verbrechen. Mit der Enteignung der Kapitalisten würde auch der Nationalsozialismus verschwinden. Nationalsozialisten gab es auf diese Weise im Osten Deutschlands gar nicht mehr. Mit ihrer Biographie als im Nationalsozialismus Verfolgte fühlte sich die neue politische Elite moralisch im Recht, das nunmehr vom Nationalsozialismus befreite Volk in eine bessere Zukunft zu führen.

Der antifaschistische Anspruch war für viele ein wichtiges Motiv, sich aktiv am Aufbau der neuen Gesellschaft zu beteiligen. Vor allem die im "Dritten Reich" herangewachsenen Jugendlichen, die damals 15- und 16-Jährigen nahmen die Chance zur Mitwirkung meist bereitwillig an. Den zur Staatsdoktrin erhobenen Antifaschismus benutzte die SED-Führung allerdings rasch für machtpolitische Zwecke, indem politische Gegnerschaft zur SED mit dem Etikett "faschistisch" versehen wurde. Zudem trat die Frage nach den Mitläufern und Nutznießern des NS-Regimes völlig in den Hintergrund.

Mit den Jahren kam es zu einer immer stärker werdenden politischen Einengung dessen, was in der DDR unter "Antifaschismus" zu verstehen sei. Während der kommunistische Widerstand einseitig hervorgehoben wurde, räumte man anderen Opfern und Gegnern des NS-Terrors, etwa den rassisch Verfolgten, den "Zeugen Jehovas" und "Bibelforschern", den Homosexuellen, den Wehrdienstverweigerern und Wehrmachtsdeserteuren sowie bürgerlich-liberalen Widerstandshaltungen und -handlungen keinen Platz ein, und schon gar nicht jenen preußisch-konservativen, die zum Attentat vom 20. Juli 1944 geführt hatten. Der christliche und auch der sozialdemokratische Widerstand blieben bis auf die wenigen Ausnahmen, in denen es zu einer Zusammenarbeit mit Kommunisten gekommen war, ausgeblendet. So verengte sich gerade in der Ulbricht-Ära der Widerstandskampf deutscher Kommunisten vornehmlich auf Beschlüsse und Handlungen der in die UdSSR emigrierten KPD-Führung. Die Würdigung derer, die in Deutschland geblieben waren, die in Widerstandsgruppen ihr Leben riskiert und in Zuchthäusern und Konzentrationslagern gelitten hatten, reduzierte sich auf die rituelle Erwähnung weniger Namen.

Kultur und Bildung

Die sowjetische Militärverwaltung sorgte für eine rasche Wiederbelebung des kulturellen Lebens: Innerhalb weniger Monate öffneten Theater und Opernhäuser in den großen Städten ihre Pforten. Im Mittelpunkt stand dabei die Pflege der deutschen Klassik des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Ganz bewusst suchte die Kulturpolitik der SMAD Anknüpfungspunkte an nationale Traditionen der Deutschen, die als Klammer für ein gesamtdeutsches Kulturkonzept dienen konnten. Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried Herder, Johann Gottlieb Fichte, Heinrich Heine und Johann Heinrich Pestalozzi avancierten zu typischen Vertretern eines humanistischen Kultur- und Bildungsideals, das die Besatzungsmacht in jeder nur denkbaren Art förderte.

International geachtete Intellektuelle entschieden sich nach ihrem Exil für ein neues Wirkungsfeld in Ostdeutschland. Viele von ihnen strebten wie Anna Seghers nach einer antifaschistischen Alternative im Rahmen einer nichtkapitalistischen Gesellschaft. Sie bewegten sich dabei in einem komplizierten Spannungsbogen zwischen kulturpolitischem Machtanspruch der SMAD bzw. SED und künstlerischen Freiräumen. Mit der politisch gewollten Abkehr von gesamtdeutschen Perspektiven und dem Kurs auf die ostdeutsche Staatsgründung verringerte sich auch das Maß an kulturpolitischer Offenheit und zugelassener künstlerischer Freiheit. Dadurch entstanden schwere Konflikte zwischen staatlichen Kulturinstitutionen sowie Künstlern und Intellektuellen, die zu parteipolitisch motivierten Reglementierungen und Disziplinierungen führten. Aus dem Exil zurückgekehrte Schriftsteller wie Johannes R. Becher, Stephan Hermlin, Stefan Heym und Arnold Zweig mussten sich in zunehmendem Maße gegen die autoritäre Durchsetzung dogmatischer kulturpolitischer Maximen behaupten.

QuellentextKulturpolitische Programmatik

Freiheit für Wissenschaft und Kunst bedeutet, daß dem Gelehrten und Künstler kein Amt, keine Partei und keine Presse dreinzureden hat, solange es um die wissenschaftlichen und künstlerischen Belange geht. Über dieses Recht soll der Gelehrte und Künstler uneingeschränkt verfügen. Die Freiheit für den Wissenschaftler, die Wege der Forschung einzuschlagen, die er selbst für richtig hält, die Freiheit für den Künstler, die Gestaltung der Form zu wählen, die er selbst für die einzig künstlerische hält, soll unangetastet bleiben. [...]
Wenn dann aber irgendein Pseudokünstler herkommt, um Zoten über den Humanismus, die Freiheit und Demokratie oder über die Idee der Völkergemeinschaft zu reißen, dann soll er das "gesunde Volksempfinden" ebenso empfindlich spüren wie der Pseudowissenschaftler, der mit anderen, aber nicht weniger verwerflichen Mitteln dasselbe versuchen sollte. Hier sind die Grenzen der Freiheit gezogen, über die hinauszugehen den Tod aller Freiheit und Demokratie bedeuten würde. [...] Solche Pseudokunst kann nicht erwarten, daß sie von unserem verarmten Volke eine besondere materielle Förderung erfährt. Denn das hieße, die kargen Mittel am falschen Objekt verschwenden [...]. Wir sehen unsere Aufgabe heute keineswegs darin, Partei ausschließlich für die eine oder die andere Kunstrichtung zu ergreifen. Unser Ideal sehen wir in einer Kunst, die ihrem Inhalt nach sozialistisch, ihrer Form nach realistisch ist. Wir wissen aber auch, daß diese Kunst erst in einer sozialistischen Gesellschaft zur Geltung kommen kann und selbst dann noch lange Zeit zu ihrer Entwicklung braucht. In der Sowjetunion macht diese neue Kunstrichtung eine äußerst verheißungsvolle Entwicklung durch, und wir wünschten, daß unsere deutschen Künstler recht bald die Möglichkeit haben, sich mit ihr näher bekanntzumachen.

Anton Ackermann: Unsere kulturpolitische Sendung. Rede auf der Ersten Zentralen Kulturkonferenz der KPD, 3. Februar 1946. In: Neues Deutschland vom 23. April 1948.

In: Matthias Judt (Hg.), DDR-Geschichte in Dokumenten, Bonn 2010, S. 316 f.

Am 1. Oktober 1945 ordnete die SMAD die Wiederaufnahme des Schulbetriebes an. Verbunden wurde dies mit einer Schulreform, die auf Entnazifizierung der Lehrkräfte abzielte und durch Einführung einer staatlichen Einheitsschule bislang sozial benachteiligten Schichten der Bevölkerung den Zugang zu allen Stufen der Bildung ermöglichen sollte. Alle Lehrer, die Mitglied der NSDAP gewesen waren, wurden entlassen und durch in aller Eile ausgebildete Neulehrer ersetzt. Nach einer Übergangsphase mit dem traditionellen dreigliedrigen Schulsystem besuchten ab dem Schuljahr 1946/47 alle Kinder eine einheitliche achtjährige Grundschule. Ein anschließender Wechsel auf eine vierjährige Oberschule oder eine dreijährige Berufs- oder Fachschule war möglich.

QuellentextSED-Schulpolitik

[...] In einem gemeinsamen Aufruf von KPD und SPD hieß es im Oktober 1945: "[...] Alle Bildungsprivilegien einzelner Schichten müssen fallen. Das Ziel der demokratischen Schulreform ist die Schaffung eines einheitlichen Schulsystems, in dem die geistigen, moralischen und physischen Fähigkeiten der Jugend allseitig entwickelt, ihr eine hohe Bildung vermittelt und allen Befähigten ohne Rücksicht auf Herkunft, Stellung und Vermögen der Eltern der Weg zu den höchsten Bildungsstätten des Landes frei gemacht wird [...] Der Unterricht ist Aufgabe des öffentlichen Schulwesens. Darum kann irgendwelchen Gemeinschaften oder Privatpersonen die Einrichtung von Privatschulen, die den Stoff der allgemeinbildenden Schulen (Volks-, Mittel-, höhere Schulen) vermitteln, nicht zugestanden werden [...]".

In: Hermann Weber (Hg.), Kleine Geschichte der DDR, Köln 1980, S. 29

Mit der Absicht, das "bürgerliche Bildungsprivileg" zu brechen und das Studium der "Arbeiter- und Bauernkinder" zu fördern, begann im Januar/Februar 1946 der Lehrbetrieb an den Universitäten in Berlin, Rostock, Greifswald, Halle (Saale), Leipzig und Jena. Als besonders effektive Institution, eine neue, eng mit der SED verbundenen Führungselite heranzubilden, wirkten die 1949 an den Universitäten gegründeten Arbeiter- und Bauernfakultäten (ABF). Sie durchbrachen gezielt die tradierten Strukturen des deutschen Bildungssystems.

Der Aufschwung des Kulturlebens konnte die Schattenseiten des Besatzungsalltages nur schwer überdecken. Aufgrund der desolaten Versorgungslage gehörten Hamsterfahrten auf das Land, Schiebereien auf dem Schwarzmarkt und Diebstahl zum Alltag. Auch die sowjetische Besatzungspraxis sorgte für Probleme: die Demontagen wichtiger Industriebetriebe und Schienenwege sowie die Übergriffe von Angehörigen der Besatzungsarmee auf die deutsche Bevölkerung, insbesondere auf Frauen. Verhaftungen und nachfolgende Verurteilungen durch sowjetische Militärtribunale richteten sich nicht nur gegen aktive Nationalsozialisten und Funktionsträger des NS-Regimes. In das willkürlich arbeitende Räderwerk der Verfolgung gerieten zunehmend Personen, die der Besatzungsmacht kritisch gegenüberstanden und als Oppositionelle eingestuft wurden. Für sie richtete die Besatzungsmacht sogenannte Speziallager ein, für die auch ehemalige NS-Konzentrationslager – wie beispielsweise das Lager Buchenwald bei Weimar – genutzt wurden und in denen menschenunwürdige, zum Teil lebensbedrohliche Bedingungen herrschten. Bis zu ihrer Auflösung 1950 dienten diese Speziallager vorwiegend der Sicherung sowjetischer Machtpolitik in der SBZ.

QuellentextTerror gegen Sozialdemokraten in der SED

[...] Im Sommer und Herbst 1947 verhafteten die Sowjets Tausende von sozialdemokratischen Funktionären. [...] Hermann Polenz wurde in der Nacht herausgetrommelt. Die Russen stellten seine Wohnung auf den Kopf, durchkramten alle Schränke und nahmen unseren Kreisvorsitzenden angeblich zu einer Aussprache mit. Als sich seine Frau am nächsten Tag auf der Kommandantur nach ihrem Mann erkundigte, stellten sich die Russen unwissend. Der Ortsvorstand der Partei unternahm sofort alles, um die Freilassung oder zumindest eine klare Stellungnahme zu erwirken. Umsonst. Die Sowjets stellten sich auch dem Vorstand gegenüber taub. Nachdem weitere Verhaftungen bekannt geworden waren, kam es in den Parteiversammlungen zu Resolutionen und Protestkundgebungen. Die Russen antworteten mit einer Unzahl von Falschmeldungen. Im Falle von Hermann Polenz legten sie fingierte Briefe vor, die beweisen sollten, er sei mit einer Freundin in die Westzone übergesiedelt. In anderen Fällen konstruierten sie Belastungsmaterial: die Verhafteten seien wegen angeblicher Schiebergeschäfte, Unterschlagungen und Betrügereien von deutschen Organen festgenommen worden. Damit brachten sie die Volkspolizei in große Gewissenskonflikte; denn die meisten Polizeioffiziere waren SED-Mitglieder. Sie wurden von ihren Genossen unter Druck gesetzt, bis sie schließlich zugaben, daß ihnen die Russen unter Androhung hoher Strafen befohlen hatten, diese Falschmeldungen zu bestätigen.
Nach und nach wurden Einzelheiten über das Schicksal der Verhafteten bekannt. Die meisten saßen in den Kellern großer Kommandanturen in Halle, Leipzig, Dresden, Magdeburg, Görlitz, Bautzen und anderen Städten. Viele wurden in die Sowjetunion deportiert und wegen angeblicher Spionage gegen die Rote Armee zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Erst Jahre später durften sie schreiben und selbst Post empfangen. [...]

Fritz Schenk, Im Vorzimmer der Diktatur, Köln/Berlin 1962, S. 20 ff.

In: Hermann Weber (Hg.), Kleine Geschichte der DDR, Köln 1980, S. 42

Kalter Krieg

Die Außenministerkonferenz in Moskau im Frühjahr 1947 offenbarte das Unvermögen der Großmächte, sich über die "deutsche Frage" zu einigen, das gegenseitige Misstrauen verstärkte sich. Folglich intensivierten sie ihre Bemühungen, die von ihnen besetzten Teile Deutschlands in ihre Interessensphäre einzugliedern und die politischen Verhältnisse an die eigenen gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen anzupassen. Die SBZ geriet in den Sog des Kalten Krieges sowie in das Spannungsfeld der bipolaren Block- bzw. Lagerbildung durch die neuen Supermächte USA und Sowjetunion.

QuellentextBekämpfung unerwünschter Elemente

Wer [...] im bezahlten Solde einer fremden Macht desorganisiert, wer Diversanten, Saboteure und Spitzel organisiert, hat sich des Anspruchs auf die Menschenrechte selbst begeben [sic!]. (Lebhafter Beifall) [...] Zu welchen Ergebnissen die Tätigkeit dieser Agenten bereits geführt hat, ist bisher der Öffentlichkeit noch nicht zusammenhängend dargelegt worden. Soviel muß aber hier dazu gesagt werden, daß die konspirative Arbeit dieser Agenten von der Spionage bis zur Durchführung von Brandstiftungen und Bombenattentaten geht. Sie umfaßt Sabotagemaßnahmen in Werken aller Art und ist eine ständige Quelle übelster Gerüchtemacherei und Beunruhigung. [...] Soweit die Agententätigkeit aufgespürt werden konnte, ist sie zerschlagen, und, Genossen, sie wird in unseren eigenen Reihen, wo immer wir sie treffen werden, auch in Zukunft zerschlagen werden. [...] Ihre Antwort auf unsere fortschrittlichen Maßnahmen besteht daher in einer Steigerung der Aktivität ihrer Agenten, und so bleiben diese Kreise immer wieder darum bemüht, das aufgebrochene Netz von Saboteuren und Provokateuren wieder so dichtmaschig wie möglich zu machen. Unsere Genossen müssen überall die Augen offenhalten und rücksichtslos dazu beitragen, daß den Agenten des anglo-amerikanischen Imperialismus das Handwerk gründlich und endgültig gelegt wird.

Otto Grotewohl: Die Politik der Partei und die Entwicklung der SED zu einer Partei neuen Typus. In: PROTOKOLL 1949, S. 327-397, hier 361 f.

In: Matthias Judt (Hg.), DDR-Geschichte in Dokumenten, Bonn 2010,S.484 f.

Seit 1947 griff die Sowjetunion vermehrt in die Innenpolitik Polens, Ungarns und der Tschechoslowakei ein. Für die Amerikaner verstärkte sich der Eindruck, die Sowjetunion wolle in ihrem Einflussgebiet nunmehr kommunistische Systeme nach eigenem Vorbild errichten, um ihre Interessensphäre machtpolitisch abzusichern. Der aus amerikanischer Sicht als Expansionismus wahrgenommenen Politik Stalins in Osteuropa sollte eine Politik der "Eindämmung" entgegengestellt werden, die in der nach dem US-amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman benannten "Truman-Doktrin" vom Frühjahr 1947 ihren sichtbaren Ausdruck fand. Das am 5. Juni 1947 vom amerikanischen Außenminister George. C. Marshall vorgeschlagene "Europäische Wiederaufbauprogramm" ("Marshall-Plan") sah Hilfsleistungen zum Wiederaufbau des kriegsgeschädigten Europa vor, die auch der Sowjetunion und den Ländern Osteuropas angeboten wurden. Da die Sowjetunion den Marshall-Plan jedoch als Instrument zur wirtschaftlichen Versklavung und politischen Spaltung betrachtete, veranlasste sie die osteuropäischen Länder zur Ablehnung. Somit kamen die amerikanischen Kredite und Warenlieferungen nur noch den Ländern Westeuropas und den Westzonen Deutschlands zugute. Damit stärkte der "Marshall-Plan" materiell den Westen und schwächte den kommunistischen Einfluss in Westeuropa.

Das seither vorherrschende Lagerdenken wirkte sich besonders in den Verhandlungen der Siegermächte über die "deutsche Frage" aus. Die Sowjetunion wollte sie vor allem als Druckmittel gegen den weiteren Zusammenschluss der westlichen Mächte nutzen. Die ehemals verbündeten Siegermächte beschritten seit dem Scheitern der Londoner Außenministerkonferenz im November/Dezember 1947, als es zu keiner Einigung über die Durchführung gesamtdeutscher Wahlen gekommen war, einen kompromisslosen Konfrontationskurs. In den folgenden Jahrzehnten wurden auf beiden Seiten politische, ökonomische und militärische Anstrengungen unternommen, um den Einfluss des anderen Lagers weltweit einzudämmen oder zurückzudrängen.

Während der globalen Konfrontation zwischen der UdSSR und den Westmächten wuchs die machtpolitische Bedeutung Ostdeutschlands als strategisches Vorfeld für die Absicherung des sowjetischen Einflusses in Osteuropa. Die sowjetische Führung ordnete der Sicherung der SED-Machtpositionen deshalb einen zentralen Stellenwert zu. Sie drängte nun darauf, die SED in eine Partei nach sowjetischem Vorbild, in eine "Partei neuen Typus" umzuwandeln. Das von Lenin entwickelte und von Stalin vollendete autoritäre Parteikonzept betrachteten auch führende deutsche Kommunisten als Voraussetzung, um die Schlüsselstellungen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur zu erobern. So entwickelte sich die SED in den Jahren 1948 und 1949 zu einer straff organisierten Parteiorganisation, in der ein extremer Zentralismus und eiserne Disziplin bei der Umsetzung der Parteibeschlüsse herrschten. Die starke Betonung von Gewalt, Druck und Zwang bei der Unterordnung der Mitglieder unter die Beschlüsse der Führung führte dazu, dass innerhalb der SED Kritik an Führungsbeschlüssen nicht mehr möglich war, ohne repressive und letztlich auch strafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.

QuellentextDie Entwicklung der SED zu einer Partei neuen Typus

1. Die großen Aufgaben, die vor dem werktätigen Volke Deutschlands stehen, machen es erforderlich, das große historische Versäumnis der deutschen Arbeiterbewegung nachzuholen und die SED zu einer Partei neuen Typus zu entwickeln. [...]
2. Die Kennzeichen einer Partei neuen Typus sind:
Die marxistisch-leninistische Partei ist die bewußte Vorhut der Arbeiterklasse. Das heißt, sie muß eine Arbeiterpartei sein, die in erster Linie die besten Elemente der Arbeiterklasse in ihren Reihen zählt, die ständig ihr Klassenbewußtsein erhöhen. Die Partei kann ihre führende Rolle als Vorhut des Proletariats nur erfüllen, wenn sie die marxistisch-leninistische Theorie beherrscht, die ihr die Einsicht in die gesellschaftlichen Entwicklungsgesetze vermittelt. Daher ist die erste Aufgabe zur Entwicklung der SED zu einer Partei neuen Typus die ideologisch-politische Erziehung der Parteimitglieder und besonders der Funktionäre im Geiste des Marxismus-Leninismus.
Die Rolle der Partei als Vorhut der Arbeiterklasse wird in der täglichen operativen Leitung der Parteiarbeit verwirklicht. Sie ermöglicht es, die gesamte Parteiarbeit auf den Gebieten des Staates, der Wirtschaft und des Kulturlebens allseitig zu leiten. Um dies zu erreichen, ist die Schaffung einer kollektiven operativen Führung der Partei durch die Wahl eines Politischen Büros (Politbüro) notwendig.
Die marxistisch-leninistische Partei ist die organisierte Vorhut der Arbeiterklasse. Alle Mitglieder müssen unbedingt Mitglied einer der Grundeinheiten der Partei sein. Die Partei stellt ein Organisationssystem dar, in dem sich alle Glieder den Beschlüssen unterordnen. Nur so kann die Partei die Einheit des Willens und die Einheit der Aktion der Arbeiterklasse sichern. [...]
Die marxistisch-leninistische Partei beruht auf dem Grundsatz des demokratischen Zentralismus. Dies bedeutet die strengste Einhaltung des Prinzips der Wählbarkeit der Leitungen und Funktionäre und der Rechnungslegung der Gewählten vor den Mitgliedern. Auf dieser innerparteilichen Demokratie beruht die straffe Parteidisziplin, die dem sozialistischen Bewußtsein der Mitglieder entspringt. Die Parteibeschlüsse haben ausnahmslos für alle Parteimitglieder Gültigkeit, insbesondere auch für die in Parlamenten, Regierungen, Verwaltungsorganen und in den Leitungen der Massenorganisationen tätigen Parteimitglieder.
Demokratischer Zentralismus bedeutet die Entfaltung der Kritik und Selbstkritik in der Partei, die Kontrolle der konsequenten Durchführung der Beschlüsse durch die Leitungen und die Mitglieder.
Die Duldung von Fraktionen und Gruppierungen innerhalb der Partei ist unvereinbar mit ihrem marxistisch-leninistischen Charakter. [...]
Die marxistisch-leninistische Partei ist vom Geiste des Internationalismus durchdrungen. [...] Sie erkennt die führende Rolle der Sowjetunion und der KPdSU (B) im Kampfe gegen den Imperialismus an und erklärt es zur Pflicht jedes Werktätigen, die sozialistische Sowjetunion mit allen Kräften zu unterstützen.
Entschließung der Ersten Parteikonferenz: Die nächsten Aufgaben der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. In: PROTOKOLL 1949, S. 514 – 531

In: Matthias Judt (Hg.), DDR-Geschichte in Dokumenten, Bonn 2010, S. 46 f.

Stalin wollte in jedem Fall den Eindruck vermeiden, die Sowjetunion sei schuld an der Teilung Deutschlands. So zögerte er die Bildung eines ostdeutschen Staates solange es ging hinaus und wies die SED-Führung an, im Interesse einer gesamtdeutschen Regelung die Einheit Deutschlands nach außen hin weiter zu propagieren. Innenpolitisch stellte die SED-Führung dagegen alle Weichen für den Ausbau der eigenen Macht und schuf gesellschaftspolitisch unumstößliche Rahmenbedingungen für eine Staatsgründung im Osten Deutschlands.

QuellentextDas SED-Parteilied von 1950

Sie hat uns alles gegeben.
Sonne und Wind. Und sie geizte nie.
Wo sie war, war das Leben.
Was wir sind, sind wir durch sie.
Sie hat uns niemals verlassen.
Fror auch die Welt, uns war warm.
Uns schützte die Mutter der Massen,
Uns trägt ihr mächtiger Arm.
Die Partei,
Die Partei, die hat immer recht!
Und, Genossen, es bleibe dabei;
Denn wer kämpft für das Recht,
Der hat immer recht
Gegen Lüge und Ausbeuterei.
Wer das Leben beleidigt,
Ist dumm oder schlecht.
Wer die Menschheit verteidigt,
Hat immer recht.
So, aus Leninschem Geist,
Wächst, von Stalin geschweißt,
Die Partei – die Partei – die Partei.
[...]
Fürnberg, Louis: Die Partei. In. WEBER 1968, S. 56 f.

In: Matthias Judt (Hg.), DDR-Geschichte in Dokumenten, Bonn 2010, S. 47

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studierte von 1978 bis 1983 Geschichte an der Universität Leipzig. Er ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt "Die SED zwischen Mauerbau und Mauerfall. Strukturen, Eliten und Konflikte (1961-1989/90)" am Institut für Zeitgeschichte, München-Berlin tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte des politischen Systems in der DDR, speziell die Geschichte der SED, und die Wissenschaftsgeschichte der DDR.

Kontakt: »malycha@ifz-muenchen.de«