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Im Praxistest: Themenblätter im Unterricht / Nr. 110 "Alltäglicher Rassismus" | bpb.de

Im Praxistest: Themenblätter im Unterricht / Nr. 110 "Alltäglicher Rassismus"

Sarah-Amina Brunzlow

/ 4 Minuten zu lesen

Es jährt sich sein 89. Geburtstag und sein 50. Todestag - und trotz der zeitlichen Distanz kennt heute fast jede Schülerin und jeder Schüler seinen Namen. Er steht für die Bürgerrechtsbewegung und den Kampf gegen die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung in den USA: Martin Luther King ist der wichtigste Vertreter der Afroamerikaner, die in den 60er Jahren gegen die Praxis der Rassentrennung kämpften. Doch auch gut 50 Jahre nach Kings Aktivitäten ist Rassismus in der der Gesellschaft immer noch präsent; sei es in der medialen Öffentlichkeit oder auch häufig unbewusst im alltäglichen Denken und Reden. Eine Aufdeckung und Auseinandersetzung mit dem Alltagsrassismus in unserer demokratischen Gesellschaft bietet das Themenblatt Nr. 110 "Alltäglicher Rassismus" von Günther Gugel.

Konzeption des Materials

Rassismus erkennen und ihm begegnen ist das grundlegende Ziel des Materials. Konzeptionell dafür, ist zu verstehen, was Rassismus ist, wo er herkommt und wie seine Argumentationsgrundlage ist. In der Auseinandersetzung mit der politischen Bedeutung und historischen Herkunft, reflektieren die Schülerinnen und Schüler auch ihre individuellen Perspektiven und lernen Möglichkeiten kennen, alltäglichen Rassismus sichtbar zu machen. Die Konfrontation mit Alltagsrassismus und die Befähigung zur Beseitigung dessen, soll durch die Materialien gefördert werden. Das Themenblatt von Günther Gugel ist in Informationen für Lehrkräfte, Arbeitsblätter für Schülerinnen und Schüler, die als Kopiervorlagen direkt genutzt werden können und weiterführende Hinweise aufgebaut. Die Themenblätter können kostenlos heruntergeladen oder gedruckt bestellt werden. Die vier Lehrerblätter geben methodisch-didaktische Hinweise und weiterführende Informationen zu den folgenden Kopiervorlagen.

Auf den Lehrerblättern 01 bis 03 werden Erklärungen zur Entstehung, Definition und Kategorisierung des Begriffs "Rassismus" geliefert, zudem wird mit kurzen Zitaten die Frage aufgeworfen, ob der Begriff der "Rasse" aus dem Grundgesetz entfernt werden solle (Schwerpunkt liegt hier auf Rassismus in der alltäglichen Sprache). Zudem werden Tipps gegeben, wie mit dem Thema im Unterricht verfahren werden soll (siehe Lehrerblatt 03), woraufhin folgend auf dem Lehrerblatt 04 Hinweise zu den Arbeitsblättern und ein Glossar festgehalten sind. Das Glossar dient einem sprachsensiblen sowie sprachbildenden Unterricht.

Auf den folgenden Kopiervorlagen gibt es zwei Einstiegsmöglichkeiten zu der Frage "Was ist Rassismus?", die je nach Lerngruppe gewählt werden können. In einer persönlichen Auseinandersetzung mit der Einschätzung, ob und in welchen Bereichen Rassismus in unserer Demokratie allgegenwärtig ist sowie exemplarischen Fällen (Politik, Werbung usw.), erhalten die Schülerinnen und Schüler einen unmittelbaren Zugang zu der Thematik. Den Lückentext "Innocent Racism" auf der Kopiervorlage 02 sollen die Schülerinnen und Schüler in Gruppen ausfüllen und über den Zusammenhang von Macht und rassistischen Äußerungen zur Diskussion angeregt werden. Weiterführend kann beurteilt werden, ob es einen "unschuldigen Rassismus" gibt. Das Arbeitsblatt "Zugehörigkeit und Ausgrenzung" thematisiert die Kategorien Gemeinsamkeiten und Unterschiede und fördert das Erkennen von Ausgrenzungsmechanismen im Alltag; auch hier wird ein Austausch in der Gruppe vorgeschlagen.

Anregungen für den Unterricht

Genutzt werden kann das Material vor allem im Politikunterricht, aber auch in den Fächern Ethik, Deutsch, Englisch, Geschichte sowie in einem interdisziplinären Projekt zur Thematik Rassismus (und Sprache). Die Zielgruppen sind die 7. bis 10. Klasse. Auch ist ein Gegenwartsbezug zum Thema "Imperialismus und Kolonialismus" im Geschichtsunterricht vorstellbar. Vom Umfang her entspricht das Material einer Doppelstunde. In Einzel- oder, wie vorgeschlagen, in Kleingruppenarbeit sollen die Schülerinnen und Schüler die Arbeitsblätter bearbeiten, die dazugehörigen Aufgaben lösen und sich ggf. weiterführend mit dem Thema beschäftigten. So ist das vorliegende Material gut als Einstieg in eine Reihe denkbar, da hier ein schülerorientierter Zugang zu der Problematik gegeben ist.

Als übergeordnete Diskussionsgrundlage bietet sich z.B., die im Lehrerblatt 01 bereits erwähnte Frage, an, ob der Begriff "Rasse" aus dem Grundgesetz entfernt werden soll. Eine erste Stellungsnahme kann in Form einer Positionslinie im Klassenraum gebildet und erste Argumente der Schülerinnen und Schüler an der Tafel festgehalten werden.

Dies veranlasst, sich weiterführend in selbständiger Recherche oder durch inhaltliche Unterstützung der Lehrkraft, mit der Etymologie sowie Bedeutung des Wortes "Rassismus" auseinanderzusetzen sowie den Artikel 3 im Grundgesetz genauer zu beleuchten und zu hinterfragen. Hier sollte die Lehrkraft ebenfalls zusätzliche Informationen zum Grundgesetz und Veränderbarkeit dessen liefern. Die Relevanz des Themas wird in den Arbeitsblättern "Was ist Rassismus?" sichtbar. Dort erkennen die Schülerinnen und Schüler, an ihnen bekannten Situationen und Äußerungen, alltägliche rassistische Formulierungen und reflektieren ihre Wirkung. Beispiele aus der Werbung ("Mohrenkopf") oder Politik (Benimmregeln der Stadt Hardheim) verdeutlichen exemplarisch die tiefe Verankerung und Akzeptanz der Begrifflichkeiten in unserer Gesellschaft. Hier können ebenfalls weiterführende Rechercheaufgaben gestellt werden.

Falls die Schülerinnen und Schüler nicht über eigene Erfahrungen mit rassistischen Begegnungen erzählen können oder wollen, bietet das Material eine Perspektivübernahme mithilfe des Arbeitsblattes "Unschuldiger Rassismus?" an. Hier können sie in einem ersten Schritt die Formulierung "unschuldiger Rassismus" definieren und die Frage aus der Sicht der Autorin Victoria B. Robinson beantworten. Den Schülerinnen und Schülern sollte deutlich werden, dass durch Begriffe und Verharmlosungen Macht demonstriert und Ausgrenzung befördert wird. Dies schließt direkt an das Arbeitsblatt "Zugehörigkeit und Ausgrenzung" an, indem die Schülerinnen und Schüler, am besten in Einzelarbeit, Zugehörigkeitsmerkmale zu sozialen Bereichen (Ich, Familie, Umwelt usw.) festlegen und darin ihre eigene Identität entdecken und hinterfragen. Im anschließenden Austausch (wieder in der Gruppe) über die Zuordnungen und eigenen Einschätzungen sollen sie Mechanismen der Ausgrenzung erkennen und Indikatoren aufstellen, wie sie diesen im Alltag begegnen können. Ihre Ergebnisse halten sie auf Plakaten oder Karteikarten fest und stellen diese im Plenum vor.

In einer Sammlung von Argumenten und anschließenden Diskussion, zur am Beginn der Einheit gestellten Frage ("Soll der Begriff 'Rasse' aus dem Grundgesetz gestrichen werden?"), wird die Sensibilisierung der Schülerinnen und Schüler zum Thema "Alltagsrassismus" sichtbar sowie die Urteilsfähigkeit gefördert.

Zugriff

Interner Link: Themenblätter im Unterricht (Nr. 110): Alltäglicher Rassismus

Fussnoten

Sarah-Amina Brunzlow unterrichtet Geschichte und Deutsch an einem Berliner Gymnasium.