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Die AfD: Werdegang und Wesensmerkmale einer Rechtsaußenpartei

Alexander Häusler

/ 18 Minuten zu lesen

Seit Gründung der "Alternative für Deutschland" (AfD) im Jahr 2013 wird über ihre politische Verortung gestritten. Die zunächst mehrheitlich national- und wirtschaftsliberal ausgerichtete Rechtsaußenpartei hat in den vergangenen Jahren mehrere Metamorphosen vollzogen. Mittlerweile lassen sich nach Alexander Häusler in der Partei deutliche Merkmale eines "völkisch-autoritären Populismus" erkennen.

23.06.2018, Sachsen-Anhalt, Burgscheidungen: Eine Teilnehmerin des Treffens des rechtsnationalen "Flügels" der AfD wartet mit AfD-Schirm und Beutel mit dem Portraitbild von Björn Höcke, AfD-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag, vor dem Schloss in Burgscheidungen auf Einlass. (© picture-alliance/dpa)

Die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) hat seit ihrer Gründung im Februar 2013 in der Öffentlichkeit zu erheblichen Debatten hinsichtlich ihrer politischen Verortung gesorgt. Strittig war zur Zeit ihrer Gründungsphase, ob diese rechts der Unionsparteien stehende Partei mehrheitlich dem Nationalliberalismus, dem Konservatismus, dem Rechtspopulismus oder gar dem Rechtsextremismus zuzuordnen sei. Einhergehend mit ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag 2017 als drittstärkste Fraktion hat sich eine deutliche Verschiebung der politisch-parlamentarischen Repräsentationsbreite der AfD nach Rechtsaußen vollzogen.

Die Schwierigkeit einer eindeutigen politischen Charakterisierung dieser Partei aus Sicht der Politik- und Parteienforschung ist bislang dem Umstand geschuldet, dass die AfD einerseits unterschiedliche politische Milieus und Strömungen repräsentiert und dass sie sich andererseits im Laufe ihres bislang fünfjährigen Werdegangs stark verändert und radikalisiert hat.

Politischer Werdegang: Phasen rechter Radikalisierung

Wichtig für die öffentliche Wirkung der AfD und Voraussetzung für ihre ersten Wahlerfolge war, dass ihr zentraler politischer Ursprung nicht im Rechtsextremismus – im Unterschied etwa zu der NPD oder den sog. Pro-Parteien – zu verorten gewesen ist. Entstanden als zunächst mehrheitlich national- und wirtschaftsliberal ausgerichtete Rechtsaußenpartei mit teils rechtspopulistischer Rhetorik beherbergte die AfD zugleich ein nationalkonservatives Milieu, das sich im Laufe ihres politischen Werdegangs immer stärker mit dem ebenfalls seit Beginn schon mitwirkenden, jedoch anfangs nicht öffentlich bedeutungsvollen radikal rechten Milieu verband.

Die AfD hat im Laufe ihres politischen Werdegangs mehrere Metamorphosen durchlaufen, die als verschiedene Stufen einer stetig anwachsenden rechten Radikalisierung beschrieben werden können. Da dieser Entwicklungsprozess zugleich zu einer Veränderung der öffentlichen und wissenschaftlichen Wahrnehmung und Einschätzung dieser Partei geführt hat, werden sie folgend in sieben Phasen zeitchronologischer Entwicklung der Partei beschrieben.

In ihrer Ursprungphase besetzte die AfD zunächst öffentlichkeitswirksam das Euro-Thema: Mit ihrer Namenswahl setzte sich die AfD dem damaligen Credo von Bundeskanzlerin Merkel, die Rettung des Euro sei alternativlos, öffentlichkeitswirksam entgegen. In diesem ersten Entwicklungsstadium waren die Euro-Krise und die Sarrazin-Debatte günstige Voraussetzungen für die Erfolge der AfD. Der SPD-Politiker und frühere Finanzsenator des Landes Berlin Thilo Sarrazin kann hierbei als publizistisch-medialer Stichwortgeber der AfD-Themen gesehen werden. So verdeutlichen exemplarisch die Lobhuldigungen seiner Thesen durch den damaligen Parteivorsitzenden Bernd Lucke im rechten Querfrontmagazin Compact (9/2013) die von Beginn an ebenfalls vorhandene nationalistisch-einwanderungsfeindliche Stoßrichtung der AfD. Zugleich hatte die AfD schon in ihrer Gründungsphase enge Verbindungen zur politischen Strömung der sogenannten Neuen Rechten über die Wochenzeitung Junge Freiheit (JF), welche die Partei von Beginn an publizistisch unterstützte, sowie über das neurechte Institut für Staatspolitik (IfS) und das Compact-Magazin (Gebhardt 2018).

Das zweite Entwicklungsstadium der AfD ist gekennzeichnet von einem deutlichen Machtzugewinn des zusammenwachsenden nationalkonservativ-neurechten Flügels der Partei. Zutage trat dies mit den ersten ostdeutschen AfD-Wahlerfolgen im Jahr 2014 in Sachsen, Thüringen und Brandenburg: Die Ost-AfD formierte sich zunehmend als rechtsnationaler Widerpart zum westdeutsch-neoliberal geprägten Lucke-Flügel. Ausschlaggebend für das dritte Entwicklungsstadium waren zunächst die PEGIDA-Proteste in Dresden ab Herbst 2014, die zu verschärften Konflikten des "Flügels" mit dem damaligen Führungskurs der Partei führten. Zu dieser Zeit forderten Lucke und das damalige AfD-Bundesvorstandsmitglied Hans-Olaf Henkel einen pro-atlantischen Kurs der Partei, eine Abkehr vom rechten Kampagnenthema "Islamisierung" und eine entsprechende politische Trennungslinie zu den PEGIDA-Protesten und deren Akteuren. Dagegen formierte sich unter Thüringens Landesvorsitzendem Björn Höcke und André Poggenburg, dem damaligen Landesvorsitzenden Sachsen-Anhalts, ein rechter Oppositionszusammenschluss unter der Bezeichnung "Der Flügel": Mit der aus diesem Kreis initiierten "Erfurter Resolution" leiteten die völkisch-nationalistisch orientierten Parteikräfte einen ersten Kurs- und Führungswechsel in der AfD ein.

Das vierte Entwicklungsstadium der AfD begann mit dem Machtwechsel der Führungsspitze: Auf dem Essener Bundesparteitag im Juli 2015 unterlag Lucke der sächsischen AfD-Landesvorsitzenden Frauke Petry im Ringen um die Parteiführung. Petry erlangte ihren Sieg über Lucke mit Unterstützung des rechten "Flügels". Resultat dieses Führungswechsels war der Parteiaustritt Luckes und die Abspaltung des wirtschaftsliberalen, pro-atlantischen Flügels von der AfD. Mit der darauf folgenden Gründung der Organisation "Allianz für Fortschritt und Aufbruch" (Alfa, im Herbst 2016 umbenannt in "Liberal-konservative Reformer", LKR) beschritt der vormals medial omnipräsente Lucke den Weg in die politische Bedeutungslosigkeit. Hingegen verkündete der damalige NRW-AfD-Vorsitzende Markus Pretzell beim Essener Parteitag, die AfD sei nun nicht nur eine Anti-Euro-Partei, sondern zugleich auch eine "Pegida-Partei" (Steiner 2015).

Das fünfte Entwicklungsstadium der AfD war geprägt von der Flüchtlingsdebatte, die ab Spätsommer 2015 stark den öffentlichen Diskurs dominierte. War die AfD nach dem Abgang Luckes kurzzeitig in Wahlumfragen noch bis unter 5% Zustimmung gerutscht, so änderte sich dies schlagartig mit ihrem rechtspopulistischen Schwenk auf das Flüchtlingsthema. Mit ihrer sogenannten Herbstoffensive 2015 leitete die AfD ihren entsprechend untermauerten "Angriff" auf die Asylpolitik der Regierung in nationalistischer Stoßrichtung ein: So bezeichnete die damalige AfD-Vorsitzende Petry auf der zentralen Demonstration in Berlin im Rahmen der AfD-Herbstoffensive die Aslypolitik von Bundeskanzlerin Merkel als "Politik gegen das eigene Volk" (Petry 2015). Die Aufnahme von Flüchtlingen wurde aus Parteikreisen wiederkehrend als Landnahme beschrieben. Die Mobilisierung gegen Flüchtlinge und Einwanderung leitete zugleich die aktive "Bewegungsphase" der Partei ein. In einem Vortrag beim neurechten Institut für Staatspolitik definierte Höcke im November 2015 die AfD als "fundamentaloppositionelle Bewegungspartei" (Kanal Schnellroda 2015).

Ihr sechstes Entwicklungsstadium erreichte die Partei durch die zunehmende Inanspruchnahme völkisch-nationalistischen Vokabulars. In Sachsen-Anhalt sorgte der dortige damalige Landesvorsitzende André Poggenburg durch einen Weihnachtsgruß seines Landesverbandes für Aufmerksamkeit, in dem er anregte, über die "Verantwortung für die Volksgemeinschaft" nachzudenken. Auf die öffentliche Kritik darauf bekundete er in einem Schreiben auf der Internetseite seiner Partei, es sollten wohl "einige völlig unproblematische und sogar äußerst positive Begriffe nicht benutzt werden". Und weiter: "Das lassen wir uns nicht gefallen, denn wirkliche Freiheit fängt bei der Freiheit der Sprache an!" (AfD Sachsen-Anhalt 2015). Im Landtag Sachsen-Anhalt forderte Poggenburg zudem,"linksextreme Lumpen" sollten von "deutschen Hochschulen verbannt" und "statt eines Studiumsplatzes lieber praktischer Arbeit zugeführt werden". Laut dem AfD-Landesvorsitzenden solle alles getan werden, "um diese Wucherung am deutschen Volkskörper endlich loszuwerden". (Poggenburg 2016) Zwar regte sich in Teilen der Partei Widerstand gegen solche Wortwahl aus dem Rechtsaußenflügel der AfD. Allerdings sprach sich auch die damalige AfD-Vorsitzende Petry in einem Interview gegen die "Ächtung des Begriffs ‚völkisch‘" aus, den sie stattdessen "wieder positiv besetzen" wolle (Petry 2016). Der Historiker Michael Wildt deutete den Zweck solcher politischen Vorstöße darin, "ein völkisches Vokabular öffentlich ‚sagbar‘ werden zu lassen, das bislang als Sprache des Dritten Reiches gebrandmarkt war" (Wildt 2017: 117f.) Die berüchtigte Höcke-Rede Mitte Januar 2017 in Dresden auf Einladung des dortigen Jugendverbandes der AfD bekräftigte nachträglich die Richtigkeit dieser Deutung. Höcke bezeichnete dort das Berliner Holocaust-Denkmal als "Denkmal der Schande" und forderte eine "Erinnerungswende um 180 Grad" (Höcke 2017 ). Zentrale Merkmale des siebten Entwicklungsstadiums der AfD sind ihr Einzug in den Deutschen Bundestag sowie ein erneuter Führungswechsel. Schon vor dieser Wahl verschoben sich die innerparteilichen Kräfteverhältnisse: Bei der Erstellung des Bundestagswahlprogramms 2017 erlitt die Vorsitzende Petry mit ihrem Versuch, auf dem Bundesparteitag in Köln den von ihr so deklarierten realpolitischen Kurs durchzusetzen, eine deutliche Niederlage. Zum Spitzenduo für den Wahlkampf wurden Alexander Gauland und Alice Weidel gewählt. Nachdem der Partei der Einzug in den Bundestag am 24.09.2017 mit 12,6% Wählerzustimmung gelungen war, kam es kurz danach zu einem weiteren innerparteilichen Machtwechsel – dem Austritt der vormaligen Vorsitzenden Petry aus der Partei und der zweiten Gründung einer AfD-Nachfolgepartei unter dem Label "Die Blauen".

Mit ihrem Einzug in den Bundestag geht eine Zäsur in der bundesdeutschen Demokratie und Parlamentsgeschichte einher: Seit dem Einzug der "Deutschen Partei" in den Bundestag 1949 ist erstmals wieder eine Rechtsaußenpartei im Bundesparlament vertreten. Mit ihrer neuen Rolle als stärkste Oppositionspartei gegenüber einer großen Regierungskoalition im Bundestag hat die AfD ein politisches Alleinstellungsmerkmal erreicht: Ein derartiger Wahlerfolg war bislang in der deutschen Nachkriegsgeschichte allen anderen Rechtsaußenparteien versagt geblieben.

Politische Strategie und Öffentlichkeitsarbeit

Ihre Aufmerksamkeit erzielt die AfD mittels einer skandalorientierten Öffentlichkeitspolitik. Hinter den rechtspopulistischen Äußerungen und Inszenierungen einzelner AfD-Funktionsträger lässt sich ein wiederkehrendes Muster erkennen, das als Wechselspiel zwischen rechten Thesen und Dementi beschrieben werden kann.

Dieses rechtspopulistische Muster öffentlicher Inszenierung beginnt regelmäßig mit einer gezielten provokativen – zumeist diskriminierenden – Äußerung mit dem Ziel, Empörung und damit auch öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen. Daraufhin erfolgt die ritualisierte Behauptung von böswilligen Fehlinterpretationen und die Anprangerung von angeblich vorherrschender fehlender Meinungsfreiheit: Durch die dann folgende Einnahme eines Opferstatus ("Wir werden mit unserer Meinung ausgegrenzt") wird einerseits der innere Zusammenhalt gestärkt und anderseits die Grenze des Sagbaren immer weiter nach rechts verschoben. In ihrem Grundsatzprogramm behauptet die AfD, "Berufspolitiker" würden hierzulande in illegitimer Weise die politische Meinung steuern: "Es handelt sich um ein politisches Kartell, das die Schalthebel der staatlichen Macht, soweit diese nicht an die EU übertragen worden ist, die gesamte politische Bildung und große Teile der Versorgung der Bevölkerung mit politischen Informationen in Händen hat. Nur das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland kann diesen illegitimen Zustand beenden." (AfD-Grundsatzprogramm 2016: 15)

Inszenierung der AfD als Anwalt des Volkes

In diesen Zuschreibungen wird das Muster rechtspopulistischer Skandalisierung deutlich: "Das Volk" werde von den "Berufspolitikern" politisch indoktriniert und gegängelt und nur die AfD als angeblicher Anwalt des Volkes könne diesen "illegitimen Zustand" beenden und dem Volk zu seinem Recht verhelfen. Das Recht auf Meinungsfreiheit wird hierbei instrumentalisiert zur Verkündung ausgrenzender und diskriminierender Äußerungen und Forderungen, die als skandalisierungsträchtig und öffentlichkeitswirksam erscheinen. Wiederkehrend instrumentalisiert die AfD gesellschaftliche Probleme und Konfliktsituationen für zielgerichtete Kampagnen gegen Minderheiten – so etwa die Flüchtlingsdebatte ab 2015 für die sog. "Herbstoffensive" gegen die Aufnahme von Geflüchteten.

In diesem Zusammenhang wertete der Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland die Flüchtlingskrise in zynischer Manier als "Geschenk" für seine Partei. "Man kann diese Krise ein Geschenk für uns nennen", sagte Gauland. "Sie war sehr hilfreich." (Gauland 2015) Der Anlass zur Instrumentalisierung gesellschaftlicher Problemlagen kann durchaus variabel sein. Dies lässt sich anhand einer an die Öffentlichkeit geratenen Mail der stellvertretenden AfD-Fraktionsvorsitzenden Beatrix von Storch veranschaulichen, in der sie Vorstandskollegen inhaltliche Empfehlungen für die Erstellung eines Grundsatzprogramms gab. Darin schreibt von Storch, dass "der Islam das brisanteste Thema des Programms überhaupt" und für die "Außenkommunikation" am besten geeignet sei. "Asyl und Euro sind verbraucht, bringen nichts Neues", so Storch weiter. "Die Presse wird sich auf unsere Ablehnung des politischen Islams stürzen wie auf kein zweites Thema des Programms." (Grill 2016) Auch die politische Instrumentalisierung von Gewaltverbrechen an Minderjährigen gehört zum Repertoire von manchen AfD-Politiker: So vollzog der AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz am 8. Juni 2018 ohne vorherige Absprache eigenständig am Rednerpult des Bundestages eine Schweigeminute für ein minderjähriges weibliches Gewaltopfer, das von einem Gewalttäter mit Flüchtlingsstatus vergewaltigt und ermordet worden war. Einen Tag später verkündete die AfD in ihrer Onlinezeitung: "Die Bundesregierung trägt die Verantwortung für den Tod eines weiteren jungen Mädchens. Der Mörder der 14-jährigen Susanna ist mit seiner Familie nach der Grenzöffnung in unser Land gekommen." (AfD kompakt 2018)

Zielgruppenansprache im AfD-Strategiepapier

Um ihre Skandalisierungsmethode zielgerichtet auf potenzielle Wählergruppen anwenden zu können, hat die AfD ein sog. Strategiepapier erstellt. In diesem 33-seitigen Papier, das Ende 2016 den Bundesvorstand beschäftigte und das Anfang 2017 öffentlich bekannt wurde, definierte die AfD die Zielgruppen ihres Wahlkampfs und erörterte ihre Wahlkampfstrategie (AfD-Strategiepapier 2016). Ansprechen will die AfD:

  1. "Wähler aus allen sozialen Schichten, Altersgruppen und Teilen Deutschlands, die weitere Euro-,Rettungspakete' ablehnen, erkennen, dass der EURO der europäischen Idee und den Europäern auf vielen Ebenen erheblichen Schaden zufügt, keinen europäischen Superstaat wollen und von Politikern Mut zu Deutschland und den Vorrang für deutsche Interessen fordern."

  2. "Bürgerliche Wähler mit liberal-konservativer Werteorientierung" – darunter auch "leistungsorientierte Arbeitnehmer" –, die einem "rot-grün dominierten Zeitgeist der Beliebigkeit und der Multikulti-Ideologie kritisch bis ablehnend" gegenüberstünden. Sie würden den "Altparteien" nicht mehr zutrauen, "für die Sorgen der Bürger bei Themen wie unkontrollierte Zuwanderung, Kriminalitätsbekämpfung, Steuerabzocke, Bildungsmisere, Ausbeutung der Familien, soziale Gerechtigkeit, Vernachlässigung des öffentlichen Raums und Genderwahn Lösungen zu finden".

  3. "Protestwähler", die "mit der Verengung der politischen Debatte auf wenige Themen, mit politisch korrekten Meinungsäußerungen in den Medien sowie ganz allgemein mit Inhalt und Stil der politischen Debatte unzufrieden sind und sich gegen die Selbstbedienungsmentalität der Altpartien wenden".

  4. (Bisherige) Nichtwähler, die – obwohl politisch interessiert – "unter den Altparteien nirgendwo ein akzeptables Angebot" fänden.

  5. "Bürger mit unterdurchschnittlichen Einkommen (,kleine Leute') in sog. ,prekären Stadtteilen', die sich dem dortigen Trend zur Ausnutzung von staatlichen Transferleistungen und zur Verwahrlosung entgegenstellen, sich zu konservativen Werten wie Leistungsbereitschaft, Ordnung, Sicherheit und Patriotismus bekennen, sich von den Altparteien nicht ernst genommen und außerdem als Verlierer der Globalisierung fühlen. In dieser Gruppe finden sich viele Arbeiter und Arbeitslose."

Diese fünf Zielgruppen stünden im Mittelpunkt der Tätigkeit, heißt es in dem Papier. Programme, Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit würden so ausgerichtet, dass sie mindestens eine der fünf Gruppen ansprächen. "Die Reaktionen und Befindlichkeiten anderer Teile der Gesellschaft sind für die AfD demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Sie sind eher Zielscheiben als Zielgruppen der AfD."

Politische Wesensmerkmale: Rechtspopulismus, Autoritarismus, völkischer Nationalismus

Hinsichtlich ihrer Agitationsform wird die AfD in der Politikwissenschaft mehrheitlich als rechtspopulistisch bezeichnet (Decker 2016). Nach Ruth Wodak instrumentalisieren alle rechtspopulistischen Parteien "eine Art von ethnischer, religiöser, sprachlicher, politischer Minderheit als Sündenbock für die meisten – wenn nicht alle – aktuellen Sorgen und Probleme. Sie stellen die jeweilige Gruppe als gefährlich dar, die Bedrohung ‚für uns‘, für ‚unsere‘ Nation. Dieses Phänomen manifestiert sich als ‚Politik mit der Angst‘." Ebenso zeichnen sich rechtspopulistische Appelle dadurch aus, dass sie sich an den gesunden Menschenverstand" richteten als Gegensatz zum "Intellektualismus und eine "Rückkehr zu vormodernistischem Denken, also vor der Aufklärung" wünschen. (Wodak 2016: 18) Der bekundete Alleinvertretungsanspruch rechtspopulistischer Rhetoriken als "Sprecher des Volkes" kennzeichnet laut Jan-Werner Müller (2016: 18) zugleich deren "antidemokratische" Stoßrichtung. Diese Merkmale treffen auch auf die AfD zu: Schon von Beginn an füllte die Partei ihre Kampagnen gegen eine angebliche "Entmündigung des deutschen Volkes" mit rechtspopulistischer Stoßrichtung. Auf dem AfD-Gründungsparteitag am 14. April 2013 erklärte das Gründungsmitglied Konrad Adam: "Wenn unsere Volksvertreter ihre Aufgabe darin sehen, das Volk zu entmündigen, sollten wir selbstbewusst genug sein, den Vorwurf des Populismus als Auszeichnung zu betrachten" (Adam 2013). Solche populistischen Inszenierungen gehen in der Partei zunehmend einher mit im vulgären Sprachduktus formulierten ‚Säuberungsphantasien‘ und Kampfansagen an politische Gegner: So prangerte der AfD-Bundes-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen auf dem AfD-Bundesparteitag im April 2016 in Stuttgart in populistischer Manier an, er könne sich aufgrund der Zuwanderung nicht mehr sicher auf die Straße trauen und leitete daraus die Forderung nach einem "Deutschland weg vom links-rot-grün versifften 68er-Deutschland" ab (Meuthen 2016). Der Bundestagsabgeordnete Marc Jongen, kulturpolitischer Sprecher der AfD, bekundete ähnlich lautend als sein vorrangiges Ziel, "die Entsiffung des Kulturbetriebs in Angriff zu nehmen" (Jongen 2018).

Zugleich erfahren rechtspopulistische Agitation und autoritaristische Mobilisierung in vielen AfD-Verlautbarungen und Statements einzelner Parteifunktionäre eine Symbiose. Dies illustriert ein Bekenntnis des AfD-Landesvorsitzenden von Baden-Württemberg, Uwe Junge, auf seinem Twitter-Account: "Der Tag wird kommen, an dem wir alle Ignoranten, Unterstützer, Beschwichtiger, Befürworter und Aktivisten der Willkommenskultur im Namen der unschuldigen Opfer zur Rechenschaft ziehen werden! Dafür lebe und arbeite ich. So wahr mir Gott helfe!" (Junge 2017) In der Propaganda der AfD wird ein solcher autoritärer Populismus wiederkehrend angereichert mit völkisch-nationalistischen Positionen: So postete der AfD-Politiker Thorsten Weiß, Mitglied im Berliner Abgeordnetenhauses, auf seiner Facebookseite in Bezug auf die prognostizierte Zunahme von Staatsbürgern mit Migrationshintergrund: "Die Regierung plant den Volkstod!" (Weiß 2018). Als politische Stoßrichtung formulierte der frühere AfD-Landesvorsitzende Sachsen-Anhalts Poggenburg: "Wir haben jetzt die wirklich historische Chance, eine echte deutschnationale Partei felsenfest im Parlament zu verankern." (Poggenburg 2016) AfD-Politikerinnen und Politiker betreiben völkisch-nationalistische Mobilisierung gegen Minderheiten auch auf der Straße: So untermauerte Thüringens AfD-Vorsitzender Höcke seinen Aufruf zur Teilnahme an einer AfD-Demonstration am 28.01.2018 gegen den Bau einer Moschee mit den Worten: "Zeigen wir Deutschland, zeigen wir Europa, dass wir alle in Erfurt, der zweiten Hauptstadt der Mutbürger in diesem Lande – die Nummer Eins ist natürlich Dresden (…) – dass wir uns auch in Erfurt unser Land nicht rauben lassen, sondern es uns zurückholen!" Wie dies zu bewerkstelligen sei, erläuterte er so: "Diese Republik und das sie beherrschende medial-politische Establishment sind zu einem politischen Augias-Stall geworden. Wir, liebe Freunde, müssen diesen Augias-Stall ausmisten! Dieses Land braucht eine politische Grundreinigung!" (Höcke 2018).

Außerdem öffnet sich die AfD zunehmend für die Zusammenarbeit mit radikal rechten Strömungen und Parteien. Internationale Kontakte bestehen zur rechtsradikalen ENF-Fraktion im Europaparlament und in besonderem Maße zur FPÖ in Österreich, mit der die AfD im Februar 2016 eine "Blaue Allianz" beschlossen hat (AfD Bayern 2016). Die sog. Neue Rechte sieht hingegen in der AfD ein Handlungsfeld zur realpolitischen Umsetzung ihrer politischen Vorstellungen. So erklärte der neurechte Vordenker Karlheinz Weißmann in der Wochenzeitung Junge Freiheit: "Das nächste Ziel der Alternative für Deutschland ist die Organisation als ‚Volkspartei neuen Typs‘. In die müssen die Hauptströmungen – Volkskonservative, Hayekianer, Deutschradikale, Sozialpatrioten – eingeschmolzen werden." (Weißmann 2018) Umgekehrt suchen die radikal rechten Kräfte in der AfD wiederum selbst das Bündnis zu rechtsextremen Bewegungen. So erklärte der Vorstand der Patriotischen Plattform in der AfD schon in Bezug auf die rechtsextreme "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD): "Wir wünschen uns eine engere Zusammenarbeit zwischen Identitärer Bewegung und AfD, denn auch die AfD ist eine identitäre Bewegung, und auch die Identitäre Bewegung ist eine Alternative für Deutschland" (Patriotische Plattform 2016). Zwar existierte bislang formal ein Abgrenzungsbeschluss der AfD zu offen rechtsextremen Gruppierungen, doch in der Realität zeigen sich deutliche Entwicklungen hin zum Gegenteil. Ein organisatorisches Beispiel hierfür ist die Initiative "Ein Prozent für unser Land" (Herkenhoff 2016), deren Organisatorenkreis von AfD-Politikern über neurechte Kreise bis zur rechtsextremen IBD reicht.

Solche Entwicklungen haben die Partei aus Sicht der Politikwissenschaft deutlich in die Nähe des Rechtsextremismus gerückt. Der Politikwissenschaftler Rudolf Korte bezeichnet den Sprachduktus von Höcke als "rechtsextrem völkisch". Der Politiker verbreite "völkisches Gedankengut, wie es das in Deutschland schon mal in den 1920er- und 1930er-Jahren gegeben habe" (Korte 2015). Der Berliner Politikwissenschaftler Gero Neugebauer deutet Höcke mit seinen Aussagen als Vertreter eines völkischen Nationalismus, "also eindeutig rechtsextremistisch" (Neugebauer 2015). Laut dem Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer lässt sich die AfD kennzeichnen "als nationalkonservative Partei mit Brücken zum Rechtsextremismus hin" (Niedermayer 2017 ). Claus Leggewie erkennt bei der AfD unter dem Bundesparteivorsitzenden Gauland und dem Vorsitzenden der thüringischen AfD Höcke gar Züge eines völkisch-autoritären "National-Sozialismus" (Leggewie 2017: 22). Hinsichtlich einiger Meinungsäußerungen des AfD-Spitzenpersonals kommt der Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber zu der Einschätzung, dass die AfD "als eine (rechts-)extremistische Partei, zwar mit eher niedrigem Intensitätsgrad, aber eben als sehr wohl extremistisch" zu verorten sei (Pfahl-Traughber 2018). In der Summe lassen sich in der Partei deutliche Merkmale eines "völkisch-autoritären Populismus" (Häusler 2018) feststellen, welche die Partei zunehmend auch zu einem parteipolitischen Kulminationspunkt rassistischer und extrem rechter Bewegungen und einem neuen Sammelbecken von früheren Anhängern erfolgloser Rechtsaußenparteien werden lassen. Dadurch rückt die AfD zunehmend in den kritischen Blick der Rechtsextremismusforschung.

Literatur

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Externer Link: AfD Grundsatzprogramm (2016) (20.05.2018)

Externer Link: AfD kompakt (2018): Bundesregierung für Tod der 14-jährigen Susanna verantwortlich (07.06.2018)

Externer Link: AfD Sachsen-Anhalt (2015): Liebe Bürger und Mitstreiter, v. 24.12.2015 (17.12.2017)

Externer Link: AfD Strategiepapier (2016): Alternative für Deutschland: "Demokratie wieder herstellen - Dem Volk die Staatsgewalt zurückgeben - AfD-Manifest 2017 – Die Strategie der AfD für das Wahljahr 2017", v. 22.12.2016 (04.04.2017)

Decker, Frank (2016): Die "Alternative für Deutschland" aus vergleichender Sicht der Parteienforschung, in: Häusler, Alexander (Hrsg.): Die Alternative für Deutschland. Programmatik, Entwicklung und politische Verortung, Wiesbaden

Externer Link: Gauland, Alexander (2015): In: Umfragehoch: AfD-Vize Gauland sieht Flüchtlingskrise als Geschenk (12.12.2015)

Gebhardt, Richard (2018): "Mut zur Wahrheit"? Compact, Sezession und Junge Freiheit – das publizistische Netzwerk der AfD, in: Häusler, Alexander Hrsg.): Völkisch-autoritärer Populismus. Der Rechtsruck in Deutschland und die AfD, Hamburg, S. 109-116

Externer Link: Grill, Markus (2016): Anti-Islam-Kurs. Exklusiv: Email von Beatrix von Storch und das geplante Grundsatzprogramm 11.03.2016 (20.03.2016)

Häusler, Alexander (2018): Völkisch-autoritärer Populismus. Der Rechtsruck in Deutschland und die AfD. Hamburg.

Herkenhoff, Anna-Lena (2016): Neurechte Netzwerke und die Initiative "Ein Prozent für unser Land", in: Alexander Häusler (Hrsg.): Neue soziale Bewegung von rechts? Zukunftsängste, Abstieg der Mitte, Ressentiments. Hamburg: 73-83.

Externer Link: Höcke, Björn (2017): Dresdener Rede v. 17.01.2017. (05.02.2018)

Externer Link: Höcke, Björn (2018): Rede auf AFD Bürgerversammlung in Lutherstadt Eisleben v. 20 01 2018. ( 05.02.02018)

Externer Link: Identitäre Bewegung Sachsen (2016): Facebookmeldung v. 05.03.2016. (27.03.2018)

Externer Link: Jongen, Marc (2018): Facebookmeldung v. 23.01.2018. (25.01.2018)

Externer Link: Junge, Uwe (2017): Meldung auf Twitteraccount v. 29.12.2017. (05.02.2018)

Externer Link: Kanal Schnellroda (2015): Asyl Eine politische Bestandsaufnahme – Höcke beim IfS (25.03.2018)

Korte, Karl-Rudolf (2015): "Es ist eine Gratwanderung, ob die AfD es schafft". Interview. In: Deutschlandfunk v. 22.10.2015.

Leggewie, Claus (2017): Europa zuerst! Eine Unabhängigkeitserklärung. Berlin.

Externer Link: Meuthen, Jörg (2016): Rede auf dem AfD Parteitag in Stuttgart v. 30.04.2016. (20.12.2017)

Müller, Jan-Werner (2016): Was ist Populismus? Ein Essay. Berlin.

Externer Link: Neugebauer, Gero (2015): "Neues Sprachrohr der Rechten". AfD bald im Fadenkreuz des Verfassungsschutzes? Gero Neugebauer im Gespräch. In: Handelsblatt online v. 20.10.2015. (02.02.2018)

Interner Link: Niedermayer, Oskar (2017): Debatte: Ist die Alternative für Deutschland eine rechtspopulistische Partei? (25.03.2018)

Externer Link: Patriotische Plattform (2016): Wir sind identitär". (14.06.2016)

Externer Link: Petry, Frauke (2015): Rede auf AfD-Demonstration in Berlin am 7.11.2015. (20.5.2018)

Petry, Frauke (2016): "Wir wollen keinen Bürgerkrieg" Interview. In: Die Welt v. 11.09.2016.

Externer Link: Pfahl-Traughber, Armin (2018): Ist die AfD (rechts-)extremistisch? in: Blick nach rechts v. 23.03.2018. (12.05.2018)

Externer Link: Poggenburg, André (2015): Liebe Bürger und Mitstreiter, v. 24.12.2015. (27.2.2016)

Externer Link: Poggenburg, André (2016): Die AfD ist einfach nicht mehr aufzuhalten! AfD-Landtags-TV v. 27.1.2016. (28.1.2016)

Externer Link: Poggenburg, André (2017): Rede im Landtag Sachsen-Anhalt v. 03.02.2017. (06.02.2018)

Externer Link: Schäuble, Wolfgang (2018): phönix vor Ort v. 14.06.2018. (15.06.2018)

Spier, Tim (2016): Die Wahl von Rechtsaußenparteien in Deutschland, in: Fabian Virchow/Martin Langebach/Alexander Häusler (Hrsg.): Handbuch Rechtsextremismus, Wiesbaden.

Steiner, Thomas (2015): Die AfD stellt sich neu auf: "Wir sind die Pegida-Partei", Badische Zeitung v. 06.07.2015.

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Weiß, Thorsten (2018): facebook-Eintrag v. 02.02.2018. https://de-de.facebook.com/ThorstenWeissafd/ (05.02.2018)

Weißmann, Karlheinz (2018): Disziplin ist gefordert, in: Junge Freiheit v. 16.03.2017

Wildt Michael (2017): Volk, Volksgemeinschaft, AfD. Hamburg.

Wodak, Ruth (2016): Politik mit der Angst. Zur Wirkung rechtspopulistischer Diskurse. Wien.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Ich verwende den Begriff der Rechtsaußenpartei in Anlehnung an die Forschungen von Tim Spier zur spektrumsübergreifenden Charakterisierung derjenigen Parteien, "die sich rechts der etablierten konservativen und liberalen Parteien verorten, ohne dass damit ein Werturteil über den Grad ihrer ideologischen Radikalität oder gar ihre System- oder Demokratiefeindlichkeit gefällt würde".(Spier 2016: 259)

  2. Hiermit sind sowohl politische Akteure innerhalb der AfD gemeint, die später maßgeblich an der Gründung der Gruppierungen "Patriotische Plattform" und "Der Flügel" innerhalb der AfD beteiligt gewesen sind, sowie zudem ehemalige Aktivisten aus früheren Rechtsaußenparteien wie dem "Bund freier Bürger" (BFB) und der Parteien "Die Republikaner" und "Die Freiheit".

  3. Der vorliegende Text veranschaulicht in komprimierter und aktualisierter Form meine Forschungsergebnisse und bereits veröffentlichten Ausführungen zur AfD.

  4. Pretzell verließ gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Frauke Petry nach der Bundestagswahl 2017 die AfD und gründete die bislang bedeutungslose AfD-Abspaltung "Die Blauen".

  5. Auf diese politische Inszenierung erfolgte eine Maßregelung von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (Schäuble 2018).

  6. Das Schlagwort "rot-grün versifftes 68er Deutschland" hat die AfD von dem Skandalautor Akif Pirinçci übernommen, der wegen seiner vulgären und rechten Ausfälle während einer Pegida-Demonstration sogar von den dortigen ebenfalls deutlich rechtsgerichteten Veranstaltern Redeverbot erteilt bekommen hatte.

  7. Die letzte Partei in Deutschland, die die Bezeichnung deutschnational im Namen führte, war die Ende November 1918 in der Weimarer Republik gegründete Deutschnationale Volkspartei (DNVP), Steilbügelhalter für die NSDAP.

  8. Hierzu zählt der AfD-Landtagsabgeordnete Sachsen-Anhalts, Hans-Thomas Tillschneider.

  9. Für "EinProzent" tritt Philip Stein öffentlich in Erscheinung, für die IB in Deutschland und Österreich u.a. Martin Sellner. Zur Zusammenarbeit meldete die Identitäre Bewegung Sachsen auf ihrem Facebook Account: "Philip Stein und Martin Sellner arbeiten derzeit an der EinProzent-Kampagne 'Merkel auf die Finger schauen', die eine flächendeckende Wahlbeobachtung der Landtagswahlen am 13. März in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sicherstellen wird." (Identitäre Bewegung Sachsen 2016)

  10. Pfahl-Traughber bezieht sich hier konkret auf vier Äußerungen: Erstens die Äußerungen von Alexander Gauland, der die Auffassungen zur deutschen Leitkultur der damaligen Integrationsbeauftragten der Bundesregierung Aydan Aydan Özoğuz mit den Worten kommentierte: "Das sagt eine Deutsch-Türkin. Ladet sie mal ins Eichsfeld ein, und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können". Der Politikwissenschaftler deutet diese Äußerung als Eingriff in die Grundrechte einer deutschen Staatsbürgerin. Zweitens die Bekundung der stellvertretenden AfD-Bundes- und Fraktionsvorsitzenden Beatrix von Storch zum Ausscheiden der Fußballnationalmannschaft bei den Europameisterschaften 2015. Hierzu twitterte sie: "Vielleicht sollte nächstens mal dann wieder die deutsche NATIONALMANNNSCHAFT spielen?" Diese Äußerung stelle die Staatsbürgerschaft von deutschen Fußballprofis mit Migrationshintergrund infrage und weise sogar eine Gemeinsamkeit mit der rechtsextremen NPD auf, welche ebenfalls mit Fußballbezug derartige Positionen propagierte. Drittens die Dresdener Rede des Thüringer Fraktions- und Landesvorsitzenden Björn Höcke, in der er 2017 das Holocaust-Denkmal in Berlin mit einer offenbar bewusst doppeldeutigen Formulierung als "Denkmal der Schande" bezeichnet hatte. Zudem bekundete Höcke in dieser Rede: "Die AfD ist die letzte evolutionäre, sie ist die letzte friedliche Chance für unser Vaterland." Diese Formulierung impliziere indirekt Vorstellungen von einem gewalttätigen Wandel, sollte sich die Forderung nach einem evolutionären Wandel nicht erfüllen. Viertens, so Pfahl-Traughber, der offenkundige Versuch eines AfD-Politikers, in Ausübung des Richteramtes die Wissenschaftsfreiheit einzuschränken. So gab der damalige Richter am Landgericht Dresden und heutige AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier der rechtsextremen NPD 2016 in deren Klageverfahren Recht gegen den Politikwissenschaftler Steffen Kailitz, der ihr die Absicht einer millionenfachen Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund vorgeworfen hatte. Für diese Einschätzung lassen sich einfach Belege benennen: Die NPD plädiert für ein rein ethnisches Staatsbürgerschaftsverständnis, welches das "Deutsch-sein" allen Bürgern mit Migrationshintergrund abspricht. Gleichzeitig plädiert die Partei für ein "Ausländerrückführungsgesetz", es würde letztendlich für all diese Menschen in einer Vertreibung münden. Später hob das Gericht dieses Urteil wieder auf. Maiers Entscheidung richtete sich laut Einschätzung von Pfahl-Traughber gegen Kailitz‘ Wissenschaftsfreiheit. (Alle Zitate s. Pfahl-Traughber 2018)

  11. So haben die Rechtsaußenparteien pro Deutschland (Ende 2017) und pro Köln (Anfang 2018) ihre Auflösung verkündet und zur Unterstützung der AfD aufgerufen. Dasselbe hat die rechtspopulistische Partei Die Freiheit schon Ende des Jahres 2016 vollzogen.

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Alexander Häusler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsschwerpunktes Rechtsextremismus/Neonazismus der Hochschule Düsseldorf (www.forena.de)