Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Interessenvertretung | 24 x Deutschland | bpb.de

24 x Deutschland Grundgesetz Grundrechte Föderalismus Bund, Länder und Kommunen Wahlen Wahl Bundestag Aufgaben Bundestag Bundeskanzler und Bundesregierung Bundesrat Bundespräsident Bundesverfassungsgericht Gewaltenverschränkung Wie ein Gesetz entsteht Rechtsprechung Öffentlicher Dienst und Verwaltung Träger der öffentlichen Verwaltung Sozialstaat Sozialversicherungssystem Parteien Politische Partizipation Interessenvertretung Medien Deutschland in der EU Internationale Organisationen Redaktion

Interessenvertretung

/ 3 Minuten zu lesen

Industrieverbände, Gewerkschaften, Sozialverbände oder Kirchen sind Interessengruppen. Durch sie werden soziale Anliegen, Umweltschutz oder Wirtschaftsinteressen in die Politik eingebracht.

Interessenvertretung: Beispiele für Methoden und Adressaten von Lobbyismus Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

In einer parlamentarischen Demokratie werden die meisten Entscheidungen der Parlamente vor der Abstimmung in Ausschüssen vorbereitet. Kaum ein Mitglied des Bundestages, der Länderparlamente oder der Kommunalparlamente und Gemeinderäte verfügt über ein ausreichendes Wissen, um alle zur Entscheidung stehenden Fragen ohne eine Beratung beantworten zu können.

Auch die Regierung und die Ministerien benötigen externe Experten. Zudem gibt es in der Politik oft Interessen, die zunächst einmal formuliert werden müssen, um den Politikern zu Gehör gebracht zu werden. Die Aufgabe dieser Kommunikation übernehmen Interessengruppen oder Verbände. Ihre Vertreter werden in den Ausschüssen oft als Experten herangezogen. Zu den Interessengruppen gehören Industrieverbände ebenso wie die Gewerkschaften, Sozialverbände oder die Kirchen. Durch sie werden soziale Anliegen, Umweltschutzaspekte oder auch die Anliegen von Wirtschaftsunternehmen oder Mittelständlern einer Region in den Entscheidungsprozess eingebracht.

Artikel 9 des Grundgesetzes gewährleistet, dass alle Deutschen das Recht haben, Vereinigungen zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen. Diese können sich auch außerhalb der Ausschüsse mit ihrem Fachwissen den Entscheidungsträgern anbieten und sie informieren. Dabei spielen die Medien eine große Rolle. Pressekonferenzen, Hintergrundgespräche mit Journalisten, Demonstrationen oder Veranstaltungen der Interessengruppen schaffen eine Öffentlichkeit für deren Anliegen.

Die Arbeit von Interessengruppen wird oft als Lobbyismus bezeichnet. Das Wort Lobby war ursprünglich die Bezeichnung für die Wandelhalle des britischen Parlaments, zu der auch Nichtmitglieder Zutritt hatten und in der sie die Abgeordneten treffen konnten. Für manche Bürger ist der Begriff Lobbyismus ausschließlich negativ besetzt. Sie gehen davon aus, dass es sich hierbei vor allem um die Beeinflussung von Entscheidungsträgern durch Wirtschaftsunternehmen handelt. Tatsächlich aber gehören zu den Interessenvertretern, die sich um die Politiker bemühen, zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auch Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Mittelstandsvereinigungen, Umweltschutzverbände, Sozialverbände oder Religionsgemeinschaften. Es handelt sich also entgegen landläufiger Meinung nicht ausschließlich um Autoproduzenten, die chemische Industrie oder die Militärindustrie.

Allerdings ist ein gewisses Ungleichgewicht in den Möglichkeiten der Einflussnahme zwischen den verschiedenen Interessen festzustellen. So können größere Unternehmen beispielsweise durch die Drohung, Arbeitsplätze im Wahlkreis eines Bundestagsabgeordneten abzubauen, durchaus einen gewissen Druck ausüben. Auch können sich Wirtschaftsunternehmen oder -verbände Repräsentanzen in der Nähe der Entscheidungsträger leisten und teure Informationsveranstaltungen finanzieren, während die Vertreter finanzschwacher Interessen oft mit wenig Mitteln ihre Anliegen kommunizieren müssen.

Es wird auch oft kritisiert, dass sich Lobbyismus manchmal in der Gefahr befindet, im Spannungsverhältnis zwischen berechtigter Interessenvertretung und unberechtigter Einflussnahme den schmalen Grad zu einer gefährlichen einseitigen Beeinflussung von Politikern zu überschreiten. Die extremste Form ist dann Korruption, die sich nicht nur auf direkte, versteckte Geldzahlungen beschränken muss. Manchmal wird Politikern auch eine Anstellung durch die Verbände oder der sie tragenden Unternehmen angeboten. Zudem spenden Interessengruppen Parteien Geld für deren politische Aufgaben. Zwar tragen sie dadurch zur Finanzierung von Politik bei, die Gefahren einer übermäßigen Beeinflussung sind aber offensichtlich.

Aus diesem Grund müssen Bundestagsabgeordnete ihre Nebeneinkünfte offenlegen, um den Bürgern zu ermöglichen, sich ein Bild über die Gefahren einer möglichen Beeinflussung der Volksvertreter zu machen. Parteien müssen die Listen ihrer Spender ebenfalls veröffentlichen. Transparenz ist ein entscheidendes Mittel zur Verhinderung schädlicher Einflussnahme durch Dritte.