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Die Finanzierung der Parteien in Deutschland

Heinrich Pehle

/ 12 Minuten zu lesen

Funktionsfähigkeit, Staatsfreiheit, Chancengleichheit und Transparenz: Diesen Anforderungen soll die Parteienfinanzierung in Deutschland entsprechen. Als "beinahe perfektionistisch" wurden die aktuellen Regelungen von einer Sachverständigenkommission gelobt. Doch bis dahin war es ein langer Weg, der selten konfliktfrei und geradlinig verlief. Und noch immer werden kontroverse Debatten über die Finanzierung der Parteien geführt.

In der CDU-Parteizentrale können Parteispenden direkt in einen Automaten, den "Spendomat", eingezahlt werden. Für jeden gespendeten Euro erhalten die Parteien 45 Cent Staatszuschuss. (© picture-alliance/dpa)

Den politischen Parteien wird in Artikel 21 Grundgesetz der Rang von Verfassungsorganen eingeräumt. In der repräsentativen Demokratie gelten sie als unverzichtbare Mittler zwischen Bevölkerung und Staat. Deshalb muss sichergestellt sein, dass die Parteien über die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen finanziellen Mittel verfügen. Müssten sie sich dabei ausschließlich auf gesellschaftliche Finanzquellen wie Mitgliedsbeiträge und Spenden verlassen, bestünde die Gefahr, solche Parteien zu bevorzugen, die tendenziell wirtschafts- bzw. unternehmerfreundliche Positionen vertreten. Ihre Konkurrenten, welche sich eher den Interessen unterprivilegierter Bevölkerungsgruppen verpflichtet fühlen, würden dagegen unter erheblichen Wettbewerbsnachteilen leiden. Sollen die Parteien ihren Charakter als gesellschaftliche, im Volk wurzelnde Organisationen nicht verlieren und nicht zu Staatsorganen mutieren, kommt eine ausschließliche Finanzierung aus öffentlichen Mitteln aber ebenfalls nicht in Frage.

Die finanzielle Absicherung der Funktionsfähigkeit politischer Parteien muss also aus einer Balance zwischen der Nutzung öffentlicher und gesellschaftlicher Ressourcen bestehen, um die Unabhängigkeit der Parteien vom Staat zu gewährleisten. Mit den Stichworten Funktionsfähigkeit und Staatsfreiheit sind bereits zwei Verfassungsgrundsätze benannt, die bei der Ausgestaltung der Parteienfinanzierung beachtet werden müssen. Ergänzt werden sie durch die Prinzipien der Chancengleichheit und der Transparenz. Ersteres bedeutet, dass nicht ein bestimmter Parteientypus - etwa Parteien mit einem traditionell hohen Mitgliederbestand - gegenüber anderen - die beispielsweise über weniger Mitgliedsbeiträge verfügen und deshalb eher auf Spenden angewiesen sind - bevorzugt wird. Das Prinzip der Chancengleichheit wird gestützt durch das Transparenzgebot, das ebenfalls in Artikel 21 Grundgesetz verankert ist. Die Parteien müssen über die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel und über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft ablegen. Durch die jährlich vorzulegenden Rechenschaftsberichte soll die Öffentlichkeit nachvollziehen können, wer die einzelnen Parteien unterstützt.

Parteien als "Gesetzgeber in eigener Sache"

Die konkrete Ausgestaltung des Systems der Parteienfinanzierung ist seit jeher umstritten. Das liegt vor allem daran, dass die Festlegung der Höhe des Staatsanteils an der gesamten Parteienfinanzierung politischem Ermessen unterliegt und, dass dieses Ermessen dem Gesetzgeber zukommt: also den im Parlament vertretenen Parteien selbst. Parteien agieren in Gestalt ihrer Parlamentsfraktionen also als "Gesetzgeber in eigener Sache".

Doch die Parteien bestimmen nicht frei über ihre eigene Finanzierung. Auch das Bundesverfassungsgericht wurde immer wieder zur Überprüfung der gesetzlichen Regelungen zur Parteienfinanzierung angerufen und hat durch seine Urteile eine aktive Rolle bei der Ausgestaltung der Parteienfinanzierung gespielt, indem es einzelne Regelungen für verfassungswidrig erklärte oder dem Bundestag in seinen Urteilen konkret den Weg zu einer von den Richtern als verfassungskonform erachteten Ausgestaltung der Parteienfinanzierung wies. Beide - Gesetzgeber und Verfassungsgericht - haben im Lauf der Jahre dabei mehrfach Kehrtwendungen vollzogen.

Die Rolle des Bundesverfassungsgerichts

Die politischen Parteien schöpfen ihre Finanzmittel im Wesentlichen aus fünf Quellen: Aus 1) Mitgliedsbeiträgen, 2) Spenden natürlicher und juristischer Personen, 3) Abgaben, zu denen die Mandatsträger durch ihre Parteien verpflichtet werden, 4) sonstigen Einnahmen (v.a. aus Unternehmenstätigkeit, Vermögenserträgen etc.) und aus 5) staatlichen Mitteln. Bei den angesprochenen Kehrtwendungen durch Parlament und Verfassungsgericht ging es vor allem um die steuerliche Privilegierung ("Absetzbarkeit") von Spenden, die absolute und der relative Höhe ("Obergrenze") des Staatsanteils sowie um die Frage, ob nur bestimmte Aspekte der Parteiaktivitäten vom Staat gefördert werden dürfen ("Wahlkampfkostenerstattung") oder ob eine allgemeine Parteienfinanzierung erfolgen soll. Die wesentlichen Wendepunkte in der Ausgestaltung der Parteienfinanzierung markieren die Urteile des Bundesverfassungsgerichts aus den Jahren 1958, 1966 und 1992 sowie die auf diese Urteile folgenden Reaktionen des Gesetzgebers.

In den ersten Jahren nach Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 konnten Spenden an politische Parteien vom steuerlich veranlagten Einkommen natürlicher und juristischer Personen abgezogen werden. Im Jahr 1958 setzte das Bundesverfassungsgericht dieser Praxis ein Ende. Die Begründung dafür lautete, dass die Einflussnahme der Bürger auf die politische Willensbildung unterschiedlich behandelt würde, weil auf Grund der Steuerprogression höhere Einkommen begünstigt würden. Die Richter wiesen in ihrer Urteilsbegründung darauf hin, dass der Staat zwar nicht verpflichtet sei, dafür zu sorgen, dass der Geldbedarf der politischen Parteien befriedigt werde, dass es ihm aber durchaus freistehe, unmittelbar Steuermittel für die Aufgaben der Parteien zur Verfügung zu stellen (BVerfGE 8: 51). Der Gesetzgeber nahm diesen Hinweis auf und stellte Mittel im Bundeshaushalt bereit, um die allgemeine Tätigkeit der politischen Parteien zu subventionieren. Diese Mittel, deren Gesamthöhe sich anfangs auf 5 Millionen DM pro Jahr belief, wurden auf die Parteien gemäß ihrer Fraktionsstärke im Deutschen Bundestag verteilt. Im Lauf der Jahre wurden die Haushaltsmittel sukzessive aufgestockt.

Die erste Kehrtwende: die Wahlkampfkostenpauschale

Zwar war damit dem Prinzip der Chancengleichheit zumindest für die im Parlament vertretenen Parteien - aber eben auch nur für diese - Genüge getan, doch tangierte die allgemeine Parteienfinanzierung aus dem Staatshaushalt den Grundsatz der Staatsfreiheit. Mit dieser Begründung strengte die hessische Landesregierung ein Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht an - und leitete so die erste Kehrtwende ein: Die Karlsruher Richter erklärten in ihrem Urteil vom 19. Juli 1966, dass es mit dem "Grundsatz der freien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen" nicht vereinbar sei, "den Parteien Zuschüsse aus Haushaltsmitteln des Bundes für ihre gesamte Tätigkeit" zu gewähren und die "dauernde finanzielle Fürsorge für die Parteien zu einer Staatsaufgabe zu machen" (BVerfGE 20: 56). Im Weiteren hieß es in dem Urteil jedoch, dass es sich verfassungsrechtlich rechtfertigen lasse, wenn "den politischen Parteien die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes ersetzt" würden (ebenda: 113).

In Reaktion auf dieses Urteil kam der Deutsche Bundestag 1967 - mit achtzehnjähriger Verspätung - seinem Gesetzgebungsauftrag aus Artikel 21 Grundgesetz nach ("Das Nähere regeln Bundesgesetze") und verabschiedete das erste Parteiengesetz. Der Finanzierungsteil dieses Gesetzes sah für die Wahlkampfkostenerstattung einen Gesamtbetrag von 2,50 DM je Wahlberechtigten vor. Parteien, die mindestens 2,5 Prozent der gültigen Zweitstimmen bei Bundes- und Landtagswahlen erreicht hatten, sollten hierfür eine Wahlkampfkostenpauschale relativ zu ihrem Zweitstimmenanteil erhalten. Auch gegen diese Regelung wurde das Bundesverfassungsgericht angerufen. Die Wahlkampfkostenerstattung als solche ließen die Richter in ihrem Urteil zwar unangetastet. Sie bestimmten aber die Absenkung des Schwellenwerts für die Beteiligung an der Wahlkampfkostenerstattung auf 0,5 Prozent der Zweitstimmen, da andernfalls der Grundsatz der Chancengleichheit verletzt sei (BVerfGE 24: 342).

Die zweite Kehrtwende: staatliche Teilfinanzierung

Die Einführung der Wahlkampfkostenpauschale schuf letztlich mehr Probleme als sie löste, - auch wenn sie im Lauf der Jahre in zwei Schritten bis auf fünf DM für jeden Wahlberechtigten erhöht wurde. Denn die Parteien konnten ihre laufenden Kosten aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und sonstigen Eigeneinnahmen nicht decken, durften die vom Staat zur Verfügung gestellten Mittel aber nur zur Deckung ihrer Wahlkampfkosten verwenden. Aus Sicht der Schatzmeister der Parteien machte das Täuschungsversuche faktisch unumgänglich. An dieser prekären Lage änderte die zu Anfang der 1980er-Jahre in zwei Schritten vorgenommene Erhöhung der steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden ebenso wenig wie die im Dezember des Jahres 1983 beschlossene Einführung eines sogenannten Chancenausgleichs. Dadurch erhielten Parteien mit einem relativ geringen Aufkommen an Spenden und Mitgliedsbeiträgen staatliche Ausgleichszahlungen.

Eine Klage der Grünen gegen diese Maßnahmen brachte das Bundesverfassungsgericht erneut ins Spiel. Das Urteil vom 9. April 1992 (BVerfGE 85: 264ff.) markierte den zweiten grundsätzlichen Richtungswechsel des Karlsruher Gerichts. Es verwarf die Annahme, man könne die Aufwendungen der Parteien für ihre Wahlkämpfe säuberlich von denen für ihre sonstigen Aktivitäten unterscheiden. Stattdessen sei eine staatliche Teilfinanzierung der Parteien, die sich auf deren gesamte Tätigkeiten bezieht, letztlich doch mit dem Grundgesetz vereinbar. Damit war das Verfassungsgericht im Grundsatz wieder bei seiner bereits 1958 formulierten Interpretation angelangt, die es im Jahr 1966 noch als prinzipiell grundgesetzwidrig verworfen hatte.

Doppelte Deckelung der Staatszuschüsse

Auch im Urteil von 1992 gaben die Verfassungsrichter wieder deutliche Hinweise, wie die staatliche Parteienfinanzierung verfassungskonform ausgestaltet werden müsse. Durch die Novellierung des Parteiengesetzes im Jahr 1994 wurden diese Vorgaben weitgehend umgesetzt. Nach der Aufdeckung diverser Parteispendenskandale in den Folgejahren setzte der damalige Bundespräsident Johannes Rau im Jahr 2000 eine Sachverständigenkommission ein, die sich mit weiterhin bestehenden Problemen der Parteienfinanzierung auseinandersetzen sollte. Die im Folgejahr von der "Parteienfinanzierungskommission" vorgelegten Empfehlungen fanden zum Teil Eingang in die vom Bundestag im Jahr 2002 beschlossene Änderung des Parteiengesetzes. Die Abgeordneten beschlossen verschärfte Regelungen für die Annahme von Barspenden, bestimmte Anzeigepflichten und die Einführung von Strafvorschriften.

Seitdem sind die Staatszuschüsse zudem in doppelter Hinsicht gedeckelt. Neben einer "relativen Obergrenze", der zufolge die staatlichen Zuschüsse an eine Partei deren selbst erwirtschafteten Einnahmen nicht übersteigen dürfen, gilt eine "absolute Obergrenze" für die vom Staat bereitgestellten Mittel für alle Parteien. Sie orientierte sich zunächst an der vor 1994 an die Parteien ausgeschütteten Gesamtsumme. Allerdings wurde von vornherein eine Anpassung der absoluten Obergrenze an die Preisentwicklung vorgesehen, die sich nach einem Preisindex für die für eine politische Partei typischen Ausgaben richtet. Deshalb stieg die Gesamtsumme der vom Staat geleisteten Parteienfinanzierung von ursprünglich umgerechnet rund 133 Millionen Euro schrittweise auf mittlerweile 161,8 Millionen Euro im Jahr 2017.

Wie finanzieren sich die Parteien heute?

Maßstab für die Gewährung der staatlichen Mittel ist die Verwurzelung der Parteien in der Gesellschaft. Gemessen wird sie an den Wahlerfolgen der Parteien bei Bundestags-, Landtags- und Europawahlen sowie am Umfang der Mitgliedsbeiträge und der Spenden durch natürliche Personen. Dies schlägt sich darin nieder, dass der jeweilige Staatszuschuss zum einen an die Wählerzahl gebunden wird. Anspruchsberechtigt sind alle Parteien, die mindestens 0,5 Prozent der Stimmen bei den jeweils letzten Wahlen zum Bundestag und zum Europaparlament bzw. 1 Prozent bei den Landtagswahlen gewonnen haben. Im Jahr 2017 waren dies insgesamt 20 Parteien. Sie erhalten bis zur jeweils nächsten Wahl jährlich 0,83 Euro pro für sie abgegebener, gültiger Stimme. Für die ersten 4 Millionen Stimmen erhöht sich dieser Betrag auf 1,00 Euro, womit Wettbewerbsnachteile für diejenigen Parteien ausgeglichen werden sollen, die nicht in den Parlamenten vertreten sind. Neben die Prämierung der Wahlerfolge tritt ein Beitrags- und Spendenzuschuss: Für jeden Euro an Mitgliedsbeiträgen und pro gespendetem Euro erhalten die Parteien 0,45 Euro Staatszuschuss, wobei dies nur für Spenden natürlicher Personen bis zu einer jährlichen Spendenhöhe von 3.300 Euro pro Person gilt. Eben dieser Betrag markiert auch die steuerliche Begünstigungsgrenze für Mitgliedsbeiträge und private Spenden von 3.300 Euro pro Person und Jahr. Körperschaftsspenden (von Firmen, Verbänden etc.) können steuerlich nicht mehr abgesetzt werden, Spenden von Unternehmen der öffentlichen Hand sind untersagt.

Die bisher genannten Bestimmungen dienen der Wahrung der Funktionsfähigkeit der politischen Parteien, ihrer Staatsunabhängigkeit und ihrer Chancengleichheit. Auch dem Grundsatz der Transparenz sollte durch die Neufassung des Parteiengesetzes Rechnung getragen werden. So müssen Personen und Firmen öffentlich genannt werden, wenn sie mehr als 10.000 Euro spenden. Verboten sind eine Stückelung von Spenden und Barspenden über 1.000 Euro. Neben diese Offenlegungspflichten treten verschiedene Sanktionsmöglichkeiten. So sind bei illegaler Spendenpraxis Haftstrafen bis zu drei Jahren für Verantwortliche auf allen Parteiebenen möglich. Legt eine Partei einen Rechenschaftsbericht vor, der nicht den Vorschriften des Parteiengesetzes entspricht, verliert sie den Anspruch auf die staatliche Teilfinanzierung für das betreffende Jahr. Und: Werden Spenden rechtswidrig erlangt oder nicht ordnungsgemäß im Rechenschaftsbericht aufgeführt, verliert die betroffene Partei den Anspruch auf staatliche Mittel in doppelter Höhe dieser Spenden. Zudem muss sie einen Betrag in Höhe der rechtswidrig erlangten Spenden an den Bundestagspräsidenten abführen. Entsprechende Rückflüsse werden an gemeinnützige Organisationen weitergeleitet.

Seit langem schon wurde problematisiert, dass auch die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und z. T. auch andere Parteien, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, in den Genuss staatlicher Mittel kamen. Die verfassungsrechtlichen Bestimmungen liefen jedoch darauf hinaus, dass einer Partei der Anspruch darauf nicht verwehrt werden konnte, solange sie nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde. Am 17. Januar 2017 fällte das BVerfG sein Urteil, dem zu Folge die NPD zwar verfassungsfeindlich gesinnt und wesensverwandt mit dem Nationalsozialismus sei. Sie vertrete ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept: "Sie will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten 'Volksgemeinschaft' ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen." Zudem missachte sie die Menschenwürde, und ihre Ziele seien mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Gleichwohl könne die Partei nicht verboten werden, denn sie habe schon wegen ihrer auf ca. 6000 gesunkenen Mitgliederzahl nicht das Potenzial, ihre Ziele zu verwirklichen. Da von ihr keine wirkliche Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgehe, wäre ein Verbot unverhältnismäßig.

Das Urteil des BVerfGs enthielt jedoch noch einen "Wink mit dem Zaunpfahl". Dem verfassungsändernden Gesetzgeber sei es nämlich freigestellt, "Sanktionen unterhalb des Parteienverbots" - etwa durch den Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung - festzulegen. Dem folgten Bundestag und Bundesrat mit einer Änderung von Art. 21 GG. Er wurde um folgenden Passus ergänzt: "Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit [...] sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung [...] entscheidet das Bundesverfassungsgericht." Im Februar 2018 beschloss der Bundesrat einstimmig, einen entsprechenden Antrag an das Verfassungsgericht zu stellen.

Den politischen Parteien wird durch Artikel 21 Grundgesetz die Funktion zugeschrieben, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Die Entscheidung, ob und in welchem Ausmaß sie dieser Aufgabe nachkommen, bleibt ihnen allerdings überlassen. In der Praxis wird die politische Bildungsarbeit von den üblicherweise als "parteinah" bezeichneten Stiftungen betrieben. Schon auf Grund der Namensgebung lässt sich - noch mit Ausnahme der Alternative für Deutschland (AfD), die aber entsprechende Planungen im Jahr 2018 abschließen will - jeder der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien eine solche Stiftung zuordnen. Der Staat fördert die Tätigkeit dieser Stiftungen, die sich neben der politischen Bildungsarbeit auf die Politikberatung, die Begabtenförderung und die internationale Zusammenarbeit erstreckt, durch Mittel aus dem Bundeshaushalt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Praxis in einem - allerdings umstrittenen - Urteil ausdrücklich legitimiert, weil die Stiftungen nach seiner Auffassung ihre Aufgaben in hinreichender "organisatorischer und personeller Unabhängigkeit von den ihnen nahestehenden Parteien" erfüllten und eine verdeckte Parteienfinanzierung dadurch nicht bewirkt werde (BVerfGE 73: 31). Die staatlichen Zahlungen an die derzeit sechs Stiftungen summierten sich im Jahr 2017 auf die bis dato unerreichte Höhe von 581,4 Millionen Euro. Damit sind die Aufwendungen aus dem Bundeshaushalt für die parteinahen Stiftungen um das 3,6fache höher als diejenigen für die Parteienfinanzierung. Sie werden auf die Stiftungen im Verhältnis der Stimmen verteilt, die auf die ihnen nahestehenden Parteien bei den jeweils letzten vier Bundestagswahlen entfallen sind.

Nahe an der Perfektion?

Die Sachverständigenkommission zur Parteienfinanzierung hatte im Jahr 2004 ihren Abschlussbericht vorgelegt. Darin attestierte die Kommission der Bundesrepublik Deutschland ein "im internationalen Vergleich gutes, beinahe perfektionistisches Recht der Parteienfinanzierung" (Bundestagsdrucksache 15/3140: 30). Kontroversen existieren gleichwohl nach wie vor etwa in Bezug auf die Frage, ob Spenden juristischer Personen nicht grundsätzlich untersagt oder zumindest durch eine Obergrenze "gedeckelt" werden sollten. Die Parteienfinanzierungskommission hatte die Einführung einer derartigen Obergrenze mit 3:2 Stimmen abgelehnt, was dem Gesetzgeber zumindest in seiner Mehrheit entgegenkam. Eine andere Empfehlung der Sachverständigen betraf die Einführung eines umfassenden "Politikfinanzierungsberichtes". Ihr mochte der Bundestag allerdings nicht folgen. Ein derartiger Gesamtüberblick, der alle fünf Jahre von der Bundesregierung hätte vorgelegt werden sollen, hätte alle Unter- und Nebenorganisationen der politischen Parteien wie Jugend- oder Wirtschaftsvereinigungen und vor allem die parteinahen Stiftungen umfasst.

Darauf, dass trotz des dem geltenden Recht attestierten Perfektionismus also durchaus noch Alternativen denkbar sind, die einer verbesserten Umsetzung des Transparenzgebotes dienlich sein könnten, weist seit mehreren Jahren auch die "Staatengruppe des Europarates gegen Korruption" (GRECO) mit Nachdruck hin. Bereits in ihrem im Dezember 2009 veröffentlichten "Evaluierungsbericht über die Transparenz der Parteienfinanzierung in Deutschland" forderte GRECO unter anderem, die Grenze für die unverzügliche Anzeige und Veröffentlichung von Großspenden an Parteien von derzeit 50.000 Euro zu senken. Zudem empfahl sie, anonyme Spenden grundsätzlich zu verbieten (bislang sind sie bis zu 500 Euro erlaubt). Die Parteien sollten außerdem dazu verpflichtet werden, Rechenschaftsberichte über die Finanzierung ihrer Wahlkämpfe vorzulegen. Gleiches sollte für direkte Spenden an Abgeordnete und Wahlkreiskandidaten gelten.

Nachdem der deutsche Gesetzgeber auf diese Empfehlungen auch nach mehr als acht Jahren nicht reagiert hat, ging GRECO im Februar 2018 mit dem "dringenden Appell" an die deutschen Behörden an die Öffentlichkeit, sich "vorrangig mit den ausstehenden Empfehlungen zu befassen" (vgl. u.a. Süddeutsche Zeitung vom 27.02.2018, S. 6). Die Diskussion über die Ausgestaltung des Systems der staatlichen Teilfinanzierung der politischen Parteien hat, wie unschwer zu erkennen ist, an Aktualität also nichts eingebüßt.

Quellen / Literatur

  • Bericht der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Frage der Parteienfinanzierung (= Deutscher Bundestag, Drucksache 15/3140 vom 11.05.2004)

  • Kropp, Sabine: Parteienfinanzierung im "Parteienstaat". Problemlagen, Mißverständnisse und Reformüberlegungen, in: Gegenwartskunde H. 4/2000, S. 435-446.

  • Krumbholz, Arne: Finanzierung und Rechnungslegung der politischen Parteien und deren Umfeld, Baden-Baden 2010.

  • Stricker, Gregor: Der Parteienfinanzierungsstaat, Baden-Baden 1998.

Fussnoten

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Prof. Dr. Heinrich Pehle ist emeritierter Professor am Institut für Politische Wissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem das Politische System der Bundesrepublik Deutschland sowie die Europäisierung von Institutionen, Entscheidungsprozessen und Politikfeldern.